„4-Formylphenylboronsäure“ – Versionsunterschied

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== Vorkommen und Darstellung ==
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Über die Synthese von 4-Formylyphenylboronsäure wurde 1990 aus dem Arbeitskreis von [[Heinrich Nöth]] berichtet, als Edukt wurde [[Brombenzaldehyde|4-Brombenzaldehyd]] benutzt.<ref name="Feulner">{{Literatur |Autor=H. Feulner, G. Linti, H. Nöth |Titel=Beiträge zur Chemie des Bors, 206. Darstellung und strukturelle Charakterisierung der p-Formylbenzolboronsäure |Sammelwerk=[[Chem. Ber.]] |Band=123 |Nummer=9 |Seiten=1841–1843 |Jahr=1990 |DOI=10.1002/cber.19901230915}}</ref> Die [[Acetalbildung|Acetalisierung]] der [[Aldehydgruppe]] erfolgt nach Standardverfahren<ref>Autorenkollektiv, ''Organikum'', 24. Auflage, S. 481, Wiley-VCH, Weinheim, 2001, ISBN 978-3-527-33968-6</ref> mit [[Orthoameisensäuretriethylester]] und [[Ethanol]] zum 1-Brom-4-(diethoxymethyl)benzol. Die Bildung der [[Grignard-Verbindungen|Grignard-Verbindung]] mit [[Magnesium]] erfordert [[1,2-Dibromethan]] und Aktivierung mit [[Ultraschall]]. Umsetzung mit [[Borsäureester|Tri-''n''-butylborat]] führt zum geschützten Aryl-borsäureester, aus dem bei saurer Aufarbeitung in 78%iger Ausbeute das Zielprodukt anfällt.
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Mit gleichen Reaktanden, aber durch Aktivierung mit [[Red-Al]] und Reaktion mit dem Borsäureester bei −60&nbsp;°C liefert 4-FPBA in 94%iger Ausbeute, auch im Kilogrammmaßstab.<ref name="Jendralla">{{Literatur |Autor=H. Jendralla, A. Wagner, M. Mollath, J. Wunner |Titel=Efficient, simple procedures for the large-scale preparation of buildings blocks for angiotensin (II) receptor antagonists |Sammelwerk=[[Liebigs Ann. Chem.]] |Band=1995 |Nummer=7 |Seiten=1253–1257 |Jahr=1995 |DOI=10.1002/jlac.1995199507166}}</ref>
Mit gleichen Reaktanden, aber durch Aktivierung mit [[Red-Al]] und Reaktion mit dem Borsäureester bei −60&nbsp;°C liefert 4-FPBA in 94%iger Ausbeute, auch im Kilogrammmaßstab.<ref name="Jendralla">{{Literatur |Autor=H. Jendralla, A. Wagner, M. Mollath, J. Wunner |Titel=Efficient, simple procedures for the large-scale preparation of buildings blocks for angiotensin (II) receptor antagonists |Sammelwerk=[[Liebigs Ann. Chem.]] |Band=1995 |Nummer=7 |Seiten=1253–1257 |Jahr=1995 |DOI=10.1002/jlac.1995199507166}}</ref>


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[[Datei:4-Formylphenylboronsäure Synthese nach Kobayashi.svg|300px|zentriert|4-Formylphenylboronsäure mit n-Butyllithium]]
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Version vom 20. Dezember 2016, 12:44 Uhr

Strukturformel
Strukturformel von 4-Formylphenylboronsäure
Allgemeines
Name 4-Formylphenylboronsäure
Andere Namen
  • p-Formylphenylboronsäure
  • 4-Boronobenzaldehyd
  • 4-(Dihydroxyboryl)benzaldehyd
  • 4-FPBA
Summenformel C7H8BO3
Kurzbeschreibung

weißliches Pulver[1][2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 87199-17-5
PubChem 591073
Wikidata Q28101340
Eigenschaften
Molare Masse 149,94 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt
Löslichkeit

810,1 mg·l−1 bei 20 °C)[3], schwerlöslich in Acetonitril, gut löslich in 1M Kaliumhydroxid[4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3][1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 314​‐​317
P: 280​‐​305+351+338​‐​310[3][1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

4-Formylphenylboronsäure (4-FPBA) ist ein vielseitiger Synthesebaustein und wichtiges Zwischenprodukt bei der Darstellung von agrochemischen und pharmazeutischen Wirkstoffen. Industrielle Anwendungen findet die Substanz als Stabilisator und Inhibitor für Enzyme[5] und als Bakterizid.

