Zivildienst in Deutschland

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Januar 2008 um 13:59 Uhr durch 213.148.140.26 (Diskussion) (Deutschland). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Österreichische Zivildienst-Plakette von 1982

Der Zivildienst ist die häufigste Form des Wehrersatzdienstes. Der Zivildienstleistende (ZDL, im österreichischen Sprachgebrauch "Zivildiener", umgangssprachlich auch „Zivi“) lehnt aus Gewissensgründen den (Kriegs-)Dienst mit der Waffe ab und leistet stattdessen den Zivildienst. In Österreich sind Zivildiener ab Feststellung der Zivildienstpflicht nicht mehr wehrpflichtig [1] und können somit (zeitlebens) nicht zum Präsenzdienst einberufen werden. Der Zivildienst umfasst in der Regel Tätigkeiten im sozialen Umfeld, wie etwa in Krankenhäusern, Jugendhäusern, Altenheimen, im Rettungsdienst und Krankentransport oder in der Behindertenbetreuung. Seltener werden Zivildienstleistende Organisationen im Bereich des Umweltschutzes, der Landwirtschaft oder der Verwaltung zugewiesen. Zivildienst kann aber auch Versorgungstätigkeiten umfassen, somit ist der Dienst z.B. auch in Jugendherbergen ableistbar.

Geschichtliches

Als erstes Land hat Dänemark Im Jahr 1917 einen Wehrersatzdienst eingeführt, der für soziale Aufgaben herangezogen wurde. Relativ kurz darauf führten auch andere Länder, wie Schweden und Niederlande 1920, Norwegen 1921 und Finnland 1931 den Zivildienst ein. Trotz leichtem Zugang zu diesem Dienst wird er auch heute noch relativ wenig angenommen. [2]

Regelung in Deutschland

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist kein Wahlrecht zwischen Kriegsdienst mit der Waffe und Zivildienst vorgesehen. Doch laut des Artikels 4 des Grundgesetzes darf niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst gezwungen werden. Gemäß Artikel 12a kann „wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, [...] zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden.“ [2] In Deutschland werden die gesetzlichen Bedingungen durch das Zivildienstgesetz geregelt. Die Verwaltung des Zivildienstes geschieht durch das Bundesamt für den Zivildienst. Analog dem Wehrbeauftragten gibt es den Bundesbeauftragten für den Zivildienst, an den sich die Zivildienstleistenden mit Eingaben und Beschwerden wenden können.

Siehe den Artikel zum Thema Kriegsdienstverweigerung.

Bis 1972 hieß der Dienst „Ziviler Ersatzdienst“.

Es ist auch möglich, an Stelle des Zivildienstes einen Anderen Dienst im Ausland zu absolvieren. Können anerkannte Kriegsdienstverweigerer eine sechsjährige Mitwirkung im Zivil- oder Katastrophenschutz vorweisen, erlischt ihre Pflicht, in Friedenszeiten den Zivildienst abzuleisten. Dies kann beispielsweise eine Verpflichtung beim Technischen Hilfswerk, bei einer Sanitätsorganisation oder bei der Freiwilligen Feuerwehr sein.

Ein Zivildienst wird bei einer Zivildienststelle abgeleistet, die vom Bundesamt für den Zivildienst anerkannt sein muss. Jede Zivildienststelle muss gewährleisten, dass der ZDL die Arbeitsmarktneutralität wahrt, das heißt nur 1/8 eines Arbeitsplatzes ausfüllt. So soll verhindert werden, dass gewöhnliche Arbeitsplätze durch ZDL ersetzt werden.

Heranziehung zum Dienst

Zum Zivildienst herangezogen werden kann jeder taugliche Wehrpflichtige, der aus Glaubens- und Gewissensgründen den Kriegsdienst nach Artikel 4/3 GG verweigert hat.

Ein häufiges Missverständnis ist, dass angenommen wird, zum Wehrdienst untaugliche Männer könnten zum Zivildienst herangezogen werden. Dies ist nicht der Fall, da der Zivildienst ein Ersatzdienst ausschließlich für den Fall ist, dass der Wehrdienst aus Gewissensgründen nicht abgeleistet werden kann. Medizinische oder andere Gründe sind hierbei irrelevant. Wird also ein Mann bei der Musterung als untauglich eingestuft, kann er auch nicht zum Zivildienst herangezogen werden. Dies gilt analog auch für alle Gründe, die trotz Tauglichkeit von der Wehrpflicht befreien.

Mit der letzten Änderung des Zivildienstgesetzes wurde die Altersgrenze für die Heranziehung zum Zivil-/Wehrdienst vom 25. auf das 23. Lebensjahr herabgesetzt. Allerdings ist zu beachten, dass sich die Altersgrenze für die Heranziehung durch eine Zurückstellung zum Beispiel auf Grund einer Ausbildungsstelle auf die Vollendung des 25. Lebensjahres erhöht.

Dienstdauer

Das Grundgesetz schreibt in Artikel 12a (2) vor: „Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen.“ Es herrscht hierbei aber Interpretationsspielraum. Meist wurde der längere Zivildienst dadurch erklärt, dass ehemalige Wehrdienstleistende zu Wehrübungen herangezogen werden könnten, weshalb der Zivildienstleistende zum Ausgleich einen längeren Dienst ableisten müsse. Daher war der Zivildienst die meiste Zeit seit seinem Bestehen länger als der Wehrdienst.

