„Versorgungspsychologie“ – Versionsunterschied
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== Handlungsempfehlungen versorgungspsychologischer Versorgungsformen == |
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Handlungsempfehlungen sind zentrales Element der Konstruktion versorgungspsychologischer Versorgungsformen.<ref name=":0" /><ref name=":1" /><ref name=":17" /><ref name=":10" /> Sie bilden die Schnittstelle zwischen den externen Anforderungen (Evidenz, Leitlinien, Qualitätsmanagement, Dokumentation, Datenschutz, Leistungsumfang, -finanzierung und -abrechnung, s. |
Handlungsempfehlungen sind zentrales Element der Konstruktion versorgungspsychologischer Versorgungsformen.<ref name=":0" /><ref name=":1" /><ref name=":17" /><ref name=":10" /> Sie bilden die Schnittstelle zwischen den externen Anforderungen (Evidenz, Leitlinien, Qualitätsmanagement, Dokumentation, Datenschutz, Leistungsumfang, -finanzierung und -abrechnung, s.a. [https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/70.html § 70 Abs., 1, SGB V]), die an die Leistungserbringung einer Versorgungseinrichtung gestellt werden, und den innerbetrieblichen Erfordernissen, die innerhalb einer Versorgungseinrichtung zur Umsetzung der externen Anforderungen zu berücksichtigen sind, insb. Maßnahmen zur Sicherstellung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. |
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⚫ | Handlungsempfehlungen bestehen aus zwei Teilen, einer Auswahlempfehlung und einer Ausführungsempfehlungen (AAE).<ref name=":1" /> Bezogen auf die externen Anforderungen an eine qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung<ref>{{Literatur |Autor=IOM (Institute of Medicine) |Hrsg=Olsen, LA., Saunders, RS., McGinnis, JM., |Titel=Patients Charting the Course: Citizen Engagement and the Learning Health System: Workshop Summary. Washington (DC): National Academies Press (US); Available from: https://www./ |Verlag=National Academies Press |Ort=Washington |Datum=2011 |Online=https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK91496/}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Pietsch, B., Matthias, K. |Titel=Der Weg zur guten Patientenversorgung – “Doing the right thing“ |Sammelwerk=Gesundheits- und Sozialpolitik |Band=73(6) |Datum=2019 |DOI=10.5771/1611-5821-2019-6}}</ref> bringen Handlungsempfehlungen zum Ausdruck, was als ''richtige'' Versorgung angesehen wird (''„doing the right thing“'', Auswahlempfehlungen) und wie die ''richtige'' Versorgung ''richtigerweise'' erbracht werden sollte (''doing the right thing right'', Ausführungsempfehlungen).<ref name=":1" /> Handlungsempfehlungen werden nach der Erstellung des Versorgungskonzeptes, parallel zur Formulierung der Versorgungsprozesse erstellt. Sie sind damit die erste Prüfstelle zur Sicherstellung der Umsetzbarkeit des Versorgungsprogrammes in der Versorgungspraxis (prospektive Machbarkeitsprüfung). Sobald Handlungsempfehlung erstellt worden sind werden sie zur Grundlage der Erstellung des Versorgungsnetzwerkes (N3), des Versorgungsmanagements (V4) sowie der Versorgungstelematik (V5) und des Qualitätsmanagements (V6). |
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Handlungsempfehlungen stellen die ''„points of care“''<ref name=":30" /> des Versorgungsalgorithmus der Versorgungskomponente V2 (Versorgungsprozess) in [[Operationalisierung|operationalisierter]], d. h. handlungsanleitender Form dar.<ref name=":17" /> Dadurch wird der Leistungserbringer in die Lage versetzt, zu jedem Zeitpunkt der Leistungserbringung die Informationen, Materialien und Empfehlungen zur Vorgehensweise verfügbar zu haben, die für seine Leistungserbringung qualitätsrelevant sind. Mit der Formulierung von Handlungsempfehlungen wird die Kritik an der als richtig betrachteten Vorgehensweise suspendiert, um a) handlungsfähig zu sein und b) genügend Daten zu generieren, um die Leistung hinsichtlich seines Outcomes/Effektivität und seines Outputs/Effizienz<ref>{{Literatur |Autor=Hower K., Pförtner TK., Pfaff H., Wensing M., Ansmann L. |Titel=Innovationen im Gesund-heitswesen. |Hrsg=Blättel-Mink B., Schulz-Schaeffer I., Windeler A. |Sammelwerk=Handbuch Inno-vationsforschung, |Verlag=Springer Fachmedien |Ort=Wiesbaden |ISBN=3658176717 |Seiten=1-21}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) |Titel=Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung |Verlag=MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG |Ort=Berlin |Datum=2018 |ISBN=978-3-95466-421-4 |Seiten=784 |Online=https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Gutachten_2018/Gutachten_2018.pdf}}</ref> zu prüfen. |