Vorkommen und Darstellung

Über die Synthese von 4-Formylyphenylboronsäure wurde 1990 aus dem Arbeitskreis von Heinrich Nöth berichtet, als Edukt wurde 4-Brombenzaldehyd benutzt.[4] Die Acetalisierung der Aldehydgruppe erfolgt nach Standardverfahren[6] mit Orthoameisensäuretriethylester und Ethanol zum 1-Brom-4-(diethoxymethyl)benzol. Die Bildung der Grignard-Verbindung mit Magnesium erfordert 1,2-Dibromethan und Aktivierung mit Ultraschall. Umsetzung mit Tri-n-butylborat führt zum geschützten Arylborsäureester, aus dem bei saurer Aufarbeitung in 78 %-iger Ausbeute das Zielprodukt anfällt.

Synthese von 4-Formylphenylboronsäure nach Nöth
Synthese von 4-Formylphenylboronsäure nach Nöth

Mit gleichen Reaktanden, aber durch Aktivierung mit Red-Al und Reaktion mit dem Borsäureester bei −60 °C liefert 4-FPBA in 94%iger Ausbeute, auch im Kilogrammmaßstab.[7]

Bei der Verwendung der Aryllithiumverbindung des 1-Brom-4-(diethoxymethyl)benzol mittels n-Butyllithium statt der Grignard-Verbindung bei −78 °C wird mit Triisopropylborat zur Einführung der Boronsäurefunktion 4-Formylphenylboronsäure in 99 %-iger Rohausbeute erhalten.[8]

4-Formylphenylboronsäure mit n-Butyllithium
4-Formylphenylboronsäure mit n-Butyllithium

Nachteilig sind bei beiden Routen der hohe Preis der eingesetzten Edukte, wie 4-Brombenzaldehyd, Borsäureester mit höheren Alkoholen und Butyllithium, sowie die schwierige Aufarbeitung nach der Hydrolyse durch n-Butanol bei der Nöth-Route.

In jüngerer Zeit wurde ein verbessertes Verfahren unter Verwendung preisgünstigerer Ausgangsstoffe wie 4-Chlorbenzaldehyd, metallisches Lithium und Trimethylborat patentiert.[9]

Synthese von 4-Formylphenylboronsäure aus 4-Chlorbenzaldehy und Lithiummetall
Synthese von 4-Formylphenylboronsäure aus 4-Chlorbenzaldehy und Lithiummetall

4-Formylphenylboronsäure kann auch durch Hydrolyse von Kalium-4-formylphenyl-trifluorborat mittels saurem Aluminiumoxid[10] oder Siliciumdioxid[11] dargestellt werden. In der Regel dienen Phenylboronsäuren als Ausgangsverbindungen für die entsprechenden Kalium-aryltrifluorborate.[12]

Eigenschaften

4-Formylphenylboronsäure kristallisiert in farblosen Nadeln[4] oder fällt als geruchloses, weißliches Pulver an, das sich wenig in kaltem, besser in heißem Wasser löst. Die Verbindung ist außerordentlich stabil[7] und bildet leicht Dimere und cyclische trimere Anhydride, die die Reinigung erschweren und zur Protodeboronierung, einer bei der Suzuki-Kupplung häufigen Nebenreaktion unter Abspaltung der Boronsäurefunktion, neigen.[13]

Anwendungen

4-Formylphenylboronsäure findet Verwendung in Suzuki-Kupplungen zum Aufbau von pharmakologisch aktiven Biphenyl-Verbindungen, wie z. B. bei einer verbesserten Synthese einer Vorstufe des blutdrucksenkenden AT1-Antagonisten Telmisartan.[14]

Synthese eines Telmisartan-Vorstufe durch Suzuki-Kupplung mit 4-FPBA
Synthese eines Telmisartan-Vorstufe durch Suzuki-Kupplung mit 4-FPBA

Auch palladiumkatalysierte Aryl-Heteroaryl-Verknüpfungen nach Suzuki nutzen 4-FPBA als Molekülbaustein, wie z. B. in der Synthese von Aryl-Benzimidazol-Derivaten, die an Peroxisom-Proliferator-aktivierte Rezeptoren (PPARγ) andocken und die Expression einer Vielzahl von Genen aktivieren.[15]

Aryl-Heteroarylkupplung
Aryl-Heteroarylkupplung

In einer Kupfer-vermittelten Fluoralkylierungsreaktion kann die Boronsäuregruppe des 4-FPBA mit perfluorierten Alkyliodiden (Rf-I) unter milden Bedingungen durch eine Perfluoralkylkette ersetzt werden.[16]

Umsetzung von 4-FPBA mit Perfluoralkyliodiden
Umsetzung von 4-FPBA mit Perfluoralkyliodiden