Dauer der Wehrpflicht in der Bundesrepublik Deutschland von 1957 bis heute (in Monaten)

Ab Dauer des Zivildiensts Dauer des Wehrdiensts Anmerkungen
1.4.1957 keiner 12 Monate Der Zivildienst war zunächst nicht festgelegt, wenn auch laut Artikel 4 des Grundgesetz schon ab 1949 das Recht auf Verweigerung bestand
1.4.1961 15 Monate 12 Monate
1.7.1961 18 Monate 12 Monate
1.4.1962 18 Monate 15 Monate
1.7.1962 18 Monate 18 Monate Personen die im Bergbau tätig waren oder zur See gefahren sind, brauchen kein Wehr- oder Zivildienst leisten.
1.1.1973 16 Monate 15 Monate ZDL, die nach dem sogenannten Postkartenverfahren zwischen 1. August 1977 bis 16. Dezember 1977 verweigerten, mussten 18 Monate ableisten.
1.1.1984 20 Monate 15 Monate Laut Zivildienstgesetz musste der Zivildienst ein Drittel länger sein als der Wehrdienst. Es galt eine Übergangsregelung für Anträge aus dem Jahr 1983.
1.10.1990 15 Monate 12 Monate Wer am 1. Oktober 1990 mehr als 15 Monate abgeleistet hatte, wurde vorzeitig entlassen. Es bestand die Möglichkeit, die ursprünglichen 20 Monate abzuleisten.
1.1.1996 13 Monate 10 Monate Laut Zivildienstgesetz ist der Zivildienst 3 Monate länger. Wie 1990 Möglichkeit zur vorzeitigen Entlassung bei entsprechend abgeleisteter Dienstzeit oder Ableistung der gesamten Dienstzeit.
1.7.2000 11 Monate 10 Monate Laut Zivildienstgesetz ist der Zivildienst einen Monat länger. Wie 1990 Möglichkeit zur vorzeitigen Entlassung bei entsprechend abgeleisteter Dienstzeit oder Ableistung der gesamten Dienstzeit.
1.1.2002 10 Monate 9 Monate Wie 1990 Möglichkeit zur vorzeitigen Entlassung bei entsprechend abgeleisteter Dienstzeit oder Ableistung der gesamten Dienstzeit.
1.10.2004 9 Monate 9 Monate Angleichung der Dienstzeit. Wie 1990 Möglichkeit zur vorzeitigen Entlassung bei entsprechend abgeleisteter Dienstzeit oder Ableistung der gesamten Dienstzeit.

Die letzte Änderung wurde am 1. Juli 2004 vom Bundestag auf Empfehlung einer Kommission beschlossen.

Details zum Dienst

Besoldung

Der Zivildienstleistende erhält während seiner Dienstzeit die gleichen Bezüge wie ein Wehrdienstleistender bei der Bundeswehr. In der Realität erhalten Zivildienstleistende aber meist mehr Geld, da Wehrdienstleistende bestimmte Sachleistungen bekommen, die ein Zivildienstleistender in der Regel nicht erhält. So stellt die Bundeswehr die Dienstkleidung, in der Regel eine Dienstunterkunft und auch die Verpflegung mit allen drei Mahlzeiten. Ein ZDL bekommt hierfür zusätzliches Geld, wenn ihm die Dienststelle diese Leistungen nicht bietet.

Der Tagessatz beträgt ab dem 01. Januar 2008 nach Änderung des Wehrsoldgesetzes jeweils 2 Euro mehr. Die folgenden Angaben wurden entsprechend aktualisiert. Der Grundsold teilt sich in drei Soldstufen ein: Soldstufe 1 (9,41 €/Kalendertag) gilt von Beginn des Zivildienstes an, Soldstufe 2 (10,18 €/Kalendertag) wird in der Regel ab dem 4. Dienstmonat gezahlt und die dritte Soldstufe (10,95 €/Kalendertag) in der Regel ab dem 7. Monat. Ferner erhält jeder Zivildienstleistende eine besondere Zuwendung („Weihnachtsgeld“) in Höhe von 172,56 € sowie ein Entlassungsgeld in Höhe von bis zu 690,24 €. Das Weihnachtsgeld wird auch an die ZDL ausgezahlt (dann im letzten Dienstmonat), die im Dezember nicht mehr im Dienst sind. Darüber hinaus hat der Zivildienstleistende Anspruch auf Sachbezüge (Kleidergeld: 1,18 €/Tag; Mobilitätszuschlag: wenn das Wohnen in einer dienstlichen Unterkunft angeordnet ist und die Entfernung zwischen Dienstwohnung und Wohnort mehr als 30 km beträgt: 0,51 €/km/Monat, max. 204 €/Monat); das Verpflegungsgeld (maximal 7,20 €/Tag = doppelter Verpflegungssatz) wird gewährt, wenn Dienststelle und ZDL bei Beginn der Zivildienstzeit einvernehmlich vereinbaren auf Naturalien zu verzichten. Zivildienstleistende sind wie Wehrdienstleistende beim Staat krankenversichert (freie Heilfürsorge). Die reguläre Krankenversicherung ruht während des Dienstzeitraums.

Die Auszahlung des Soldes sowie der anderen monatlichen Bezüge findet in der Regel zum 15. eines Monats statt.

Einkommenssteuern zahlt der Zivildienstleistende nicht. Der ZDL kann neben seinem Dienst auf Antrag noch eine geringfügige Beschäftigung aufnehmen, wenn diese den ZDL bei der Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten nicht behindern.

