Endlich geklärt: Jahrelang war strittig, wo die Halbwertszeit des für Datierungen wichtigen Isotops Samarium-146 liegt. Jetzt hat ein Physikerteam diese Unsicherheiten beseitigt. Ihren Messungen zufolge hat Samarium-146 eine Halbwertszeit von 92 ± 2,9 Millionen Jahren. Damit ist dies die bisher genaueste und zuverlässigste Bestimmung dieses für Geologie und Astronomie so wichtigen Werts, wie die Forschenden in „Scientific Reports“ berichten.
Ob das Alter von Asteroiden, von Mondgestein oder der Zeitpunkt erdgeschichtlicher Katastrophen: Bei der Datierung sehr alter Proben greifen Geologen und Astronomen meist auf radioaktive Isotope mit langen Halbwertszeiten zurück, darunter auch das Samarium-146. Dieses Isotop des Seltenerdmetalls Samarium zerfällt unter Abgabe eines Heliumkerns im Laufe von Millionen Jahren in Neodym-142. Aus dem Verhältnis beider lässt sich daher auf das Alter eines Gesteins schließen – egal ob irdisch oder himmlisch.
Enorme Diskrepanzen
Das Problem jedoch: Wo die Halbwertszeit für Samarium-146 liegt, ist seit Jahrzehnten strittig: Bei 103 Millionen Jahren? Oder bei 98 Millionen? Oder vielleicht sogar nur bei 68 Millionen Jahren, wie 2012 ermittelt? Immer wieder lieferten Messungen stark voneinander abweichende Werte – und führten damit zu enormen Unsicherheiten bei der Altersbestimmung selbst unseres Sonnensystems.
Auch eine Taskforce der für chemische Standards zuständigen IUPAC und der Internationalen Union der Geowissenschaften (IUGS) konnte die Diskrepanzen nicht auflösen: Sie empfahl, zur Sicherheit immer beide Extremwerte – 103 und 68 Millionen Jahre – zu berücksichtigen. Im Jahr 2013 wurde dann zwar der untere Wert für die Halbwertszeit zurückgezogen. „Aber das bedeutet ja nicht per se, dass der verbliebene Wert der korrekte ist“, erklären Nadine Chiera vom Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen und ihre Kollegen.
Bestimmung in drei Schritten
Um endlich mehr Klarheit zu schaffen, haben nun Chiera und ihr Team erneut die Halbwertszeit von Samarium-146 bestimmt – mit der bisher genauesten und zuverlässigsten Methode. Dabei ermittelten sie die Halbwertszeit aus der Zahl der Atome in einer Probe und der in dieser Atommenge auftretenden Zerfallsrate. Denn selbst bei sehr langen Halbwertszeiten gibt es immer einige Atome, die zufällig gerade zerfallen – und aus ihrem Anteil lässt sich die Halbwertszeit errechnen.
Im Experiment mussten die Forschenden dafür allerdings drei Probleme bewältigen. Das erste ist die Gewinnung einer ausreichenden Menge hochreinen Samariums-146. Dafür nutzten die Physiker radioaktiv bestrahltes Tantal, in dem durch diese Aktivierung auch Samarium-146 entsteht. Dieses isolierten sie durch ein mehrschrittiges chemisches Trennverfahren und schieden eine sehr dünne, hochreine Samarium-146-Schicht auf einer Kohlenstoffunterlage ab.
Wie hoch sind Zerfallsrate und Atomzahl?
Die zweite Hürde ist die präzise Messung der Zerfallsrate. Dafür wurde die ultradünne Samarium-Probe 58 Tage lang mit einem Alpha-Spektrometer überwacht. Dieses kann ermitteln, wann ein Heliumkern (Alphateilchen) durch den Zerfall eines Samarium-146-Atoms frei wird. Diese Messungen ergaben: In der Samarium-Probe ereignen sich knapp 54 Alpha-Zerfälle pro Stunde. Für die Ermittlung der Halbwertszeit muss man nun jedoch noch wissen, wie viele Samarium-Atome in der Probe enthalten sind.
Im dritten Schritt ermittelten Chiera und ihre Kollegen daher die Zahl der Atome in der Messprobe mithilfe mehrere Massenspektrometer. Dabei musste zunächst Gesamtzahl aller Samarium-Isotope in der Ursprungslösung und der abgeschiedenen Proben bestimmt werden. Dann errechneten die Forschenden mithilfe zusätzlicher Messungen den Anteil des Samarium-146-Isotops. Das Ergebnis: Die dünne Messprobe enthielt genau 6,28 x 1013 Samarium-Atome.
Halbwertzeit liegt bei 92 Millionen Jahren
Dann endlich war es soweit: Chiera und ihr Team konnten anhand ihrer Messwerte die Halbwertszeit für Samarium-146 kalkulieren. Diese liegt demnach bei 92 ± 2,9 Millionen Jahren. „Unser Ergebnis ist damit das bisher genaueste“, sagt Ko-Seniorautorin Dorothea Schumann vom PSI. Die präzise Bestimmung der Halbwertzeit von Samarium-146 liefert damit nun eine solide Grundlage für künftige Datierungen und beseitigt die bisher vorhandene große Unsicherheitsspanne.
Nach Angaben des Teams passt der neue Wert auch sehr gut zu den theoretischen Erwartungen auf Basis bisheriger geologischer und astronomischer Datierungen. Dennoch sehen die Forschenden auch in ihrem Resultat nur einen ersten Schritt: „Den einen richtigen Wert für die Halbwertszeit von Samarium-146 gibt es noch nicht. Unser Ergebnis ist zwar sehr genau, es muss aber nun von anderen Gruppen bestätigt und weiter verbessert werden“, betont Koautor Rugard Dressler von PSI. (Scientific Reports, 2024; doi: 10.1038/s41598-024-64104-6)
Quelle: Paul Scherrer Institut (PSI)