Preußische Triebwagen Nr. 2031–2036, 2981–2998

Die 24 Preußischen Triebwagen Nr. 2031–2036 und 2981–2998 (ab 1910: E.T. 501–524) sowie die später gebauten sechs Wagen E.T. 525–530 waren elektrische Triebwagen der Preußischen Staatseisenbahnen. Sie wurden zwischen 1903 und 1929 auf der Anhalter Vorortbahn zwischen Berlin Potsdamer Ring- und Vorortbahnhof und Groß-Lichterfelde Ost eingesetzt. Der Einsatz auf der Lichterfelder Strecke begann als Versuchsbetrieb, bewährte sich aber sehr gut, dass er als Regelbetrieb weitergeführt werden konnte und damit wichtige Erfahrungen für die geplante Elektrifizierung der gesamten Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen lieferte.

Preußische 2031–2036, 2981–2998/
Preußische 501–530 Berlin
Preußischer Triebwagen Nr. 2981, um 1903
Preußischer Triebwagen Nr. 2981, um 1903
Preußischer Triebwagen Nr. 2981, um 1903
Nummerierung: 2031–2036, 2981–2998
ab 1910: 501–530 Berlin
Anzahl: 30 Triebwagen
Hersteller: siehe Tabelle
Baujahr(e): 1903–1912
Ausmusterung: 1930
Achsformel: Bo’2’
Gattung: B4 esT, BC4 esT, C4 esT
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 19.300 mm
Höhe: 3755 mm
Breite: 2600 mm
Drehzapfenabstand: 13.200 mm
Drehgestellachsstand: 2500 mm
Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h
Stundenleistung: 184 kW
Dauerleistung: 147 kW
Raddurchmesser: 1000 mm (neu)
Stromsystem: 550 V =
Stromübertragung: seitliche, von oben bestrichene Stromschiene
ab 1926: von unten bestrichen
Anzahl der Fahrmotoren: 2
Bremse: Westinghouse-Druckluftbremse
Zugheizung: Dampfheizung
ab 1919/21: el. Heizung
Kupplungstyp: Schraubenkupplung
Klassen: 2. und 3. Wagenklasse

Die Fahrzeuge entsprachen in ihrer Ausführung als vierachsige Drehgestell-Triebwagen grundsätzlich den heutigen Fahrzeugen der S-Bahn Berlin, unterschieden sich jedoch vor allem hinsichtlich der als Abteilwagen mit Seitentüren ausgeführten Wagenkästen erheblich von den dann ab 1926 in großen Serien beschafften verschiedenen Baureihen von S-Bahn-Triebwagen. Die Stromzuführung erfolgte über seitliche Stromschienen, jedoch noch mit einer niedrigeren Betriebsspannung von 550 V Gleichspannung. Mit der Umstellung der Streckenelektrifizierung auf 800 V Gleichspannung im Jahr 1929 wurden die Fahrzeuge ausgemustert und z. T. für andere Verwendungen umgebaut.

Geschichte

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Auf der Wannseebahn wurde bereits von 1900 bis 1902 ein von Siemens & Halske eingerichteter Versuchsbetrieb mit einem elektrischen Abteilwagenzug durchgeführt. Parallel wurde zwischen dem Potsdamer Ring- und Vorortbahnhof in Berlin und Groß-Lichterfelde Ost ein weiterer Versuchsbetrieb für die zu elektrifizierenden Berliner Vorortbahnen geplant. Die Königliche Eisenbahn-Direktion Berlin übertrug den Bau und Betrieb an die Union-Elektricitäts-Gesellschaft (UEG), die später in der AEG aufging. Die Strecke wurde mit 550 V Gleichspannung betrieben und am 8. Juli 1903 eröffnet. 1911 übernahm die KED Berlin die Betriebsführung und die Fahrzeuge von der AEG.[1][2]

Für die Aufnahme des Betriebs standen 1903 insgesamt 18 Triebwagen zur Verfügung, davon sechs Triebwagen 2. Klasse und zwölf Triebwagen 3. Klasse. Die Züge bestanden anfangs in der Regel aus drei Wagen, wobei die Triebwagen 2. Klasse in der Mitte liefen.[3]

Durch das gestiegene Verkehrsaufkommen auf der Vorortstrecke sah sich die Staatsbahn dazu veranlasst, im Jahr 1906 sechs weitere Triebwagen in Dienst zu stellen. Diese Triebwagen 2993 bis 2998 erhielten Abteile der 2. und 3. Wagenklasse.[4]

Mit der Einführung des neuen Nummernplanes 1910 wurden die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Fahrzeuge als E.T. 501 bis 524 Berlin bezeichnet.[5]

1912 wurde der Wagenpark um weitere sechs Abteil-Triebwagen verstärkt. Um das Wagenklassenverhältnis beizubehalten, umfasste die Lieferung einen Triebwagen 2. Klasse, einen gemischten Triebwagen 2./3. Klasse und vier Triebwagen 3. Klasse. Sie erhielten die Wagennummern E.T. 525 bis 530 Berlin. Insgesamt umfasste der Wagenpark damit 30 Triebwagen.

