Benutzer:Juliabackhausen/Radwegbenutzungspflicht

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Die Radwegebenutzungspflicht ist die Verpflichtung zur Benutzung einer Nebenanlage statt der Fahrbahn. Sie ist gegeben, wenn die Nebenanlage in der jeweiligen Fahrrichtung mit Verkehrzeichen 237, 240 und 241 nach Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO gekennzeichnet ist. Dem entspricht § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO; danach müssen Radfahrer Radwege benutzen, wenn die jeweilige Fahrtrichtung derart gekennzeichnet ist. Kehrseite dieses Nutzungsgebotes ist das Verbot für Radfahrer, auf den so gekennzeichneten Strecken die Fahrbahn zu benutzen. Das Verkehrszeichen begründet zwar kein Verbot der Benutzung der Straße (zu der auch Radwege zählen), wohl aber einen Ausschluss der Fahrradfahrer von der Benutzung der Fahrbahn und damit eine Beschränkung in Bezug auf die allgemeine Verkehrsregel, dass Fahrzeuge einschließlich Fahrräder die Fahrbahn benutzen (§ 2 Abs. 1 StVO).[1]

Exkurs: Zuständigkeiten

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StrVRZustVO SH

Im Kreis Rendsburg-Eckernförde:

  • Für Schilder bzgl. des ruhenden Verkehrs und Straßen-Namen-Schilder ist das jeweilige Ordnungsamt der Gemeinde zuständig. (§ 4 Absatz 1 Nr. 1 StrVRZustVO SH)
  • Für verkehrsrechtliche Anordnungen ist die Straßenverkehrsbehörde zuständig, dies ist die
    • Kreisordnungsbehörde - der Landrat des Kreises bzw. der Bürgermeister der kreisfreien Städte nach § 2 StrVRZustVO SH
    • in Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern: der Bürgermeister nach §3 StrVRZustVO SH

Für Mängel an Verkehrsschildern ist bei klassifizierten Straßen (Kx, Lxx, Bxxx) der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV-SH) zuständig, andernfalls die Gemeinde.

Begründungs-Zwang

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Die Straßenverkehrsbehörde trifft für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen die Darlegungs- und Beweislast, diese sind in der verkehrsbehördlichen Anordnung vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass die Anordnung der Radewegebenutzungspflicht aufgrund besonderer Umstände i.S.d. § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO zwingend geboten ist.[2]

Selbst wenn man zu Gunsten der Straßenverkehrsbehörde vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 (Abs. 9 Satz 3 i.V.m.) Abs. 1 Satz 1 StVO ausgehen würde, folgt aus diesen Vorschriften weiterhin, dass auch Maßnahmen im Bereich der Regelung des § 45 Abs. 9 StVO im Ermessen der zuständigen Behörde stehen.[2]

In ihrer Ermessensentscheidung hat die Straßenverkehrsbehörde die betroffenen bzw. widerstreitenden Interessen der verschiedenen Arten von Verkehrsteilnehmern unter Berücksichtigung der relevanten örtlichen Gegebenheiten umfassend gegeneinander abzuwägen und die Konfliktlage für alle Verkehrsteilnehmer zumutbar aufzulösen. Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.09.2010 - 3 C 37/09 - und vom 18.11.2010 - 3 C 42.09 - sowie Beschluss vom 16.04.2012 - 3 B 662.11 -, alle veröffentlicht in juris.[2]

Die Anordnung hat erkennen zu lassen, dass sich die Straßenverkehrsbehörde hinsichtlich der vorhandenen Radwege überhaupt oder zumindest hinreichend mit den bestehenden Gefahrenpotentialen, den Vorgaben der Verwaltungsvorschriften zur StVO sowie der Technischen Regelwerke auseinandergesetzt und auf dieser Grundlage abgewogen hat, ob trotz der bestehenden Nebenanlage wegen der von ihr eingeschätzten besonderen Gefahrenlage für Fahrräder auf der Fahrbahn eine Nutzung der Nebenanlage dem Sicherheitsbedürfnis der Radfahrer allein oder besser entspricht. Allein die Erklärung, die Straßenverkehrsbehörde habe bei Erlass der streitigen Anordnung ihr Ermessen ausgeübt, ersetzt eine Darlegung notwendiger Ermessenserwägungen nicht. Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 22.03.2017 - 8 A 1256/14 -, in: juris.[2]

Begründungen zu tatsächliche Feststellungen

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Breite Die Breite der Nebenanlage im Allgemeinen und die Menge und Anzahl der Engstellen und deren Breite ist in die Anordnung aufzunehmen, ferner welche Regelbreite, Mindestbreite, Sicherheitsabstände zu Verkehrszeichen nach StVO-VwV einzuhalten sind, welche Breite der Radweg und notwendige Sicherheits-Trennstreifen nach ERA 2010 einzuhalten sind, welche Breite im Falle "geringer Nutzung" ausreicht.

geringe Nutzung: Es sind Feststellungen zu einer etwaigen geringen Nutzung des Geh- und Radweges zu treffen (vgl. zu dem bei der Entscheidung über die Führung des Radverkehrs notwendigen Datenbedarf auch ERA 2010, Anhang 1, S.88). Entsprechender Erhebungen bedarf es, solange die möglichst zu erreichende Breite nicht gegeben ist. In der Anordnung der Straßenverkehrsbehörde ist zu begründen, warum die Mindestbreite ausreichend sein soll.[3] Welche Nutzungszahlen sprachen für den Bau der Nebenanlage?

Mindestbreite: Bei Unterschreiten der Mindestbreite sind die Anforderungen einer qualifizierte Gefahrenlage (§ 45 Absatz 9 Satz 3 StVO) zu erfüllen. Feststellung der Breite notwendig. BayVGH, Beschluss vom 22.04.2013 - 11 B 12.2671

Verkehrsbelastung: Begründungen, die sich auf die Verkehrsbelastung stützen, sind durch belastbare Verkehrszählungen zu belegen.[4] Für eine solche Feststellung sind längerfristige Beobachtungen notwendig, da ein Ortstermin immer nur eine Momentaufnahme bietet. Auf jeden Fall wäre mindestens erforderlich gewesen, dass zunächst ermittelt wird, wie hoch die Verkehrsbelastung der Straße insgesamt ist. Dafür hat die Straßenverkehrsbehörde keine belastbare Verkehrszählung vorgelegt. Wenn es aber an einer nachvollziehbaren Darlegungen der Verkehrsmenge fehlt, hat auch die Annahme einer erhöhten Gefahr durch diese keine Grundlage mehr.[5]

Es sind konkrete Unfallzahlen vorzulegen.[5]

Geschwindigkeits-Übertretungen: Es sind rechtswirksame Geschwindigkeitsmessungen vorzulegen. Auch hier fehlt eine belastbare Tatsachengrundlage, wenn sich die Straßenverkehrsbehörde lediglich auf die nicht nähe spezifizierten Beobachtungen bei einem Ortstermin berufen möchte.[5]