Dienstantritt

Dienstantritt ist üblicherweise der erste Werktag eines Monats. Neben Informationen zum Dienst werden dann auch weitere Dinge wie der Zivildienstausweis vorbereitet. Weiterhin gibt es eine medizinische Untersuchung, um festzustellen, dass der Wehrpflichtige nach wie vor tauglich ist. Diese wird in der Regel vom zuständigen Gesundheitsamt oder einem „Zivildienstarzt“ (Vertragsarzt des Bundes) vorgenommen. Die Dienstantrittsuntersuchung soll 4 Tage nach Dienstantritt durchgeführt werden. Deswegen muss die Dienststelle den Arzttermin bereits vor Dienstantritt des Zivildienstleistenden vereinbaren. Mit den Unterlagen, die der Dienststelle vom Bundesamt übersandt werden, erhält sie das Formular "Dienstliche Anordnung zur Wahrnehmung einer Einstellungsuntersuchung". Falls - z.B. wegen einer kurzfristigen Einberufung - die Unterlagen bei Dienstantritt nicht vorliegen, kann die Dienststelle von der zuständigen Verwaltungsstelle eine Ersatzausfertigung erhalten.

Vergünstigungen

Zivildienstleistende erhalten in öffentlichen Einrichtungen wie Museen oder Schwimmbädern oft vergünstigten Eintritt. Auch können z.B. Zeitschriften zu vergünstigten Abonnementsbedingungen bezogen werden, wie sie sonst vor allem für Studenten gelten. Der Ausweis gewährt außerdem einen 25% Rabatt beim Kauf von Tickets der Deutschen Bahn. Dieser ist seit Anfang 2005 nicht mehr mit einer BahnCard 25 gleichzusetzen. Kombinationen z.B. mit den Sparpreisen 25 und 50 sind daher nicht möglich. [3]

Einführungslehrgänge

Sofern es der Dienst zulässt, sollten Zivildienstleistende zu einem Einführungslehrgang in einer Zivildienstschule beordert werden. Dieser Lehrgang dauert in der Regel eine Woche. Zusätzlich kann der Zivildienstleistende einen besonderen Kurs in einer Zivildienstschule besuchen, der ihn für die Arbeit in seiner Dienststelle ausbildet. Dies ist z.B. in pflegerischer Tätigkeit ein Pflegekurs oder eine Sanitäterausbildung für im Rettungsdienst tätige ZDL. Dieser kann mehrere Wochen dauern, während der der Zivildienstleistende in der Regel in der Zivildienstschule wohnt. Auch kann dieser spezielle Kurs mit dem Einführungslehrgang verknüpft werden.

Staatsbürgerliche Seminare

Der ZDL hat, wenn er es wünscht, Anspruch darauf, an staatsbürgerlichen Seminaren zur Fortbildung teilzunehmen. Dieser Anspruch besteht aber nur für Seminare in der Region, in der sich die Dienststelle befindet. Hierzu gibt es eine festgelegte Regionenaufteilung. Für bis zu zwei Seminare muss die Dienststelle den ZDL freistellen und die Fahrtkosten bezahlen. Wenn die Dienststelle zustimmt und auch die Kosten übernimmt, können aber auch mehr als zwei Seminare und Seminare in anderen Regionen besucht werden.

Arbeitszeit und Urlaub

Für die wöchentliche Arbeitszeit sind die Arbeitszeitregelungen für die hauptamtlichen Mitarbeiter der Dienststelle maßgeblich. Der Urlaubsanspruch des ZDL bestimmt sich nach seiner Wochenarbeitszeit. Bei einer 5-Tage-Woche hat er beispielsweise Anspruch auf 20 Tage Urlaub. Der Dienst ist an das Arbeitszeitgesetz sowie an tarifliche oder betriebsinterne Arbeitszeitvereinbarungen gebunden. Sind keine Vorschriften für hauptamtliche Mitarbeiter vorhanden, ist der Zivildienstleistende nach den Bestimmungen der Arbeitszeit für Bundesbeamte einzusetzen, in der Praxis findet diese Vorschrift keine Anwendung.

In den ersten drei Dienstmonaten dürfen Zivildienstleistende keine Überstunden leisten. Danach ist die Ableistung von Überstunden zulässig, für welche innerhalb von 2 Monaten ein Freizeitausgleich gewährt werden muss.

Schicht- und Nachtdienst ist für Zivildienstleistende zulässig, soweit dieser auch von hauptamtlichen Mitarbeitern geleistet wird. Nachtdienst im Sinne des Leitfadens für die Durchführung des Zivildienstest ist jeder Dienst, der zwischen 20 Uhr und 6 Uhr geleistet wird. Eine Ableistung von Nacht- oder Schichtdienst ausschließlich durch Zivildienstleistende ist nicht zulässig.

Für Dienst an Sonn- und Feiertagen sowie für Nachtdienst ist ein finanzieller oder ein Freizeitausgleich nicht zulässig. Für Nachtdienst in Schichten ist jedoch zusätzlicher Urlaub vorgesehen. Zivildienstleistende, die am 24. Dezember zwischen 18 und 24 Uhr Dienst leisten, sollen von ihrer Dienststelle eine kleine Aufmerksamkeit im Wert von 7,67 € erhalten.

