Ziller (Baumeisterfamilie)

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GEBR. ZILLER.
BAUMEISTER

Firmenschild, abgeschlagen und lange überputzt, heute wieder freigelegt

Die Baumeisterfamilie Ziller stellte vier Generationen lang, vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts, Baumeister, Architekten und weitere mit dem Baugeschehen Verbundene, wobei die Zeit ihres größten Einflusses in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lag.

Dazu gehören der Baumeister des griechischen Königs Georg I. und Professor an der Nationalen Technischen Universität Athen, Ernst Ziller, der das Grabmal seines Freundes Heinrich Schliemann baute. Dazu gehören seine Brüder, die in der Lößnitz bei Dresden wirkenden Gebrüder Moritz und Gustav Ziller, deren Villenbebauungen des Sächsischen Nizza auch heutige Baufirmen noch beeinflussen. Dabei hatte sich Gustav bereits vor seiner Zeit in der Lößnitzheimat einen Namen als Entwerfer bei seinem dänischen Lehrer Theophil von Hansen in Wien gemacht. Deren jüngster Bruder Paul Ziller entwarf nach seiner Zeit in Griechenland beim ältesten Bruder Ernst in der Heimat unter anderem das Grabmal für Karl May. Zur Familie gehört auch der in Potsdam wirkende Schinkel-Schüler und Regierungsbaurat Christian Heinrich Ziller.

Leben und Wirken

Gemeinsamer Vorfahr der hier relevanten drei Familienstämme ist Johann Christian Ziller (1728–1812), ein Bauerngutsbesitzer wie viele seiner Vorfahren, Gerichtsschöppe und Kirchvater aus dem sächsischen Oberebersbach nahe Radeburg.

Dessen Familienname lässt sich in Ebersbach bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweisen, ab der Mitte jenes Jahrhunderts auch in der Gegend von Freiberg und Nossen. Da nicht nachweisbar ist, ob sich dieser Familienname von Zille (Schiff) oder von Cella wie im nahegelegenen Kloster Altzella, eventuell aber auch von den Vornamen Cylius oder Cäcilie herleitet,[1] verbleibt die frühere Herkunft der Familie im Unklaren.

Erste Generation

Johann Gottlob

Da der elterliche Hof ein Minoratsbesitz war, übernahm ihn der jüngste Sohn Johann Gottlob (1778–1838), während seine älteren Brüder in die Fremde ziehen mussten.

Johann Gottfried

Der älteste Sohn Johann Gottfried (1762–1831) ging aufgrund schwägerlicher Familienbande nach Kaditz westlich der Residenzstadt Dresden, wo er 1785 Substitut bei dem dortigen Schulmeister und Kantor Martin Bruchhold (1722–1792) wurde, dem er später in dessen Ämtern nachfolgte. 1786 heiratete er in erster Ehe dessen jüngste Tochter Rahel Gottliebe (1753–1802).

Johann Christian

Johann Christian (1773–1838) hatte bereits eine Ausbildung zum Zimmermann abgeschlossen, als er 1799 zu seinem älteren Bruder nach Kaditz ging. 1800 kaufte er im nahegelegenen Radebeul, das zu Kaditz gepfarrt war, das von einer jungen Witwe zum Kauf angebotene Bauerngut Nr. 8. Anfang 1801 heiratete Johann Christian auch die Witwe, Anna Elisabeth verw. Gepphardt geb. Barth, die von ortsansässigen Zimmermeister- und Maurermeisterfamilien abstammte (siehe auch Carl Gottlieb Barth).

Der Bauerngutsbesitzer wurde Zimmermeister. In dieser Funktion bekam er viel zu tun, da die umliegenden Lößnitz-Orte nicht nur in den Napoleonischen Kriege Zerstörungen erlitten, sondern auch niederbrannten, so beispielsweise Radebeul 1813 und Kaditz am Abend des Gründonnerstags 1818. Nachweise über Johann Christians Bauten sind spärlich, lediglich die Kirchenbücher berichten über Arbeiten an der Kirche, dem Pfarr- und Diakonatsgebäude sowie an der Schule seines Bruders. Auch baute er die Räucherkammer sowie das Taubenhaus der Pfarrei.

