"Wir legen doch nur Platten auf"
Monika Kruse ist eine weltberühmte DJane, doch manchmal ist ihr der Erfolg suspekt. Im Interview spricht die Produzentin und Labelinhaberin über ihren Lebensstil, die Loveparade und ihre Modelkarriere.
Monika Kruse ist eine weltberühmte DJane, doch manchmal ist ihr der Erfolg suspekt. Im Interview spricht die Produzentin und Labelinhaberin über ihren Lebensstil, die Loveparade und ihre Modelkarriere.
Monika Kruse ist eine der dienstältesten DJanes in Deutschland. Schon zu Beginn der 90er-Jahre veranstaltete sie legendäre Partys in München. Mittlerweile ist sie auf der ganzen Welt bekannt und legt auf allen Kontinenten auf.
Am Freitag ist ihr viertes Solo-Album „Traces“ erschienen. Im Interview spricht sie über Pferderennen, die Loveparade, Fremdenfeindlichkeit und Avancen von lesbischen Fans.
Sie sind in Berlin geboren, aber in München aufgewachsen und dort bekanntgeworden. Wieso sind Sie 1997 in die Hauptstadt zurückgekehrt?
Ich bin der Liebe wegen nach Berlin gezogen. Der Schritt ist mir leicht gefallen. München wurde mir zu klein, ich hatte das Gefühl, alles gesehen zu haben.
Sie sind seit über zwei Jahrzehnten in der Welt unterwegs und vermutlich ohnehin nicht viel zu Hause.
Das stimmt, aber ich versuche, hin und wieder eine Auszeit zu nehmen. Am Anfang des Jahres bin ich mindestens einen Monat zu Hause und lege nirgendwo auf.
Kann man bei Ihrem Lebensentwurf überhaupt ein geregeltes Leben führen?
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Das ist schwierig, aber ich habe ein paar Fixpunkte. Dienstags und donnerstags mache ich Yoga und Fitness, mittwochs ist Bürotag und donnerstags höre ich Platten durch. Zwischendurch versuche ich möglichst viel mit meinen Freunden zu unternehmen. Vor wenigen Tagen waren wir zum Beispiel bei einem Pferderennen.
Und? Haben Sie gewonnen?
Natürlich nicht. Ich hatte ja auch keine Ahnung von den Pferden und habe sie nach den Namen ausgewählt. Mein Konzept ist leider nicht aufgegangen.
Sie wurden mit harten Techno-Klängen bekannt. Ihr Sound ist jedoch weicher geworden.
Zu Beginn meiner Karriere habe ich viel Funk, Soul und Deephouse gespielt, also eher weiche Klänge. Aber ich brauchte damals Abwechslung und habe härtere Sachen aufgelegt. Nach ein paar Jahren hatte ich dann die Nase voll von harten Techno-Sounds. Bei ruhigeren Klängen geht mir das Herz auf. Man sieht auch mehr Frauen auf der Tanzfläche, wenn man grooviger auflegt.
Was ist so toll daran, wenn mehr Frauen auf der Tanzfläche sind?
Wenn die Frauen tanzen, lassen die Männer nicht lange auf sich warten.
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Apropos tanzen: Im Jahr 2000 haben Sie bei der Abschlusskundgebung der Loveparade gespielt. Wie fühlt es sich an, anderthalb Millionen Menschen zum Tanzen zu bringen?
Ich war so aufgeregt, dass ich mich kurz vor meinem Set übergeben habe. Als es dann soweit war, fand ich es sehr unwirklich. Ich konnte gar nicht begreifen, wie viele Menschen dort stehen. Ich habe nur unfassbar viele Köpfe gesehen.
Auch bei der Loveparade-Tragödie in Duisburg haben Sie aufgelegt. Wie haben Sie von der Massenpanik erfahren?
Als ich nach meinem Set mit dem Taxi zum Flughafen gefahren bin, meinte der Fahrer zu mir, dass einige Menschen gestorben sind. Wir sind an den Leichensäcken vorbeigefahren. Das war eines der schlimmsten Erlebnisse in meinem Leben. Ich war fassungslos und habe geheult.
Fassungslos waren Sie offenbar auch im Jahr 2000, als Sie die Initiative „No Historical Backspin“ gegründet haben.
Damals wurden einige Asylbewerberheime in Brand gesetzt, aber auch im privaten Bereich habe ich die Ausländerfeindlichkeit mitbekommen. Ein Kollege von mir wurde vor einem Technoclub verprügelt, weil er schwarz war.
Ich habe beschlossen, etwas gegen Rassismus, Homophobie und Intoleranz zu unternehmen. Also habe ich mit einigen Mitstreitern Partys veranstaltet, bei denen die DJs umsonst arbeiten und die Erlöse aus dem Eintritt gespendet werden. Bislang sind dabei mehr als 60?000 Euro zusammengekommen. Das Geld kommt Opfern von rassistischer und homophober Gewalt zugute.
Sie waren als Kind Model für Babynahrung. Das lag sicher an Ihren blonden Locken und den blauen Augen.
In erster Linie lag das an meinem Vater, der hatte eine Agentur für Werbefilme. Die suchten ein hübsches Kind, also hat er mich vorgeschlagen.
Gab es weitere Model-Jobs?
Ja, die gab es. Aber den Job habe ich nie gemocht, auch weil ich von den DJ-Kollegen in so eine Püppchen-Schublade gesteckt wurde.
Sie hätten sich für den Playboy und Maxim ausziehen können.
Ich fand das damals albern und wollte nicht auf mein Aussehen reduziert werden.
DJs haben bisweilen Groupies. Wie verhält es sich bei einer DJane?
In der Regel sind die Männer sehr schüchtern, die lassen sich höchstens mal bei Facebook aus. Die Einzigen, die richtig rangehen, sind so manche Lesben. Da werde ich öfter mal angebaggert.
Klingt ja fast so, als fänden Sie es schade, dass sich die Männer so zurückhalten.
Nein, das nicht. Ich finde es ohnehin übertrieben, dass DJs etwas Besonderes sind. Mir ist es auch unangenehm und teilweise peinlich, Autogramme zu geben. Wir legen doch nur Platten auf.
Das Gespräch führte André Tucic.