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Die klinischen und formal-administrativen Auswahl- und Ausführungsempfehlungen (AAE´s) sind bis auf die Begründung (''„warum“'') der Auswahl einer Empfehlung identisch aufgebaut (s. Kasten I).<ref name=":1" /><ref name=":6" /> Konkretisiert bzw. operationalisiert werden die jeweiligen Empfehlungen über die schriftliche Beantwortung verschiedener Fragen, die sogenannten W-Elemente einer AAE.<ref name=":0" /> |
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!''Kasten I:'' W-Elemente der Handlungsempfehlungen zur Konstruktion von Auswahl- und Ausführungsempfehlungen (AAE´s).<ref name=":0" /><ref name=":10" /> |
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|''„'''W'''as“'', ''„'''W'''arum“'': Zuordnung der klinischen Dienstleistung zu einem Aspekt des Versorgungskonzeptes (V1, klinische AAE´s) bzw. der formal-administrativen Dienstleistung zu einem § eines Versorgungsvertrages oder zu anderen (rechtlich) bindenden Anforderungen (formal-administrative AAE´s) mit Begründung der ''Notwendigkeit,'' ''„warum“'' diese Leistung erbracht wird (''„doing the right thing“''). |
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|''„'''W'''ann“'', ''„'''W'''er“'', ''„'''W'''o“'': Zeitpunkt der Leistungsdurchführung in einem Versorgungspfad (V2) mit verantwortlichen Personen und Orten/Settings der Leistungserbringung zur Sicherung der ''Zweckmäßig''- bzw. ''Zweckdienlichkeit'' (''„doing the right thing right“''). |
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|''„'''W'''ie“'', ''„'''W'''omit“'': Beschreibung der Art und Weise der Leistungserbringung und der verwendeten materiellen Mittel, die ''ausreichen'' sollen, um die Leistung zu erfüllen. |
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|''„'''W'''ie lange“'', ''„'''W'''ie häufig“'': Beschreibung des Aufwandes mit Dauer und Häufigkeit der Leistung, zur Steuerung der (innerbetrieblichen) ''Wirtschaftlichkeit''. |
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|''('''W'''elches) „Ergebnis“'': Beschreibung des erwarteten ''Ergebnisses'' der Leistungserbringung (''output'', outcome) mit Bezug zur nachfolgenden Leistung (AAE). |
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Handlungsempfehlungen stellen die ''„points of care“''<ref name=":30" /> des Versorgungsalgorithmus der Versorgungskomponente V2 (Versorgungsprozess) in [[Operationalisierung|operationalisierter]], d. h. handlungsanleitender Form dar.<ref name=":17" /> Dadurch wird der Leistungserbringer in die Lage versetzt, zu jedem Zeitpunkt der Leistungserbringung die Informationen, Materialien und Empfehlungen zur Vorgehensweise verfügbar zu haben, die qualitätsrelevant sind. |
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⚫ | Handlungsempfehlungen bestehen aus zwei Teilen, einer Auswahlempfehlung und einer Ausführungsempfehlungen (AAE).<ref name=":1" /> Bezogen auf die externen Anforderungen an eine qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung<ref>{{Literatur |Autor=IOM (Institute of Medicine) |Hrsg=Olsen, LA., Saunders, RS., McGinnis, JM., |Titel=Patients Charting the Course: Citizen Engagement and the Learning Health System: Workshop Summary. Washington (DC): National Academies Press (US); Available from: https://www./ |Verlag=National Academies Press |Ort=Washington |Datum=2011 |Online=https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK91496/}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Pietsch, B., Matthias, K. |Titel=Der Weg zur guten Patientenversorgung – “Doing the right thing“ |Sammelwerk=Gesundheits- und Sozialpolitik |Band=73(6) |Datum=2019 |DOI=10.5771/1611-5821-2019-6}}</ref> bringen Handlungsempfehlungen zum Ausdruck, was als ''richtige'' Versorgung angesehen wird (''„doing the right thing“'', Auswahlempfehlungen) und wie die ''richtige'' Versorgung ''richtigerweise'' erbracht werden sollte (''doing the right thing right'', Ausführungsempfehlungen).<ref name=":1" /> |
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== Einzelnachweise == |
== Einzelnachweise == |
Version vom 29. Juli 2024, 09:03 Uhr
Die Versorgungspsychologie ist eine wissenschaftlich fundierte Disziplin, die sich mit der Verbindung von Forschung und Praxis im Bereich der psychosozialen, psychologischen und psychotherapeutischen Versorgung im Gesundheitswesen beschäftigt. Ihr Ziel ist es, die praktische Arbeit durch evidenzbasierte Ansätze zu unterstützen und die Wirksamkeit von Behandlungen zu verbessern.[1][2]