Sichtbarkeit für Ortsunkundige: Im Zusammenhang mit dem Sichtbarkeitsgrundsatz kann nicht darauf abgestellt werden, ob der vom Verkehrszeichen Betroffene ortskundig ist oder nicht; Verkehrszeichen gelten unterschiedslos für alle Verkehrsteilnehmer. Ein Verstoß gegen den Sichtbarkeitsgrundsatz kann Auswirkungen auf die Rechtswidrigkeit der durch das Verkehrszeichen zum Ausdruck gebrachten Regelung haben und in Einzelfällen sogar zur Nichtigkeit führen. Diese Frage durfte daher von der Kammer nicht offen gelassen werden und hätte ebenfalls zur Notwendigkeit einer Beweisaufnahme in Form eines gerichtlichen Augenscheins geführt. BayVGH, Beschluss vom 22.04.2013 - 11 B 12.2671

Linienführung: zumindest zum Teil für Ortsfremde eindeutig erkennbar. BayVGH, Beschluss vom 22.04.2013 - 11 B 12.2671

Vorgehen gegen Benutzungspflicht

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  • Antrag auf Neubescheidung/Überprüfung/Änderung/Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht
  • Verpflichtungsklage
  • "Die Beklagte zu verpflichten den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ermessensfehlerfrei zu bescheiden" (gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO)

Auskunft nach IZG-SH

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Ich kann für den genannten Streckenabschnitt keine besondere Gefährlichkeit der Benutzung der Fahrbahn durch Radfahrer erkennen (§ 45 Abs. 9 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 StVO).

Ich bitte um Übermittlung der vorhandenen verkehrsrechtlichen Anordnung(en) der Radwegbenutzungspflicht für die genannten Streckenabschnitte. Rechtsgrundlage ist IZG-SH §3 Unterpunkt 1, §4 Absatz 1.

Die Monats-Frist des § 5 Abs. 2 IZG-SH beginnt mit Eingang dieses Antrags bei Ihnen.

Auch eine etwaige Verlängerung der Frist auf insgesamt zwei Monate muss innerhalb des ersten Monats mitgeteilt werden (§ 5 Abs. 2 S. 3 IZG-SH).

Anfechtung, Überprüfungsantrag, Verpflichtungsklage

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Bei der Anordnung der Radwegebenutzungspflicht handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, einen Dauerverwaltungsakt, in der Form einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 (vgl. BVerwG, 23.09.2010 - 3 C 37.09 , juris Rn 21). Erst durch das Aufstellen von Verkehrszeichen erfolgt die öffentliche Bekanntmachung (§ 39 Abs. 2 und 3, § 45 Abs. 4 StVO), tritt die verkehrsrechtliche Anordnung auch in Richtung auf Anlieger und Verkehrsteilnehmer nach außen hervor und betrifft sie in ihrer Rechtsstellung (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.2010, a.a.O., Rn 15).

Untätigkeitsklage

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Nach § 161 Abs. 3 VwGO fallen in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten dem Beklagten nur zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Dies muss dargelegt werden. VG München, Beschluss v. 10.07.2017 – M 4 K 16.31311 Nach § 158 Abs. 2 VwGO ist der Beschluss über die Kosten unanfechtbar. Gegen die Kostenentscheidung kann nur die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben werden. mehr dazu

Anfechtungsklage innerhalb Jahresfrist nach Erstkontakt

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Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon "mit einem raschen und beiläufigen Blick" erfassen kann, äußern sie nach dem sogenannten Sichtbarkeitsgrundsatz ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. (BVerwG, Urteil vom 6. April 2016 - 3 C 10.15 -, BVerwGE 154, 365 = juris Rn. 16, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.08.2019 - 8 A 2923/18)

Die Rechtsmittelfrist wird für den jeweiligen Verkehrsteilnehmer erst dann ausgelöst, wenn er sich der Regelung des Verkehrszeichens erstmals gegenüber sieht. Die Frist beginnt unabhängig davon, ob der Verkehrsteilnehmer von dem beschränkten Recht Gebrauch machen wollte oder er sich ohnehin dem Ge- oder Verbot entsprechend verhalten wollte. Sie beginnt nicht erneut zu laufen, wenn sich derselbe Verkehrsteilnehmer demselben Verkehrszeichen ein weiteres Mal gegenüber sieht. Das Verkehrsge- oder -verbot, das dem Verkehrsteilnehmer bei seinem ersten Herannahen bekannt gemacht wurde, gilt ihm gegenüber fort, solange dessen Anordnung und Bekanntgabe aufrechterhalten bleiben. Kommt der Verkehrsteilnehmer erneut an diese Stelle, hat das Verkehrszeichen für ihn nur eine erinnernde Funktion. Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 - 3 C 37.09 -, BVerwGE 138, 21 = juris Rn. 16 und 18; so auch Hess. VGH, Urteil vom 15. Mai 2009 - 2 A 2307/07 -, VerkehrsMitt. 2009, Nr. 72 = juris Rn. 48,OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.08.2019 - 8 A 2923/18

Zu diesem Zeitpunkt beginnt der Lauf der - wegen der fehlenden Rechtsmittelbelehrung (§ 58 Abs. 2 VwGO) - einjährigen Klagefrist für eine Anfechtung. Ist die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht gegenüber dem Betroffenen bereits bestandskräftig geworden war, so ist eine Anfechtungsklage nach § 74 Abs. 1 VwGO nicht mehr fristgerecht.


Eine Neuanordnung stellt einen Zweitbescheid im Sinne einer erneuten verkehrsrechtlichen Anordnung dar, die dem Kläger die Möglichkeit der Anfechtungsklage innerhalb der Jahresfrist (§ 74 Abs. 1, § 58 Abs. 2 VwGO) neu eröffnet (vgl. BayVGH, B.v. 04.12.2014 - 11 ZB 14.189 - juris Rn. 8).[6]


Überprüfungsantrag und Verpflichtungsklage nach Jahresfrist

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Ein Jahr nach erster Kenntnisnahme ist Verpflichtungsklage statt Anfechtungsklage zu erheben.[7]

Der Umstand, dass die streitige Anordnung gegenüber dem Betroffenen bereits Bestandskraft erlangt hat, steht der Zulässigkeit eines Überprüfungsantrags (und der Verpflichtungsklage) jedoch nicht entgegen. Da es sich bei der Verkehrsregelung durch ein Verkehrszeichen um einen Dauerverwaltungsakt handelt, obliegt es der Behörde, die (fortdauernde) Rechtmäßigkeit der Regelung zu kontrollieren. Dem trägt auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) Rechnung, indem sie zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO in ihrer Rn 29 bestimmt, dass die Straßenverkehrsbehörde, die Straßenbaubehörde und die Polizei gehalten sind, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Radverkehrsanlagen auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen und den Zustand der Sonderwege zu überwachen. Den von der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung Betroffenen ist daher auch nach Eintritt der Bestandskraft die Möglichkeit eröffnet, bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Überprüfung der durch ein Verkehrszeichen getroffenen Regelung zu stellen und dieses Begehren gegebenenfalls in der Form der Verpflichtungsklage gerichtlich weiterzuverfolgen (vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 01.12.2009 - 14 K 5458/08 -, juris Rn 41; im Ergebnis: VG Braunschweig, Urt. v. 16.04.2013 - 6 A 64/11-, juris Rn 44, VG Hannover, Urteil vom 17.01.2018 - 7 A 2194/16 openjur Rn 32)

