„Iwano-Frankiwsk“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
→Ukraine: siehe Diskussion |
|||
(32 dazwischenliegende Versionen von 20 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 21:
|StatLink = 14433
}}
'''Iwano-Frankiwsk''' ({{ukS|Івано-Франківськ}}; {{ruS|Ивано-Франковск|Iwano-Frankowsk}}; [[jiddisch]]איוואַנאָ־ פֿראַנקיווסק), bis 1962 russisch ''Stanislaw,'' {{deS|'''Stanislau'''}} (ukrainisch Станиславів ''Stanyslawiw'', Jjddisch סטאַניסלאַוו, transliteriert ''Stanislav'', {{plS|Stanisławów}}), ist die Gebietshauptstadt der [[Oblast Iwano-Frankiwsk]] in der [[Westukraine]]. Die Universitätsstadt liegt im [[Karpatenvorland]], das zur [[Historische Landschaft|historischen Landschaft]] ''[[Galizien]]'' gehört.
[[Datei:Ivano-FrankivskRatusha.jpg|mini|Rathaus]]
Zeile 36:
außerdem:
* jiddisch: סטאַניסלעװ, ''translit. Stanislew''
* ungarisch: ''Sztanyiszló''
== Administrative Einordnung ==
Zeile 94:
| Mykietyńce
|-
| [[Pidluschschja (Iwano-Frankiwsk)|Pidluschschja]]
| Підлужжя
| Подлужье (Podluschje)
Zeile 144:
== Geschichte ==
=== Polen-Litauen ===
=== Kaiserreich Österreich ===
Nach der [[
1888 gab es folgende Beschreibung:
{{Zitat|Stanislau (Stanisławów), Stadt in Galizien, an der Bistritza, Knotenpunkt der [[Bahnstrecke Lwiw–Tscherniwzi|Lemberg–Czernowitzer Bahn]] und der [[Galizische Transversalbahn|Staatsbahnlinie Stryi–Husiatyn]], ist Sitz eines [[Ukrainische griechisch-katholische Kirche|griechisch-katholischen]] [[Erzeparchie Iwano-Frankiwsk|Bistums]], einer Bezirkshauptmannschaft, eines [[Kreisgericht Stanislau|Kreisgerichts]] und einer Finanzbezirksdirektion, hat ein Standbild Kaiser [[Franz I. (Österreich)|Franz I.]], ein Obergymnasium, Oberrealschule, Lehrerbildungsanstalt, große Eisenbahnwerkstätte, Ziegelfabrikation, Dampfmühle, Bierbrauerei, Gerberei, lebhaften Handel und (1880) 18.626 Einw. (darunter 10.023 Juden).|ref=<ref>[[Meyers Konversationslexikon]], 1888</ref>}}
1896 gründete der deutsche Pfarrer [[Theodor Zöckler]] ein Waisenhaus, eine Fabrik und eine Schule als Beginn der Zöcklerschen Anstalten.
=== 20. Jahrhundert bis 1939 ===
1919 war die Stadt kurze Zeit Hauptstadt der [[Westukrainische Volksrepublik|Westukrainischen Volksrepublik]].
▲1919 war die Stadt kurze Zeit Hauptstadt der [[Westukrainische Volksrepublik|Westukrainischen Volksrepublik]]. Nach dem [[Polnisch-Ukrainischer Krieg|Polnisch-Ukrainischen Krieg]] wurde Stanisławów 1921 durch den [[Friede von Riga (1921)|Frieden von Riga]] [[Zweite Polnische Republik|polnisch]] und Zentrum der gleichnamigen [[Woiwodschaft Stanisławów]]. Infolge des [[Hitler-Stalin-Pakt]]s 1939 wurde das Gebiet ab September 1939 von der [[Sowjetische Besetzung Ostpolens|Sowjetunion besetzt]] und es ließen sich viele Flüchtlinge aus den von Deutschen besetzten Gebieten West- und Zentralpolens dort nieder. Während der sowjetischen Besatzung wurden mehr als 500 Menschen durch den sowjetischen Geheimdienst [[NKWD]] erschossen und bei [[Demjaniw Las]] verscharrt.<ref>WELT, 24. November 2010 ([https://www.welt.de/kultur/history/article11175655/Die-killing-fields-der-Ukraine-sollen-schweigen.html online])</ref>
=== Jüdisches Leben ===
Seit dem 19. Jahrhundert war Stanisławów auch ein [[Judentum|jüdisches]] Zentrum. Wie aus anderen Städten gab es bis zum [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] zeitweise starke [[Auswanderung]]sbewegungen, auch der jüdischen Bevölkerung, in die [[Vereinigte Staaten|USA]]. Um 1900 bildeten die [[Juden]] knapp die Hälfte der Bevölkerung der Stadt
=== Ungarische und deutsche Besetzung ===
Nach dem deutschen [[Unternehmen Barbarossa|Überfall auf die Sowjetunion]] wurde die Stadt am 2. Juli 1941 von den mit den Deutschen verbündeten [[Ungarn im Zweiten Weltkrieg|Ungarn]] besetzt, die der Sowjetunion am 27. Juni 1941 [[
Als die Deutschen am 20. Juli 1941 die Kontrolle übernahmen, war der jüdische Bevölkerungsteil auf 40.000 Personen angewachsen.<ref>Israel Gutman u. a. (Hrsg.): ''Enzyklopädie des Holocaust.''