Sie kann als ein Teilgebiet der Angewandten Psychologie betrachtet werden, die untersucht, wie Erkenntnisse der psychologischen Grundlagen- und Anwendungsforschung für die Praxis handlungsanleitend gemacht werden können. In Erweiterung des Ansatzes befasst sich die Versorgungspsychologie mit der Übertragung dieser Erkenntnisse in die Praxis sowie der Forschung in der Praxis.[1][2][3]
Im Rahmen der translationalen Forschung ordnet sich die Versorgungspsychologie zwischen der Klinischen Forschung und der Klinischen Praxis ein und legt dabei ihr Gewicht auf die anwendungsbezogene Versorgungsforschung und Programmevaluation.[4][5][6]
Die Versorgungspsychologie versucht die Kluft zwischen Forschung und Praxis („science-practice gap“;[7] „mental health treatment gap“[8]) zu überwinden.[2] Sie fragt, wie einzelne evidenzbasierte Interventionsstrategien (evidenzbasierte Medizin, "empirically supported psychological intervention") für den klinisch Tätigen handlungsanleitend gemacht werden können, und wie diese in der klinischen Praxis umgesetzt werden sollten,[8][9][10][11][12] um eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.[13][14][15][16] Die Versorgungspsychologie greift dabei nicht allein auf die vorliegende Evidenz zu wirksamen Interventions- und Versorgungsformen zurück, sondern nutzt zudem die Vielzahl weiterer empirisch wie theoretisch begründbarer Erkenntnisse, um einen in fragestehenden Versorgungsaspekt, wie etwa den der Klinischen Psychoonkologie,[17] umfassend zu beschreiben, zu erklären und für die konkrete Patientenversorgung in (lokalen) Versorgungseinrichtungen[18] nutzbar zu machen.[19][20]
Wesentlich für die Überwindung des „science-practice gap“ ist dabei weniger die vermeintliche Kluft zwischen Theorie und Praxis im psychotherapeutischen, psychologischen und psychosozialen Gesundheitsbereich[1] als die die Komplexität des psychischen Geschehens[21] und psychologisch ausgerichteter Interventionen.[2][22][23] Vielmehr weist das Leistungsgeschehen in der psychotherapeutischen, psychologischen und psychosozialen Arbeit selbst eine besondere Komplexität auf.[2][9][10][24] Diese Komplexität wird in der anwendungsbezogenen Forschung bislang reduziert, um sie der experimentellen Untersuchung zugänglich machen zu können.[25][24][26][27] Die Versorgungspraxis muss dagegen der Komplexität der individuellen Problem- und Bedürfnislage des Einzelfalls genügen, um für den individuellen Patienten nutzbringend zu sein.[1][2][22][28]
In ihrem grundlegenden Wesen ist die psychotherapeutische, psychologische und psychosoziale Arbeit eine komplexe personenbezogene Dienstleistung.[1][29] Sie ist als ein Produkt der Gesundheitsversorgung[30] dadurch gekennzeichnet, dass sie:
- immateriell ist und weder berührt, gerochen, gehört, gesehen oder sonst wie unmittelbar getestet, sondern nur im unmittelbaren Effekt erlebt werden kann,
- inseparabel ist, denn sie wird in dem Moment ihrer Produktion sogleich konsumiert, und nach der Produktion sind Korrekturen nicht mehr möglich,
- variabel ist, denn ein und dieselbe Versorgungsleistung kann in Abhängigkeit von Kompetenz, Erfahrung und den Umständen, unter denen sie erbracht wird, in sehr unterschiedlicher Zusammenstellung und Qualität produziert werden,
- vergänglich ist, denn sie ist nach ihrer Erbringung verbraucht, und kann für Situationen hoher Leistungserfordernis nicht angehäuft werden. [mod. nach[1], S. 150]
Aufgrund dieser Wesensmerkmale von Dienstleistungen erfasst die Versorgungsforschung einzelne Indikatoren eines komplexen Leistungsgeschehens, um die Einflüsse der Versorgung auf die Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu bestimmen.[31] In die Qualität der Gesundheitsversorgung als solcher kann dagegen „nur“ vertraut werden([32], S. 273). So dient auch das Qualitätsmanagement und die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 dazu, Vertrauen in die Qualität der Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen und Organisationen zu schaffen.[32][33] Es besteht dabei zugleich auch die Überzeugung, dass ein Vertrauen darauf erzeugt werden kann, dass Anforderungen an die Qualität der Gesundheitsversorgung erfüllt werden (DIN EN ISO 9000:2015, Nr. 3.3.).[34] Die Versorgungspsychologie zielt daher darauf ab, ein begründetes Vertrauen in die Qualität und Wirksamkeit der psychosozialen, psychologischen und psychotherapeutischen Versorgung zu schaffen.