Dem Paar wurden in seinem Bauerngut Nr. 8 Christian Gottlieb im Jahr 1807 als viertes Kind und 1810 Christian Heinrich als sechstes Kind geboren, womit dieses zur „Wiege“[2] der Lößnitz-Baumeister Ziller wurde. Der dort heute in der Kaditzer Straße 9 stehende, denkmalgeschützte[3] Dreiseithof wurde im Jahr 1898 für den Besitzer Friedrich Hermann Ziller (1853–1936), den Sohn von Christian Heinrich, durch seine Vettern Moritz und Gustav errichtet und gilt als stattlichstes Gehöft der Dorflage Radebeul.[4]

Sowohl Johann Gottfried als auch Johann Christian Ziller sind mit ihren Familien auf dem Friedhof Kaditz beerdigt, wo ihre Grabstein stehen.

Zweite Generation

Potsdam, Berlin

Johann Gottfrieds Sohn Christian Heinrich

Christian Heinrich Ziller (1791–1870) wurde als zweiter Sohn des Schulmeisters Johann Gottfried während dessen erster Ehe in Kaditz geboren. Nach Erhalt des Elementarunterrichts bei seinem Vater besuchte er die Höhere Bürgerschule in Dresden-Neustadt und studierte dann an der Dresdner Kunstakademie bei Gottlob August Hölzer. Nach anfänglicher Arbeit als Vermessungsconducteur ging Christian Heinrich 1815 nach Preußen, um dort bei den Grenzberichtigungen sein Auskommen zu finden. Kurze Zeit später gelang es ihm, in Berlin seine Architekturstudien fortzusetzen.

Schinkel im Jahr 1836, aus der Monografie von Hermann Ziller

Dort lernte er den einflussreichen Baumeister und Architekten Karl Friedrich Schinkel kennen. Dieser übertrug Christian Heinrich 1819/1820 die Bauleitung der neogotischen Kirche in Großbeeren und 1821–1823 diejenige des Potsdamer Zivilkasinos. Zu seinen weiteren Bauten zählen die Ratswaage am Neuen Markt in Potsdam, die Bethlehemkirche in Potsdam-Babelsberg, Erweiterungen am Kommandantenhaus sowie zahlreiche vornehme Wohnhäuser.[5]

Christian Heinrich Ziller war ab 1828 mit Charlotte Böhm verheiratet, die ihm zwei Söhne gebar, die auch Architekten wurden, Carl Ernst Heinrich und Hermann. 1829 wurde Christian Heinrich zum Regierungsbauinspektor in Potsdam ernannt, auch wurde er an die dortige Bauschule berufen. 1860 erhielt er in Folge seiner Verdienste die Ernennung zum Regierungsbaurat.

Lößnitz

Johann Christians Sohn Christian Gottlieb

Christian Gottlieb Ziller (1807–1873), der ältere Sohn des Zimmermeisters Johann Christian, erlernte bei seinem Vater das Handwerk des Zimmermeisters. Anfang der 1830er Jahre studierte er nach dem Vorbild seines älteren Vetters, der inzwischen in Potsdam Regierungsbauinspektor war, Architektur an der Akademie der Bildende Künste Dresden, unter anderem bei dem Landbaumeister Carl August Benjamin Siegel und bei Joseph Thürmer.

Landhaus Christian Gottlieb Ziller

Ab 1834 errichtete sich der Baumeister Christian Gottlieb für seine Familie und sein Baugeschäft auf dem großen Grundstück Augustusweg 4 einen durch seine klassizistische Ausbildung geprägten, für die Region neuen „italienischen“ Haustyp, ein Landhaus im Toskanastil. Er war mit diesem südlichen Bautyp fünf Jahre früher als Gottfried Semper, der 1839 in Dresden die richtungsweisende Villa Rosa baute. Das Haupthaus wurde rechts und links von zwei eingeschossigen Nebengebäuden mit Satteldach eingefasst, von denen heute das linke, nördliche noch vorhanden ist.

