Liste von Hungersnöten

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Die Liste von Hungersnöten erfasst historische, zeitgeschichtliche und gegenwärtige Hungersnöte weltweit.

Zeit Region Beschreibung Tote
ca. 1930 v. Chr. Nordostafrika Ägypten: Hungersnot im 25. Regierungsjahr von Sesostris I.
ca. 1200 v. Chr. Kleinasien, Nordsyrien Hungersnot bezeugt durch Pollenanalysen und das Erwähnen von Getreide-Lieferungen an das Hethiterreich in Schriftquellen aus Ägypten zur Zeit des Merenptahs sowie durch mehrere Dokumente aus Ugarit und Emar in Syrien.[1]
354 Kleinasien Hungersnot in Antiochia endet in Revolten, bei denen der Gouverneur gelyncht wird
362–363 Kleinasien Hungersnot in Antiochia 362–363
384–385 Kleinasien Antiochia
500–501 Kleinasien Edessa
975 Frankreich nach strengem Winter von November bis März sterben ein Drittel der französischen und die Hälfte der Pariser Bevölkerung
um 1090 Nordeuropa Hungersnot in Dänemark in der Regierungszeit von Olaf Hunger (1086–1095)
1225–1228 Thüringen[2]
1235 Britische Inseln London 20.000[3]
1302 Südwesteuropa Spanien: Etwa ¼ der Bevölkerung Spaniens starb[4]
1315–1317 Europa Hungersnot von 1315/17, Hungersnot in weiten Teilen Europas 5 Mio.[3]
1333–1337 China Große Hungersnot 4 Mio.[3]
1437–40 Europa Hungersnot der Jahre 1437–1439/40 in weiten Teilen Europas, ausgelöst durch überregionale Missernten infolge strenger Winter und später Frosteinbrüche (Maifrost)
1597–1598 Ostseeraum Hungersnot 1597/98 in der Kornkammer Europas nach aufeinander folgenden Missernten der Jahre 1596 und 1597, von Zeitgenossen die "große Teuerung" genannt, ursächlich die "Kleine Eiszeit"
1601–1603 Russland Hungersnot nach Missernten durch kalte, feuchte Witterung infolge des Ausbruch des Huaynaputina, Peru[5] 500.000
1618–1648 Europa Europa: Hungersnöte als Folge des Dreißigjährigen Krieges
1630–1631 Indien Es gab eine große Hungersnot in Indien. Aufzeichnungen zeigen, dass Kannibalismus so verbreitet war, dass menschliches Fleisch auf dem freien Markt verkauft wurde.
1693–1694 Westeuropa Große Hungersnot in Frankreich infolge eines extrem strengen Winters, verschärft durch eine Typhusepidemie 1–2 Mio.
1709 Westeuropa Große Hungersnot in Frankreich, ausgelöst durch einen sehr strengen Winter
1769–70 Indien Hungersnot in Bengalen 1770 6,5 Mio.[3]
1770 Osteuropa Osteuropa 190.000[3]
1770–1772 Europa drei verheerende Missernten[6]
1816–1817 Europa Europa: Jahr ohne Sommer in weiten Teilen Europas, verursacht durch den Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien 10. bis 15. April 1815
1837–38 Indien Nordwestindien 800.000[3]
1844–1849 Europa Ausfall der Kartoffelernte durch Kartoffelfäule, Lebensmittelknappheit; sehr kalte Sommer und Winter; Hungerepidemien. Große Hungersnot in Irland mit etwa 1 Mio. Toten[7] und einer Auswanderungswelle nach Nordamerika. Kartoffelrevolution in Berlin, April 1847. 1 Mio.
1866 Indien Hungersnot in Bengalen und Orissa 1,5 Mio.[3][8]
1866–1868 Nordeuropa Hungersnot in Finnland 150.000
1867–1869 Nordeuropa Hungersnot in Schweden
1874–75 Kleinasien Kleinasien 150.000[3]
1876–1879 China Große Hungersnot in Nordchina 11 Mio.[3]
1876–1878 Indien Große Hungersnot; Schätzungen variieren zwischen 5 und 29 Mio. Toten. 8,2 Mio.[9]
1876–1878 Südostasien Hungersnot auf Java (damals Niederländisch-Indien)
1877–1879 Nordafrika Große, durch eine Dürreperiode ausgelöste Hungersnot in Französisch-Nordafrika bzw. im heutigen Algerien. bis zu 300.000[10]
1891–1892 Russland bis zu 500.000
1892–1894 China Große Hungersnot 1 Mio.[3]
1896–1897 China Große Hungersnot 5 Mio.[3]
1896–1897 und 1899–1902 Indien Große Hungersnot; 100 Mio. Betroffene; Schätzungen über Tote variieren stark, bis zu 11 Mio.[11][12]


