V. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel

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Das Logo von Bethel

Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel (bis 2009: v. Bodelschwinghsche Anstalten Bethel) mit Hauptsitz in Bielefeld-Gadderbaum sind eine diakonische Einrichtung, in der Menschen mit geistiger Behinderung, psychischen Beeinträchtigungen, Epilepsie, alte und pflegebedürftige Menschen, kranke Menschen, Jugendliche mit sozialen Problemen und wohnungslose Menschen betreut werden. Ehemals befand sich der Arbeitsschwerpunkt Bethels in Bielefeld; durch Umstrukturierungen in den vergangenen Jahrzehnten und eine Dezentralisierung der Arbeit gibt es heute in ganz Nordrhein-Westfalen und in 7 weiteren Bundesländern Einrichtungen Bethels. In der Ortschaft Bethel in Bielefeld arbeiten derzeit rund 8.500 der insgesamt 17.313 Beschäftigten - Bethel ist damit der größte Arbeitgeber in der Stadt Bielefeld. Die Arbeit Bethels mit 200.000 benachteiligten Menschen pro Jahr wird durch die Entgelte der Sozialleistungsträger finanziert. Mit einem jährlichen Spendenbetrag von 35 bis 40 Millionen Euro (2013: 36.408.977,84 €) werden viele über diese Regelfinanzierung hinausgehende Maßnahmen für die betreuten Menschen ermöglicht. Die Stiftungen gehören damit zu den 20 erfolgreichsten spendensammelnden Organisationen in Deutschland. Namensgeber und prägender Gestalter ist Friedrich von Bodelschwingh der Ältere.

Bielefeld-Gadderbaum, Tagungshaus „Assapheum“ und Landeskirchenarchiv

Name und Stiftungsideal

Der Name Bethel stammt von dem hebräischen Wort בית אל „Haus Gottes“ und bezeichnete den biblischen Ort Bet-El (Gen 28,16-19 LUT).

„Die große und überdauernde Herausforderung für Bethel ist, dass es viele Menschen gibt, die auf Behandlung, Förderung und Unterstützung angewiesen sind, um ein menschenwürdiges und möglichst selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft führen zu können. Es ist der satzungsgemäße Zweck der v. Bodelschwinghschen Stiftungen, für diese Menschen Einrichtungen und Dienste zu unterhalten und zeitgemäß weiterzuentwickeln. Wir verstehen dies als Auftrag Gottes, der Leben eröffnet (Lk 10,27-28 LUT). Wir nehmen diesen Auftrag bewusst als evangelische Stiftungen wahr.“

Bethel. Gemeinschaft verwirklichen. Unsere Vision und unsere Strategischen Entwicklungsschwerpunkte 2011-2016[1]

Das christliche Gebot der Nächstenliebe bestimmte viele Mitarbeitenden in ihrem Dienst, der sie oft Tag und Nacht in Anspruch nahm. So setzten Frauen und Männer ihr Leben bewusst ein, um als Diakon oder Diakonisse Mitarbeiter im „Haus Gottes“ zu sein. Im Mittelpunkt der Arbeit Bethels standen als Ideal die Vergessenen und Ausgegrenzten der Gesellschaft, in den Worten Friedrich von Bodelschwinghs die „Menschen, die niemand haben will“. Zu Bodelschwinghs Zeiten waren das vor allem behinderte Menschen und die „Trunkenbolde, Landstreicher und Taugenichtse“. Für Friedrich von Bodelschwingh war jeder Mensch ein Geschöpf Gottes.

Geschichte Bethels

1867 kaufte die Innere Mission mit Unterstützung Bielefelder Kaufleute einen Bauernhof in der Gemeinde Gadderbaum-Sandhagen (Amt Brackwede) bei Bielefeld, um dort eine „Anstalt für Epileptische“ zu gründen. Diese Einrichtung namens „Ebenezer“ ist die Keimzelle der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel. Am 12. Juli 1867 wurde Pastor Friedrich Simon als Anstaltsvorsteher eingeführt.

Diakonissenmutterhaus Sarepta
Briefmarke von 1967 zum 100 jährigen Bestehen der Krankenanstalten Bethel
Datei:DBP 1991 1563-R.JPG
Briefmarke von 1991: Postamt Bethel

Friedrich von Bodelschwingh d. Ä. kam erst einige Jahre später dazu und leitete die schnell wachsende Anstalt von 1872 bis zu seinem Tod 1910. Sein Einfluss prägte die Anstalt so stark, dass sie später nach ihm benannt wurde. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Friedrich von Bodelschwingh der Jüngere die Leitung.