Mit dem Ziel, eine erwartete qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung[14][35][36] über eine Forschung in Praxis[1][2] zu erzielen, entwickelt die Versorgungspsychologie Versorgungsprogramme und bettet diese in eine Versorgungsform ein (s. Abb. 1).[2][3][17][37][38] Sie implementiert diese Versorgungsform in Einrichtungen des Gesundheitswesens[39][40][41] und unterzieht alle Versorgungskomponenten einer umfassenden Bewertung, um zu fundierten Aussagen zur Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Versorgungsform zu gelangen.[41][42][43][44][45]
Die Versorgungspsychologie untersucht dabei nicht allein, wie eine Versorgungsform in die klinische Praxis implementiert wird,[42][45] sondern ebenso, wie lokalen Versorgungseinrichtungen und ihre Leistungserbringer darin unterstützt werden können, sich ausgehend von ihrer klinischen Versorgungspraxis der neuen Versorgungsform sukzessive anzunähern und diese nachhaltig umzusetzen.[38][46][47][48][49][50]
Fragestellungen und Vorgehensweisen der Versorgungspsychologie
Die zentrale Frage der Versorgungspsychologie lautet:[2][3] „Wird mit Hilfe eines Versorgungsprogramms die richtige Versorgung durch die richtigen Leistungserbringer für den richtigen Patienten, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit erbracht, und führt dies zu einer optimalen Versorgungsqualität im Hinblick auf die Versorgungsprozesse, -strukturen und -ergebnisse.“[41][51][52]
Die versorgungspsychologisch ausgerichtete Forschung sucht Antworten auf folgende Fragen:[1][2][53]
- Wie sollten Versorgungsprogramme konzipiert sein, um in der Versorgungspraxis wirksam sein zu können (doing the right thing)?
- Wie sollten die Rahmenbedingungen der Versorgungspraxis sein, damit die wirksamen Versorgungsprogramme effizient und nutzbringend umgesetzt werden können (doing the right thing right)?
- Was können die Leistungserbringer aus der Erbringung ihrer Versorgungsleistungen lernen (doing things better)?
- Wie kann die Versorgungseinrichtung die Versorgungspraxis optimieren und weiterentwickeln (doing better things)?
Beantwortet werden die Fragestellungen mit den Methoden und Vorgehensweisen der anwendungsbezogenen Versorgungsforschung[3][5] sowie der Programmevaluation[3][6] und der qualitätsbezogenen Forschung.[54][31][55]
Das methodische Vorgehen besteht aus aufeinanderfolgenden Phasen und Schritten mit steten Rückkoppelungsschleifen zur kontinuierlichen Verbesserung der Versorgung:[41][42][45]
- Entwicklung einer Versorgungsform (Konzeptentwicklung[5][56] und prospektiven Evaluation): Entwicklung der Versorgungsform und ihre Darlegung in einem Versorgungs-Handbuch,[41] in welchem die als richtig befundene Form der Patientenversorgung zum Ausdruck kommt,[17][20] einschließlich der (unabhängigen) Bewertung vor Implementierung der Versorgungsform.[42][43]
- Implementierung der Versorgungsform (Versorgungsgestaltung[57] und formative Evaluation): Einführung der Versorgungsform in Einrichtungen des Gesundheitswesens und Erbringung der Patientenversorgung auf Grundlage des Versorgungshandbuches, einschließlich der versorgungsbegleitenden internen[58] und externen[45] Evaluation.
- Bewertung der Versorgungsform (summative Evaluation): Evaluation der Angemessenheit der Patientenversorgung unter den Gesichtspunkten der Patientenorientierung, Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit.[41][45][59]
- Kontinuierliche Versorgungsoptimierung: Nutzung der Evaluationsergebnisse zur unmittelbaren Verbesserung der geleisteten Patientenversorgung im Rahmen von Maßnahmen des einrichtungsinternen und einrichtungsübergreifenden Qualitätsmanagements.[31][58]
In allen Phasen und Schritten der versorgungspsychologischen Forschung in Praxis werden die Patientenperspektive und patientenorientierte Ergebnisse berücksichtigt.[44][45][60]
Die versorgungspsychologisch ausgerichtete Entwicklung, Implementierung und Evaluation einer Versorgungsform ist eine hoch komplexe Aufgabe, wenn sie sich auf alle Versorgungskomponenten einer neu konzipierten Versorgungsform bezieht (s. Abb. 1,[20][41][45]) und wenn sie darauf abzielt, im Gesundheitswesen flächendeckend umgesetzt zu werden.[61][62]
Sie kann aber auch als lokale Versorgungsforschung durch einen Versorgungsverb oder eine einzelne lokale Versorgungseinrichtung betrieben werden, wenn sie einzelne Versorgungskomponenten der Versorgungsform oder einzelne Aspekte des Versorgungsgeschehens betrachtet (s. Handlungsempfehlungen versorgungspsychologischer Versorgungsformen).[2]
Versorgungskomponenten einer versorgungspsychologischen Versorgungsform
Die Versorgungsform ist das Herzstück der Versorgungspsychologie. Ihre Entwicklung sowie die theoretische, klinische, formal-administrative und gesundheitspolitische Begründung ihrer Komponenten ist die Grundvoraussetzung ihrer erfolgreichen Implementierung und Evaluation.[3][20][45][61] Die umfassende Darlegung einer Versorgungsform in ihren Versorgungskomponenten (s. Abb. 1) ist Voraussetzung,[41] um Entscheidungen über die mögliche Dissemination einer (neuen) Versorgungsform im Gesundheitswesen treffen zu können.[62]
Versorgungspsychologische Versorgungsformen bestehen aus sechs Versorgungskomponenten:
V1 Versorgungskonzept
Das Versorgungskonzept einer versorgungspsychologischen Versorgungsform stellt detailliert dar, wie psychosoziale, psychische oder psychopathologische Probleme und Belastungen von Patientinnen und Patienten entstehen und welche Folgen damit verbunden sind („causal theory“). Sie gibt zudem wieder, mit welchem Mitteln auf die Probleme und Belastungen eingewirkt werden kann („intervention-theory“) und welche kurz- und langfristigen Effekte mit und ohne einer Intervention zu erwarten sind („impact-theory“).[3][20][63]
Das zugeordnete Konzept der Programmtheorie nach Issel ist die „effect theory“.[3][6] Weitere etablierte Versorgungskonzepte sind die „theory of change“[64] und das „logic model“.[65]
V2 Versorgungsprozess
Der Versorgungsprozess einer versorgungspsychologischen Versorgungsform geht unmittelbar aus dem Versorgungskonzept hervor. In die Prozesstheorie[6] gehen Überlegungen zu den strukturellen und prozeduralen Erfordernissen ein, die gegeben sein müssen, um die in der Interventionstheorie aufgeführten Maßnahmen in der täglichen Versorgungpraxis patientenorientiert und mit hohem Patientennutzen umsetzen zu können.