1916–1917 Mitteleuropa Steckrübenwinter“ im Deutschen Reich 800.000[13]
1916–1918 Levante Hungersnot im Libanon 1916–1918 im türkisch-deutsch besetzten Libanon während des Ersten Weltkriegs infolge einer alliierten Seeblockade sowie Requirierungen durch die schlecht versorgten Truppen; außerdem infolge des hohen Spezialisierungsgrades der libanesischen Landwirtschaft, wo Grundnahrungsmittel importiert und stattdessen z. B. Weinbau und Seidenraupenzucht betrieben wurden (ca. 100.000 Tote, in einem damals von 450.000 Menschen bewohnten Gebiet) 100.000
1920–1921 China Hungersnot in Nordchina 500.000[3]
1921–1924 Osteuropa Hungersnot in Teilen Russlands 5 Mio.[14]
1928–1929 China Große Hungersnot 10 Mio.[3]
Frühe 1930er Osteuropa und Nordasien Hungersnot in der Sowjetunion in den 1930er-Jahren: Hungersnot in der gesamten UdSSR, die je nach Historiker zwischen 1930 und 1932 begann und zwischen 1933 und 1934 endete. Von den mehr als 8.000.000 Toten entfielen 3.500.000+ auf die Ukraine (Holodomor), 3.000.000+ auf Russland, 1.200.000+ auf Kasachstan (Hungersnot in Kasachstan von 1930–33) und 250.000+ auf die übrige Sowjetunion. 8–9 Mio.[15]
1939–1945 Europa Hungersnot in Europa während des Zweiten Weltkriegs.
1941–1944 Südosteuropa Große Hungersnot in Griechenland, in Folge der deutschen Besatzung Griechenlands, geschätzt zwischen 100.000 und 450.000 Tote
1941–1944 Osteuropa Hungersnot in Leningrad durch die Leningrader Blockade im Zweiten Weltkrieg. 1,1 Mio.
1943 Zentralafrika Ruanda-Urundi 45.000[3]
1943–1944 Indien Hungersnot in Bengalen 1943 – verstärkt durch die Umstände des Zweiten Weltkrieges (japanische Besetzung Burmas, etc.) 1,5 bis 4 Mio.[3][16][17][18]
1944/45 Westeuropa Hongerwinter“ in den Niederlanden in den letzten Kriegsmonaten durch Zusammenbruch des Verteilungssystems mit Lebensmittelmarken. Etwa 200.000 litten an Mangelerscheinungen und schätzungsweise 22.000 Menschen starben. Da viele Geburtsakten erhalten sind, gibt es einige Untersuchungen über die Auswirkungen der Hungersnot auf die Schwangerschaft und den weiteren Lebenslauf. 22.000
1944–1945 Südostasien Hungersnot in Vietnam unter japanischer Besetzung, in der Propaganda mit 2 Mio. Opfern angegeben
1946–1947 Mitteleuropa Deutschland: Hungerwinter 1946–1947
1946–1947 Osteuropa Hungersnot in der Sowjetunion 1946–1947: Zwischen 1.000.000 und 2.000.000 verhungern in der Sowjetunion. Die meisten Todesfälle ereignen sich im Westen des Landes. 1–2 Mio.[19]
1959–1961 China Große Chinesische Hungersnot in der Volksrepublik China, vielleicht die größte der ganzen Weltgeschichte, wurde von 1959 bis 1961 durch den Großen Sprung nach vorn ausgelöst 15–43 Mio.[14]
1966 Indien Drohende Hungersnot in Bihar. Die USA teilten 900.000 Tonnen Korn zu, um den Hunger zu bekämpfen
1967–1970 Westafrika Durch den Biafra-Krieg verursachte Hungersnot in Biafra, Nigeria
1968–1974 Westafrika Hungersnot in der Sahelzone 500.000[3]
1973 Ostafrika Hungersnot in Äthiopien
1984–1985 Ost- und Westafrika Hungersnot in Äthiopien (und mehreren Ländern der Sahelzone) 2–3 Mio.[14]
1980er Südostasien Nach der Wiedervereinigung des Landes nach dem Vietnamkrieg kam es in den 1980er Jahren zu einer kurzen Hungersnot, die viele Menschen veranlasste, das Land zu verlassen
1994–1997 Ostasien Hungersnot in Nordkorea 0,5–2 Mio.[14]
1990er Ostafrika Erste Hälfte der 1990er-Jahre: Hungersnot in Somalia wegen Dürre und Bürgerkrieg in Somalia
1990er Nordostafrika Hungersnot im (Süd-)Sudan infolge des Bürgerkriegs im Südsudan
2000–2005 Südliches Afrika Simbabwe [14]
2003 Nordostafrika Hungersnot in Darfur/Sudan infolge des Darfur-Konfliktes
2005 Westafrika Hungerkrise im Niger
2006 Ostafrika Hungerkrise in Äthiopien, Nordost-Kenia, Somalia und Dschibuti
2008 Westafrika (Burkina Faso) Hungerkrise in Burkina Faso aufgrund stark gestiegener Preise für Weizen und Mais[20][21][22]; "Brotaufstände"
2011 Ostafrika Hungerkrise am Horn von Afrika 2011
2017 Ostafrika und Tschadsee-Anrainer Hungersnot im Südsudan[23], in Teilen des Jemen, von Äthiopien, Somalia, Kenia und von Nigeria.[24] Neben Nigeria sind auch die weiteren Anrainer des Tschadsee Kamerun, Tschad und Niger betroffen.[25]
2020/2021 Madagaskar Hungersnot im Süden Madagaskars, Hauptursache: Dürre
2023/2024 Palästina Hungersnot im Gazastreifen, ausgelöst durch Versorgungsengpässe infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen israelischer Armee und Hamas