Aussetzung oder Abschaffung des Zivildiensts

Im Artikel 12a des Grundgesetz heißt es

„Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.“

Da die Formulierung mit „können“ Interpretationsspielraum lässt, wird oft argumentiert, dass dies keine Verpflichtung zur Durchführung eines solchen Dienstes sei. Man könne also die Einberufung zum Dienst einfach aussetzen, ohne das Grundgesetz ändern zu müssen. Diese Ansicht ist aber umstritten.

Der Umstand, dass sich der Kommissionsbericht, der auch die Dienstzeitangleichung empfahl, außerdem mit den Auswirkungen einer eventuellen Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht befasst, hat eine generelle Diskussion um den Fortbestand von Zwangsdiensten in Deutschland bewirkt. Mit einer möglichen Abschaffung des Zivildienstes wird jedoch nicht vor dem Jahr 2010 gerechnet. Der Verlauf dieser gesamtgesellschaftlichen Diskussion ist jedoch noch offen und die politischen Auswirkungen sind noch nicht absehbar.

Da der Zivildienst fest an den Wehrdienst gekoppelt ist, entscheidet sich dessen Zukunft mit dem Fortbestehen der Wehrpflicht. Die meisten Parteien auf Bundesebene sind gegen die Wehrpflicht. Bündnis 90/Die Grünen ist dies aus prinzipiellen Gründen und ihrer pazifistischen Grundeinstellung heraus. Die FDP führt an, dass die Wehrpflicht in der heutigen sicherheitspolitischen Lage überholt sei, auch weil Wehrpflichtige nicht zu Auslandseinsätzen entsandt werden könnten[4]. Die Linkspartei präferiert eine Aussetzung der Wehrpflicht, da eine Grundgesetzänderung bei den bestehenden Mehrheitsverhältnissen nicht zu machen sei.[5] Die SPD ist in dieser Frage gespalten und hat als Kompromissformel die „freiwillige Wehrpflicht“ entwickelt, bei der die Musterung weiterhin stattfindet. Allerdings werden letztendlich nur diejenigen zum Wehrdienst herangezogen, die das auch wollen. Dies würde vermutlich auch das faktische Ende des Zivildienstes bedeuten. Die CDU und CSU sind derzeit die einzigen Parteien, die sich geschlossen für die Wehrpflicht aussprechen und daher auch den Vorschlag der SPD nicht unterstützen. Die derzeit regierende Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag die Beibehaltung der Wehrpflicht festgesetzt, so dass es zumindest unter dieser Regierung keine Abschaffung von Wehr- oder Zivildienst geben wird.

Kritik am Zivildienst

Zahlreiche Kritikpunkte zum Zivildienst in Deutschland sind im Kern Kritik an der Wehrpflicht im Allgemeinen. Dies betrifft u.a. die rechtlichen Grundlagen wie die fehlende Wahlfreiheit. Als ungerecht wird auch empfunden, dass die Auswahl der Männer alleine aus militärischen Gesichtspunkten erfolgt und hierdurch auch eigentlich für den Zivildienst geeignete Männer von jeglicher Dienstpflicht befreit werden. Frauen sind ebenso kategorisch ausgenommen. Dies fügt der Debatte um die unterschiedliche Behandlung der Geschlechter im Wehrdienst einen neuen Aspekt hinzu, da Frauen keinen Zivildienst machen dürfen, obwohl sie zur Ableistung eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) ermutigt werden, welches in seiner Gestaltung dem Zivildienst sehr ähnlich ist.

Weitere Kritikpunkte ergeben sich aus dem Verfahren der Kriegsdienstverweigerung selbst. So wird oft wegen des schriftlichen Verweigerungsverfahrens und der großen Menge von Verweigerungen angenommen, dass die Kontrolle der Beweggründe des Verweigerers schon alleine aus logistischen Gründen nur nachlässig erfolgt.

Als generell problematisch wird angesehen, dass der Zivildienst inzwischen den Wehrdienst faktisch als Hauptdienst abgelöst hat und damit der Wehrdienst zum eigentlichen Ersatzdienst geworden ist. Ein Hauptgrund zur Beibehaltung der Wehrpflicht wird damit vor allem in der Aufrechterhaltung des Zivildienstes gesehen.

Gesellschaftlich ist der Zivildienst mittlerweile weitgehend akzeptiert. Allerdings entwickelte sich diese Akzeptanz zögerlich, da die Bundeswehr von vielen als wichtiger Schritt im Erwachsenwerden eines Mannes gesehen wurde. Wehrdienstverweigerer wurden daher lange Zeit als „Drückeberger“ oder gar „Vaterlandsverräter“ beschimpft. Da die Schwelle zur Wehrdienstverweigerung durch sehr viel längere Dienstzeit und harte Auswahlverfahren lange Zeit sehr hoch war, wagten auch nur vergleichsweise wenige den Schritt, so dass sie automatisch zu Außenseitern wurden. Erst mit der vereinfachten Verweigerung, dem Ende des Kalten Kriegs und der annähernd gleichen Dienstzeit von Wehrdienst und Zivildienst schwand diese Kritik.