Der Versorgungsprozess gibt die Rahmenbedingungen für die Erstellung des Versorgungsnetzwerkkonzeptes (V3) und des Versorgungsmanagementsystems (V4) vor. Der Versorgungsprozess selbst wird einem klinischen Behandlungspfad oder Versorgungspfad zum Ausdruck gebracht, in den zusätzlich Verfahrensanweisungen (Standard Operation Procdure, SOP) zur Regelung der versorgungsunterstützenden Leistungen (Dokumentation, Qualitätssicherung, Versorgungsmonitoring, Leistungsabrechnung) eingehen.[2][20][41] Versorgungspfade werden in Form von Versorgungsalgorithmen[66][67] abgebildet (s. Abb. 2).[19][20][38][41]
Legende:
T1: Zeitpunkt des Versorgungsprozesses (V2): „points of care“[68] im Initialzugang
AAE: spezifische Auswahl- und Ausführungsempfehlung des Versorgungsmanagements (V4, s. Tab. 1)
CAPSYS: Computerbasiertes Assistenzsystem Psychoonkologie der Versorgungstelematik (V5[41])
Die Versorgungsalgorithmen der Versorgungskomponente V2 (Versorgungsprozess) bilden die Schnittstelle zwischen dem Versorgungskonzept (V1) und den Handlungsempfehlungen des Versorgungsmanagement (V4). Sie dienen dem Management einer Versorgungseinrichtung zur Erstellung des Versorgungsnetzwerkkonzeptes (V3), des Versorgungsmanagementsystems (V4) und des Qualitätsmanagementsystems (V6).[38][41]
Das zugeordnete Konzept der Programmtheorie nach Issel ist die „process theory“.[3][6] Weitere Konzepte sind „clinical pathways“, „care pathways“[69] oder „clinical practice guidelines“.[70]
Versorgungsprogramm: Das Versorgungskonzept (V1) und der Versorgungsprozess (V2) bilden das Versorgungsprogramm einer versorgungspsychologischen Versorgungsform. In das Versorgungsprogramm gehen neben dem Versorgungskonzept auch externe Anforderungen (insb. gesetzliche Vorgaben, Versorgungsverträge, Vorgaben zur Qualitätssicherung und -entwicklung) ein. Diese legen Mindestanforderungen fest, aus denen eine Versorgungseinrichtung ihre innerbetrieblichen Erfordernisse zur qualitativ hohen Umsetzung der externen Anforderungen ableitet.[41]
Das Versorgungsprogramm ist ein Aspekt der prospektive Evaluation der Versorgungsform. Sie prüft dessen klinische Qualität und Machbarkeit („proof of concept“).[43]
V3 Versorgungsnetzwerk
Das Versorgungsnetzwerk einer versorgungspsychologischen Versorgungsform bringt die innerbetrieblichen Erfordernisse zur Umsetzung des Versorgungsprogrammes in einer darlegungsfähigen Form zum Ausdruck. Das Netzwerkkonzept trifft Aussagen über die organisatorischen, personellen, materiellen und finanziellen Ressourcen,[71] mit denen gewährleicht wird, dass das Versorgungsprogramm in einer Versorgungseinrichtung wie vorgesehen dauerhaft umgesetzt werden kann. Das Versorgungsnetzwerkkonzept stellt die vertikalen und horizontalen Kooperations- und Koordinationsstrukturen einer Versorgungseinrichtung dar.[36][72] Der Organisationsaufbau[36] des an der Versorgung beteiligten Personals wird dabei in Form eines Organigramms verbildlicht. Die Organisationsabläufe[36] innerhalb der Versorgungseinrichtung und ggf. auch mit externen Partnereinrichtungen werden in Form von Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Befugnissen festgeschrieben.[41]
In der prospektive Evaluation der Versorgungsform wird die Strukturqualität des Versorgungsnetzwerkes (V3) daran bewertet, wie geeignet sie ist, die externen Anforderungen und das Versorgungsprogramm umzusetzen.