Um die Situation in Bethel in der NS-Zeit entstand eine Kontroverse.[2] Im Rahmen der sogenannten Aktion T 4 sollen in Bethel Kinder unter anderem durch Verhungern lassen ermordet worden sein. Bis dahin galt, dass dies in Bethel als große Ausnahme nicht geschehen sei; verantwortlich dafür sei der damalige Leiter Friedrich von Bodelschwingh der Jüngere. Die Historikerin Barbara Degen nennt dies die "Bethel-Legende". Die Kontroverse wurde ausgelöst durch die Veröffentlichtung von Barbara Degen, "Bethel in der NS-Zeit" (2014). Die Leitung von Bethel hat darauf empört reagiert und die Vorwürfe bestritten.[3]

Als Anstaltsleiter folgen aufeinander:[4]

  1. Friedrich Simon (1867-1872)[5]
  2. Friedrich von Bodelschwingh d. Ä. (1872–1910)
  3. Friedrich von Bodelschwingh d. J. (1910–1946)
  4. Rudolf Hardt (1946–1959)
  5. Friedrich v. Bodelschwingh (Enkel von Friedrich von Bodelschwingh d. Ä.) (1959–1968)
  6. Alex Funke (1968–1979)
  7. Johannes Busch (1979–1994)
  8. Friedrich Schophaus (1994–2008)
  9. Ulrich Pohl (seit 2008)

Zu den ältesten Gebäuden der Anstalt in Gadderbaum gehören die Häuser Alt-Ebenezer (1867), Sarepta (1872–1875 im neogotischen Stil) und Groß-Bethel (1873). In Bielefeld-Gadderbaum entwickelte sich die Anstalt zu einem Versorgungszentrum mit Postamt, Handwerks- und Freizeiteinrichtungen sowie dem Kaufhaus „Ophir“.

1940 wurden Teile der Anstalt bei einem britischen Luftangriff zerstört.

Struktur

Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel bestehen aus dem Verbund folgender vier eigenständiger Stiftungen:[6]

Laut Satzung der zusammengeschlossenen Stiftungen sind die Organe der Stiftung der Verwaltungsrat und der Vorstand. Der Verwaltungsrat bestellt die einzelnen Vorstandsmitglieder und auch den(die) Vorstandsvorsitzende(n), der(die) Pastor(in) sein soll.[7]

Diese Stiftungen unterteilen sich in Stiftungsbereiche:

  • Stiftungsbereich Altenhilfe
  • Stiftungsbereich Bethel.regional
  • Stiftungsbereich proWerk
  • Stiftungsbereich Schulen
  • Stiftungsbereich Bethel im Norden

Die Stiftungen sind unmittelbar oder mittelbar an einigen Gesellschaften mbH beteiligt, bei denen es sich im Wesentlichen – aber nicht nur – um gemeinnützige Gesellschaften (gGmbH) handelt. Die wichtigsten Beteiligungen sind:

Stiftungsbereich Bethel im Norden

Der Stiftungszweig Bethel im Norden entstand im Jahr 2007 durch den Zusammenschluss des Birkenhofes Hannover mit der Diakonie Freistatt bei Diepholz. Der Birkenhof Hannover ist in der Alten- und Jugendhilfe tätig. Aus dem Jahr 1910 sind erste Bildungsmaßnahmen im Birkenhof bekannt. 1947 wurde ein Heimerzieherinnenseminar gegründet. Heute umfasst das Bildungszentrum Birkenhof Ausbildungen im Bereich der Sozialpflege und Sozialasstenz, Altenpflege und Heilerziehung. Insgesamt werden jährlich etwa 600 Schüler und Schülerinnen ausgebildet. Zudem ist der Birkenhof mit einem Fachzentrum Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Bethel im Norden und der Jugendhilfe Birkenhof gGmbH im Bereich der Jugendhilfe aktiv und unterhält Altenheime in Hannover, Langenhagen sowie in Bremen und Diepholz. Bethel im Norden gehört zu den größten Anbieter für Altenhilfe in der Diakonie. Die Diakonie Freistatt kümmert sich um Wohnungslose und sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche mit Schulen und Einrichtungen zur Suchtbekämpfung. Bethel im Norden zählt rund 1550 Mitarbeiter.[8][9] Die Geschäftsstelle hat ihren Sitz auf dem Gelände des früheren Birkenhof in Hannover.[10]

Stiftungsbereich proWerk

Der Stiftungsbereich proWerk entstand im Jahr 2001 aus dem Zusammenschluss der Gemeinschaftswerkstätten Bethel, der Senne Werkstätten Eckardtsheim der Werktherapien und später der Betriebe Bethel.