Weitere Kritikpunkte ergeben sich aus der Zuweisung von Dienststellen und der Durchführung des Dienstes. Von Seiten der Dienststellen ist die fehlende oder mangelhafte Ausbildung der ZDL Gegenstand der Kritik. So kann ein ZDL nach einer oft nur Tage dauernden Einlernungsphase nicht die gleiche Arbeit leisten wie ein jahrelang hierfür ausgebildete Fachkraft. Es gibt zwar staatliche Zivildienstschulen, aber diese Ausbildung beschränkt sich meist auf wenige Wochen und wird nicht bei allen ZDL durchgeführt. Hinzu kommt der Aspekt der heutigen kurzen Dienstzeit. Für viele Dienststellen ist es bei einer Dienstzeit von 9 Monaten nicht mehr effizient, einen ZDL zu beschäftigen, weil er wegen Urlaubs, Einlernphase und eventueller Einberufung zur Zivildienstschule faktisch nur wenige Monate im Betrieb voll zur Verfügung steht. Die Aufwendungen für die Phasen der Abwesenheit und den Einlernprozess sind anteilsmäßig also gestiegen. In manchen Bereichen stellt dies ein erhebliches Problem dar. So kann sich im Pflegebereich der ständige Wechsel der ZDL für Patienten, die über Monate oder Jahre gepflegt werden müssen, negativ auswirken. Seit mehreren Jahren zeigt sich als Trend, dass aufgrund der verkürzten Dienstzeit weniger ZDL im direkten Pflegebereich eingesetzt werden.

Ein ZDL soll eigentlich arbeitsmarktpolitisch neutral eingesetzt werden, d.h. er soll keinen Ersatz für eine reguläre Arbeitskraft darstellen, um somit dem Arbeitsmarkt keine Stellen zu entziehen. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Zivildienstgesetz, aber aus dem Anerkennungsbescheid des Bundesamts für Zivildienst. Dort wird den Dienststellen diese als Auflage mitgegeben. Eine Überprüfung dieser Bestimmung erweist sich als schwierig, auch weil der ZDL die Dienststelle Geld kostet und daher auch Tätigkeiten ausführen soll, die die Ausgaben rechtfertigen. Hinzu kommt, dass ZDL wegen der niedrigen Bezahlung sehr günstige Vollzeitkräfte sind, so dass es schon rein wirtschaftlich interessant ist, sie im vollen Umfang einzusetzen. In der Realität erledigen ZDL daher häufig Tätigkeiten, die im Normalfall von regulär bezahlten Arbeitskräften hätten ausgeführt werden müssen. Von Sozialverbänden - also den Zivildienststellen, die ZDL beschäftigen - wird daher immer wieder beklagt, dass bei Abschaffung der Wehrpflicht - und somit des Zivildienstes - das deutsche Pflegesystem zusammenbrechen würde.[6] Eine Studie von 1993 besagt, dass die Abschaffung des Zivildienstes volkswirtschaftlich gesehen von leichtem Vorteil sei. Praktische Erfahrungen gibt es in einigen Krankenhäusern, die ihre Zivildienststellen abgebaut haben und nicht nur die Finanzen, sondern vor allem das Betriebsklima verbessern konnten.

Vorteile des Zivildiensts

Als positive Eigenschaft des Zivildienstes wird im Allgemeinen gewertet, dass die ZDL einen direkten Dienst an der Gesellschaft leisten.

Ein weiterer positiver Aspekt des Zivildienstes ist, dass viele Zivildienstleistende nach Ende des Dienstes ihre Organisationen als ehrenamtliche Mitarbeiter weiter unterstützen.

Da viele junge Männer eine Tätigkeit im sozialen Bereich und auch ein Freiwilliges Soziales Jahr für sich nicht in Betracht ziehen, bringt die Tätigkeit im Zivildienst sie mit solchen Berufsfeldern in Kontakt. Auch wer später in einem technischen Beruf arbeitet, bekommt so zuvor im Zivildienst noch eine andere Arbeits- und Lebenswelt zu sehen. Manche ZDL ändern nach dieser Erfahrung ihre Zukunftspläne und verfolgen eine Karriere im sozialen Bereich, was auch den allgemein niedrigen Männeranteil dort etwas anhebt.

Regelung in Österreich

In Österreich kann der Wehrdienst seit 1975 aus Gewissensgründen verweigert werden. Zuvor hatten Personen, die die Anwendung von Waffengewalt ablehnten, lediglich die Möglichkeit, ihren Präsenzdienst ohne Waffe zu leisten. Unter der Regierung Kreisky II wurde unter dem Druck pazifistischer Verbände der Zivildienst eingeführt. Auch dem Bundeheer war der Zivildienst auch nicht unrecht, da Waffenverweigerer für den normalen Dienst eher einen Störfaktor darstellten. Mit Feststellung der Zivildienstpflicht ist in Österreich ein Zivildiener zeitlebens nicht mehr wehrpflichtig und kann somit auch nicht zum Präsenzdienst einberufen werden.

Obwohl auch der Zivildienst gleichzeitig mit dem Präsenzdienst verfassungsrechtlich verankert wurde, sollte er die Ausnahme darstellen. Zunächst mussten Wehrdienstverweigerer ihre Gewissensvorbehalte vor einer Kommission glaubwürdig begründen. Wurden diese Gewissensgründe anerkannt, war ein Zivildienst von acht Monaten (gleiche Länge wie der Grundwehrdienst) abzuleisten. Seit der Novelle des Zivildienstgesetzes 1991 ist eine formelle Erklärung ausreichend, um zum Zivildienst zugelassen zu werden. Nachdem mit der Abschaffung der Gewissensprüfung die Anzahl der Zivildiener stark anstieg, wurde der Zivildienst ab 1992 in Schritten zuerst auf zehn Monate, dann auf elf Monate und ab 1997 auf zwölf Monate (de facto mit zwei Wochen Urlaubsanspruch) verlängert.

