Knall und Wahn
Die Komödiantin Martina Hill, bekannt aus "Switch Reloaded", dreht in der Bond-Parodie "Undercover Love" mächtig auf - als größenwahnsinnige Amazone, die die Welt mit einer Armada von Nazi-UFOs erobern will.
Von Torsten Wahl
Die Bundeskanzlerin ist „irgendwo im Nahen Osten“ von arabischen Terroristen entführt worden und soll exekutiert werden. Doch Rettung naht. Das „Sonderkommando Deutschland“ hat seine drei fähigsten Agenten zu ihrer Befreiung in die Wüste geschickt. Doch besonders wichtig scheint ihnen diese Mission nicht zu sein. „SK 4“ Johannes (Henning Baum) hat sogar Zeit, mitten im Handgemenge per Telefon mit seiner ahnungslosen Gattin (Anja Kling) über achtlagiges Toilettenpapier zu konferieren. Neben ihm hat „SK 7“ Kathrin (Martina Hill) ihren Spaß am Scharmützel mit den Terroristen. Und die Kanzlerin? Sie hat im Angesicht des Verbrechens – dem sie selbst zum Opfer fallen soll – immer noch die Nerven für einen lockeren Spruch.
Diese Szene im RTL-Film „Undercover Love“ soll wohl besonders respektlos und cool wirken, zeigt aber eher die Instinktlosigkeit und den Größenwahn der Macher. Das Buch stammt von Bora Dagtekin, der mit Serien wie „Türkisch für Anfänger“ und „Doctor’s Diary“ sein Gespür für Dialogwitz und Situationskomik bewiesen hat, sich diesmal aber an den politisch-historischen Dimensionen seiner Actioncomedy verhoben hat. Am besten also, man nimmt „Undercover Love“ kein bisschen ernst und betrachtet das Werk von Regisseurin Franziska Meyer Price als trashige Parodie auf Weltenretterfilme.
Zwei Frauen stehen im Mittelpunkt: Anja Kling spielt bravourös die Gattin von „SK 4“, die nichts ahnend in das Agentenleben hineinstolpert, dabei aber viel mehr Können beweist als die Profis. Martina Hill verkörpert Agentin „SK 7“, die sich bald als größenwahnsinnige Amazone entpuppt, die die Welt mit einer Armada von Nazi-UFOs erobern will – als wäre Gerd Fröbes legendärer Goldfinger-Bösewicht in die Gestalt von Ursula Andress als böses Bond-Girl geschlüpft.
Der "Hill’sche Wahnsinn"
Martina Hill, in der ProSieben-Reihe „Switch Reloaded“ als wandlungsfähige Parodistin erprobt, will diesmal aber kein Vorbild veralbert haben. „Ich durfte einfach gucken, was in mir steckt und den Hill’schen Wahnsinn zeigen“, sagt sie. „Einfach mal loslassen, sich etwas trauen, danach hat diese Rolle für mich förmlich geschrien, denn diese Kathrin ist ja richtig durchgeknallt.“ Die Schauspielerin, die früher gern wegen Arnold Schwarzenegger, heute wegen Daniel Craig ins Kino geht, war einfach froh, dass sie in einem Film mitspielen konnte, in dem sie fliegen, schießen und kämpfen durfte: „Solch eine Chance bekommt man in Deutschland als Schauspielerin nicht oft.“ Sie durfte auf High Heels mit einer Pumpgun ballern und ein Stunt-Training absolvieren. Stolz erklärt sie, dass ihr Double nie zum Einsatz kam: „Na ja, sagen wir mal: Fast nie!“
Obwohl ihre durchgeknallte Kathrin hier einen Trupp lila uniformierter Amazonen anführt, möchte ihnen Martina Hill keine feministische Botschaft zugestehen: „Diese faschistischen Emanzen, diese 20?blonden Miezen in Uniform, brachten einen coolen Look in den Film und haben etwas sehr Bedrohliches.“ Ihre Anführerin Kathrin setzt ihren eigenen Körper sehr offensiv ein und erinnert dabei mitunter an Hills „Switch Reloaded“-Parodien auf Sonya Kraus oder Daniela Katzenberger.
Doch die Schauspielerin stellt klar, dass diese Szenen eher „Dienst nach Vorschrift“ waren. „Ich stehe sonst gar nicht auf diese offensive Art“, sagt sie. Allerdings müsse sie während der Vorbereitung auf „Switch Reloaded“ mitunter tatsächlich aufpassen, dass ihr die verschiedenen Figuren nicht ineinander rutschen – hier aber sei die Trennung klar gewesen.
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Obwohl die Schauspielerin in den letzten Jahren mit Preisen überhäuft wurde, sowohl für ihre Rollen in „Switch Reloaded“ als auch für die Figur einer Moderatorin namens Tina Schausten in der ZDF-„heute-show“, hat Martina Hill nicht das Gefühl, es geschafft zu haben: „Meine Natur ist eine andere. Die Zukunftsängste einer freien Schauspielerin kommen immer mal wieder hoch.“ Die Berlinerin, die heute meistens in Köln lebt, war erst spät in den Beruf eingestiegen, hatte sich lange mit Praktika und Kellner-Jobs durchgeschlagen. Und auch ihr erstes TV-Engagement in der Sat.1-Comedyshow „Happy Friday“, wurde 2004 schnell wieder eingestellt.
Viele Jahre ist sie danach nicht mehr live aufgetreten. „Mir ging bei den ersten Auftritten für die ,heute-show‘ mächtig die Pumpe“, sagt sie. „Aber inzwischen fängt es an, richtig Spaß zu machen.“ Und nach allem, was ihr in den letzten Jahren passiert sei, setzt sie heute auf das Bond-Motto: „Sag niemals nie!“
Undercover Love, 20.15 Uhr, RTL