Heute umfasst der Stiftungsbereich folgende Geschäftsbereiche:

  • Werkstatt für behinderte Menschen (Berufliche Bildung und Arbeitsbereich)
  • Berufsausbildung in anerkannten Berufen im Berufsbildungswerk und in Ausbildung
  • Qualifizierungen von langzeitarbeitslosen Menschen
  • Integrationsfachdienst
  • Integrationsfirma proJob.Bethel mit den Geschäftszweigen Lebensmittelmärkte, Gebäudereinigung, Gastronomie

Insgesamt werden über 3400 Menschen mit Behinderungen und Benachteiligungen gefördert, qualifiziert, ausgebildet und beschäftigt.

Zu den Betrieben Bethel zählen:

  • Brockensammlung
  • Buchhandlung
  • Bestattungen
  • Posaunenwerkstatt
  • Orthopädie-Schuhtechnik
  • Zimmerei
  • Garten- und Landschaftsbau
  • Gebäudereinigung
  • Gebäudetechnik
  • Malergeschäft
  • Techniker

In den Betrieben Bethel arbeiten ca. 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Arbeitsfelder

  • Altenhilfe
  • Ausbildungsstätten und Berufsbildungswerk
  • Epilepsie
  • Förderschulen und allgemeinbildende Schulen
  • Hilfe für behinderte Menschen
  • Hilfe für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen
  • Jugendhilfe
  • Kinderhospiz
  • Krankenhäuser
  • Psychiatrie, Kinder- u. Jugendpsychiatrie, Hilfen für Menschen mit psychiatrischen Beeinträchtigungen
  • Stationäre Hospize
  • Suchtkrankenhilfe
  • Werkstätten für behinderte Menschen

Diese Angebote bestehen in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Bethel ist an mehr als 200 Standorten in Deutschland vertreten. Wichtigste Arbeitsbereiche der Stiftungen sind heute die Behandlung und Betreuung von Epilepsiekranken, die Behindertenhilfe, Psychiatrie, Wohnungslosenhilfe, Altenhilfe, Jugendhilfe, die Versorgung in Fachkliniken und Akutkrankenhäusern. Im Fachgebiet Epilepsie haben die Fachkliniken und die anderen Bereiche nach eigenem Bekunden internationalen Ruf. Die Ortschaft Bethel als Keimzelle der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel liegt im Bielefelder Stadtteil Gadderbaum, der direkt an die Bielefelder Innenstadt anschließt.

Besondere Einrichtungen

Hospizarbeit

Bethel engagiert sich auch in der Hospizarbeit. Ziel sei es, sterbenden Menschen ein würdiges Leben und Sterben zu ermöglichen. Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen betreiben selbst Hospize in Bielefeld, Dortmund und Berlin-Lichtenberg, des Weiteren sind sie beteiligt am Hospiz in Leipzig. Bethel war beteiligt am Kinderhospiz „Löwenherz“ in Syke. Ein eigenes Kinderhospiz wurde am 2. Mai 2012 eingeweiht (siehe Abschnitt Kinderhospiz Bethel). Ferner existieren Betreuungsplätze für autistische Menschen oder für Personen, die nach einem Unfall oder einer schweren Erkrankung stark hirngeschädigt bleiben.

Kinderhospiz Bethel

In Deutschland leben ca. 22.600 Kinder mit einer lebensverkürzenden, zum Tod führenden Krankheit. Jährlich sterben rund 1.500 von ihnen, in der gesamten Bundesrepublik gibt es bisher jedoch nur elf Kinderhospize – die dort angebotenen Plätze reichen nicht aus. Bethel engagierte sich daher mit dem Jahresspendenprojekt 2010 "Kinder" für den Aufbau eines stationären Kinderhospizes. Die Kosten von 6,9 Mio. Euro für Neubau, Einrichtung und Betrieb des Kinderhospizes mussten komplett durch Spenden finanziert werden. Am 13. Juli 2011 konnte Richtfest für das neue Haus gefeiert werden, die Eröffnung des dann komplett spendenfinanzierten Kinderhospizes Bethel erfolgte am 2. Mai 2012. Es finden dort 10 Kinder und Jugendliche mit lebensverkürzenden Krankheiten Aufnahme.