4-Formyphenylboronsäure findet in industriellem Maßstab Anwendung als Enzymstabilisator für Proteasen und insbesondere für Lipasen in flüssigen Waschmittelzubereitungen.[5] Die Zugabe von 4-FPBA in Mengen < 0,08 Gewichtsprozent in der Formulierung verringert den Verlust an hydrolytischer Aktivität der eingesetzten Enzyme und erhöht die Lagerstabilität von enzymhaltigen Flüssigwaschmitteln.[17]

Einzelnachweise

  1. a b c d e Datenblatt 4-Formylphenylboronic acid bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  2. a b Datenblatt 4-Formylbenzeneboronic acid bei Alfa Aesar (Seite nicht mehr abrufbar).
  3. a b c Eintrag zu 4-Formylphenylboronsäure in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  4. a b c H. Feulner, G. Linti, H. Nöth: Beiträge zur Chemie des Bors, 206. Darstellung und strukturelle Charakterisierung der p-Formylbenzolboronsäure. In: Chem. Ber. Band 123, Nr. 9, 1990, S. 1841–1843, doi:10.1002/cber.19901230915.
  5. a b Patent US5972873: 4-Substituted-phenyl-boronic acids as enzyme stabilizers. Angemeldet am 21. November 1997, veröffentlicht am 26. Oktober 1999, Anmelder: Novo Nordisk A/S, Erfinder: L.K. Nielsen, A. Deane-Wray.
  6. Autorenkollektiv, Organikum, 24. Auflage, S. 481, Wiley-VCH, Weinheim, 2001, ISBN 978-3-527-33968-6
  7. a b H. Jendralla, A. Wagner, M. Mollath, J. Wunner: Efficient, simple procedures for the large-scale preparation of buildings blocks for angiotensin (II) receptor antagonists. In: Liebigs Ann. Chem. Band 1995, Nr. 7, 1995, S. 1253–1257, doi:10.1002/jlac.1995199507166.
  8. Y. Kobayashi, Y. Tokoro, K. Watatani: Preparation of functionalized zinc borates and their coupling reactions with allylic acetates. In: Tetrahedron Lett. Band 39, Nr. 41, 1998, S. 7537–7540, doi:10.1016/s-0040-4039(98)01639-6.
  9. Patent US6833470B2: Method for producing formylphenylboronic acids. Angemeldet am 30. November 2001, veröffentlicht am 21. Dezember 2004, Anmelder: Clariant GmbH, Erfinder: A. Meudt, S. Scherer, F. Vollmüller, M. Erbes.
  10. G.W. Kabalka, V. Coltuclu: Thermal and microwave hydrolysis of organotrifluoroborates mediated by alumina. In: Tetrahedron Lett. Band 50, Nr. 46, 2009, S. 6271–6272, doi:10.1016/j.tetlet.2009.09.008.
  11. G.A. Molander, L.N. Cavalcanti, B. Canturk, P.-S. Pan, L.E. Kennedy: Efficient hydrolysis of organotrifluoroborates via silicagel and water. In: J. Org. Chem. Band 74, Nr. 19, 2009, S. 7364–7369, doi:10.1021/jo901441u.
  12. E. Vedejs, R.W. Chapman, S.C. Fields, S. Lin, M.R. Schimpf: Conversion of arylboronic acids into potassium aryltrifluoroborates: convenient precursors of arylboron difluoride Lewis acids. In: J. Org. Chem. Band 60, Nr. 10, 1995, S. 3020–3027, doi:10.1021/jo00115a016.
  13. G.K. Surya Prakash, F. Pertusati, G.A. Olah: HF-free, direct synthesis of tetrabutylammonium trifluoroborates. In: Synthesis. Band 2011, Nr. 2, 2011, S. 292–302, doi:10.1055/s-0030-1258370.
  14. A. S. Kumar, S. Ghosh, G.N. Mehta: Efficient and improved synthesis of Telmisartan. In: Beilstein J. Org. Chem. Band 25, 2010, S. 6, doi:10.3762/bjoc.6.25.
  15. G. Singh, A. Singh, V. Singh, R.K. Verma, R. Mall: Novel benzimidazole derivatives as partial PPARγ agonists: synthesis, characterization, and docking studies. In: WJPPS. Band 5, Nr. 7, 2016, S. 1080–1091, doi:10.20959/wjpps20167-7143.
  16. Q. Qi, Q. Shen, L. Lu: Copper-mediated aerobic fluoroalkylation of arylboronic acids with fluoroalkyl iodides at room temperature. In: J. Am. Chem. Soc. Band 134, Nr. 15, 2012, S. 6548–6551, doi:10.1021/ja301705z.
  17. Patent US20130252315A1: Stabilized, liquid, enzyme-containing surfactant preparation. Angemeldet am 14. Mai 2013, veröffentlicht am 26. September 2013, Anmelder: Henkel AG & Co. KGaA, Erfinder: T. O’Connell, S. Tondera, T. Weber.