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Abgreifer unter sich

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Der frühere CIA-Agent Robert Baer kennt pikante Details über Washingtons Geschäfte mit Riad

Frühere CIA-Agenten können ein Lied von ihrer einstigen Tätigkeit singen. Einige Strophen kürzt der ehemalige Arbeitgeber dann in der Regel heraus - was bleibt, ist immer noch enthüllend. Robert Baer beginnt sein zweites Buch Die Saudi-Connection. Wie Amerika seine Seele verkaufte mit der Schilderung eines Terrorschlags gegen saudische Ölanlagen, mit einfachen Mitteln und genauer Ortskenntnis geführt. Ein als Fischereifahrzeug getarntes Schnellboot, das über den Persischen Golf vorstößt, folgt den Lichtsignalen vom Festland, und kurz darauf besteht die küstennahe Raffinerie nicht mehr. Die anfälligen Stellen der Petro-Industrie zählt der Autor ebenso auf wie die möglichen Schäden, die eine solche Attacke bewirken könnte. Das liest sich auf den ersten Blick wie die fiktive Darstellung eines Angriffs, den Terroristen geplant haben - es könnte aber auch als Handlungsanleitung verstanden werden.

Für Baer sind die USA und Saudi-Arabien zusammengewachsen wie siamesische Zwillinge. Ohne den Ölkreislauf, den die nahöstlichen Vorkommen speisen, können die USA nicht leben. Die militärische Sicherheit der Familie, die über diese Vorkommen herrscht, gewährleisten die USA. Mit dem legendären Treffen des Präsidenten Franklin D. Roosevelt und des Königs Ibn Saud an Bord des US-Kriegsschiffs Quincy im Suezkanal begann im Februar 1945 diese symbiotische Zusammenarbeit.

Eine gewisse Freude darüber, dass Roosevelt beim Buhlen um die Kunst des arabischen Monarchen den britischen Premier Winston Churchill ausgestochen hat, verhehlt der Autor nicht; damals habe Britannien die traditionelle Vorherrschaft über den Nahen Osten verloren. Auf den nächsten vernichtenden Schlag der USA gegen Großbritannien geht Baer nur kursorisch ein - die Intrigen, Manöver und verdeckten Aktionen eines anderen Roosevelt in einem anderen Land. Kermit Roosevelt, eine Generation vor Baer Nahost-Agent der CIA, kickte die Briten aus Iran hinaus, indem er den Sturz des Teheraner bürgerlichen Regierungschefs Mossadek organisierte, die Herrschaft des Schahs wieder einrichtete und bei der Gelegenheit der bis dahin britischen (von Mossadek verstaatlichten) Ölgesellschaft AIOC eine US-Kontrolle überstülpte. Das war, im Jahre 1953, Washingtons entscheidender Sieg über London.

Baer konzentriert sich auf Saudi-Arabien und nimmt nun gnadenlos auseinander, was die US-Herrschaft über die Ölreichtümer dieses Staates angerichtet hat. Kurz gesagt dieses: Die Zahlungen für das Erdöl flossen in die privaten Kassen der rasch wachsenden, zum Zeitpunkt der Niederschrift über 30 000 (männliche) Mitglieder großen saudischen Herrscherfamilie. Den Verbrauchern in Amerika garantierte das einen sehr niedrigen Spritpreis. Die Saudi-Familie gab die Dollars für erstens einen unvorstellbaren, in kurzer Zeit explodierend steigenden Luxuskonsum aus, zweitens für umfangreiche Waffenkäufe in den USA und drittens auch für die Landesentwicklung.

Schmiergeld und Händchenhalten

Korruption auf beiden Seiten war die Folge. Da vergaß ein saudischer Prinz bei einem Gespräch mit sehr hoch angesiedelten US-Politikern schon mal absichtlich eine Aktentasche, gefüllt mit etwa einer Million Dollar. Da kassiert eine Tausendschaft von Prinzen bei jedem Waffenerwerb erhebliche Schmiergeldsummen ab, kauft sich Einfluss und somit den Zugang zu weiteren solchen Geschäften in den USA. Da entstehen Finanz-Konglomerate, an denen die Carlyle Group (wichtiger Vertreter bis Ende 2003: George Bush, Ex-Präsident) und die Firma Bakr bin Laden ertragreich miteinander kungeln - Abgreifer unter sich.