Ändern sich nach Aufstellung eines Verkehrszeichens die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse, kann ein Verkehrsteilnehmer trotz Ablaufs der für eine Anfechtungsklage eigentlich geltenden Klagefrist von grundsätzlich einem Jahr gegen das aus seiner Sicht nunmehr nachteilige Verkehrszeichen bei der zuständigen Behörde die Aufhebung der Anordnung oder eine ermessensfehlerfreie Neuentscheidung beantragen und so eine Überprüfung bereits bestandskräftiger verkehrsrechtlicher Anordnungen mittels einer auf § 45 StVO gestützten Verpflichtungsklage als Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung erreichen (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 5.12.2003 - 12 LA 467/03 - juris; OVG NRW, B.v. 22.3.2017 - 8 A 1256/14 - juris; VG Freiburg, U.v. 15.3.2007 - juris Rn. 22 ff.; VG Gelsenkirchen, U.v. 1.12.2009 - 14 K 5458/08 - juris Rn. 56; BeckOK StVR, 7. Ed. 1.4.2020, StVO § 39 Rn. 75).


Verpflichtungsklage auf Entfernung der streitgegenständlichen Verkehrszeichen ... Zulässigkeitsvoraussetzung - u.a. ein vorheriger Antrag an die Behörde ... Eine solche Verpflichtungsklage wäre im Verhältnis zur Anfechtungsklage aber nur unter erhöhten Anforderungen begründet: Nämlich dann, wenn der Kläger im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf Entfernung der streitgegenständlichen Verkehrszeichen hätte. Demgegenüber wäre eine Anfechtungsklage bereits dann begründet, wenn die den streitgegenständlichen Verkehrszeichen zu Grunde liegenden verkehrsrechtlichen Anordnungen an einem formellen Fehler litten, der weder geheilt noch unbeachtlich ist, oder ein materiell-rechtlicher Fehler vorläge, nachdem der Kläger Adressat der von den streitgegenständlichen Verkehrszeichen getroffenen Regelungen ist. Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.04.2013 - 11 B 12.2671

auch bei fehlender Anordnung

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Überprüfung(sablehnung) = Anordnung

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Der Statthaftigkeit des Überprüfungsantrags ebenso wie der Verpflichtungsklage steht auch nicht etwa entgegen, dass eine verkehrsbehördliche Anordnung zum Aufstellen der streitgegenständlichen Zeichen nicht vorhanden ist. Zwar ist ein Verkehrszeichen unwirksam, wenn seiner Aufstellung keine verkehrsrechtliche Anordnung durch die zuständige Behörde zugrunde liegt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 22.042013 - 11 B 12.2671 -, juris Rn 24). Durch einen Bescheid über die Ablehnung der Überprüfung wird die Anordnung nachgeholt. (VG Hannover, Urteil vom 17.01.2018 - 7 A 2194/16)

Hat die Behörde eine Regelung inhaltlich überprüft und aufrechterhalten, ohne sich lediglich auf ihre Bestandskraft zu berufen (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 a.a.O. Rn. 13), und dies hinreichend dokumentiert, ist diese eine in anderer Weise und ohne Begründung mögliche Erlass einer erneuten verkehrsrechtlichen Allgemeinverfügung (Art. 37 Abs. 2, Art. 39 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG; vgl. auch Stelkens, a.a.O. § 37 Rn. 79; § 35 Rn. 330 ff.). (VGH München, Beschluss v. 28.05.2020 – 11 ZB 18.1139)

Antrag auf Abbau bei fehlender Anordnung

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"hilfsweise festzustellen, dass die Verkehrszeichen in ..., soweit sie Radwegbenutzungspflichten und sonstige Fahrbahnbenutzungsverbote für Radfahrer anordnen, für jedermann unverbindliche Scheinverwaltungsakte sind, sowie die Beklagte zu verurteilen, die zur Bekanntgabe der Anordnung aufgestellten Verkehrszeichen zu entfernen."

Aufstellung seit 1. Oktober 1998 / Entfernens-Anordnung Gibt es eine Anordnung zur Entfernung der Schilder oder gab es bei Aufstellung nach 1. Oktober 1998 keine Anordnung zur Aufstellung handelt sich bei den betroffenen Verkehrszeichen lediglich um Scheinverwaltungsakte, die von den Verkehrsteilnehmern nicht befolgt werden müssen und auf deren Grundlage keine Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann und konnten (vgl. BayVGH, B.v. 22.4.2013 - 11 B 12.2671 - juris Rn. 24 m.w.N.; BeckOK StVR, 8. Ed. 1.7.2020, StVO § 39 Rn. 35).

Aufstellung vor 1. Oktober 1998 (VGH München, Beschluss v. 28.05.2020 – 11 ZB 18.1139)

Zeichen 237, 240, 241 entfalteten auch während der Geltung der früheren allgemeinen Radwegbenutzungspflicht eine auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelungswirkung und dienten als sogenannte Gesetzes-wiederholende Verwaltungsakte dazu, die Radwegbenutzungspflicht örtlich zu konkretisieren und dem einzelnen Verkehrsteilnehmer gegenüber zu verdeutlichen; es handelte sich deshalb nicht um bloße Scheinverwaltungsakte. Die zuständige Behörde hat einen Dauerverwaltungsakt zum Aufstellen des Verkehrszeichens erlassen. Der Verwaltungsakt wird nicht bereits dadurch unwirksam oder rechtswidrig, dass die frühere Rechtsgrundlage entfällt, sondern nur und erst dann rechtswidrig, wenn es überhaupt keine Rechtsgrundlage für den Erlass mehr gebe. Eine Änderung der Rechtslage führt allenfalls zur nachträglichen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Die unberechtigte Wiederholung eines in der Straßenverkehrsordnung geregelten Verkehrsverbots oder einer Verkehrsbeschränkung durch ein Verkehrszeichen ist keine nichtige Anordnung im Sinne von §113 VwVfG SH, es fehlt an einem offenkundig besonders schwerwiegenden Fehler.

Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ist nur innerhalb eines Jahres, nachdem die Behörde davon Kenntnis erlangt möglich. (§ 116 VwVfG SH)

Sichtbarkeits-Grundsatz

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Im Zusammenhang mit dem Sichtbarkeitsgrundsatz kann nicht darauf abgestellt werden, ob der vom Verkehrszeichen Betroffene ortskundig ist oder nicht; Verkehrszeichen gelten unterschiedslos für alle Verkehrsteilnehmer. Ein Verstoß gegen den Sichtbarkeitsgrundsatz kann Auswirkungen auf die Rechtswidrigkeit der durch das Verkehrszeichen zum Ausdruck gebrachten Regelung haben und in Einzelfällen sogar zur Nichtigkeit führen. Diese Frage durfte daher von der Kammer nicht offen gelassen werden und hätte ebenfalls zur Notwendigkeit einer Beweisaufnahme in Form eines gerichtlichen Augenscheins geführt. BayVGH, Beschluss vom 22.04.2013 - 11 B 12.2671

Der Betroffene ist als Rad fahrender Verkehrsteilnehmer auch klagebefugt i.S. von § 42 Abs. 2 der VwGO, da er durch das Befahren zum Adressaten des VZ und damit eines ihn belastenden Verwaltungsakts geworden ist. Die Klagebefugnis eines Verkehrsteilnehmers gegen Verkehrszeichen, mit dem er bereits konfrontiert worden ist, setzt im Übrigen nicht voraus, dass dieser von dem Verkehrszeichen nach seinen persönlichen Lebensumständen in einer gewissen Regelmäßigkeit oder Nachhaltigkeit betroffen wird. Als Verkehrsteilnehmer kann er dabei als eine Verletzung seiner Rechte geltend machen, die rechtsatzmäßigen Voraussetzungen für eine auch ihn treffende Verkehrsbeschränkung nach § 45 StVO seien nicht gegeben. Was die behördliche Ermessensausübung betrifft, kann er allerdings nur verlangen, dass seine eigenen Interessen ohne Rechtsfehler mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einführung der Verkehrsbeschränkung sprechen, abgewogen werden. , vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1993 – 11 C 35/92 -, a.a.O; vom 3. Juni 1982 – 7 C 9/80 -, juris und zur Radwegebenutzungspflicht: vom 21. August 2003 – 3 C 15/03 -, a.a.O.; Sauthoff, a.a.O., § 20 Rz. 641 f.; König in Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 41 StVO Rz. 247, jeweils m.w.Nw.. VG Aachen, Urteil vom 03.04.2018 - 2 K 1272/14 Rn. 33/34 nach openjur

Rechtslage zum aktuellsten Zeitpunkt

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Maßgeblich für den Erfolg einer Klage ist daher regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung (stRspr; vgl. für verkehrsbeschränkende Anordnungen u.a. Urteile vom 27. Januar 1993 - BVerwG 11 C 35.92 - BVerwGE 92, 32 35 f. = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 24 S. 13 f. und vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 25.93 - BVerwGE 97, 214 220 = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 31 S. 18, vom 21. August 2003 a.a.O. sowie zuletzt vom 23. September 2010 - BVerwG 3 C 32 und 37.09 - bislang n.v.)

Danach ergibt sich der rechtliche Maßstab für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Radwegebenutzungspflichten aus der Straßenverkehrs-Ordnung in der aktuellen Fassung.

Radfahrer können seit 1997 nicht mehr bereits dann auf den Radweg verwiesen werden, wenn er vorhanden ist.

Sind die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 1 oder Abs. 9 StVO gegeben, was in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt, verbleibt der Behörde für ihre Entscheidung, ob und wie sie eingreifen will, ein Ermessensspielraum, der nur beschränkt überprüfbar ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. April 1996 - 11 C 3.96, 11 B 11.96 -, juris Rn. 3.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.06.2019 - 8 B 821/18

Die Auswahl der Mittel, mit denen die konkrete Gefahr bekämpft oder gemildert werden soll, muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Bei der Frage, welche von mehreren in Betracht zu ziehenden Maßnahmen den bestmöglichen Erfolg verspricht, steht der Straßenverkehrsbehörde aufgrund ihres Sachverstandes und ihres Erfahrungswissens eine Einschätzungsprärogative zu.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 - 3 C 32.09 -, juris Rn. 35 f. m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2019 - 8 A 10/17 -, juris Rn. 29.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.06.2019 - 8 B 821/18

Beklagter
Kreis Rendsburg-Eckernförde
Der Landrat
2.1 - Allgemeine Ordnungsverwaltung und Verkehr
Kaiserstraße 8 24768 Rendsburg


Streitgegenständlich ist die Beschilderung, insoweit diese Radfahrer betrifft, entlang der folgenden Straßen in beiden Richtungen: danord

Klage-Antrag:

  1. Alle sich gegen die Fahrbahnnutzung durch Radfahrer richtenden Beschränkungen entlang der Strecke werden aufgehoben.
  2. Alle Schilder 237, 240, 241 nach Anlage 2 zu § 41Abs. 1 StVO entlang der Strecke werden demontiert.
  3. Insoweit der bauliche Zustand und ihre Breite der Nebenanlagen entlang der Strecke hinreichend gut ist, dass die Benutzung durch Radfahrer als ungefährlich angesehen wird, werden diese für Radfahrer für die freiwillige Nutzung (3a) in Fahrtrichtung, bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen (3b) in beiden Richtungen, freigegeben.
  4. Auf allen Abschnitten nach 3. sind die Nebenanlagen an jeder Kreuzung rechtsseitig mit Verkehrszeichen 239 „Fußweg“ mit Zusatzzeichen 1022-10 „Radfahrer frei“, im Fall (3b) linksseitig nur mit Zusatzzeichen 1022-10 zu beschildern.
  5. Auf allen vorfahrtberechtigten Abschnitten nach 3b sind auf der Kreuzungsseite mit gleichseitige Nebenanlage, die mindestens in eine Richtung für Radfahrer beider Richtungen benutzbar ist, das Zusatzzeichen 1000-32 „Radfahrer aus beiden Richtungen“ „Radfahrer von beiden Seiten“ über dem Verkehrszeichen 205 „Vorfahrt gewähren“ bzw. Zeichen 206 „Halt Vorfahrt gewähren“ anzubringen.
  6. Die Verkehrszeichen aus 4./5. werden derart montiert, dass (6a) sich die Schild-Unterkante des untersten Schildes zwei Meter über der Nebenanlage befindet und (6b) soweit möglich die Schilder in Fahrtrichtung rechts der Nebenanlage stehen.
  7. hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Auffassung des Gerichts ermessensfehlerfrei neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO)


Nach § 2 StrVRZustVO SH ist der Landrat des Kreises Rendsburg-Eckernförde zuständig. Die betroffenen Gemeinden (Neuwittenbek, Tüttendorf, Felm, Gettorf) haben jeweils keine 20.000 Einwohner, wodurch keine Sonderzuweisung nach § 3 Absatz 1 in Frage kommt. Auch eine Sonderzuweisung nach §3 Absatz 2 kommt nicht in Betracht, weil keine der Gemeinden mehr als 10.000 Einwohner hat, insbesondere führt die Anlage zu StrVRZustVO keine dieser Gemeinden auf.

