Gerd Bosbach

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Gerd Bosbach (* 7. Dezember 1953 in Kuchenheim) ist ein deutscher Statistiker und Hochschullehrer. Von 1999 bis 2002 war er Professor an der Hochschule Ansbach, von 2002 bis 2019 Professor für Statistik und Empirische Wirtschafts- und Sozialforschung am RheinAhrCampus der Hochschule Koblenz in Remagen. Er gilt als Kritiker einer Dramatisierung und Instrumentalisierung der demographischen Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland.

Nach dem Abitur nahm Bosbach an der Universität zu Köln ein Mathematikstudium mit dem Zweitfach Betriebswirtschaftslehre auf, das er mit dem Diplom abschloss. Anschließend wurde er an deren Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät im Bereich Statistik promoviert. Anschließend war er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes. Dort war er vor allem in der Bonner Beratungsstelle zur Beratung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums und der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages tätig. Danach war Bosbach Ausbilder von Informatik-Assistenten und arbeitet in der Statistikabteilung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. Von 1999 bis 2002 war er Professor an der Hochschule Ansbach, von 2002 bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2019 am RheinAhrCampus der Hochschule Koblenz in Remagen.[1]

Forschungsschwerpunkte

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Bosbach beschäftigt sich insbesondere mit Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Bevölkerungsstatistik, mit Statistiken zur gesundheitlichen Versorgung und mit Statistik-Missbrauch. Als Kritiker der scheinbar statistisch fundierten „Katastrophenszenarien“ zum demographischen Wandel und der These von einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen ist er seit 2004 öffentlich hervorgetreten. Obwohl oft zustimmend rezipiert, haben seine Thesen keinen Wandel der öffentlichen Meinung bewirken können.[2][3][4][5][6]

Der These der Überalterung und der dadurch erzwungenen Hinausschiebung der Altersgrenze und der Rentenabsenkung stellte er 2014 folgende Argumente entgegen:[7]

  • Im letzten Jahrhundert hätten wir eine viel größere demografische Verschiebung bewältigt als für die Zukunft erwartet werde. Das sei von einem massiven Ausbau des Sozialstaates, des Wohlstandes und gleichzeitiger Verkürzung von Lebens-, Jahres- und Wochenarbeitszeit begleitet gewesen. Die Logik, höhere Lebenserwartung, mehr Rentner und weniger Jugendanteil erfordere soziale Einschnitte, versage zumindest rückblickend.
  • Ein Blick auf die Bevölkerungspyramiden weltweit zeige, dass nicht die Staaten mit jungen Bevölkerungen, sondern die mit älteren Bevölkerungen wohlhabend seien.
  • Bei den Demografie-Betrachtungen würden oft mittels statistischer Tricks große angsterregende Zahlen erst erzeugt: kleine jährliche Veränderungen würden über viele Jahrzehnte zusammengefasst; für 2060 werde meist ein Renteneintrittsalter von 65 Jahren angenommen.
  • Produktivitätsentwicklungen würden bei den demografischen Zukunftsbetrachtungen vollständig ausgeklammert, ebenso die Reserven auf dem heutigen Arbeitsmarkt (Arbeitslose, erzwungene Teilzeitarbeit, stille Reserve u. a.).
  • Das Finanzierungsproblem der Renten sei keine Folge des demografischen Faktors, sondern der Verteilungspolitik, die seit Jahren mehr Wert auf die Förderung der Großvermögen und Arbeitgeber lege.
  • Der anhaltende Sparkurs im Bildungswesen mache das Gerede, man befürchte einen Mangel an ausgebildeten jungen Arbeitskräften, unglaubwürdig.

2019 setzte sich Bosbach mit den Thesen zur Lage der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland auseinander, die der Wirtschaftswissenschaftler Axel Börsch-Supan öffentlich vertrat, als die sogenannte Rentenkommission der Bundesregierung zusammentrat.[8] Bosbach kritisierte den von Börsch-Supan gewählten Indikator „Mehrkosten“, weil „Mehrkosten“ definitionsgemäß immer bei 0 begännen, also sehr schnell dramatisch wirkende Steigerungsraten aufwiesen. Bei der Berechnung des Altersquotienten gehe Börsch-Supan selbst für 2060 von einem Renteneintrittsalter von 65 aus, obwohl die Rente ab 67 schon längst beschlossene Sache sei.

2019 kritisierte Bosbach die „national-soziale“ Rentenpolitik der Alternative für Deutschland und insbesondere des AfD-Politikers Björn Höcke.[9]

Hinsichtlich des Pflegenotstandes warnte er 2021 im Handelsblatt davor, auch hier die Demografie als Erklärung heranzuziehen. Vielmehr seien schlechte Bezahlung, Belastung am Arbeitsplatz und ausufernde Dokumentationspflichten Ursache des Fachkräftemangels in der Pflege.[10]

Bosbach erhielt 2006 den Ehrenpreis Die Goldene Falte des Büros gegen Altersdiskriminierung.[11]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  1. Presseerklärung der Hochschule Koblenz, 30.8.2019, online, abgerufen am 31. Januar 2020
  2. Gerd Bosbach: Schirrmacher, Der Spiegel und die demografische Entwicklung. Vom unsauberen Umgang mit Fakten. In: single-generation.de. 6. März 2006
  3. Gerd Bosbach & Klaus Bingler: Die Demografie als Sündenbock: Wie Rechnungen ohne den Wirt gemacht werden. Website der Bundeszentrale für politische Bildung. 23. März 2011
  4. Marcelo Peerenboom: Keine Angst vorm demografischen Wandel. In: Rhein-Zeitung. 10. Oktober 2013
  5. Gabriele Goettle: Demografie als Angstmacher: Gefährliche Zauberformel. Jenseits der Panikmache: Statistikprofessor Gerd Bosbach hinterfragt seit langem Hintergrunddaten zum demografischen Wandel. In: taz. 28. Januar 2014 (taz.de).
  6. Kostenexplosion im Gesundheitswesen: ein Irrglaube: „fast jeder Dritte (38%) [vermutet] den medizinisch technischen Fortschritt in Verbindung mit längerer Lebenserwartung als weitere Ursache hinter der angeblichen Kostenexplosion“ (Gesundheitsmonitor 2010)
  7. Gerd Bosbach: Demografie: Vier Einwände gegen die Schwarzmalerei. Souverän 2/2015 (als Webarchive im Format PDF online auf senioren-union.de)
  8. Gerd Bosbach: Debatte um die Zukunft der Rentenversicherung: Ist die Stabilisierung des Rentenniveaus tatsächlich unbezahlbar? Soziale Sicherheit, 3/2019, S. 115–122. Kurzfassung online auf bund-verlag.de, abgerufen am 28. März 2020
  9. fr.de 19.07.2019, abgerufen am 28. März 2020
  10. Gerd Bosbach: Der Fachkräftemangel in der Pflege ist selbst verschuldet. In: Handelsblatt. 19. Januar 2021, abgerufen am 12. Oktober 2021.
  11. Gewinner der Goldenen Falte 2006 steht fest