Amfori BSCI
BSCI steht für „Business Social Compliance Initiative“ und ist eine wirtschaftsgetriebene Plattform zur Verbesserung der sozialen Standards in einer weltweiten Wertschöpfungskette. Die BSCI bietet Wirtschaftsunternehmen ein systematisches Überwachungs- und Qualifikationssystem an, um die Arbeitsbedingungen von Menschen verbessern zu können.
Verhaltenskodex
BSCI bietet Unternehmen einen Verhaltenskodex an,[1] der sie bei ihren Bemühungen eine ethische Lieferkette aufzubauen unterstützt. Dieser Kodex beruht auf internationalen Verträgen zum Schutz von Arbeitnehmerrechten, dabei geht es um folgende 10 Schlüsselelemente: Managementpraxis, Dokumentation, Arbeitszeit, Vergütung, Kinderarbeit, Zwangsarbeit (einschließlich Gefangenenarbeit und Zwangsmaßnahmen), Versammlungsfreiheit (inklusive Organisationsfreiheit und Tariffreiheit), Diskriminierung (Geschlecht, Rasse, Religion), Arbeitsbedingungen, Gesundheits- und Sozialeinrichtungen, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz (Arbeitssicherheit) und Aspekte des Umweltschutzes.
Eine wichtige Orientierung für den BSCI-Verhaltenskodex ist der SA8000-Standard der Organisation Social Accountability International (SAI).[2] Die globale Mitgliederorganisation für Nachhaltigkeitsstandards erkennt den BSCI als best Practice der zum SA8000-Standard führt.[3]
Mit der Unterzeichnung des BSCI Verhaltenskodex verpflichten sich Unternehmen, in ihrem Einflussbereich, soziale Kriteria, die diesem Verhaltenskodex zu Grunde liegen anzuerkennen und geeignete Maßnahmen zur Umsetzung und Einhaltung im Rahmen ihrer Unternehmenspolitik durchzuführen.
Anforderungen für Teilnehmende Betriebe
Um sicherzustellen, dass alle Unternehmen, die sich der BSCI angeschlossen haben, den BSCI Verhaltenskodex in ihrer Lieferkette umsetzen, wird die Erfüllung bestimmter Anforderungen kontrolliert. Das bedeutet, dass Unternehmen, die an der BSCI teilnehmen, sich verpflichten, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes 2/3 der Produktionsstätten in definierten Risikoländern in den BSCI-Prozess einzubinden.[4]
Ansatz
Nach der schweizer BSCI-Webseite, beruht das BSCI sich auf „ein gesamtheitliches System zur Überprüfung und Verbesserung von Mindestanforderungen, das ein gemeinsames Auditierungssystem und die entsprechenden Trainings- und Schulungsmassnahmen umfasst“.[5]
Das BSCI gründet auf drei grundlegenden Säulen:
- Die Auditierung der Produktionsstätten und landwirtschaftlichen Betrieben zur Überprüfung des Umsetzungsgrades des BSCI-Code of Conduct.
- Die Schulung der Teilnehmer und ihrer Lieferanten zum Verbesserung des Verständnisses und der Umsetzung der im BSCI-Code of Conduct enthaltenen sozialen Anforderungen.
- Den kontinuierlichen Dialog mit den Stakeholdern (Regierungen, Gewerkschaften, u.a.) um auf die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen Einfluss zu nehmen, welche die nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen einschränken.
Stakeholder sind aktiv in beratender Funktion in die Arbeit der BSCI durch das BSCI Stakeholder Council involviert.[6] Diesem Beirat gehören unter anderem Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen (NROs) wie Solidaridad, Save the Children sowie Social Accountability International an. Auch die Europäische Kommission ist mit Beobachterstatus vertreten.