Siehe auch

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Commons: Hungersnöte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. dazu und zu weiteren Anzeichen für Klimaveränderungen im östlichen Mittelmeerraum um 1200 v. Chr. siehe zusammenfassend Eric H. Cline 1177 v. Chr. Der erste Untergang der Zivilisation. Theiss, Darmstadt 2015, ISBN 978-3-8062-3195-3, S. 205–212 (mit weiteren Belegen).
  2. Maria Maresch: Elisabeth von Thüringen: Schutzfrau des deutschen Volkes. Verlag der Buchgemeinde, Bonn am Rhein 1931 (= Buchgemeinde Bonn. Religiöse Schriftenreihe. Band 7), S. 241
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p Schätzungen nach: Encyclopedia Britannica, 1992
  4. Massimo Montanari: Der Hunger und der Überfluss: Kulturgeschichte der Ernährung in Europa. C.H.Beck, 1993, ISBN 978-3-406-37702-0, S. 85 ff. (Google Books).
  5. K. L. Verosub und J. Lippman: Global Impacts of the 1600 Eruption of Peru’s Huaynaputina Volcano. In: Eos. Band 89, Nr. 15, 8. April 2008, doi:10.1029/2008EO150001. Mitteilung hierzu: Neuere Untersuchung über den Einfluss des Huaynaputina auf das Klima (englisch)
  6. Dominik Collet (2014): Hungern und Herrschen. Umweltgeschichtliche Verflechtungen der Ersten Teilung Polens und der europäischen Hungerkrise 1770–1772, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas (pdf)
  7. Jim Donelly; The Irish Famine. Auf BBC History vom 17. Februar 2001.
  8. Dinyar Patel: Viewpoint: How British let one million Indians die in famine. BBC News, 11. Juni 2016, abgerufen am 11. Juni 2016 (englisch).
  9. Tim Dyson: A Population History of India: From the First Modern People to the Present Day. Oxford University Press, Oxford, S. 137 (google.de).
  10. Lhote, Henri: Als die Sahara noch keine Wüste war. In: Die letzten Geheimnisse unserer Welt. Verlag Das Beste. Stuttgart 1977, S. 218.
  11. Angaben aus: Mike Davis: Die Geburt der Dritten Welt.
  12. Late Victorian Holocausts: El Niño Famines and the Making of the Third World (Abstract)
  13. Gustavo Corni: Hunger. In: Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Schöningh (UTB), Paderborn 2009, S. 565.
  14. a b c d e Lexikon der Völkermorde. 1998
  15. Oleh Wolowyna: What Do We Know About the Holodomor: New Research Results, Dr. Oleh Wolowyna (Голодомор). Munk School of Global Affairs, Universität Toronto, Toronto 15. September 2016 (englisch, youtube.com).
  16. Amartya Sen (1981): Poverty and Famines: An Essay on Entitlement and Deprivation. London: Oxford University Press. S. 203, ISBN 9780195649543.
  17. Joseph Lazzaro: Bengal Famine Of 1943 - A Man-Made Holocaust. International Business Times, 22. Februar 2013, abgerufen am 14. Oktober 2014 (englisch).
  18. Rakesh Krishnan Simha: Remembering India’s forgotten holocaust: British policies killed nearly 4 million Indians in the 1943-44 Bengal Famine. Tehelka.com, 13. Juni 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. April 2015; abgerufen am 5. April 2015 (englisch).
  19. Nicholas Ganson: The Soviet Famine of 1946-47 in Global and Historical Perspective. 1. Auflage. Palgrave Macmillan, New York 2009, ISBN 0-230-61333-0, Introduction: Famine of Victors, S. xii–xix (englisch).
  20. Der Krieg in der Ukraine ist eine globale Krise der Ernährungssicherheit | Das Hunger Projekt. Abgerufen am 1. Juni 2022.
  21. Burkina Faso. Abgerufen am 1. Juni 2022.
  22. Die weltweiten Hungerrevolten (Food Riots) 2007/2008. In: Welt-Ernährung. Abgerufen am 1. Juni 2022 (deutsch).
  23. UNICEF: 250.000 Kinder leiden an akuter schwerer Mangelernährung, UNICEF, 20. Februar 2017
  24. Große Not, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 26. Februar 2017
  25. Oslo: Geberkonferenz für Krisenregion am Tschadsee (Memento vom 26. Februar 2017 im Internet Archive), UNRIC, 24. Februar 2017