Das Grundstück lag 1834 auf Serkowitzer Weinbergsflur und kam mit der Gemeindegründung im Jahr 1839 zu Oberlößnitz. Von den 10 Kindern, die Christian Gottlieb und seiner Frau Johanna Sophie geb. Fichtner in diesem Haus geboren wurden, kamen die erstgeborenen Ernst Moritz Theodor (1837) und Moritz Gustav Ferdinand (1838) noch in Serkowitz zur Welt, alle anderen in Oberlößnitz. Zwei der Töchter verstarben früh, Sophia Alwina Johanna mit drei Jahren und Sophie Eugenia mit 21 Jahren. Auf diesem Anwesen verlebten die Kinder ihre Kindheit und erhielten sie ihre erste Lehrzeit.

Christian Gottlieb errichtete ab 1835 in Oberlößnitz zwischen dem alten Haus Steinbach und Haus Sorgenfrei die Villa Zembsch. 1854 erneuerte er in Kaditz die Alte Schule, wo sein Onkel 35 Jahre lang gewirkt hatte. Neben weiteren Villen und Landhäusern war er auch an den Kirchenbauten in Lomnitz und in Lichtenberg in der Lausitz beteiligt.

Johann Christians Sohn Christian Heinrich

Johann Christians jüngster Sohn Christian Heinrich (1810–1857) übernahm in Minoritätsfolge das Bauerngut Nr. 8, womit er Mitglied der Altgemeinde wurde. Nach der Änderung der Gemeindeverfassung aufgrund der Sächsischen Landgemeindeordnung von 1838 wurde er von 1851 bis 1856 Gemeindevorstand der Landgemeinde Radebeul.[6] Dessen Urenkel Rudolf (1911–2001) bewohnte das sich seit 1800 im Familienbesitz befindliche Anwesen bis zu seinem Lebensende.

Johann Gottlobs Sohn Gottlob Adam

Gottlob Adam Ziller, der 1817 geborene älteste Sohn des Hofbesitzers Johann Gottlob in Oberebersbach, heiratete in Radebeul die Witwe eines Maurermeisters. Vermutlich ist er es, der in den Bauakten zum Kirchenbau in Lomnitz durch seinen Vetter Christian Gottlieb als der „Ziller aus Ebersbach“ erwähnt wird.

Dritte Generation

Potsdam, Berlin

Christian Heinrichs Söhne Carl Ernst Heinrich und Hermann

Carl Ernst Heinrich Ziller (1832–1866), der erstgeborene Sohn des seinerzeitigen Regierungsbauinspektors Christian Heinrich, wurde ebenfalls Architekt. Seine künstlerischen Fähigkeiten zeigte der früh Verstorbene in Zeichnungen und Aquarellen einer italienischen Studienreise, die 1998 durch die Winckelmann-Gesellschaft in Stendal mit einer Ausstellung gewürdigt wurden.[7]

Hermann Ziller (1843–1915), sein jüngerer Bruder, wurde gleichermaßen Architekt. Von ihm sind einige Pläne bekannt, die Umbauten des Berliner Stadtschlosses sowie Umgestaltungen des Schlossplatzes zeigen, jedoch nicht realisiert wurden.[8] Darüber hinaus stammt von Hermann Ziller eine umfassende Künstlermonografie über Karl Friedrich Schinkel.[9]

Wien, Athen

Christian Gottliebs Söhne Ernst, Moritz, Gustav und Paul
Ernst Ziller und seine Frau Sofia Dodou

Christian Gottliebs zwei älteste Söhne Ernst Moritz Theodor (Ernst) (1837–1923) und Moritz Gustav Ferdinand (Moritz) (1838–1895) wurden beide in dem Haus im heutigen Augustusweg 4 in Serkowitz geboren und 1839 Oberlößnitzer Bürger. Beide lernte Baumeisterberufe, Ernst Maurermeister und Moritz Zimmermeister. Die notwendige theoretische Schulung erhielten sie vom Vater, vor allem im Winter, wenn das Baugeschehen ruhte. Ernst besuchte zusätzlich von 1855 bis 1858 die Königliche Bauschule in Dresden, wo er im zweiten Jahr eine bronzene und im dritten Jahr eine silberne Medaille erhielt.