Das zugeordnete Konzept der Programmtheorie nach Issel ist der „organizational plan“.[3][6]
V4 Versorgungsmanagement
Das Versorgungsmanagement einer versorgungspsychologischen Versorgungsform bringt die innerbetrieblichen, klinischen und formal-administrativen Maßnahmen zur Umsetzung des Versorgungsprogrammes in einer darlegungsfähigen Form zum Ausdruck. Das Managementkonzept besteht im Wesentlichen aus konkreten Handlungsempfehlungen (s. Handlungsempfehlungen versorgungspsychologischer Versorgungsformen) zur Steuerung, d. h. Planung, Lenkung und Prüfung der arbeitstäglichen Leistungserbringung. Die klinischen Handlungsempfehlungen geben wieder, wie die Versorgungseinrichtung das klinische Versorgungskonzept (V1) umsetzt. Die formal-administrativen Handlungsempfehlungen geben wieder, wie die versorgungsunterstützenden Maßnahmen (insb. Dokumentation, Versorgungsmonitoring, Qualitätssicherung, Leistungsabrechnung) umgesetzt werden.
Dem Management einer Versorgungseinrichtungen stehen zwei Wege zur Implementierung eines Versorgungsmanagements zur Verfügung.
- top-down-Management: Im top-down Ansatz wird das Versorgungsprogramm dem Management einer Versorgungseinrichtung vorgeben. Hierbei ist der Versorgungsalgorithmus des Versorgungspfades bereits weitgehend entwickelt, und das Management konkretisiert lediglich offene Punkte der mit dem Versorgungspfad bereitgestellten Auswahl- und Ausführungsempfehlungen („local tailoring“).
- bottom-up-Management: Im bottom-up Ansatz werden das Versorgungsprogramm und die Handlungsempfehlungen durch die Mitarbeiter eines Versorgungsverbundes oder einer Versorgungseinrichtung, ggf. in Kooperation mit externen Partnern entwickelt und implementiert.
Handlungsempfehlungen operationalisieren das Versorgungsprogramm und bringen damit zum Ausdruck warum und wie die richtige Versorgung, durch die richtigen Dienstleister, für die richtigen Patienten, am richtigen Ort und zur richtigen Zeit erbracht wird, wie ihre Qualität gesichert und wie sie überwacht und abgerechnet wird.[1][19][20][41] Zur Gewährleistung der „richtigen Versorgung“ gehen die Handlungsempfehlungen als „Aufgaben und Befugnisse“ in das Organigramm des Versorgungsnetzwerkkonzept ein.
Auf Ebene des Versorgungsmanagements (V4) wird die psychosoziale, psychologische und psychotherapeutische Versorgung entsprechend § 2 Abs. 2 SGB V Leistungen als Dienstleistung betrachtet. Aus Perspektive der Versorgungspsychologie erfordert dies, dass sich alle an der Versorgung beteiligten Professionen eines Versorgungsnetzwerkes (V3) mit Überführung eines Versorgungsprogrammes in das Versorgungsnetzwerk selbst verpflichten, das Programm in einer hohen Versorgungsintegrität („treatment integrity“[73]) und Versorgungsgüte („treatment fidelity“[74]) zu erbringen.[2]
Anpassungen der Handlungsempfehlungen an die lokalen Erfordernisse einer Versorgungseinrichtung („local tailoring“) sind sowohl prospektiv, somit vor Implementierung einer Versorgungsform möglich, als auch formativ, d. h. im laufenden Betrieb, als Bestandteil des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements (V6) vorgesehen.[41][58]
Das dem Versorgungsmanagement zugeordnete Konzept der Programmtheorie nach Issel ist der „service utilization plan“,[6] verwandte Konzepte sind das „utilization management“ oder die „care coordination“.[72]
V5 Versorgungstelematik
Die Versorgungstelematik einer versorgungspsychologischen Versorgungsform dient der Erfassung der klinischen und formal-administrativen Dienstleistungen sowie der Steuerung, d. h. der Planung, Lenkung und Prüfung der Leistungserbringung im Versorgungsalltag (s. a. Qualitätslenkung). IT-Systeme der Versorgungstelematik werden auf Grundlage des Versorgungsalgorithmus (V2) und der Handlungsempfehlungen (V4) erstellt. Ein Beispiel einer solchen versorgungstelematischen IT-Lösung ist das „Computerbasierte Dokumentations- und Assistenzsystem Psychoonkologie“ (CAPSYS2020)[41][45]
Das System CAPSYS2020 ermöglicht a) die Erfassung klinischer Untersuchungs- und Behandlungsdaten sowie formal-administrativer Daten, b) die Bereitstellung aller wesentlichen Informationen, Unterlagen und Dokumente zur Umsetzung eines Versorgungsprogrammes, c) die automatisierte Datenaggregation und -auswertung für Zwecke der Qualitätssicherung (z. b: „strukturierter“ Qualitätsbericht) und Rechnungslegung („kassenspezifische Leistungsabrechnun“g), d) ein automatisiertes Berichtswesen (z. B. personalisierte Generierung von Arztbriefen, Patientenbriefen, berichten an die Krankenkassen) und e) die IT-technische Unterstützung einer versorgungsbegleitenden Schulung („helpdesk“, „learning on the job“) sowie die Umsetzung innerbetrieblicher Erfordernisse des Versorgungsmonitoring und -controlling und einrichtungsinternen Qualitätssicherung.[41][45][75]