1921 erwarb die KED Berlin zusätzlich zwei gebrauchte Triebwagen (E.T. 531 und 532), die ursprünglich für den Einsatz auf der von der AEG gebauten GN-Bahn der Berliner U-Bahn vorgesehen waren.[6]

Fahrzeugübersicht[2][3][4][5][7]
Betriebsnummer Indienst-
stellung
Gattungs-
zeichen
Hersteller
mech.
Hersteller
el.
Anzahl
Sitzplätze
Klasse Dienstmasse-
größte
Achslast
bis 1907 ab 1907 ab 1910
2031–2036 501–506 1903 B4 esT Breslau UEG 58 2. 42,5 t0 13,5 t0
2981–2992 3951–3962 513–524 1903 C4 esT Breslau UEG 79 3. 40,25 t 12,0 t0
2993–2998 2055–2060 507–512 1906 BC4 esT Van der Zypen & Charlier AEG 77 2./3. 40,4 t0 12,0 t0
525 1912 B4 esT Breslau AEG 58 2. 45,9 t0 12,48 t
526 1912 BC4 esT Breslau AEG 76 2./3. 44,6 t0 12,5 t0
527–530 1912 C4 esT Breslau AEG 79 3. 44,15 t 12,44 t

Der Versuchsbetrieb zeigte gute Ergebnisse. Im ersten Jahr des elektrischen Betriebs stiegen die Fahrgastzahlen von 4,6 auf 5,7 Millionen an, im Folgejahr wurden 6,8 Millionen Reisende gezählt. Mit den elektrischen Triebwagen konnte auf der Vorortstrecke eine wesentliche Attraktivitätssteigerung erreicht werden. Anfangs wurde mit dreiteiligen Zügen gefahren, wobei die Triebwagen 2. Klasse in der Wagenmitte liefen. Ab 1904 konnten die Züge zusätzlich durch Abteil-Beiwagen verstärkt werden. Diese waren für den elektrischen Betrieb mit je zwei Leitungskabeln versehen, um die Wagen elektrisch kuppeln zu können. Bis 1912 wurden insgesamt 18 solcher „Leiterwagen“ aus dem vorhandenen Wagenpark umgebaut.[8] Beheimatet waren die Triebwagen im Bahnbetriebswerk Berlin Yorckstraße, die Untersuchungen führte das Ausbesserungswerk Berlin-Tempelhof durch. Ab 1927 führte das Ausbesserungswerk Berlin-Schöneweide die Instandsetzungsarbeiten durch.[2]

Die bis 1912 gelieferten Triebwagen wurden in sechs Züge zusammengestellt. Vier Züge liefen im Regelbetrieb, ein weiterer Zug diente zur Betriebsreserve und ein Zug befand sich im Ausbesserungswerk Tempelhof in Revision.[9] Für das Jahr 1915 war die Auslieferung von weiteren 15 Triebwagen vorgesehen, davon je zwei Triebwagen 2. Klasse beziehungsweise 2./3. Klasse sowie elf Triebwagen 3. Klasse. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhinderte die Umsetzung. Da die Wartungsintervalle kriegsbedingt verlängert wurden, kam es zum häufigeren Ausfall der Triebwagen. Nach Möglichkeit wurden die Züge dann mit Vorspann einer Dampflokomotive befördert.[10]

1929 wurde das Streckennetz der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen einheitlich auf 800 V Gleichspannung umgestellt. Dadurch wurden die 30 Abteiltriebwagen auf der Lichterfelder Strecke überflüssig und ausgemustert, weil ihr Wagenkastenaufbau und die Türbauart nicht mehr den Vorstellungen der S-Bahn mit einem schnellen Fahrgastfluss entsprach. Einige Fahrzeuge wurden nach Ausbau der elektrischen Ausrüstung in Reisezugwagen umgebaut, andere Fahrzeuge wurden zu Bahndienstfahrzeugen umgebaut.[11] Die jüngeren Triebwagen 525 bis 530 wurden in elektrische Bei- beziehungsweise Steuerwagen umgebaut und liefen in der Reichsbahndirektion Breslau im Zugverband mit den Triebwagen E.T. 1001 bis 1004 (ab 1941: Baureihe ET 88).[12]

Konstruktion

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Längsschnitt Triebwagen 2. Klasse
 
Längsschnitt Triebwagen 3. Klasse

Wagenbau

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Der Wagentyp entsprach den damals üblichen Reisezugwagen mit Oberlichtaufbau und Abteiltüren. Der Hauptrahmen bestand aus genieteten Stahlträgern, auf ihm wurde der Wagenkasten aufgenietet, der in der Konstruktion aus einem mit Blechen beplankten Holzgerippe bestand. Die am Wagen befindlichen Drehzapfen wurden in einer hölzernen Wiege des Drehgestells geführt, diese war über Blattfedern auf dem Drehgestellrahmen gelagert. Die Abfederung der Achslager im Drehgestell übernahmen Blatt- und Evolutfedern.