Die deutsche [[Sicherheitsdienst des Reichsführers SS|Sicherheitspolizeistelle]] Stanislau unter Leitung von [[Hans Krüger (Gestapo)|Hans Krüger]]
{{Literatur |Autor=Dieter Pohl |Titel=Hans Krüger and the Murder of the Jews in the Stanisławów Region (Galicia) |Sammelwerk=Yad Vashem Studies |Band=Vol XXVI |Verlag=Yad Vashem |Ort=Jerusalem |Datum=1998 |Sprache=en |ISSN=0084-3296 |Seiten=239–264 |Online=[http://www1.yadvashem.org/odot_pdf/Microsoft%20Word%20-%202292.pdf Online] |Format=PDF |KBytes=127 |Abruf=2021-10-20}} – Deutsch in: [[Gerhard Paul (Historiker)|Gerhard Paul]] & [[Klaus-Michael Mallmann]] (Hrsg.): ''Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien.'' WBG, 2004, 2. unv. Aufl. 2005 ISBN 3-534-16654-X; unv. Sonderausgabe WBG 2011 & Primus, Darmstadt 2011; ISBN 3-89678-726-8</ref> Nach dieser Aktion mussten die überlebenden Juden in einen ärmlichen Stadtteil umziehen, der als Ghetto bewacht wurde. Dort waren bis zu zehn Personen in einem Raum untergebracht.<ref>Klaus-Peter Friedrich (Bearb.): ''Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945'' (Quellensammlung) Band 9: ' ''Polen: Generalgouvernement August 1941–1945,''
Am 31. März 1942 trieben deutsche und ukrainische Polizisten jüdische Ghettoinsassen gewaltsam zusammen und selektierten rund 5000 von ihnen, die kein Arbeitsdokument vorweisen konnten.<ref>Israel Gutman u. a. (Hrsg.): ''Enzyklopädie des Holocaust.''
In Stanislau existierte von 1942 bis 1944 das Kriegsgefangenenlager Stalag 371 mit tausenden Insassen.
Zeile 175 ⟶ 174:
=== Ukrainische SSR ===
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde die Stadt der [[Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik|Ukrainischen SSR]] angegliedert und die polnische Bevölkerung von den sowjetischen Behörden im Zuge der [[Zwangsumsiedlung von Polen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten 1944–1946]] [[Vertreibung|vertrieben]],
Am 9. November 1962 wurde die Stadt im Rahmen der 300-Jahr-Feier zu Ehren des Schriftstellers [[Iwan Franko]] in Iwano-Frankiwsk umbenannt.
Zeile 182 ⟶ 181:
Seit dem [[Zerfall der Sowjetunion]] 1991 gehört Iwano-Frankiwsk zur unabhängigen Ukraine. Am 24. April 2018 wurde die Stadt mit dem [[Europapreis]] für ihre herausragenden Bemühungen um den europäischen Integrationsgedanken ausgezeichnet.<ref>{{Webarchiv | url=http://website-pace.net/documents/10643/4645690/20180424-EuropePrize-EN.pdf | webciteID=6z3xq8Ema |text=Committee on Social Affairs, Health and Sustainable Development}}</ref>
Bei der Parlamentswahl 2012 erzielte die rechtsradikale Partei [[Allukrainische Vereinigung „Swoboda“|Swoboda]] in Iwano-Frankiwsk 33,8 Prozent, 2014 8,8 Prozent, 2019 8,4 Prozent; sie stellt den Bürgermeister der Stadt.
Während des [[Russischer Überfall auf die Ukraine 2022|russischen Überfalls auf die Ukraine]] wurde am 24. Februar ein Luftschlag auf eine Luftbasis in Iwano-Frankiwsk verübt.<ref>{{Internetquelle |url=https://news.sky.com/story/russia-ukraine-crisis-what-is-happening-and-where-after-full-scale-invasion-12550062 |titel=Ukraine invasion: What happened, where is under attack and what could be next? |werk=Sky News |abruf=2022-02-27}}</ref>▼
▲
== Sehenswürdigkeiten ==
Zeile 188 ⟶ 189:
[[Datei:Ratush-01.jpg|mini|Zentraler Platz]]
Iwano-Frankiwsk besitzt eine sehenswerte Altstadt, die in den Jahren nach der Unabhängigkeit der Ukraine nahezu vollständig renoviert wurde. Architektonisch erinnert der Stadtkern von Iwano-Frankiwsk in vielem an das alte [[Österreich-Ungarn]]. Dazu kommen einerseits die typischen [[
Aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs werden im Zentrum der Stadt
Im Stadtzentrum befindet sich ein künstlicher See, der in der Sowjetzeit am Ort eines früheren [[Jüdischer Friedhof|jüdischen Friedhofs]] angelegt wurde. In unmittelbarer Nachbarschaft des Sees liegt der jüdische Friedhof, innerhalb dessen Mauern während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg eine große Anzahl von Juden zusammengetrieben und ermordet wurden.<ref>Thomas Sandkühler: ''„Endlösung“ in Galizien. Der Judenmord in Ostpolen und die Rettungsinitiativen von [[Berthold Beitz]] 1941–1944.'' Bonn 1996, (St.: S. 150–152).</ref>
Zeile 197 ⟶ 198:
=== Verkehr ===
==== Bahnstrecken ====
Iwano-Frankiwsk liegt an der wichtigen Eisenbahnstrecke [[Lwiw]]–[[Czernowitz|Tscherniwzi]] ''(Czernowitz).''