Von 1. April 2002 bis 30. September 2005 war die Zivildienstverwaltungs Ges. m. b. H., eine Tochterfirma des Österreichischen Roten Kreuzes, im Auftrag des Innenministeriums für die Zuweisung von Zivildienern verantwortlich. Diese Zuständigkeit endete, da der Verfassungsgerichtshof die Zuweisung als Kernbereich der staatlichen Verwaltung betrachtete und eine Eingliederung in das Bundesministerium für Inneres verlangte. Seit 1. Oktober 2005 ist die Zivildienstserviceagentur, die dem Bundesministerium für Inneres rechtlich unterstellt ist, für die Zivildienstverwaltung in erster Instanz zuständig.

Auf Empfehlungen der Bundesheerreformkommission wurde der Wehrdienst 2004 auf sechs Monate verkürzt. Die Dauer des Zivildienstes wurde ebenfalls mit Jänner 2006 adäquat angepasst (nunmehr neun Monate), wobei der Zivildienstleistende die Möglichkeit bekommen hat, seine Dienstzeit freiwillig um drei Monate (bei besserer Bezahlung in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis) zu verlängern.

2005 leisteten etwas mehr als 10.000 Personen ihren Zivildienst in Österreich ab.

Verpflegung

In Österreich gibt es bereits seit Jahren eine Kontroverse um die Verpflegungssituation der Zivildiener. Im Jahr 2001 trat eine Novelle des Zivildienstgesetzes (ZDG) in Kraft, die festlegte, dass die Rechtsträger der Einrichtungen “… dafür Sorge zu tragen [haben], dass die Zivildienstleistenden angemessen verpflegt werden” (ZDG §28, Abs. 1) ohne jedoch näher zu definieren, was unter angemessen zu verstehen ist.

Aufgrund dessen entschieden sich viele Zivildiensteinrichtungen, ihren Zivildienern ein Verpflegungsgeld von rund 6 €/Tag zu zahlen, was zu Protesten und Beschwerden seitens der Zivildiener führte. Nach Ansicht der Zivildiener kann mit 6 €/Tag keine angemessene Verpflegung gewährleistet werden, deshalb wurde eine Prüfung vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) angestrebt. Im Oktober 2005 kam der VfGH zu dem Erkenntnis, dass eine Verpflegung von 6 €/Tag als zu wenig anzusehen sei und legte eine Bezugsgröße für die Angemessenheit der Verpflegung von 11,26 € bis 13,60 €/Tag fest. Dies entspricht dem im Heeresgebührengesetz geregelten Aufwandersatz für die Verpflegung von Soldaten.

Seit Bekanntwerden des Erkenntnis herrschte einige Zeit Uneinigkeit über die Umsetzung des VfGH-Erkenntnis, da weder das für Zivildiener zuständige Innenministerium noch die jeweiligen Zivildiensteinrichtungen bereit waren, für die nun rückwirkend anfallenden sowie zukünftigen Mehrkosten aufzukommen.

Inzwischen haben sich die wichtigsten Einrichtungen mit dem Innenminister auf folgende Vorgehensweise geeinigt: Per Verordnung der Innenministerin (Verpflegungsverordnung) gibt es eine Umstellung auf Naturalverpflegung. Sollte eine Einrichtung keine Naturalverpflegung leisten, ist stattdessen Verpflegungsgeld zu zahlen. Dieses Verpflegungsgeld hat zwar prinzipiell 13,60 €/Tag zu betragen, die Verordnung erlaubt aber Abschläge bis zur Höhe von 35%. Als Gründe für diese Abschläge werden ein gleichbleibender Dienstort (15%), eine vorhandene Kochgelegenheit (10%) und leichte körperliche Tätigkeit genannt (bis zu 10%). Da fast jede Einrichtung Abschläge vornimmt, liegen die ausbezahlten Verpflegungsgeldbeträge der Einrichtungen zwischen 8,84 €/Tag und 10,20 €/Tag.

Bis zum 29. September 2006 konnten ehemalige Zivildienstleistende Nachforderungen wegen zu wenig bezahltem Verpflegungsgeld an die Rechtsträger der Zivildiensteinrichtungen stellen. Innerhalb von 3 Monaten sollte sich der Rechtsträger mit dem Zivildienstleistenden auf einen angemessenen Betrag einigen. Zur Berechnung der Nachzahlung wird die Verpflegungsverordnung herangezogen (siehe oben). Die Rechtsträger bekommen dabei bis zu 4,20 € pro nachzuzahlenden Tag vom Innenministerium refundiert, sofern es sich nicht um eine Gebietskörperschaft oder einem von einer solchen finanzierten Rechtsträger handelt. Sollte es innerhalb der Frist zu keiner Einigung kommen, so kann innerhalb von vier Wochen, bei sonstiger Verjährung, ein Antrag an die Zivildienstserviceagentur gestellt werden, die die Höhe des nachzuzahlenden Betrages feststellt.

Von Seiten der (ehemaligen) Zivildienstleistenden wird dabei die Diskrepanz der angebotenen Nachzahlung vom Betrag, der im Erkenntnis des VfGH genannt wird, kritisiert. Im VfGH-Erkenntnis ist von geringen Abschlägen, bei gleichbleibendem Einsatzort, die Rede. 35% Abschläge werden daher von vielen Zivildienern nicht als gering angesehen. Im Falle von im Rettungsdienst tätigen Zivildienern wird besonders die Anwendung des Abschlages bei gleichbleibendem Dienstort kritisiert, der aber von allen Rettungsorganisationen angewandt wird.