Das Kinderhospiz Bethel wird von zahlreichen Prominenten als „Paten“ bzw. „Patinnen“ begleitet. Dieses sind zum Beispiel Cornelia Funke, Ulrich Wickert, Marietta Slomka, Amelie Fried, Steffen Seibert, Walter Sittler, Sven Lorig, Jo Brauner, Dennis Wilms, Heino, Frank Plasberg oder Ludwig Güttler.[11]

Herbergen

Im 19. Jahrhundert wurden an der deutschen Nord- und Ostseeküste mehrere Seehospize als Herbergen und Genesungsstätten errichtet. 1890 gründete Bodelschwingh auf der Insel Amrum in Norddorf das Seehospiz I und II, die u.a. als Kur-Einrichtung für evangelische Geistliche dienten und von einem ebensolchen als „Hausvater“ geführt wurden. Heute befindet sich hier ein Mutter-Kind-Kurheim.

Brockensammlung

In der Brockensammlung werden Kleider- und andere Sachspenden aufbereitet und entweder im Stiftungsbetrieb genutzt oder weiterverkauft. Der Name der Einrichtung leitet sich ab aus dem Johannesevangelium: „Sammelt die übrigen Brocken, auf dass nichts umkommt!“ (Joh 6,12 LUT). Im Herbst 1890 begann man in Bethel systematisch, gebrauchte Dinge aller Art zu sammeln, herzurichten, auszubessern und wiederzuverwerten.[12] Die „Brockensammlung“ wurde 1891 durch Karl Schnitger aus Lemgo, einen Onkel von Marianne Weber, zusammen mit Friedrich von Bodelschwingh dem Älteren gegründet.

Friedrich von Bodelschwingh der Jüngere berichtet dazu über seinen Vater, Karl Schnitger und die Entstehung der Brockensammlung in den Bodelschwinghschen Anstalten:[13] Der gebildete, aber schwer nervenleidende Karl Schnitger, Bewohner der Anstalt, half die Kassenbücher der Anstalt zu führen. Er hatte ein gutes Verhältnis zu Friedrich von Bodelschwingh und dessen Frau Ida. Eines Tages im Jahr 1890 wurde der Giftschrank der anstaltseigenen Apotheke ausgeräumt. Die Suche nach dem entwendeten Gift blieb erfolglos, auch Karl Schnitger konnte sich an nichts erinnern. Aber eine Krankenschwester beobachtete, wie zur fraglichen Zeit eine Person von der Apotheke in Schnitgers Zimmer verschwand. Karl Schnitger erklärte daraufhin, dass eine Person, die im Verdacht stehe, Gift zu stehlen, unmöglich der Verwalter von Geld sein könne, stellte seinen Dienst dort ein und suchte nach einer neuen Beschäftigung. So kam er zu Friedrich von Bodelschwingh mit der Bitte, Brockensammler zu werden. Schnitger erstellte eine Liste von kleinen Gegenständen, die Menschen einfach wegwürfen. Von Bodelschwingh veröffentlichte diese Liste im Boten von Bethel. Der Erfolg war unerwartet gut. Bald reichte Schnitgers alleinige Arbeitskraft nicht mehr aus. Immer mehr Hilfskräfte sowie neue Räumlichkeiten für die Brockensammlung folgten.

Diese Idee übernahmen 1913 auch gemeinnützige Gruppierungen in Lübeck und gründeten die Gemeinnützige Brockensammlung Lübeck. In Göttingen entstand die Brockensammlung als Einrichtung der ev.-lt. Kirchenkreises Göttingen.