Saudi-Arabien aber bleibt unreformiert, der Prinzen-Willkür unterworfen, von nicht in jedem Fall klugen Königen regiert, und erlebt das Aufkommen einer Opposition aus Anhängern der rigiden wahhabitischen Lehre; das Regime von Riad erscheint bei Baer wie ein Taliban-Regime plus erzkorrupte Oberschicht, das sich nun an den Export der Oppositionellen macht. Radikale arabische Oppositionelle werden nach Afghanistan gelassen, um die Sowjetarmee bekämpfen zu helfen, und bilden den Grundbestand von Al Qaeda und Nachfolgegruppen. Osama bin Laden ist somit ein illegitimer Spross der saudi-amerikanischen Allianz, und der internationale Terrorismus ist ebenfalls das Geschöpf beider.

Nicht nur um diesen Personenkreis geht es dem ehemaligen CIA-Mann. In der mehr oder weniger beiläufigen, jedes Mal effektvollen Erwähnung prominenter Namen ist er meisterlich. Bis dahin ist sein Buch - obwohl es bekannten Tatsachen über das saudische Regime und die Washingtoner Politik zwar viele pikante Details, aber nichts durchschlagend Neues hinzufügt - in seiner gewollten Beschränkung auf die connection, eine sehr nützliche Lektüre.

Nun ist Baer mit seinen 21 Jahren geheimdienstlicher Erfahrung, zu der auch Umsturzversuche in Irak gehören, aber auch Objekt einer déformation professionnelle: Dem geheimdienstlichen Denken mit der anscheinend unvermeidlichen verschwörungstheoretischen Komponente kann er nicht ganz entgehen, so verbittert er wegen der Politik seines Landes und dessen Regierungen seit Richard Nixon auch sein mag. Inzwischen werden aber nicht mehr die Kommunisten verdächtigt, hinter jeder politischen Überraschung die Strippen zu ziehen; dafür hat Baer einen überklaren Blick auf "die Wahhabiten". Solch überklarer Blick kann erheblich trügen. In Usbekistan, in Tschetschenien, in Tadschikistan - die Aufzählung aller Orte würde ermüden - sieht er "die Wahhabiten" am Werke, erkennt aber nicht die Umstände, die ihnen den Auftritt erleichtern, nicht die staatliche und gesellschaftliche Repression, die ihnen Anhänger zutreibt, und ermisst die tatsächlichen Gründe für Widerstand, Aufstand und Aufbegehren fast gar nicht.

Selbst die Eindeutigkeit seiner kritischen Wahrnehmung der saudischen Verhältnisse leidet unter diesem verschwörungstheoretischen Aspekt. Mag sein, dass in den von der CIA geschwärzten Passagen Differenzierteres enthalten war; die Streichungen scheinen aber eher amerikanische Interessen zu schützen. Das Fazit jedenfalls haben die früheren Dienstherren Baers stehen gelassen: Kein anderer Staat unterstützt Al Qaeda so sehr wie Saudi-Arabien, "als die Dinge ein bisschen schief liefen, hat Washington seine (des Teufels in saudischer Gestalt) Hand gehalten und ihn beruhigt: Es ist alles in Ordnung. Und die ganze Zeit über haben wir seine Brieftasche im Auge behalten, die - vom Mondlicht beschienen - auf dem Nachttisch lag."

Baer suggeriert, dass "der Westen" bald genötigt sein wird, bewaffnet dreinzuschlagen; wenn nämlich Saudi-Arabien implodiert oder einem wahhabitischen Staatsstreich erliegt. Da liest sich die Eingangs-Sequenz denn auch als Warnung.

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