Bisheriges Verfahren: Mit Schreiben zwischen 22.04.2020 bis 31.05.2020 stellte der Kläger bei dem Beklagten Antrag auf Neubescheidung/ Überprüfung/ Änderung/ Aufhebung etlicher verkehrsrechtlicher Anordnungen, insbesondere einiger derzeit angeordneter Radwegbenutzungspflichten in seinem Zuständigkeitsbereich. Am 03.06.2020 teilte der Beklagte mit, dass eine Verkehrsschau in Gettorf statt gefunden habe. Am Do.06.08.2020 brachte der Kläger sein Begehren noch einmal im persönlichen Gespräch bei dem Beklagten vor. Mit Schreiben vom 14.02.2022 bat der Kläger abermals um Verbescheidung seiner Überprüfungsanträge. Bis zum heutigen Tage erfolgte darauf keinerlei Reaktion.

Die Beklagte teilte zwischen April und August 2020 mehrfach mit, dass die Anzahl der Mitarbeiter für den Kreis Rendsburg-Eckernförde nicht ausreichen, um den Eingaben des Klägers in absehbarer Zeit zu bearbeiten und überhaupt die dafür notwendigen vorbereitenden Verkehrsschauen durchzuführen. Erst recht gibt es keinerlei Kapazitäten, um im gesamten Kreisgebiet Verkehrsschauen eigeninitiativ durchzuführen. Die Beklagte ist überlastet. Dies reicht nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen, da es sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde handelt. Eine andauernde Arbeitsbelastung ist kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO. (vergleiche VG Bayreuth, 26.01.2017 - B 3 K 16.30403)

Antrag auf konkrete Beschilderung

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Ein konkreter Antrag auf Beschilderungsänderung ist statthaft. Nach § 113 Abs. 4 VwGO ist die Verurteilung zur Leistung zulässig, wenn neben der Aufhebung eines Verwaltungsaktes im gleichen Verfahren eine Leistung verlangt werden kann. Hierzu zählt die Vornahme eines durch Verwaltungsakt abgelehnten Realaktes (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 113 Rn 172), wie etwa die Entfernung von Verkehrszeichen. Diese Vorschrift ist analog auf Verpflichtungsklagen anwendbar (Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., Rn 177). Dafür spricht in Fällen wie dem vorliegenden, dass ein Verkehrszeichen jedenfalls den Rechtsschein einer entsprechenden verkehrsrechtlichen Regelung erzeugt, solange es aufgestellt ist.

Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit - wie hier der Fall - nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist nach § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000 € anzunehmen. Da sich die Bedeutung der Sache für den Rechtsschutzsuchenden gerade dann, wenn mit der Klage oder dem Antrag ein ideelles Interesse geltend gemacht wird, kaum objektiv quantifizieren lässt, entspricht es - sofern nicht ein atypischer Fall inmitten steht - in der Regel pflichtgemäßer Ausübung des durch § 52 Abs. 1 GKG eröffneten Ermessens, bei der Streitwertbemessung den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (a.a.O.) zu folgen. Nur eine solche Handhabung ermöglicht es auch den Rechtsschutzsuchenden und ihren Beratern, das mit dem Beschreiten des Verwaltungsrechtswegs einhergehende Kostenrisiko annähernd zuverlässig abzuschätzen. Eine den Empfehlungen des Streitwertkatalogs - wo immer möglich - folgende Spruchpraxis erlaubt es ferner den Rechtsanwälten, den Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1, § 22 ff. RVG) dann zutreffend festzusetzen, wenn sie auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts rechtsberatend oder rechtsbesorgend tätig geworden sind, ohne dass sich diese Tätigkeit auf ein gerichtliches Verfahren erstreckte. Nach der Nummer II.46.14 des Streitwertkatalogs soll für Verfahren, die - wie hier - verkehrsregelnde Anordnungen zum Gegenstand haben, der Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG angesetzt werden. [8]

Gerichtskosten liegen dann bei 300€.

Überlastung der Behörde

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"Auch wenn gerichtsbekannt ist, dass ... [die Behörde] überlastet ist, reicht dies nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen, da es sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde handelt. Eine andauernde Arbeitsbelastung ist kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO."[9]

Grundlage (§ 45 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 9 S. 1 und 3 StVO)

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"Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten", (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StVO) "wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist." (§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO), oder "zwingend geboten ist." (§ 39 Abs. 1 StVO)

Die Radwegebenutzungspflicht nach VZ 237, 240, 241 ist eine Beschränkung der Benutzung der Straße im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO.[1](17)

Die VZ 237, 240, 241 bedeuten nach Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, dass Radfahrer die für sie bestimmten Sonderwege nutzen müssen. Dem entspricht § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO; danach müssen Radfahrer Radwege benutzen, wenn die jeweilige Fahrtrichtung mit VZ 237, 240 oder 241 gekennzeichnet ist. Kehrseite dieses Nutzungsgebotes ist das Verbot für Radfahrer, auf den so gekennzeichneten Strecken die Fahrbahn zu benutzen. Das Verkehrszeichen begründet zwar kein Verbot der Benutzung der Straße (zu der auch Radwege zählen), wohl aber einen Ausschluss der Fahrradfahrer von der Benutzung der Fahrbahn und damit eine Beschränkung in Bezug auf die allgemeine Verkehrsregel, dass Fahrzeuge einschließlich Fahrräder die Fahrbahn benutzen (§ 2 Abs. 1 StVO).[1](18)

Die Regelung des § 45 Abs. 9 S. 1 und 3 StVO zielt ihrem Sinn und Zweck nach darauf ab, die Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmer zu stärken.[1](20) und dem zunehmenden Trend zur Regelung von Verkehrssituationen durch Verkehrszeichen und der damit verbundenen Gefahr der Überforderung und Ablenkung der Verkehrsteilnehmer sowie den hierdurch drohenden Akzeptanzproblemen entgegenzuwirken. Die Regelungen sollen die allgemeinen Verhaltensvorschriften im Straßenverkehr im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer aufwerten und die „Subsidiarität der Verkehrszeichenanordnung“ verdeutlichen (vgl. Begründung des Bundesrates, VkBl. 1997, 687, 689 Nr. 9 und 690 Nr. 22). Danach ist die Straßenverkehrsbehörde verpflichtet, bei der Anordnung von Verkehrszeichen restriktiv zu verfahren.


Die Regelung des § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO zielt darauf ab, die Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmer zu stärken, durch strengere Anforderungen an den Einsatz von Verkehrszeichen zum Zweck von Beschränkungen und Verboten des fließenden Verkehrs.[1](20)


Satz 1 Radwege außerorts, Radfahrstreifen innerorts, Schutzstreifen, Fahrradstraße, Fahrradzonen

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Ausnahmen von § 45 Absatz 9 Satz 3 sind in § 45 Abs. 9 Satz 4 StVO geregelt.

  • Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241)
  • Fahrradstraßen/Fahrradzonen
  • Schutzstreifen für den Radverkehr [Zeichen 340]
  • Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften [Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295]

"Zwingend geboten" ist ein Verkehrszeichen unter Berücksichtigung dieses Regelungszwecks und des Wortlauts der Vorschriften nach § 45 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 9 S. 1 StVO daher nur dann, wenn das Verkehrszeichen die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche und allein in Betracht kommende Maßnahme ist. Das ist nicht der Fall, wenn die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrs-Ordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf gewährleisten (BayVGH, Beschl. v. 21.12.2011 - 11 ZB 11.1841 -, juris Rn 4; VG Braunschweig, Urt. v. 18.07.2006 - 6 A 389/04 -, juris Rn 23).


