Wer ist Ömer Güney?
Der mutmaßliche Mörder der drei PKK-Aktivistinnen in Paris ist Türke und Nationalist.
Der Polit-Thriller um das Attentat auf Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Saylemes wird immer mysteriöser, je mehr Informationen über den Tatverdächtigen bekannt werden. Vor einer Woche stellte der französische Staatsanwalt François Molins den 30-jährigen türkischen Staatsbürger Ömer Güney als Hauptverdächtigen vor. Demzufolge hatten Aufzeichnungen einer Überwachungskamera enthüllt, dass Güney sich zur Tatzeit in den Räumen des Pariser Kurdenvereins aufhielt. In seiner Tasche wurden Schießpulverspuren sichergestellt. Laut Molins habe Güney, der Fahrer der PKK-Mitbegründerin Sakine Cansiz, während seiner Vernehmung erklärt, dass er seit zwei Jahren Mitglied der PKK sei.
Die türkische Regierung folgerte daraus dennoch, dass der Dreifachmord das Ergebnis einer „internen Abrechnung“ der Organisation sei. Die Behauptung einer PKK-internen Vendetta wies der im Nordirak lebende militärische PKK-Führer Murat Karayilan jedoch umgehend zurück. Ömer Güney sei kein Mitglied der Bewegung gewesen, sagte er der PKK-nahen Nachrichtenagentur Firat News. Er vermute, dass Güney absichtsvoll zwei Jahre zuvor ins PKK-Umfeld in Europa eingeschleust worden sei.
Wer also ist Ömer Güney? Laut seinem Facebook-Profil arbeitete er auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle und als Hausmeister in Paris. Recherchen von Firat News ergaben, dass er Ende 2010 erstmals Kontakt zur kurdischen Community aufnahm, als er einen Mitgliedsantrag für einen kurdischen Verein ausfüllte und sich fortan häufig in den Vereinsräumen aufhielt.
Falsche Behauptungen
Ein Mitbewohner Güneys aus Paris namens Y. A. erklärte der Agentur, dass sich Güney wegen seiner guten Französischkenntnisse als Dolmetscher Vertrauen in der kurdischen Gemeinschaft erworben habe. Er habe behauptet, sein Vater sei Kurde und seine Mutter Türkin.
Als türkische Zeitungs- und Fernsehreporter die Familie Güneys in der zentralanatolischen Provinz Sivas befragten, erklärten diese aber, sie seien „Türken, reine Türken“ und die Familie sei strikt gegen die PKK eingestellt. „Wir sind eine nationalistische Familie“, sagten seine Onkel Zekai und Ahmet Güney. Ihr Neffe leide unter einem Gehirntumor und häufigem Gedächtnisverlust. Ömer ist der einzige Sohn einer Familie mit vier Kindern aus der konservativen Provinz Sivas, in der nur wenige Kurden leben. Laut dem Dorfimam hat die Familie bei Wahlen stets für die als „Graue Wölfe“ bekannte nationalistische MHP gestimmt.
Im Alter von fünf Jahren ging der Junge mit seiner Familie nach Frankreich, wo sein Vater Arbeit gefunden hatte. Mit 20 Jahren heiratete er nach Oberbayern, kehrte aber nach seiner Scheidung vor zwei Jahren nach Paris zurück. Güney sei verschlossen gewesen, sagte Mitbewohner Y. A. In Paris pflegte der zuvor unauffällige junge Mann einen seltsam aufwendigen Lebensstil. Er ließ sich vor einem Ferrari fotografieren, besaß laut Polizei 45?Anzüge, in seinem Zimmer wurden fünf Mobiltelefone gefunden.
Sein Mitbewohner Y. A. erzählte, Güney sei zudem ein Waffennarr gewesen, habe ihm einmal eine Pistole gezeigt. Er sei mehrfach für einige Tage verschwunden, ohne eine Erklärung dafür zu liefern. Inzwischen wurde bekannt, dass Güney allein 2012 mindestens achtmal in die Türkei reiste – aber laut seiner Familie sich nie in Sivas blicken ließ. Im Dezember verbrachte er drei Tage in einem Hotel im Zentrum von Ankara. Der Grund für seine Reisen ist unbekannt.
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Parallelen zum Dink-Mörder
Die Biografie von Ömer Güney erinnert Kommentatoren an Ogün Samast, den Mörder des armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink im Jahr 2007, der wie Ömer Güney in rechtsnationalistischen Kreisen verkehrt hatte. Seit 2010 wohnte Güney in Schliersee bei München, wo zahlreiche Türken leben, die laut PKK-nahen Medien Anhänger der nationalistischen Grauen Wölfe sein sollen. Auf seiner Facebook-Seite bekannte sich Güney zur konservativ-religiösen türkischen Regierungspartei AKP und outete sich als Fan der nationalistischen Fernsehserie „Tal der Wölfe“. Die Nachrichten nähren bei vielen Kurden den Verdacht eines Komplotts.