Rekordstrafe für Klima-Kleber der „Letzten Generation“: Aktivisten müssen ins Gefängnis - „völlig unbelehrbar“
Drei Aktivisten der „Letzten Generation“ sind aufgrund von Blockadeaktionen zu mehreren Monaten Haft verurteilt worden. Das bisher drastischste Urteil.
Heilbronn – Wegweisende Urteil oder überzogenes Strafmaß? Ganz Deutschland diskutiert über die Klima-Kleber und ihre Aktionen. Unlängst kam es zum Sturm des Adlons mit der Zündung von Pyrotechnik und Klimaaktivisten planen am kommenden Mittwoch, 19. April 2023, mit einer großangelegten Aktion ganz Berlin zum Stillstand zu bringen. Nun mussten sich Aktivisten der „Letzten Generation“ vor Gericht verantworten, weil sie nur ein paar Stunden nach einer Verurteilung direkt wieder eine Straße blockierten.
Das Urteil gegen die Klima-Kleber ist gleichzeitig eine Rekordstrafe: Die drei Aktivisten der „Letzten Generation“ müssen nämlich mehrere Monate ins Gefängnis und wurden nicht wie andere Klima-Kleber einfach nur zur Kasse gebeten.
Klima-Kleber kassieren Rekordstrafe: Amtsgericht verurteilt Aktivisten der „Letzten Generation“ zu Gefängnisstrafen
Das Amtsgericht Heilbronn verurteilte zwei Männer und eine Frau wegen Nötigung zu Freiheitsstrafen von fünf, vier und drei Monaten ohne Bewährung. Das Urteil ist laut Staatsanwaltschaft und Aktivisten das bislang härteste, das in Deutschland gegen Mitglieder der „Letzten Generation“ verhängt wurde. Ein weiterer Klima-Kleber wurde zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die drei Männer und eine Frau Anfang März aus Protest die Bundesstraße 27 in Heilbronn blockiert haben. Drei der vier Angeklagten waren am Vormittag der nun angeklagten Aktion bereits wegen einer anderen Straßenblockade zu Geld- und kurzen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Angefahren wurden die Klima-Kleber aber nicht – so wie ein Aktivist der Letzten Generation bei einer anderen Aktion.
Rekordstrafe für Klima-Kleber nach erneuter Straßenblockade: „Völlig unbelehrbar“
Nur wenige Stunden nach dem Urteil saßen die Aktivisten, die wohl keine Vollzeit-Klima-Kleber sind und Geld kassieren, dann direkt wieder auf der Straße. Nach Aussagen von Polizeibeamten versuchten zwei der Angeklagten zudem, sich am Asphalt festzukleben. Als das nicht gelang, klebten sich die beiden mit den Händen aneinander. Mit der Aktion hätten die Aktivisten ihren Unmut über das vorhergegangene Urteil medial wirksam zum Ausdruck bringen wollen, sagte die Staatsanwältin. „Eine schnellere Rückfallgeschwindigkeit kann es nicht geben.“ Die Angeklagten seien „völlig unbelehrbar“.
Darauf ging auch die Richterin in ihrer Urteilsbegründung ein. „Sie haben das erste Urteil nicht zum Anlass genommen, ihr Verhalten zu hinterfragen“, sagte sie. Weil drei der vier Angeklagten in der Verhandlung betont hätten, weiter Straßen blockieren zu wollen, habe sie die Freiheitsstrafen verhängen müssen. „Sie haben zum Ausdruck gebracht, dass Sie nichts anderes beeindruckt“, sagte sie in Richtung der Angeklagten.
Kima-Kleber müssen ins Gefängnis: Eklat bei Verurteilung von Klima-Aktivisten der „Letzen Generation“
Die Aktivisten sahen das anders und betonten im Prozess, sie hätten mit der Protestaktion auf die aus ihrer Sicht mangelhaften Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels aufmerksam machen wollen. „Ich möchte später zu den Menschen gehören, die sagen können: Ich habe alles in meiner Macht stehende getan, um den Klimawandel aufzuhalten“, sagte einer der Angeklagten, der sich aber mit keinem Wort gegen die Maßnahmen gegen Klima-Kleber aussprach. Ein anderer betonte, er sehe zurzeit keine anderen wirksamen Protestformen als die Straßenblockaden. Man sei absolut friedlich, zerstöre nichts und drohe niemandem Gewalt an, sagte die Angeklagte. „Ich sehe unseren Protest nicht als Verbrechen.“
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Während des letzten Wortes eines der Angeklagten kam es zum Eklat: Die Angeklagten begannen zu singen, Teile des Publikums applaudierten. Die Richterin ließ den Saal kurzzeitig räumen und schloss Teile der Zuschauer von der Verhandlung aus. Schon zuvor hatte es immer wieder Applaus aus dem Zuschauerraum und Ermahnungen von der Richterin gegeben, das Verfahren nicht zu stören.
Urteil gegen Klima-Kleber: Aktivisten protestieren vor Gerichtsgebäude – „Klimaschutz kein Verbrechen“
Etwa 20 Aktivistinnen und Aktivisten protestierten vor dem Gerichtsgebäude in Heilbronn gegen das Strafverfahren. Sie trugen Plakate mit Botschaften wie „Klima-Zerstörer vor‘s Gericht, nicht die Klima-Aktiven!“ und „Klimaschutz ist kein Verbrechen“.
Derweil konnte eine Klima-Aktivistin der „Letzten Generation“ einen Erfolg vor dem Berliner Gericht verbuchen. Zur Debatte stand eine 2.000 Euro hohe Strafe, die die Berliner Polizei der Klima-Kleberin angedroht hatte, wenn sie sich an eine Straße klebt. Gegen das Klebeverbot wehrte die sich allerdings erfolgreich.
Klima-Kleberin gewinnt Prozess in Berlin: Anklebe-Verbot rechtlich nicht zulässig
Ein präventives Anklebe-Verbot für bestimmte Klima-Demonstranten durch die Berliner Polizei muss konkrete Straßen benennen. Sonst ist dieses Verbot mit der Androhung eines hohen Zwangsgeldes rechtlich nicht zulässig. Das entschied das Berliner Verwaltungsgericht, wie am Montag mitgeteilt wurde.
Die Polizei hatte einer Aktivistin im Dezember 2022 verboten, sich bis Juni 2023 erneut bei Straßenblockaden festzukleben oder sich anders mit der Straße oder Personen zu verbinden. Zugleich drohte sie ein Zwangsgeld von 2.000 Euro an. Die Frau war bei Blockaden der Gruppe „Letzte Generation“ immer wieder festgenommen worden. Sie gefährde die Allgemeinheit, so die Polizei.
Die Frau zog vor Gericht und war zunächst erfolgreich. Das Verwaltungsgericht gab ihrem Eilantrag statt – allerdings nur, weil die Polizei die betroffenen Straßen nicht präzise bestimmt hatte. (mit Material der dpa)