Danach liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 9 S. 1 StVO hier nicht vor. Es ist nicht erkennbar, dass eine konkrete Gefahr für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs, insbesondere für die Radfahrer selbst, entlang dieser Strecke besteht.


Da § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO nicht anwendbar ist, ist als Rechtsgrundlage für die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht die allgemeine Regelung in § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO maßgeblich (vgl. BVerwG, 23.09.2010 - 3 C 37.09, BVerwG, 23.09.2010 - 3 C 32.09). [1](23)


qualifizierte Gefahrenlage (§ 45 Absatz 9 Satz 3 StVO)

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Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO dürfen "insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs ... nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter - also etwa der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs - erheblich übersteigt".[1](17)


Die Vorschrift des § 49 Abs. 9 Satz 3 StVO ersetzt nicht den § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO, sondern modifiziert und konkretisiert dessen Eingriffsvoraussetzungen. Sie betrifft insbesondere nicht die nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO weiterhin erforderliche Ermessensausübung, sondern stellt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erhöhte Anforderungen an dessen Tatbestandsvoraussetzungen.


vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 5. April 2001 - 3 C 23/00 -, NJW 2001, 3139 und vom 23. September 2010 - 3 C 37/09 - , juris; Sauthoff, a.a.O., § 20 Rz. 591 f. und König in Hentschel, König, Dauer, a.a.O., § 45 StVO Rz. 28, 28 a.

Da § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO anwendbar ist, scheidet § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO als Rechtsgrundlage für die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht aus. Als in Bezug auf Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs speziellere Regelung konkretisiert und verdrängt § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO in seinem Anwendungsbereich die allgemeine Regelung in § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO (vgl. Urteile vom 23. September 2010 3 C 37.09 und 3 C 32.09). [1](23)

Voraussetzung für die hier zu beurteilende Anordnung der Radwegebenutzungspflicht ist mithin eine Gefahrenlage, die - erstens - auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und - zweitens - das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der hier nur in Betracht kommenden Rechtsgüter des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO (Sicherheit und Ordnung des Verkehrs) erheblich übersteigt.

Unter Sicherheit des Verkehrs fallen sowohl Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer - hier: insbesondere der Radfahrer -, d.h. Schutz der Radfahrer vor Gefährdungen durch andere Verkehrsteilnehmer, aber auch vor Gefahren, die von den Radfahrern für Dritte ausgehen sowie Schutz des öffentlichen und privaten Eigentums. Abwehr von Gefahren für Leib und Leben und bedeutende Sachwerte.


Zum Schutzgut der Ordnung des Verkehrs gehört u.a. dessen Leichtigkeit und Flüssigkeit.

Insoweit stellen auch die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur StVO (VwV-StVO) zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO unter Ziffer I., 2. darauf ab, dass eine Anordnung der Benutzungspflicht nur dort erlaubt ist, wo es die Verkehrssicherheit oder der Verkehrsablauf erfordert, wobei dies innerorts insbesondere für Vorfahrtsstraßen mit starkem Kfz-Verkehr gelten kann.

Entscheidend ist, ob die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder Strecke der Straße eine das allgemeine Risiko erheblich/deutlich übersteigende Gefahrenlage im Hinblick auf die durch § 45 StVO geschützten Rechtsgüter darstellt und die Befürchtung nahe liegt, dass ohne eine Gefahr mindernde Tätigkeit der Straßenverkehrsbehörde irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände dort Schadensfälle eintreten werden.

Es wird keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gefordert, erst Recht nicht, dass sich ein Schadenfall bereits realisiert hat. Es wird kein Nachweis gefordert, dass jederzeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Nicht relevant ist, dass zu bestimmten Zeiten der Eintritt eines Schadens unwahrscheinlich ist.


Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 2010 - 3 C 32.09 -, juris Rn. 22, - 3 C 37.09 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2019 - 8 A 10/17 -, juris Rn. 27., ferner VGH Mannheim, Urteil vom 10. Februar 2011 - 5 S 2285.09 - juris Rn. 43 vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 1996 - 11 B 11/96 - , NJW 1996, 333 m.w.Nw. zur Rspr. des BVerwG; Sauthoff, a.a.O., § 20 Rz. 587 f., § 21 Rz. 66 ff.; König in Hentschel, König, Dauer, a.a.O., § 45 StVO Rz. 28; jeweils m.w.Nw..

Die Beantwortung der Frage, ob eine solche qualifizierte Gefahrenlage besteht, bedarf einer Prognose, für deren Tatsachenbasis der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz maßgeblich ist.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 2010 - 3 C 32.09 -, juris Rn. 23, - 3 C 37.09 -, juris Rn. 28; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2019 - 8 A 10/17 -, juris Rn. 27.

  • Streckenführung,
  • Ausbauzustand der Strecke,
  • witterungsbedingte Einflüsse (z.B. Nebel, Schnee- und Eisglätte),
  • Verkehrsbelastung
  • Unfallzahlen

(vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 26 sowie Urteile vom 23. September 2010, a.a.O., Rn. 26 bzw. Rn. 21).

Bei der Einschätzung der Gefahrenlage kann ergänzend auf die ERA 2010 zurückgegriffen werden, der - ungeachtet dessen, dass ihnen keine Verbindlichkeit zukommt - als fachlich anerkanntes Regelwerk entsprechender Sachverstand bzw. Erfahrungswissen entnommen werden kann (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 10. Februar 2011, a.a.O., Rn. 44 m.w.N., vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. November 2010, a.a.O., Rn. 27). [10](22)

Für das Vorliegen einer auf die besonderen örtlichen Verhältnisse zurückzuführenden Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der maßgeblichen Rechtsgüter erheblich übersteigt, ist ... nichts zu erkennen.[10](25)