Außerdem zweigen Strecken nach [[Stryj]] und über die [[Karpaten]] (''[[Jablunyzkyj-Pass|Jablunyza]]-'' oder ''Tatarenpass'') nach [[ * [[Bahnstrecke Lwiw–Tscherniwzi|Lwiw–Iwano-Frankiwsk–Czernowitz]]
Zeile 207 ⟶ 210:
Die Stadt liegt an den nationalen [[Liste der Fernstraßen in der Ukraine|Fernstraßen]] [[N 09]], [[N 10 (Ukraine)|N 10]] und [[N 18 (Ukraine)|N 18]].
Der Nahverkehr wird mit [[Omnibus|Bussen]], [[
==== Flughafen ====
Zeile 213 ⟶ 216:
=== Erdöl und Erdgas ===
In den Vorkarpaten, etwa 80–100 Kilometer westlich der Stadt, werden um [[Boryslaw]] seit dem 19. Jahrhundert [[Erdöl]]- und [[Erdgas]]lagerstätten im industriellen Maßstab genutzt.<ref>[[Viktor Uhlig]]: ''Bau und Bild der Karpaten.''
== Kultur ==
=== Kunst- und Literaturszene ===
Es gibt eine lebendige Kunst- und Kulturszene um den Schriftsteller [[Jurij Andruchowytsch]] (* 1960), der Iwano-Frankiwsk zum legendären [[Hundert Jahre Einsamkeit#Handlung|Macondo]] des [[Gabriel García Márquez]] erklärte. Zur Szene gehören auch die Schriftstellerin [[Halyna Petrossanjak]] (* 1969) und der Schriftsteller [[Taras Prochasko]].<ref>Holger Gemba: ''Orpheus kam bis in die Karpaten. Das Stanislauer Phänomen: Wie ein westukrainisches Provinznest zur Kulturmetropole wurde.''
Des Weiteren ist das [[Kunstmuseum von Prykarpattja]] ein bedeutsamer Ausstellungsort für regionale Kunst der letzten Jahrhunderte.
=== Universitäten ===
Die Stadt beherbergt neben der nach [[Wassyl Stefanyk]] benannten [[Nationale Wassyl-Stefanyk-Universität der Vorkarpaten|Nationalen Wassyl-Stefanyk-Universität der Vorkarpaten]] die „Staatliche Technische Hochschule für Erdöl und Erdgas“, die Nationale Medizinische Universität und ein Geistliches Seminar der [[
=== Städtepartnerschaften ===
Iwano-Frankiwsk listet 22 [[
{| class="wikitable sortable"
|- class="hintergrundfarbe8"
Zeile 230 ⟶ 233:
!Stadt!!Land!!seit
|-
|[[Arlington County]]||{{
|-
|[[Baia Mare]]||{{ROM}}||1990
Zeile 278 ⟶ 281:
=== Vereine ===
Bekannt sind der [[Fußballverein]] ''Spartak'' („[[Spartacus|Spartakus]]“, früher ''Prikarpattja'' („Vorkarpaten“)) sowie der [[Schachverein]] ''Mistez.''
== Persönlichkeiten ==
Zeile 289 ⟶ 292:
{{Commonscat|Ivano-Frankivsk|Iwano-Frankiwsk}}
* [http://www.ivfrankivsk.if.ua/ Ivano-Frankivsk | All about city (ukr.)]
* [http://web.archive.org/web/20140209113756/http://www.sbedif.if.ua/city/ Informationen zu Stadt und Region auf web.archive.org (englisch)]
* [http://www.pu.if.ua/ Vorkarpaten-Universität „Wassyl Stefanyk“]
* [http://www.ifdtung.if.ua/ Staatliche Technische Universität für Erdöl und Erdgas]
* [http://web.archive.org/web/20120716192235/http://sunsite.berkeley.edu:8085/x-ussr/100k/M-35-110.jpg Landkarte], Sowjetunion 1:100.000 auf web.archive.org (Stand 1990)
* [http://republika.pl/stanislawow_kresy/index.html Homepage mit historischen Karten und Fotos (polnisch)]
* {{Meyers Online|15|227|spezialkapitel=Stanislau}}
* [http://motlc.specialcol.wiesenthal.com/instdoc/d04c05/stni1z3.html 167 Original-Dokumente über die Judenvernichtung in Stanislau]
|