Briefmarken für Bethel

Datei:DBP 1988 1395 Bethel.jpg
100 Jahre Briefmarken für Bethel: deutsche Briefmarke von 1988

Unter dem Stichwort Briefmarken für Bethel - Arbeit für behinderte Menschen können Briefmarkensammlungen, gefüllte Alben, von Briefumschlägen und Postkarten nicht abgelöste Briefmarken sowie neuwertige Briefmarken an die Briefmarkenstelle in Bethel geschickt werden. Von den behinderten Beschäftigten werden die Briefmarken gesichtet, geschnitten, teilweise abgelöst und getrocknet, und sortiert für den Wiederverkauf an Sammler und an Briefmarkenhändler vorbereitet. Jährlich gehen ca. 90.000 Einsendungen an die Briefmarkenstelle Bethel ein - vom gefüllten A5-Briefmumschlag bis zum Großpaket. Ein Gesamtgewicht von 29 Tonnen, umgerechnet 128 Millionen Briefmarken kommen auf diesem Wege pro Jahr zusammen. 125 behinderte Menschen finden durch diese Briefmarken einen Arbeitsplatz in Bethel.

1967 gab die Deutsche Bundespost eine Sonderbriefmarke zum 100-jährigen Bestehen der Krankenanstalten mit einem Porträt von Friedrich von Bodelschwingh dem Jüngeren heraus.

Im Jahr 1988 wurde die Briefmarkenstelle Bethel selbst zum Motiv auf einer Briefmarke; die Deutsche Bundespost brachte ein Postwertzeichen zum hundertjährigen Bestehen der Briefmarkenstelle heraus.

Im Jahr 2013 feiert die Aktion "Briefmarken für Bethel - Arbeit für behinderte Menschen" 125-Jähriges Jubiläum.

Antenne Bethel

Bei Antenne Bethel handelt es sich um ein nicht-kommerzielles Radioprogramm für die v. Bodelschwinghschen Einrichtungen sowie den Stadtteil Gadderbaum (UKW, 94,3 MHz). Es wird gemeinsam von behinderten und nicht-behinderten, ehrenamtlich tätigen Mitarbeitenden betrieben.

Kulturelle Arbeit in Gadderbaum

Das Künstlerhaus Lydda bietet eine künstlerische Betreuung für behinderte und nicht behinderte Menschen.

Im „Volxtheater“ der Theaterwerkstatt Bethel entwickeln heterogene Gruppen in Zusammenarbeit mit professionellen Künstlern freies Theater zu klassischen und aktuellen Stoffen und führen sie überregional auf. Die Einrichtung wurde 1983 gegründet.

Seit 2003 existiert das Rockmusikprojekt „Maluka“ unter der Leitung eines Musiktherapeuten. Die Band setzt sich aus Menschen mit Behinderung aus verschiedenen Einrichtungen zusammen und spielt ausschließlich Eigenkompositionen. 2005 Produktion einer LIVE CD, ein Mitschnitt eines Konzertes. Maluka tritt zu verschiedenen Anlässen innerhalb und außerhalb Bethels live auf.

Sonstiges

Bethelgeld

Die verschiedenen Betriebe Bethels halten ein vielfältiges Dienstleistungsangebot bereit. Die Stiftungen haben zusätzlich zum offiziellen Zahlungsmittel Euro auch eine eigene „Währung“ in Form von Warengutscheinen, den Bethel-Euro.

Das „Bethel-Geld“ gibt es seit über 100 Jahren in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Am 1. September 1908 wurde zum ersten Mal die „Bethel-Mark“ als Warengutscheine ausgegeben, damit das Geld in der eigenen Einrichtung und nicht in Geschäften außerhalb ausgegeben wird. 2002 wurde die Bethel-Mark durch den „Bethel-Euro“ abgelöst.[14] Das Geld ist nur in der Ortschaft Bethel, in Bielefeld-Eckardtsheim und im niedersächsischen Freistatt gültig.

Heute sind noch rund 110.000 Scheine im Wert von fast einer Million Euro im Umlauf. Gut ein Dutzend Geschäfte akzeptieren das stiftungseigene Geld – darunter eine Buchhandlung, zwei Kaufhäuser, ein Friseurladen, eine Schuhmacherei, ein Bio-Laden und eine Gärtnerei. Streng gesehen ist das Zahlungsmittel ein Warengutschein. Beim Umtausch gibt es fünf Prozent Rabatt für Bewohner, Betreute und Mitarbeitende der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel.