Die beiden Brüder gingen nach Leipzig zu dem befreundeten Steinmetzmeister Einsiedeln und wollten von dort zusammen nach Berlin gehen, wo ihr Onkel Christian Heinrich wirkte. Auf Anraten Einsiedelns gingen sie jedoch in das „solidere“[10] Wien. Moritz fand schnell Arbeit als Zimmermann, Ernst dagegen arbeitete als Zeichner im Büro des klassischen dänischen Architekten Theophil von Hansen. Bereits ein halbes Jahr später ging Hansen zur Vorbereitung seines Baus der Athener Akademie nach Griechenland, derweil die beiden Brüder Ernst und Moritz nach Dresden zurückkehrten, um im Winter an der dortigen Akademie der Bildenden Künste ihre Kenntnisse zu vertiefen. Während Moritz in das väterliche Baumeistergeschäft in der Oberlößnitz eintrat, nahm Ernst erfolgreich an einem Architekturwettbewerb für ein Gebäude in Tiflis teil und kehrte dann auf ein Angebot von Hansen hin zu ihm nach Wien zurück. Von dort gingen beide nach Athen, wo Ernst Zillers eigentliche Karriere verlief, an deren Ende er etwa 600 Bauwerke unter anderem für den Griechischen König errichtet, das Wohnhaus sowie das Mausoleum für seinen Freund Heinrich Schliemann gebaut sowie das Panathenäische Stadion wiederentdeckt, ausgegraben und es für die Olympischen Spiele von 1896 rekonstruiert hatte.

Der jüngere, in Oberlößnitz geborene Bruder Gustav Ludwig (Gustav) (1842–1901) studierte nach seiner Maurermeisterausbildung an der Bauschule und anschließend an der Dresdner Akademie der Bildenden Künste. Anschließend ging er nach Wien zu seinem Bruder Ernst, wo er eine Zeit lang mit ihm als Entwerfer im Büro von Theophil von Hansen arbeitete. Von Wien aus machte Gustav Studienreisen nach Rom, Florenz, Venedig und in die Toskana, auf denen er, ein „begnadeter Künstler“[10], seine künstlerische Ader weiterbildete. Auf dringliche Bitten des Vaters gab Gustav der Familienräson nach und kehrte nach einigen Verzögerungen 1867 in die Lößnitz zurück.

Der jüngste Paul Friedrich (Paul) (1846–1931) wurde Steinmetz und Architekt. Im Anschluss an seine Dienstzeit bei den Pionieren in Dresden ging Paul 1868 zu seinem ältesten Bruder Ernst nach Athen. Beginnend als Assistent des Bauleiters beim Bau der Athener Akademie blieb Paul für die nächsten etwa 25 Jahre zu seinem Bruder und kehrte erst Mitte der 1890er Jahre in die Lößnitz zurück. Für seine Verdienste für den griechischen Staat während dieser Zeit wurde Paul 1910 mit dem Erlöser-Orden ausgezeichnet.[11]

Lößnitz

Christian Gottliebs Söhne Moritz, Gustav, Otto und Paul
Moritz Ziller in historischem Kostüm, 1881