Die Fahrzeuge waren mit der normalen Zug- und Stoßeinrichtung versehen. Als Druckluftbremse wurde die der Bauart Westinghouse verwendet, die als Klotzbremse ausgebildet war. Jedes Drehgestell hatte einen eigenen Bremszylinder, der Wagen zudem eine Spindelhandbremse.

Die Wagen waren je nach Gattung mit der 2. oder 3. Wagenklasse ausgestattet. In der 3. Wagenklasse hatte der Wagen neun von außen zugänglichen Abteile. Außer diesen Abteilen gab es noch einen Gepäckraum und einen Führerstand. Analog waren die Wagen der 2. Klasse aufgebaut. Sie hatten sieben Abteile und anstelle des Gepäckraumes einen Heizkesselraum. Der Heizkessel konnte außerhalb der Heizperiode durch die Wagendecke entnommen und der Raum in ein Abteil der 3. Klasse umgewandelt werden. Die Triebwagen 2. Klasse waren, da sie vorrangig in der Zugmitte liefen, nur mit einem Hilfsführerstand ausgestattet. Zwecks Masseausgleich befand sich das Triebdrehgestell bei diesen Wagen hinten.[3][13]

Beheizt wurden die Wagen anfangs mit einer Koksheizung, zwischen 1919 und 1921 wurden sie auf elektrische Heizung umgestellt.[14] Von Anfang an war die Beleuchtung der Fahrzeuge (außen und innen) elektrisch ausgeführt.[3]

Elektrischer Teil

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Jeder Triebwagen wurde von einem Stromabnehmer versorgt, der seitlich neben dem Gleis durch Eigengewicht auf der Stromschiene lag und so die Verbindung herstellte. Die gesamte elektrische Ausrüstung des Wagens war unter dem Wagenkasten angeordnet. Die Steuerung war als Vielfachsteuerung ausgeführt. Über einen Fahrschalter wurden die betreffenden 13 Schütze der Steuerung betätigt. Die Fahrschalter lagen auf der linken Fahrzeugseite. Von 1925 bis 1926 wurde die Stromzuführung auf eine von unten bestrichene Stromschiene geändert. Die Siemens-Schuckertwerke stellten für die Umstellung einen neuen Stromabnehmer mit Doppelschleifstück vor, der bei beiden Stromschienen gleichermaßen verwendet werden konnte.[15]

Die beiden Fahrmotoren des Wagens waren als Reihenschlussmotoren ausgebildet. Das Motorgehäuse war aus einem Block gegossen. Der Luftpresser für die Druckluftbremse war nur in den Wagen mit 3. Wagenklasse installiert.

Bei Anfahrt erreichten die Triebwagen folgende Beschleunigungen:

  • bei Anfahrt in Reihe 0,5 m/s²
  • bei Anfahrt in Parallelschaltung 0,23 m/s² und
  • bei der kombinierten Anfahrt in beiden Stellungen 0,24 m/s².[13]

Siehe auch

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Literatur

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  • Rainer Zschech: Triebwagen-Archiv. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1970.
  • Brian Rampp: Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen. In: Eisenbahn-Journal Archiv 1/97. Band Nr. 10 Preußen-Report, ISBN 3-89610-005-X.
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Einzelnachweise

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  1. Brian Rampp: Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen. In: Eisenbahn-Journal Archiv 1/97. Band Nr. 10 Preußen-Report, ISBN 3-89610-005-X, S. 32.
  2. a b c Hans-Joachim Hütter: Der Lichterfelder Versuchsbetrieb. Elektrisch auf der Anhalter Bahn von 1903 bis 1929. In: Verkehrsgeschichtliche Blätter e. V. (Hrsg.): Strom statt Dampf! 75 Jahre Berliner S-Bahn. Die Große Zeit der Elektrisierung. Verlag GVE, Berlin 1999, ISBN 3-89218-275-2, S. 11–18.
  3. a b c d Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 15–22.
  4. a b Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 26–27.
  5. a b Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 27.
  6. Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 34–39.
  7. Rainer Zschech: Triebwagen-Archiv. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1970, S. 335.
  8. Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 25.
  9. Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 23–24.
  10. Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 28.
  11. Brian Rampp: Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen. In: Eisenbahn-Journal Archiv 1/97. Band Nr. 10 Preußen-Report, ISBN 3-89610-005-X, S. 33.
  12. Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 43–47.
  13. a b Rainer Zschech: Triebwagen-Archiv. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1970, S. 139.
  14. Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 28–32.
  15. Wolfgang Kämmerer: 100 Jahre elektrischer Betrieb Berlin Potsdamer Bahnhof – Groß-Lichterfelde Ost. VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2003, ISBN 3-933254-39-6, S. 40–41.