Daniel Kehlmann
Daniel Kehlmann (* 13. Januar 1975 in München) ist ein deutschsprachiger Schriftsteller.
Leben
Daniel Kehlmann wurde als Sohn des Regisseurs Michael Kehlmann geboren. Die Familie zog 1981 nach Wien, wo Kehlmann ab 1993 Philosophie und Literaturwissenschaft studierte.
Nach seinem Studium begann Kehlmann eine philosophische Dissertation über den Begriff des Erhabenen bei Kant, „die ich aber ziemlich bald liegen gelassen habe.“ Dies liege „unter anderem daran, daß es mit dem Schreiben so gut lief.“ [1]
1997 debütierte er mit dem Roman Beerholms Vorstellung als Schriftsteller. Darauf folgten "Mahlers Zeit" (1999) und "Der fernste Ort" (2001). Seinen internationalen Durchbruch als Schriftsteller schaffte er 2003 mit seinem vierten Roman "Ich und Kaminski". Er schreibt Rezensionen und Essays für verschiedene Zeitungen, unter ihnen Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, Frankfurter Allgemeine Zeitung und Literaturen.
2001 war Kehlmann Gastdozent für Poetik an der Universität Mainz, im Wintersemester 2005/06 hatte er die Poetikdozentur der FH Wiesbaden, und im Wintersemester 2006/07 die Poetikdozentur der Universität Göttingen inne. Daniel Kehlmann ist Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur.
Werk
Daniel Kehlmann beschreibt sein erzählerisches Selbstverständnis wie folgt: „Ein Erzähler operiert mit Wirklichkeiten. Aus dem Wunsch heraus, die vorhandene nach seinen Vorstellungen zu korrigieren, erfindet er eine zweite, private ...“ - „Erzählen, das bedeutet einen Bogen spannen, wo zunächst keiner ist, den Entwicklungen Struktur und Folgerichtigkeit gerade dort verleihen, wo die Wirklichkeit nichts davon bietet.“ (aus: Wo ist Carlos Montúfar?)
Kehlmanns Literatur ist nicht autobiographisch orientiert. Er erfindet seine Protagonisten und ihre Geschichten und versetzt sich und den Leser - in einer Art Experiment - in ihre Perspektive. Seine Helden sind in der Regel auf die eine oder andere Art extreme Figuren: extrem oberflächlich und eitel wie in Ich und Kaminski oder extrem begabt und abgehoben wie in Mahlers Zeit. Als Leser kann man sich selten völlig mit ihnen identifizieren. Die Spannung entsteht nicht zuletzt aus der Frage, ob und wie diese extremen Charaktere scheitern.
Kehlmanns Helden leben in einer Realität, die uns bekannt vorkommt und stoßen gleichzeitig an die Grenzen dieser Realität: In Beerholms Vorstellung glaubt ein Bühnenmagier plötzlich, wirklich zaubern zu können, in Mahlers Zeit glaubt ein junger Wissenschaftler eine Formel gefunden zu haben, mit deren Hilfe er die Zeit aufheben kann.
In dem Roman Ich und Kaminski wittert der Protagonist, ein oberflächlicher Karrierist, im nahen Tod des gerade noch bekannten Malers Kaminski, die Chance, sich durch das Schreiben von dessen Biographie im Kunstbetrieb zu etablieren. In der Konfrontation mit dem abgeklärten Künstler erkennt er schließlich, wie wenig sein bisheriges Leben wert war.
Die Vermessung der Welt, Kehlmanns bisher ambitioniertester und auch erfolgreichster Roman, erzählt die um zahlreiche Erfindungen angereicherten Lebensgeschichten der beiden Forscher Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß - ein Roman über die Entstehung der modernen Wissenschaft, über die Deutsche Klassik. Das Buch ist größtenteils in indirekter Rede geschrieben, wodurch eine Vielzahl komischer, ja burlesker Effekte entsteht.
Seine durchaus experimentell orientierte Poetik beim Schreiben eines historischen Romans erläutert Kehlmann in dem seiner Essaysammlung titelgebend vorangestellten Text Wo ist Carlos Montúfar?
In Kehlmanns Kolumne science@fiction, die regelmäßig im Wissenschaftsmagazin heureka! der Wiener Wochenzeitung Falter erscheint, äußert sich der Schriftsteller auch zur Wikipedia: Kehlmann bezeichnet darin den Artikel über ihn als in Details fehlerhaft und als Hauptquelle vieler über ihn schreibender Journalisten. Die ebendort zu lesende Behauptung, er habe in einen Artikel zum Thema Reggaemusik schon einmal spaßhalber falsche Details eingefügt, hat er mittlerweile (am selben Ort) widerrufen.