Gestaltet wurden die Geldscheine durch die Designer K. P. Pohlan und H. G. Vogt. Das Wort „Warengutschein“ prangt – neben dem Bethel-Logo – ebenso auf allen Scheinen wie die Unterschriften von Vorstandsmitgliedern. Das Papier ist mit Wasserzeichen und einer Prägung versehen. Den Bethel-Euro gibt es nicht als Münze, sondern nur als Schein in drei Größen und sieben unterschiedlichen Farbtönen und Werten – von 50 Cent bis 50 Euro. Auf den Scheinen sind markante Betheler Ortschaftsgebäude wie die Zionskirche, die Mamre-Patmos-Schule oder die Bethelpforte abgedruckt.

Betheljahr

Statistischer Bezirk Bethel in Bielefeld

Als besondere Ausgestaltung des freiwilligen sozialen Jahres bieten die v. Bodelschwinghschen Stiftungen das sogenannte Betheljahr an, in dem junge Erwachsene im Alter von 16 bis 27 Jahren einen Einblick in die verschiedenen Tätigkeitsfelder bekommen können. Neben der Arbeit gehören fünf Seminarwochen zum Konzept. Das Betheljahr kann in vielen verschiedenen Einrichtungen Bethels absolviert werden. Neben vielen Stellen in Wohnheimen, Krankenhäusern, Altenheimen, Werkstätten und Schulen gibt es auch die ungewöhnlicheren und sehr beliebten Stellen wie zum Beispiel in der „Neuen Schmiede“, bei Radio Antenne Bethel oder in der Theaterwerkstatt.

Für die Ausgestaltung des Betheljahres wurden die v. Bodelschwinghschen Stiftungen 2006 mit dem Westfälischen Friedenspreis ausgezeichnet.

Statistischer Bezirk

Innerhalb des Stadtbezirks Bielefeld-Gadderbaum existiert der statistische Bezirk Bethel, der einen Großteil der Bielefelder Einrichtungen beinhaltet, jedoch auch stiftungsfremde Wohn- und Gewerbegebiete.

Konflikte

Straße in Freistatt mit Hinweisschildern

Die zur v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel gehörende „Diakonie Freistatt bei Diepholz“ gehört zu den im Rahmen der Diskussion um die Heimerziehung mittels schwarzer Pädagogik und Misshandlung bekannt gewordenen Stiftungen: „[M]it seiner Presstorfproduktion, mit seinen Schlossereien und Schmieden war [Freistatt] als reiner Wirtschaftsbetrieb konzipiert, der die billigen Arbeitskräfte ausnutzte. Wenn nicht gerade Choräle gesungen wurden, mussten die 14- bis 21-Jährigen im Sommer wie im Winter im Moor Torf stechen und pressen.“

Noch 1960 beanstandete die zuständige Aufsichtsbehörde, das Landesjugendamt Hannover, „die Verwendung von Forkenstielen, Torflatten, Pantoffeln und Besenstielen als Züchtigungsmittel“[15][16], während sie in den 1950er Jahren die über die gesetzlichen Grenzen erlaubten körperliche Züchtigungen noch stillschweigend geduldet hatte.[17]

Im Jahre 1894 wurde der aus Greifswald stammende spätere preußische SPD-Kultusminister Konrad Haenisch von seiner bürgerlich-konservativen Familie unfreiwillig in Bethel untergebracht, nachdem sie ihn aus Leipzig hatte entführen lassen. Der Grund waren sozialdemokratische Aktivitäten Haenischs, wegen derer er ein Jahr zuvor aus dem Gymnasium entlassen und in eine Nervenheilanstalt eingewiesen worden war. Haenisch entkam aus Bethel, der Fall wurde durch eine Pressekampagne der Leipziger Volkszeitung, die damals ein SPD-Parteiblatt war, gegen die Familie Haenisch publik.[18]