Die Programmtheorie nach Issel[6] ordnet dieser Versorgungskomponente keine eigene Konzeption zu. Für die Steigerung der Qualität, Effektivität und Effizienz der Gesundheitsversorgung sind digitale Lösungen jedoch unabdingbar.[76]
V6 Qualitätsmanagement
Das Qualitätsmanagement[77] einer versorgungspsychologischen Versorgungsform dient Zwecken einer partizipativ ausgerichteten, einrichtungsinternen Qualitätssicherung und einrichtungsübergreifenden Qualitätsentwicklung.[2][3][41]
Das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement ist integraler Bestandteil einer versorgungspsychologischen Versorgungsform.[58][75] Es dient der Sicherstellung und Optimierung der Funktionsfähigkeit der Versorgungsnetzwerkes (V3, Strukturqualität) und der Versorgungsprozesse (V2, Prozessqualität) sowie der Verbesserung der Gesundheitsergebnisse (Ergebnisqualität) wie sie im Versorgungskonzept (V1, „impact theory“) beschrieben sind. Das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement wird in Form von Qualitätszirkeln umgesetzt, für deren Organisation und Dokumentation digitale Lösungen in die Versorgungstelematik (V5) integriert werden.[75] Die inhaltlichen Themen der Qualitätssicherung werden partizipativ festgelegt. Sie richten sich an den Qualitätsindikatoren[31] der strukturierten Qualitätsberichte (V5), den klinischen und formal-administrativen Handlungsanweisungen (V4) und den „points of care“[68] im Algorithmus des Versorgungspfades (V2) aus.
Die Umsetzung von identifizierten Optimierungsbedarfen ist abhängig davon, wie das Versorgungsmanagement (V4) des Versorgungsnetzwerkes entwickelt wurde. In einer top-down ausgerichteten Entwicklung werden Qualitätsverbesserungen nur umgesetzt, sofern sie die externen Anforderungen, bzw. das vorgegebene Versorgungsprogramm nicht betreffen. In einer bottom-up ausgerichteten Entwicklung können Qualitätsverbesserungen alle Versorgungskomponenten betreffen.
Sind mehrere Versorgungsnetzwerke an der Umsetzung einer Versorgungsform beteiligt, so werden die Ergebnisse, Erkenntnisse und Maßnahmen der einrichtungsinternen Qualitätssicherung der einrichtungsübergreifenden Qualitätsentwicklung zugeführt.[41][75] In einem partizipativ ausgerichteten Netzwerkverbund können a) die strukturierten Qualitätsberichte der lokalen Versorgungsnetzwerke analysiert und in ein Benchmark überführt werden, b) die als mängelbehaftet identifizierten Handlungsempfehlungen thematisiert und einrichtungsübergreifende Optimierungsbedarf identifiziert werden und c) partizipative Entscheidungen zur Weiterentwicklung der neuen Versorgungsform getroffen und mit den Stakeholdern (Krankenkassen, Krankenhausträger, Geschäftsführungen, Versorgungspartner) verhandelt werden.
In der Programmtheorie nach Issel[6] ist dieser Komponente keine eigene Konzeption zugeordnet, jedoch sind darin Ansätze zur Prüfung und Verbesserung der Programmqualität und -güte spezifiziert.[78]
Die sechs Versorgungskomponenten versorgungspsychologisch Versorgungsformen dienen dem Zweck, komplexe psychosoziale, psychologische oder psychotherapeutische zu entwickeln (Versorgungskomponenten V1, Versorgungskonzept und V2, Versorgungsprozess), diese in Einrichtungen des Gesundheitswesens zu implementieren (Versorgungskomponenten V3, Versorgungsnetzwerk), arbeitstäglich umzusetzen (Versorgungskomponenten V4, Versorgungsmanagement), strukturiert zu erfassen (Versorgungskomponenten V5, Versorgungstelematik) sowie die Versorgungsqualität sicherzustellen und kontinuierlich zu verbessern (Versorgungskomponenten V6, Qualitätsmanagement).
Sämtliche Inhalte (Informationen, Materialien und Dokumente) der Versorgungsform werden in einem Versorgungs-Handbuch schriftlich dargelegt. Damit wird die versorgungspsychologisch Versorgungsformen in Gänze transparent und Dritten gegenüber darlegungsfähig. Das Handbuch kann a) der Versorgungseinrichtung für Zwecke der Verhandlung mit Leitungsfinanzieren oder b) als Nachweiszweck im Rahmen nationaler Leitlinienprogramme[79] dienen, c) gewährleisten, dass alle an der Versorgung Beteiligten in gleicher Weise in die Lage versetzt werden, ihre Patienten auf Grundlage eines einheitlichen Versorgungsprogrammes zu versorgen und d) dazu beitragen, dass den Anforderungen und Erfordernisse einer qualitativ hohen Gesundheitsversorgung entsprochen wird.