100 km/h - kein Grund für Benutzungspflicht

  • unbeleuchteter Tunnel in einer Senke mit Tunnelwand direkt neben der Fahrbahn[6]
  • Schatten-Wurf, Hell-Dunkel-Wechsel[6]
  • 2.369 Kfz/24h, Schwerlastverkehrs 191 Fz/24h, 81 Radfahrer/24h, Fahrbahnbreite 6,50m
  • unter 10.000 Kfz/24h[11]
  • unter 2.500 Kfz/24 h oder Rad- und Fußgängerverkehr unter 200 Bewegungen/24 h[11]


kein Grund für Benutzungspflicht

  • 3.000 Kfz/24h [1](6)
  • Landesstraße: der Umstand, dass es sich ... um eine Landesstraße handelt, rechtfertigt die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht nicht. Denn hieraus allein folgt noch nicht das Vorliegen einer qualifizierten Gefahrenlage.[10](24)
  • Wechsel außerorts/innerorts [12]
  • Wechsel der zulässigen Geschwindigkeit 50 km/h auf 70km/h[12]

kein Grund für Benutzungspflicht außerorts bei 70 km/h

  • BAB-Umleitungsstrecke[12]
  • 21.200 Kfz/24h, Schwerverkehr 2700 Fz/24h[2]
  • DTV 7000 Kfz/24h[12]
  • 300 Schwerverkehr/24h[12]
  • 6,72m Fahrbahnbreite[12]
  • 76 Radfahrer im Dezember zwischen 7 und 18 Uhr[12]
  • kurzzeitige Unmöglichkeit des Überholens[12]

kein Grund für Benutzungspflicht außerorts bei 50 km/h

  • 700 Kfz/h, SV 31 KfZ/h, 6,5m Breite, Überholverbot[13]

kein Grund für Benutzungspflicht innerorts

  • DTV 8252 Kfz/24h, Schwerverkehr 257 Fz/24h[14]
  • Staatsstraße: Überschreitung der mittleren Verkehrsbelastung um über 50%[14]
  • mehrere Kreisverkehre in kurzem Abstand[14], nach ERA2010 Abschnitt 4.5.3 bis 15.000 Kfz/24h mit Mischverkehr vereinbar
  • beschrankter Bahnübergang[14]
  • Rückstau im Kreisverkehr[14]


Grund für Benutzungspflicht

  • tödlich verunglückter Radfahrer bei Fahrbahnnutzung im Längsverkehr durch Längsverkehr[15]
  • 11.165 Kfz/24h, 459 Fz/24h über 3,5 t, 133 Fz/24h über 12 t, 50 km/h[15]
  • 9.500 Kfz/24h [16]
  • 15.960 Kfz/24h, Schwerverkehr 485 Fz/24h [17]
  • 1.400 Kfz/h zu Spitzenzeiten, 50 km/h [18]
    • aber keine Pflicht, da Radweg partiell zu schmal
  • 21.000 Kfz/24h, Schwerverkehr 400 Fz/24h, 50 km/h[18]
    • aber keine Pflicht, da Radweg partiell zu schmal
  • 8.632 KfZ/24h, Schwerverkehr 525 Fz/24h, 800 Kfz/h, 6-7 m, 50 km/h
    • aber keine Pflicht, da ausreichende Radwegbreite nicht geprüft[3]

kein Grund für Nutzungsverbot für Radfahrer (keine Nebenanlage vorhanden)

  • 14.741 Kfz/24h mit Schwerverkehr 998 Kfz/24h, 70 km/h, [19]
  • mehrspurig, Ampeln, Kreuzungsbereich, BAB-Zufahrt[19]
  • nicht-gewidmeter Waldweg[20]

Nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 c StVO liegt die gesetzliche Geschwindigkeitsbegrenzung auf Straßen außerorts für den Pkw-Verkehr bei 100 km/h. Dementsprechend liegt die Situation der unterschiedlichen Geschwindigkeiten grundsätzlich bei allen Straßen außerorts vor. Allein das Argument der unterschiedlichen Geschwindigkeiten kann daher für die Annahme einer qualifizierten Gefahrenlage nicht ausreichen, da dies zur Folge hätte, dass an sämtlichen außerorts führenden Straßen aufgrund einer dann qualifizierten Gefahrenlage der Bau von Radwegen und die Anordnung von entsprechenden Radwegbenutzungspflichten zur Gefahrenvermeidung erforderlich wäre. Zwar führt die Begründung des Bundesrats zur Neufassung der Straßenverkehrs-Ordnung aus, dass auf Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von bis zu 100 km/h generell im Interesse der Verkehrssicherheit eine Benutzungspflicht angeordnet werden könne (Drucksache 428/12, S. 116f). Dieser Satz findet sich jedoch lediglich im Allgemeinen Begründungsteil zu den Radverkehrsvorschriften und findet keinerlei Widerklang in den gesetzlichen Regelungen. Eine bewusste Abkehr von dem bestehenden gesetzlichen System kann daher nicht angenommen werden. Vielmehr ist die Radwegbenutzungspflicht auch außerorts weiterhin an den Anforderungen von § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 9 StVO zu messen. Andernfalls hätte es einer generellen Lösung durch den Gesetzgeber insoweit bedurft (vgl. zum Erfordernis eines objektiv zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willens: BayVGH, U.v. 11.8.2009 - 11 B 08.186 - juris).[6]


Eine Empfehlung für die Anlegung von Fahrradwegen (in StVO-VwV, RAL, ERA) hat nicht zur Folge, dass auch eine Radwegbenutzungspflichtanordnung gerechtfertigt erscheint; hierfür bedarf es dem tatsächlichen Vorliegen einer qualifizierten Gefahrenlage.[6]

landwirtschaftliche Fahrzeuge

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Auch das Vorhandensein von landwirtschaftlichen Fahrzeugen führt nicht zu einer besonderen qualifizierten Gefahrenlage. Vielmehr wird bereits durch diese Fahrzeuge der Geschwindigkeitsfluss beeinträchtigt und verlangt eine Geschwindigkeitsreduzierung der Kraftfahrer.[6]

Radverkehrs-Aufkommen

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Schließlich spricht auch die nur geringe Anzahl des Radverkehrs gegen ein zwingendes Bedürfnis, hier eine zusätzliche verbindliche Regelung zu treffen. Für die Frage, ob eine erhöhte Gefahrenlage anzunehmen ist, kommt es insbesondere auch auf die Häufigkeit der Begegnungen an (vgl. BayVGH, U.v. 3.7.2015 - 11 B 14.2809 - juris Rn. 26). Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht (§ 1 Abs. 1 StVO). Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird (§ 1 Abs. 2 StVO). Kraftfahrer haben dementsprechend - insbesondere auch aufgrund der durchschnittlich geringen Frequentierung der Straße durch Radfahrer -, in Einzelfällen die Geschwindigkeit zu reduzieren und auf Radfahrer auf der Straße - insbesondere bei einem so geringen Streckenabschnitt - Rücksicht zu nehmen.[6]

Es ist daher davon auszugehen, dass die Strecke ganz überwiegend von Sport- und Freizeitradfahrern benutzt wird. Darüber hinaus steht weiterhin der Sonderweg als gemeinsamer Geh- und Radweg zur freiwilligen Nutzung zur Verfügung. Ein Abdrängen von schwachen Verkehrsteilnehmern auf die Fahrbahn erfolgt folglich nicht, vielmehr entzerrt sich auch auf dem gemeinsamen Geh- und Zweirichtungsradweg die Nutzung.[6]

  • Unfallstatistik
    • kein Unfall mit Beteiligung eines Radfahrers ...
    • kein Unfall auf der Fahrbahn ...
    • in Bezug auf das Unfallgeschehen als unauffällig
    • Unfälle im Zusammenhang mit Radfahren - etwa aus der Zeit vor dem Bau der Nebenanlage - sind nicht bekannt und nicht vorgetragen.
  • Verkehrsstärke / Verkehrsbelastung
    • Kfz Spitzenstunde
    • Schwerverkehr
    • Trotz Einstufung als Vorfahrts- und Hauptverkehrsstraße und der vorgetragenen Verbindungsfunktion zwischen den genannten Ortsteilen ist keine hohe Verkehrsbelastung zu verzeichnen.
    • keine Netzfunktion
  • Nutzungsfrequenz durch Fußgänger überschaubar