Siehe auch

Literatur

  • Wolfram Korn, Bärbel Bitter: Bethel und das Geld. Die ökonomische Entwicklung der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel 1867-1998. Bielefeld 1998, ISBN 3-922463-89-4.
  • Friedemann Draeger, Monique Grundmann, Volker Hinz, Walter Schröder: Anders sein – Alles andere als normal. Bausteine für die Unterrichtspraxis, Sekundarstufe I: Körperliche und geistige Behinderungen, Epilepsien, Psychische Erkrankungen, Wohnungslosigkeit, Diakonie. Bielefeld 1999.
  • Andrea Piccenini, Ulrich Pohl: Anders sein – Lernen und das leben genießen wie andere Kinder auch. Und trotzdem … Bausteine für die Unterrichtspraxis in der Primarstufe. Leben mit einer Behinderung, Integration erfahren, Epilepsien, Bethel kennen lernen, Aktionen planen. Bielefeld 2002.
  • Hans-Jörg Kühne: Herausforderung Migration – Geschichte der Beckhofsiedlung der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel. Bielefeld 2008,ISBN 978-3-89534-764-1.
  • Kurt Pergande: Bodelschwingh – Der Einsame von Bethel. Stuttgart 1958.
  • Peter Wensierski: Schläge im Namen des Herrn. Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik. Spiegel-Buchverlag in der Deutschen Verlags-Anstalt, München 2006, ISBN 3-4210-5892-X.
  • Barbara Degen: Bethel in der NS-Zeit. Eine verschwiegene Geschichte. Bad Homburg v. d. H. 2014, ISBN 978-3-88864-530-3.
  • Matthias Benad, Hans-Walter Schmuhl, Kerstin Stockhecke: Endstation Freistatt. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-89534-676-7.
  • Hans-Werner Senfft, Volker Hinz, Christiane Meise, Klaus Hofemeier, Mario Leisle: Gute Jahre – Das Magazin zum Älterwerden. v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-00-030328-9.
  • Hans-Werner Senfft, Volker Hinz, Klaus Hofemeier, Christiane Meise: Gute Jahre – Der Ratgeber zum Älterwerden. v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel, Bielefeld 2011, ISBN 978-3-00-034645-3.
  • Ernst Klee: Die SA Jesu Christi. Die Kirche im Banne Hitlers. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1993, ISBN 978-3-596-24409-6.
  • N.N.: "Ein Rundgang durch Bethel, Sarepta, Nazareth, Wilhelmsdorf" - nach Mitteilungen von Pastor von Bodelschwingh zusammengestellt. Bielefeld, Verlag der Buchhandlung der Anstalt Bethel, 1899, Onlinebook
  • Thomas Wiefelhaus: Betheljugend. Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8370-6351-6
Commons: V. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. v. Bodelschwinghsche Stiftungen, Gemeinschaft verwirklichen (PDF; 2,4 MB), Mai 2011, S. 8, abgerufen am 12. März 2012
  2. Die "Welt": Wurden in Bethel Hungerexperimente durchgeführt? Abgerufen am 9. Juli 2015
  3. Stellungnahme auf www.bethel.de, abgerufen 9. Juli 2015.
  4. Die Bethel-Chronik: 140 Jahre Menschlichkeit. auf: bethel.de
  5. Zu seinem Beitrag zur Entwicklung der Anstalt vgl. die Seite „Anstaltsleiter“ der Bethel-Chronik
  6. Information über Aufnahme Lobetals als vierte Stiftung und Namensänderung, abgerufen am 24. Januar 2011
  7. Struktur Zahlen Fakten.
  8. http://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/presse-und-medien/nachrichten/2010/12/13-15119
  9. http://www.bethel-im-norden.de/ueber-uns.html
  10. http://www.bethel-im-norden.de/kontakt.html
  11. Internetseite des Kinderhospiz Bethel (abgerufen am 18. Januar 2012)
  12. Geschichtswettbewerb 2008: Helden verehrt – verkannt – vergessen. Bethel, Bielefeld, 2008.
  13. Marianne Grubel in 75 Jahre Brockensammlung in Lübeck, Lübeck, 1988
  14. Bethel - Euro ersetzt Bethel - Mark. 28. November 2001, abgerufen am 19. Februar 2014.
  15. Peter Wensierski: Heimkinder-Schicksale: „Wie geprügelte Hunde“. Spiegel Online, 11. Februar 2006
  16. Peter Wensierski: Schläge im Namen des Herrn. Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik. Spiegel-Buchverlag in der Deutschen Verlags-Anstalt, München 2006, ISBN 3-4210-5892-X, Webseite schlaege.com
  17. Matthias Benad, Hans-Walter Sachmuhl, Kerstin Stockheke: Endstation Freistatt. Fürsorgeerziehung in den v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel bis in die 1970er Jahre. Verlag für Regionalgeschichte Bethel-Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-89534-676-7, S. 20.
  18. Matthias John: Konrad Haenisch (1876–1925) – Und von Stund an ward er ein anderer. Trafo-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-89626-471-0.

Koordinaten: 52° 0′ 30,7″ N, 8° 31′ 14,3″ O