Moritz Ziller trat in das väterliche Baugeschäft in der Lößnitz ein, während sein älterer Bruder Ernst wieder nach Wien und dann nach Athen ging. Ab 1862 verzeichnen die einheimischen Bauakten „Ziller jun.“ beziehungsweise Moritz Ziller als Bauverantwortlichen. So entstanden in diesen Jahren der Umbau von Haus Albertsberg, ein Anbau an das Landhaus Mehlhorn sowie der Bau der Villa Waldhof, die viele Jahre später in den Besitz seiner Schwester Helene Ziller (1843–1918) kam, die dort eine Familienpension betrieb. Die unverheiratete Helene hatte bis zu Moritz' Heirat im Jahr 1890 dessen Haushalt geführt. Von Moritz stammte auch das schlossartige Herrenhaus auf der Gutsanlage von Curt Robert von Welck sowie der Umbau der Villa des Kammermusikus Josef Rudolf Lewy-Hoffmann.

Da immer mehr Baufirmen in die stark wachsende Region der Lößnitz drängten, wollte der Vater Christian Gottlieb rechtzeitig die Firma an seine jüngeren Nachfolger übergeben. Auf seine Bitten hin kehrte 1867 der entwurfsstarke und künstlerisch versierte Gustav im Jahr des 60-sten Geburtstags des Vaters aus der Fremde zurück, um den in kaufmännischen Dingen starken und auf die Anlage von Gärten, Außenanlagen und Plätzen spezialisierten älteren Bruder zu ergänzen. Im gleichen Jahr 1867 wurde die ehemals väterliche Firma in Oberlößnitz von den beiden Brüdern in Baufima „Gebrüder Ziller umfirmiert.

Geschäftslokal Gebrüder Ziller, vom Augustusweg aus

1869 errichtete sich Gustav auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die bereits zu Serkowitz gehörte, sein Wohnhaus, eine große landhausartige Villa (Hauptstraße No. 2, heute Augustusweg 3). Im Jahr darauf folgte auf dem Nachbargrundstück (Hauptstraße No. 3, heute Augustusweg 5) das Wohnhaus für Moritz. Dieses Wohnhaus wurde durch Anbau eines Ateliersaals sowie eines Planarchivs zum Geschäftslokal Gebrüder Ziller, welches ebenfalls in Serkowitz lag, auch wenn die Firma mit Oberlößnitz warb.[12] Die GEBR. ZILLER. BAUMEISTER haben in den nächsten Jahrzehnte wohl am bedeutendsten daran gewirkt, gebaute Kultur im Sächsischen Nizza entstehen zu lassen. So stellten sie nicht nur auf den Hausgrundstücken, sondern auch auf von ihnen gestalteten Straßeneingangssituationen und Plätzen auf eigene Kosten zahlreiche Brunnen an und Figuren auf, etliche davon von der Berliner Firma Ernst March. Moritz war darüber hinaus Mitbegründer des Verschönerungsvereins für die Lößnitz und Umgebung.

Der mittlere Bruder Otto Heinrich (Otto) (1840–1914) ergriff keinen Bauberuf, sollte für die Zillers jedoch sehr wichtig werden. Er ergriff den Beruf des Kaufmanns und baute auf einem Nachbargrundstück zu den Brüdern (Hauptstraße No. 4, heute Augustusweg/ Ecke Nizzastraße) ein großes Haus, in dem er das Lößnitzwarenhaus betrieb, ein Geschäft für Kolonialwaren, Delikatessen, Sämereien und Porzellan. Da es teilweise über ein Jahr dauerte, bis die auf eigene Rechnung als Bauträger fertiggestellten Häuser verkauft werden konnten, geschah dies durch „Nachweis von Miethwohnungen und verkäuflichen Grundbesitz für Oberlößnitz und Umgegend durch Otto Ziller, Colonialwaarenhandlung in Oberlößnitz, Hauptstr. Nr. 4.“[13]. Otto übernahm damit die Makelei für die Geschwister, wenn diese nicht im Auftrag, sondern auf eigene Rechnung bauten. Unter anderem verkaufte er 1895 ein bereits auf einem Grundstück südlich der neuerrichteten Lutherkirche fertiggestelltes Haus, das unter seinem neuen Besitzer Karl May als Villa Shatterhand bekannt werden sollte.