Regelung in der Schweiz

In der Schweiz sieht die Verfassung seit 1992 einen zivilen Ersatzdienst anstelle der Militärdienstleistung vor. 1996 wurde das dazugehörige Zivildienstgesetz in Kraft gesetzt. Bis dahin saßen jedes Jahr mehrere hundert Militärdienstverweigerer mehrmonatige Gefängnisstrafen ab.

Um Zivildienst leisten zu können, müssen Militärdienstpflichtige oder Stellungspflichtige ein schriftliches Gesuch mit ausführlicher Begründung einreichen. Daraufhin erfolgt eine persönliche Anhörung vor einer zivilen Kommission. Über 90 % der Gesuchsteller werden daraufhin zugelassen. Nur wer militärdiensttauglich ist, kann ein Gesuch stellen und zum Zivildienst zugelassen werden.

Der Zivildienst dauert das 1,5-fache des noch zu leistenden Militärdienstes (derzeit total 260 Tage), also maximal 390 Tage. Wer den Zivildienst verweigert (sog. Totalverweigerung) wird verurteilt. Geleistet wird er schwerpunktmäßig im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Umweltschutzbereich. Zudem sind Auslandeinsätze in der Entwicklungszusammenarbeit möglich. In Planung ist die Abschaffung der persönlichen Anhörung.

Die Einsätze werden selbständig ausgesucht und vereinbart, die Vollzugsstelle des Zivildienstes erstellt daraufhin das Aufgebot. Zur Auswahl stehen rund 1400 Einsatzbetriebe mit jeweils einem oder mehreren Pflichtenheften. Bei einigen Pflichtenheften ist ein abgeschlossenes Grundstudium, Studium oder Berufslehre in einer bestimmten Fachrichtung die Bedingung.

Die Einsätze dauern mindestens 26 Tage. Bei vielen Pflichtenheften beträgt die Mindestdauer zwei bis sechs Monate. Im Kalenderjahr nach der Zulassung und anschließend alle zwei Jahre sind mindestens 30 Diensttage zu leisten, ansonsten schuldet der Zivi die Wehrpflichtersatzabgabe.

Einen Teil seiner Diensttage leistet der Zivi in einem langen Einsatz, dessen Dauer die Hälfte der noch zu leistenden Diensttage oder sechs Monate beträgt - je nach dem, ob mehr oder weniger als 340 Diensttage noch zu leisten sind. Dieser lange Einsatz muss vorrangig in einem Schwerpunktprogramm, im Ausland oder bei der Vollzugsstelle geleistet werden.

Der Zivildienst definiert Schwerpunktprogramme in Bereichen, in denen Ressourcen für die Erfüllung wichtiger Aufgaben der Gemeinschaft fehlen oder nicht ausreichen. Der Bedarf an zusätzlichen Ressourcen muss von Branchenverbänden und Bundesstellen festgestellt werden. Schwerpunktprogramme sind mit einem mehrjährigen und nachhaltigen Engagement des Zivildienstes verbunden.

Zurzeit bestehen die beiden Schwerpunktprogramme „Pflege und Betreuung“ und „Umwelt- und Naturschutz“. Bei Einsätzen im Schwerpunktprogramm „Pflege und Betreuung“ muss ein einsatzspezifischer Ausbildungskurs besucht werden. Nimmt ein Zivi zu mehr als 30% Aufgaben im Bereich Gesundheits- und Krankenpflege wahr, muss er einen vom Zivildienst genehmigten Pflegehelferkurs absolvieren.

Im Jahr 2006 wurden von rund 4.400 Zivis über 330.000 Zivildiensttage geleistet. Es liegen keine Zahlen vor, in welchen Bereichen diese Einsätze geleistet wurden. Jedes Jahr werden rund 1.500 Zivis neu zugelassen, Tendenz sinkend. Insgesamt sind rund 10.000 Zivis dienstpflichtig.

Regelung in Finnland

In Finnland dauert der Zivildienst 13 Monate, während der Militärdienst nur sechs Monate dauert. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung wurde erstmals 1931 eingerichtet, beschränkt sich aber bis heute nur auf Friedenszeiten. Bei der Einführung des Zivildienstgesetzes 1987 dauerte der Zivildienst noch 16 Monate, was aber zu vielen Totalverweigerern führte. Die Dienstzeit wurde 1992 verkürzt, weitere Verkürzungen wurden bisher zwar im Parlament verhandelt, aber konnten nicht beschlossen werden. Der Antrag zur Kriegsdienstverweigerung wird ungeprüft genehmigt. Die Zahl der Verweigerer vervierfachte sich in den 1990ern auf 2.500 und stellt das Zivildienstsystem auch heute noch vor das Problem, dass es zu wenig Plätze für die Verweigerer gibt.