Auszeichnungen
- 1998 Förderpreis des Kulturkreises beim Bundesverband der Deutschen Industrie
- 2000 Stipendium des Literarischen Colloquiums in Berlin
- 2003 Förderpreis des Österreichischen Bundeskanzleramtes
- 2005 Candide Preis des Literarischen Vereins Minden
- 2005 Finalist für den Deutschen Buchpreis: Die Vermessung der Welt
- 2006 Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (Dokumentation); Heimito-von-Doderer-Preis; Kleist-Preis
Werke
- Beerholms Vorstellung. Roman. Deuticke, Wien 1997. ISBN 3-216-30290-3
- Unter der Sonne. Erzählungen. Deuticke, Wien 1998. ISBN 3-216-30363-2
- Mahlers Zeit. Roman. Suhrkamp, Frankfurt 1999. ISBN 3-518-41078-4
- Der fernste Ort. Novelle. Suhrkamp, Frankfurt 2001. ISBN 3-518-41265-5
- Ich und Kaminski. Roman. Suhrkamp, Frankfurt 2003. ISBN 3-518-41395-3
- Die Vermessung der Welt. Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2005. ISBN 3-498-03528-2
- Wo ist Carlos Montúfar? Essays. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2005. ISBN 3-499-24139-0
- Diese sehr ernsten Scherze. Göttinger Poetikvorlesungen. Wallstein Verlag, Göttingen 2007. ISBN 3835301454
Verstreute Veröffentlichungen
- Essay: Jim Jarmusch und der Ritter, in: BELLA triste Nr. 9, Hildesheim 2004.
Literatur
- Anna Echterhölter: Schöner Berichten. Alexander von Humboldt, Hubert Fichte und Daniel Kehlmann in Venezuela. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
- Roland Z. Bulirsch: Weltfahrt als Dichtung. In: Sinn und Form 6/2006. Berlin: Aufbau 2006, S. 846-852
- Philip Oltermann: Irony and Genius. In: Prospect 3/2007. London 2007, S.77-79
- Alexander Honold: Ankunft in der Weltliteratur. Abenteuerliche Geschichtsreisen mit Ilija Trojanow und Daniel Kehlmann. In: Neue Rundschau 1/2007. Fischer: Frankfurt am Main 2007, S. 82-104
Weblinks
- Homepage
- Rezensionen
- Rezensionen zu Daniel Kehlmann von Perlentaucher
- „About Daniel Kehlmann“ von complete-review.com (englisch)
- Rezension „Vermessung der Welt“ von complete-review.com (englisch)
- „Humboldt oder Gauß“ auf wortgestoeber.de (Die Vermessung der Welt)
- "Unlikely bestseller heralds the return of lightness and humour to German literature", The Guardian, 19. Juli 2006
- "Geniuses at Work", New York Times, 5. November 2006
- "Weird Science", Washington Post, 26. November 2006
- "Deux génies et un grand talent. Bernard Pivot sur Daniel Kehlmann, Le journal du dimanche, 25. März 2007
- „Die Vermessung des Genialen“, a Vela, 23. April 2007
- Interviews
- „Ich kann nicht rechnen“, Falter, Nr. 38, 2005
- „Ich wollte schreiben wie ein verrückt gewordener Historiker“, FAZ, 9. Februar 2006, mit Foto
- „Hamlet trifft Pythagoras“, Tagesspiegel, 15. März 2006
- „Am liebsten würde ich das Buch in die Ecke schmeißen“, Profil, 2. Juni 2006
- Artikel
- „Die Weisheit der Wissenslücke“, Tagesspiegel, 24. September 2005
- „Einblick in die Werkstatt. Poetikdozent Daniel Kehlmann“, Wiesbadener Tagblatt, 8. November 2005
- „Der Handlungsreisende“, Die Zeit, Nr. 48, 24. November 2005
- „Kein Rätsel Kehlmann“, Die Welt, 4. März 2006
- „Wenigstens einmal richtig gefeuert“, Die Welt, 28. Februar 2006
- "Die Welt und ihre Risse. Laudatio zum Kleist-Preis für Daniel Kehlmann", Die Welt, 16. Dezember 2006
- "Des chiffres et des lettres", Nouvel Observateur, 22. Februar 2007
- "Le métre du monde", Libération, 8. Februar 2007
- "Humboldt's Gift", The Nation, 30. April 2007
- Sonstiges
- Comic von Katz und Goldt anlässlich des Verkaufsjubiläums von "Die Vermessung der Welt"
Personendaten | |
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NAME | Kehlmann, Daniel |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 13. Januar 1975 |
GEBURTSORT | München |