Gustav heiratete 1886 Johanna Sophie Marie (Marie) (1862–1910), eine Tochter des Dresdner Geheimen Regierungsrats Otto Hennig. Von den fünf Kindern verstarben zwei bereits im Kindesalter und zwei mit zwanzig Jahren (Reinhart 1917, Gertrud 1918). Als Gertrud an Tuberkulose starb, richteten die Eltern die Ziller-Stiftung zur Pflege und Versorgung weiblicher Tuberkulosekranker am Siechenhaus Bethesda im heutigen Radebeul ein. Das fünfte Kind, Gustav Otto, ergriff später auch den Architektenberuf und machte sich in der Region einen Namen.

Moritz-Ziller-Gedenkstelle im Lößnitzgrund[14]

Der jüngste Bruder Paul Ziller kam im Jahr des Todes von Moritz, der wie seine Vorfahren in Kaditz beerdigt wurde, aus Griechenland in die Heimat zurück; Bruder Gustav ließ Paul jedoch nur aushelfen und führte die Geschäfte der „Gebrüder Ziller“ alleine weiter. So ließ sich Paul 1897 im nahegelegenen Kötzschenbroda nieder. Als Gustav 1901 starb und auf dem Friedhof Radebeul-Ost beerdigt wurde, übernahm er kurzzeitig die Leitung der Baufirma, musste sie jedoch wegen Fehlspekulationen bereits nach kurzer Zeit seiner Schwägerin, der Witwe von Gustav, überlassen. Paul Ziller eröffnete daraufhin im Oktober 1901 in Serkowitz ein „Bureau für Architektur“, das er bis mindestens 1912 aktiv betrieb. Als sein wohl bedeutendstes Werk auf deutschem Boden gilt das Grabmal für Karl May auf dem Friedhof Radebeul-Ost, das er 1903 als Familienbegräbnisstätte der mit ihm befreundeten Familien May und Plöhn in starker Anlehnung an den Athener Niketempel entwarf.

Gustavs Witwe Marie führte die nächsten fast zehn Jahre die Baufirma „Gebrüder Ziller“, wobei sie durch den Architekten Max Steinmetz als Technischem Leiter unterstützt wurde. Im Jahr von Maries Tod 1910 wurden die Gebrüder Ziller aufgespalten: die Baufirma mit angeschlossener Baumaterialienhandlung ging an den Radebeuler Baumeister Alwin Höhne und das Entwurfsbüro an den bis dahin angestellten Architekten Max Steinmetz, welcher jedoch bereits 1911 verstarb. 1917, im Jahr des Todes von Gustavs ältestem Sohn Reinhart, wurde die Firma im Register gelöscht.[15]

Vierte Generation

Lößnitz

Gustavs Sohn Otto

Gustav Otto (Otto) (1889–1958) war der älteste Sohn von Gustav Ludwig, dem jüngeren der beiden Gebrüder Ziller, und seiner Frau Marie, die bis zu ihrem Tod 1910 die Geschicke der Baufirma „Gebrüder Ziller“ geleitet hatte. Gustav Otto machte nach dem Abschluss der Realschule eine praktische Ausbildung in einem Dresdner Baugeschäft und ging nach seiner Maurergesellenprüfung an die Gewerbe-Akademie in Chemnitz, wo er an der Architektur-Abteilung seine theoretische Ausbildung erhielt. Diese vertiefte er durch vier Semester an der Königlich Sächsischen Bauschule in Zittau und durch mehrere Semester an der Kunstgewerbeschule Hamburg, wo er bei Richard Schmidt studierte. Nach dem Ersten Weltkrieg schloss er seine akademische Ausbildung im Hochbau an der Technischen Hochschule Dresden, unter anderem bei Emil Högg, ab.