Geschichte
Die BSCI wurde 2003 durch die Foreign Trade Association (FTA),[7] den auf internationale Handelsfragen spezialisierten europäischen Dachverband der Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels, gegründet. Es begann als eine Öffentlich-Private Partnerschaft (PPP) mit der deutschen GTZ um in elf Ländern ein einheitliches Verfahren zu implementieren, das die soziale Situation der Arbeiter und Arbeiterinnen bei Lieferanten des deutschen Einzelhandels verbessert.[8] Seit 2004 agiert die BSCI in den wichtigsten Lieferländern des europäischen Handels. Die Mitgliederzahl wuchs stetig: 2007 waren weniger als 100 Unternehmen an der Initiative beteiligt, zwei Jahre später 430. Ende 2010 zählte die Initiative 644 Mitglieder.[9]
2009 erhielt die BSCI den Preis für Unternehmensethik des DNWE 2008.[10]
Im Jahr 2013 feiert BSCI ihren 10. Geburtstag. Die Professoren Jörg. S. Hofstetter und Marc Müller der schweizerischen Universität St. Gallen haben für das 10-Jahres-Jubiläum der BSCI eine umfassende Studie erstellt, die die bisherige Entwicklung der Initiative untersucht. Beide Wissenschaftler haben sich mit der Geschichte und den Erfolgen der BSCI befasst.[11] Es hat sich gezeigt, dass Indien sich in den letzten Jahren zum Land mit der höchsten Nummer an konformen Produzenten entwickelt hat. In 2011 entsprachen drei viertel aller Unternehmen den geforderten Standards. Bangladesch und Vietnam, wo jeweils fast die Hälfte aller Unternehmen die Standards einhalten, folgen auf dem Sprung.[12]
Kritik
Das Südwind-Institut beanstandete 2009 die unwürdigen Arbeitsbedingungen bei Zulieferern von Aldi und urteilte, dass eine Mitgliedschaft bei BSCI nicht ausreichend sei, da es sich dabei um eine Initiative handle, die lediglich auf Selbstverpflichtungen der Industrie basiere. Handelsunternehmen sollten sich stattdessen bindenden Regeln unterwerfen, wie sie vom EU-Parlament gefordert werden.[13]
Die Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) kritisiert im Zusammenhang mit den Zuständen bei den Zulieferbetrieben von Lidl die Arbeit der BSCI. Ihr Schwerpunkt liege auf Auditierung, einem schwachen Monitoring mit vielen Mängeln, es fehle eine unabhängige Verifizierung und Transparenz. Es handele sich zudem um keine Multistakeholder-, sondern eine Unternehmensinitiative.[14]
2010 verklagte die Verbraucherzentrale Hamburg Lidl wegen unlauteren Wettbewerbs, da das Unternehmen mit der Erfüllung seiner sozialen Verantwortung und der Mitgliedschaft in der BSCI warb, obwohl die Situation in den Zulieferbetrieben nach Ansicht der CCC und des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) dieser Werbung widerspricht.[15]
ARD Monitor berichtete[16] am 6. Juni 2013 über zu laxe Kontrollen des TÜV SÜD in Textilfabriken in Bangladesch die unter den Standards von BSCI arbeiten sollten. Es wurde kritisiert, dass FabrikarbeiterInnen hohe Überstunden leisten müssen und gelegentlich geschlagen werden. Außerdem sollen Kontrollen in den Fabriken zuvor angekündigt worden sein was nicht den BSCI Standards entspräche. Der TÜV SÜD weist darauf hin, dass die erwähnten Prüfberichte die in der Reportage veraltet sind (von 2010) und der TÜV Rheinland weist auch alle anderen Vorwürfe zurück.[17] ARD Monitor stützt sich u. a. auch auf aktuellen Recherchen und Interviews mit FabrikarbeiterInnen vor Ort.
Weblinks
- BSCI Homepage
- Studie von Universität St. Gallen über BSCI
- Universität St. Gallen Studie Kurzfassung (pdf; 378 kB)
- Website zum 10-Jahres-Jubiläum der BSCI
- BSCI in der Schweiz
- BSCI Jahresberichte
- "Measure and Improve Your Labor Standards Performance" Handbook, SAI. 2010
Verträgen zum Schutz von Arbeitnehmerrechten:
- die ILO-Konventionen
- die UN-Erklärung für Menschenrechte
- die UN-Konventionen über die Rechte der Kinder
- die Beseitigung aller Formen von Diskriminierung von Frauen
- den UN Global Compact
- die OECD-Leitlinien fürmultinationale Unternehmen
Einzelnachweise
- ↑ BSCI Verhaltenskodex
- ↑ Social Accountability International (SAI)
- ↑ ISEAL
- ↑ BSCI Commitment
- ↑ BSCI Ziele
- ↑ BSCI Stakeholder Council
- ↑ Foreign Trade Association (FTA)
- ↑ PPP mit GTZ
- ↑ BSCI Annual Report 2010
- ↑ Preis für Unternehmensethik, dnwe.de
- ↑ COOP über BSCI Studie
- ↑ Universität St. Gallen Studie Kurzfassung (pdf; 378 kB)
- ↑ Aldi-Zulieferer beuten für Aktionsware Chinesen aus, Tagesspiegel.de, 3. Februar 2009.
- ↑ Firmenprofil LIDL, saubere-kleidung.de
- ↑ Verbraucherzentrale klagt gegen Lidl wegen Täuschung von Verbrauchern, pressemitteilungen-online.de
- ↑ ARD Monitor Bericht
- ↑ TÜV Rheinland Pressemitteilung