Regelung in Italien

In Italien wurde der Zivildienst im Jahr 1972 eingeführt. Die Zivildienstzeit war nach der damaligen gesetzlichen Regelung acht Monate länger als die Militärdienstzeit. Dies und die strengen Prüfungen der vorgebrachten Gewissensgründe bewirkten, dass sich die Zahl der Wehrdienstverweigerer auf einem sehr geringen Niveau bewegte. 1989 erklärte das italienische Verfassungsgericht einige Teile der bisherigen rechtlichen Regelung für verfassungswidrig. In den Jahren danach stieg die Zahl der Zivildienstleistenden sprunghaft an und übertraf schließlich die der Wehrdienstleistenden. 1998 trat nach langer Diskussion ein zeitgemäßeres Gesetz über den Zivildienst in Kraft, das auch den inzwischen allgemein anerkannten Leistungen der Zivildienstleistenden für die Gesellschaft Rechnung trug. Im Jahr 2005 wurde in Italien die Wehrpflicht (und damit auch die Ersatzdienstpflicht) ausgesetzt und zugleich die Möglichkeit eingeführt, einen freiwilligen einjährigen Wehrdienst in der italienischen Armee abzuleisten. Auch das italienische Zivildienstamt bietet einen freiwilligen einjährigen Zivildienst an, der auch im Ausland durchgeführt werden kann. Heute leisten über 50.000 junge Männer und Frauen zwischen 18 und 28 Jahren freiwillig Zivildienst.

Regelung in Russland

In Russland gibt es seit 2004 die Möglichkeit, Zivildienst zu leisten und dieser dauert 42 Monate. Wegen der schlechten Arbeitsbedingungen und der langen Dauer entscheiden sich jedoch nur wenige Russen gegen den Militärdienst. Im Frühling 2005 meldeten sich nur 346 von rund 170.000 Wehrpflichtigen für den Zivildienst und angeblich sind die Zahlen rückläufig. [7][8]

Regelung in Schweden

In Schweden gibt es schon seit den 1920-er Jahren waffenfreie Diensten. Seit 1995 gibt es die sogenannte Totalförsvarsplikt, die sowohl waffenfreie Dienste (Civilplikt) wie auch bewaffnete Dienste (Värnplikt) beinhaltet. Man hat das Recht, einen waffenfreien Dienst abzuleisten, wenn man der Überzeugung ist, keine Waffe gegen einen anderen Menschen anwenden zu können. Die dann erfolgende Zuteilung zur Civilplikt (Zivilpflicht) bedeutete aber nicht notwendigerweise einen sozialen Dienst, sondern konnte auch eine Ausbildung für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur (Wasser, Strom, etc.) im Kriegsfall bedeuten, d.h. operative und Reparaturtätigkeiten.

In der Vergangenheit wurden die waffenfreie Dienste daher u.a. beim Rettungsdienst, Flugplatzfeuerwehren und der Eisenbahn durchgeführt. Mittlerweile gibt es allerdings nur noch drei Ausbildungen im Rahmen der Civilplikt, die alle bei Svenska Kraftnät, dem Betreiber des schwedischen Stromnetzes, stattfinden.

In der Realität spielt der Zivildienst in Schweden aber nur eine untergeordnete Rolle. Schon aus Kostengründen werden nicht alle Männer zur Musterung einberufen, wobei die Auswahl nach einem Vortest getroffen wird, in dem auch die Motivation zum Wehrdienst abgefragt wird. Über 90% derer, die zur Musterung einberufen werden, haben Interesse am Wehrdienst geäußert und sind damit in der Regel keine Kandidaten für einen waffenfreien Dienst. Die Beantragung eines waffenfreien Diensts ist daher vielfach gar nicht notwendig.

Nur rund ein Viertel der Gemusterten wird letztendlich auch zum Wehrdienst einberufen, wovon sich dann auch nur ein Bruchteil für den waffenfreien Dienst entscheidet. Im Jahr 2006 wurden von 41.720 gemusterten Männern 10.990 Männer zum Wehrdienst und 133 zum waffenfreien Dienst eingezogen. Der Anteil ist also sehr gering.

Siehe auch:

Quellenangaben

  1. Österreichisches Zivildienstgesetz
  2. www.zivildienst.at - Geschichtliches
  3. Bundesamt für den Zivildienst:Gültigkeit des Dienstausweises für Fahrten mit der Deutschen Bahn AG
  4. http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=5710&key=standard_document_4745944
  5. http://sozialisten.de/sozialisten/nachrichten/view_html/zid24713/bs1/n5
  6. siehe auch [1]
  7. Kira Frenk: Ein bisschen kürzer wäre nicht schlecht. In: Moskauer Deutsche Zeitung (MDZ), 23. September 2005. (zuletzt abgerufen am 22. März 2007)
  8. DW World (Hrsg.): Zivildienst in Russland: Keine echte Alternative (zuletzt abgerufen am 22. März 2007)

Literatur

Für den Zivildienst in Deutschland:

  • Florian Birkenfeld: Die Wehrpflicht in Deutschland. Kosten, Vergleich, Perspektiven: Saarbrücken 2006, VDM Verlag Dr. Müller (ISBN 3865501818)
  • Marcus Matthias Keupp: Ratgeber Zivildienst: Reinbek b. Hamburg 2000: Rowohlt (ISBN 3-499-60836-7)
  • Steve Przybilla: Das Zivi-Tagebuch. Föritz 2005, amicus-Verlag (ISBN 3-935660-65-0);

Für den Zivildienst in der Schweiz:

  • Ruedi Winet: Etwas Sinnvolles tun - Handbuch zum Zivildienst: Zürich 2004 (ISBN 3-85791-449-1)


Zur ethischen Bewertung

  • Online-Bibliographie Theologie und Frieden des IThF - Die Online-Bibiliographie Theologie und Frieden des Instituts für Theologie und Frieden (IThF), Hamburg, enthält ca. 148.000 durch detaillierte Deskriptoren sacherschlossene Titel. Berücksichtigung findet dabei für friedensethische Forschung relevante Literatur aus einzelnen Disziplinen der Theologie und anderen Wissenschaften

Deutschland

Österreich

Schweiz