Handlungsempfehlungen versorgungspsychologischer Versorgungsformen
Handlungsempfehlungen sind zentrales Element der Konstruktion versorgungspsychologischer Versorgungsformen.[1][2][20][41] Sie bilden die Schnittstelle zwischen den externen Anforderungen (Evidenz, Leitlinien, Qualitätsmanagement, Dokumentation, Datenschutz, Leistungsumfang, -finanzierung und -abrechnung, s.a. § 70 Abs., 1, SGB V), die an die Leistungserbringung einer Versorgungseinrichtung gestellt werden, und den innerbetrieblichen Erfordernissen, die innerhalb einer Versorgungseinrichtung zur Umsetzung der externen Anforderungen zu berücksichtigen sind, insb. Maßnahmen zur Sicherstellung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität.
Handlungsempfehlungen bestehen aus zwei Teilen, einer Auswahlempfehlung und einer Ausführungsempfehlungen (AAE).[2] Bezogen auf die externen Anforderungen an eine qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung[80][81] bringen Handlungsempfehlungen zum Ausdruck, was als richtige Versorgung angesehen wird („doing the right thing“, Auswahlempfehlungen) und wie die richtige Versorgung richtigerweise erbracht werden sollte (doing the right thing right, Ausführungsempfehlungen).[2] Handlungsempfehlungen werden nach der Erstellung des Versorgungskonzeptes, parallel zur Formulierung der Versorgungsprozesse erstellt. Sie sind damit die erste Prüfstelle zur Sicherstellung der Umsetzbarkeit des Versorgungsprogrammes in der Versorgungspraxis (prospektive Machbarkeitsprüfung). Sobald Handlungsempfehlung erstellt worden sind werden sie zur Grundlage der Erstellung des Versorgungsnetzwerkes (N3), des Versorgungsmanagements (V4) sowie der Versorgungstelematik (V5) und des Qualitätsmanagements (V6).
Handlungsempfehlungen stellen die „points of care“[68] des Versorgungsalgorithmus der Versorgungskomponente V2 (Versorgungsprozess) in operationalisierter, d. h. handlungsanleitender Form dar.[20] Dadurch wird der Leistungserbringer in die Lage versetzt, zu jedem Zeitpunkt der Leistungserbringung die Informationen, Materialien und Empfehlungen zur Vorgehensweise verfügbar zu haben, die für seine Leistungserbringung qualitätsrelevant sind. Mit der Formulierung von Handlungsempfehlungen wird die Kritik an der als richtig betrachteten Vorgehensweise suspendiert, um a) handlungsfähig zu sein und b) genügend Daten zu generieren, um die Leistung hinsichtlich seines Outcomes/Effektivität und seines Outputs/Effizienz[82][83] zu prüfen.
Die klinischen und formal-administrativen Auswahl- und Ausführungsempfehlungen (AAE´s) sind bis auf die Begründung („warum“) der Auswahl einer Empfehlung identisch aufgebaut (s. Kasten I).[2][3] Konkretisiert bzw. operationalisiert werden die jeweiligen Empfehlungen über die schriftliche Beantwortung verschiedener Fragen, die sogenannten W-Elemente einer AAE.[1]
Kasten I: W-Elemente der Handlungsempfehlungen zur Konstruktion von Auswahl- und Ausführungsempfehlungen (AAE´s).[1][41] |
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„Was“, „Warum“: Zuordnung der klinischen Dienstleistung zu einem Aspekt des Versorgungskonzeptes (V1, klinische AAE´s) bzw. der formal-administrativen Dienstleistung zu einem § eines Versorgungsvertrages oder zu anderen (rechtlich) bindenden Anforderungen (formal-administrative AAE´s) mit Begründung der Notwendigkeit, „warum“ diese Leistung erbracht wird („doing the right thing“). |
„Wann“, „Wer“, „Wo“: Zeitpunkt der Leistungsdurchführung in einem Versorgungspfad (V2) mit verantwortlichen Personen und Orten/Settings der Leistungserbringung zur Sicherung der Zweckmäßig- bzw. Zweckdienlichkeit („doing the right thing right“). |
„Wie“, „Womit“: Beschreibung der Art und Weise der Leistungserbringung und der verwendeten materiellen Mittel, die ausreichen sollen, um die Leistung zu erfüllen. |
„Wie lange“, „Wie häufig“: Beschreibung des Aufwandes mit Dauer und Häufigkeit der Leistung, zur Steuerung der (innerbetrieblichen) Wirtschaftlichkeit. |
(Welches) „Ergebnis“: Beschreibung des erwarteten Ergebnisses der Leistungserbringung (output, outcome) mit Bezug zur nachfolgenden Leistung (AAE). |
Einzelnachweise
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