In dieser Zeit arbeitete er als Zeichner im Büro des Radebeuler Baumeisters Alwin Höhne, der nach Marie Zillers Tod die Bauaktivitäten der Gebrüder Ziller übernommen hatte. Gustav Otto legte 1920 in Dresden seine Baumeisterprüfung ab und trat zwei Jahre später in die Arbeitsgemeinschaft des Radebeuler Architekten Bernhard Weyrather ein, wo er bis 1926 als Architekt arbeitete. Im Juni 1926 machte er sich in Radebeul selbstständig und schuf in der Folgezeit hauptsächlich Wohn- und Siedlungshäuser. Im August 1931 trat er dem Bund Deutscher Architekten bei.

Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete er die Reparaturen des Hochhauses am Albertplatz in Dresden sowie den Umbau für den Einzug der Dresdner Verkehrsbetriebe. Auch erstellte er Ausschreibungsunterlagen für Neubauernhöfe. Ab 1952 engagierte er sich in der Radebeuler Fachgruppe Heimatpflege des Kulturbundes in Fragen der Denkmalpflege und der „Geschichte und Entwicklung der Lößnitzortschaften“, die seine Vorfahren maßgeblich mitgestaltet hatten. Dafür stellte er auch Bauakten und Unterlagen aus dem Familienarchiv zur Verfügung.

1918 hatte er Johanna Rüger aus Oberlößnitz geheiratet. Von den drei Kindern starben zwei Töchter bereits früh, der Sohn wurde wie einer seiner Vorfahren Lehrer und ging mit der Familie nach Wien.

Literatur

  • Thilo Hänsel; Markus Hänsel: Auf den Spuren der Gebrüder Ziller in Radebeul. Architekturbetrachtungen. Notschriften Verlag, Radebeul 2008, ISBN 978-3-940200-22-8
  • Friedbert Ficker; Gert Morzinek; Barbara Mazurek: Ernst Ziller – Ein sächsischer Architekt und Bauforscher in Griechenland; Die Familie Ziller. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg i. Allgäu 2003, ISBN 3-89870-076-3
  • Frank Andert (Redaktion): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtverwaltung, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9
  • Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. [Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen.] SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3
  • Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam. Akademie-Verlag, Berlin 1988, ISBN 3050003626.

Zu Christian Heinrich Ziller

Zu Hermann Ziller

Einzelnachweise

  1. Horst Naumann (Hrsg.): Familiennamenbuch. Bibliographisches Institut, Leipzig 1987, ISBN 3-323-00089-7
  2. Friedbert Ficker; Gert Morzinek; Barbara Mazurek: Ernst Ziller – Ein sächsischer Architekt und Bauforscher in Griechenland; Die Familie Ziller. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg i. Allgäu 2003, S. 24
  3. Denkmalliste Radebeul
  4. Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. [Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen.] SAX-Verlag, Beucha 2007, S. 161
  5. Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam. Akademie-Verlag, Berlin 1988, Inhaltsverzeichnis
  6. Frank Andert (Redaktion): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtverwaltung, Radebeul 2006, S. 264
  7. Winckelmann-Gesellschaft Stendal: Die italienischen Zeichnungen und Aquarelle von Carl Ernst Heinrich Ziller. Ausstellungskatalog, Stendal 1998.
  8. Thieme/Becker: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künste. Band 36, 1947, S. 346 mit weiterführenden Hinweisen
  9. Hermann Ziller: Schinkel. Knackfuß Künstler-Monographien XXVIII. Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig 1897.
  10. a b Friedbert Ficker; Gert Morzinek; Barbara Mazurek: Ernst Ziller – Ein sächsischer Architekt und Bauforscher in Griechenland; Die Familie Ziller. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg i. Allgäu 2003, S. 27
  11. Gebrüder Ziller im Karl-May-Wiki
  12. Thilo Hänsel; Markus Hänsel: Auf den Spuren der Gebrüder Ziller in Radebeul. Architekturbetrachtungen. Notschriften Verlag, Radebeul 2008, S. 160
  13. Die Villa »Shatterhand« in Radebeul
  14. Wanderungen in Radebeul
  15. Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen, SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3