  • frei von Hindernissen[18]
    • Kraftfahrzeuge auf ihm parkten bzw. Teile von Kraftfahrzeugen von den Parkständen hinter dem Geh- und Radweg in diesen hineinragten.
  • Ausleitung des Radverkehrs am Ende der Radwegbenutzungspflicht - Im Übrigen mangelt es auch der Nebenanlage insofern an einer sicheren Gestaltung, als der Radverkehr am Ende des benutzungspflichtigen Radwegeabschnitts die Fahrbahn befahren darf, ohne dass auch nur ein baulicher Übergang auf die Fahrbahn vorhanden ist; der Bordstein ist hier nicht abgesenkt. Eine farbliche Markierung auf der Fahrbahn oder andere Hinweise an die Kraftfahrzeugführer, dass ab dieser Stelle Radfahrer die Fahrbahn nutzen dürfen, fehlen ebenfalls.[18]


  • Linienführung eindeutig, stetig und sicher sein soll; an Kreuzungen und Einmündungen soll die Linienführung und der Radwegeverlauf auch für den Ortsfremden eindeutig erkennbar … und sicher gestaltet sein[18]
  • "Sicher" ist eine Parkplatz-Ausfahrt trotz des dort für die ausfahrenden Kfz angebrachten Hinweisschildes nicht, wenn durch einen Zaun und den vorhandenen Bewuchs durch Bäume und Sträucher der Einblick in den Radweg sehr eingeschränkt ist.[18]


  • Bushaltestelle - Gerade die Unterschreitung der vorgegebenen Breite im Bereich der Bushaltestelle erscheint als gefahrerhöhend, weil der Radverkehr hier unter Umständen auf eine Gruppe wartender Busfahrgäste trifft und der zur Verfügung stehende Raum für ein gefahrloses Passieren der Radfahrer nicht ausreicht. Dabei handelt es sich nicht um einen lediglich kurzen, vernachlässigbaren Streckenabschnitt.[18]


  • Parkbuchten Die Nebenanlage verläuft ... unmittelbar entlang in Längsrichtung angelegter Parkbuchten, ohne dass zu diesen ein Sicherheitsabstand vorhanden ist. Es besteht daher die Gefahr, dass Radfahrer mit Beifahrertüren parkender Kraftfahrzeuge kollidieren, wenn diese unachtsam geöffnet werden.


  • hohe Fußgängerfrequenz: gemeinsame Benutzung des Geh- und Radwegs mit Fußgängern dazu, dass der Radfahrer sich im streitgegenständlichen Abschnitt nur mit geringer Geschwindigkeit fortbewegen kann, ständig bremsbereit sein und ggf. sogar absteigen muss.[15]
  • Belag schlecht
  • vernachlässigter Unterhalt,
    • Reinigung der Wege, Laub,
    • hereinragender Bewuchs
  • Straßenverlauf/Streckenverlauf
    • für jedermann eindeutig erkennbar
    • übersichtlich, Übersichtlichkeit
    • gradlinig, kurvenarm, ohne Verschwenkungen
    • Sichtverhältnisse
  • Grundstückszufahrten und Einmündungen
    • Dichte
    • gute und ausreichende Sichtweiten
  • eingeschränkte Sichtbeziehungen
  • allgemeine Unübersichtlichkeit der Verkehrssituation

Umfang der ... festgestellten Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ... zahlreiche Geschwindigkeitsüberschreitungen ...


  • gute Ausleuchtung
  • nächtliche Beleuchtung

Ausbauzustand der Straße ... Fahrbahnbreite

Die Straße befindet sich in diesem Bereich in einem guten Ausbauzustand; Schlaglöcher, Wellen in der Fahrbahn oder sonstige Erschwernisse für den Radfahrer sind nicht zu erkennen. Die Fahrbahn weist keine nennenswerten Steigungen auf, die einen Radfahrer besonders langsam werden lassen oder den Blick auf dahinter fahrende Radfahrer für den Autofahrer versperren könnten.[12]

  • anbaufrei
  • Beschilderung widersprüchlich
  • fehlende Bordstein-Absenkungen
  • falsche Ampel-Signalisierungen
  • fehlende Verkehrszeichen zur Vorfahrtsregelung an Einmündungen
  • Alternativstrecke nicht zumutbar, da ... Radfahrer dort mehrmals gezwungen ist, die Vorfahrt anderer Verkehrsteilnehmer zu beachten

Nicht gewidmete, aber tatsächlich-öffentliche Wege, die der Allgemeinheit seit langem zur Verfügung stehen unterliegen den Regelungen der StVO.[20]


Breite der Nebenanlage

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Nach den Vorgaben der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 4 S. 3 und 4 StVO soll die Mindestbreite nur in eine Richtung befahrbarer gemeinsamer Geh- und Radwege innerorts 2,5 und außerorts 2 m betragen (Rdnr. 20). Für die Freigabe einer Radverkehrsnutzung in Gegenrichtung sieht die Verwaltungsvorschrift (Rdnr. 37) eine lichte Breite des Radwegs von in der Regel 2,40 m und mindestens 2 m vor. Zu einer gleichzeitigen Nutzung für den Fußgängerverkehr verhält sie sich hier nicht.

Bezüglich der Nutzung eines in eine Richtung befahrbaren Geh- und Radweges sieht die Verwaltungsvorschrift mit der Mindestbreite von 2,50 m innerorts eine gegenüber einem entsprechenden Radweg eine um 1 m größere Breite vor (siehe Rdnr. 18 und Rdnr. 21).

Überträgt man dies auf die Freigabe linker Geh- und Radwege für den Gegenverkehr müsste deren Mindestbreite 3 m betragen, ihre möglichst zu erreichende Regelbreite 3,40 m. Nach der Verwaltungsvorschrift bezieht sich die dort genannte lichte Breite auf den befestigten Verkehrsraum mit (d. h. einschließlich) Sicherheitsraum (Rdnr. 17).

In der Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 S. 2 StVO (Rdnr. 13) wird hinsichtlich der Gestaltung von Radverkehrsanlagen ausdrücklich auf die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen in der jeweils gültigen Fassung hingewiesen. Damit müssen zwar die dort vorgesehenen – von der Verwaltungsvorschrift abweichenden – Breiten der Radverkehrsanlagen nicht zwingend erreicht werden. Gleichwohl müssen deren Werte aber in die Ermessensausübung bezüglich der Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht eingestellt werden. Denn die ERA 2010 sieht wesentlich größere Breiten vor als die Verwaltungsvorschrift. Zwar beträgt nach der Tabelle 5 in Abschnitt 2.2.1 der ERA 2010 (S. 16) das Regelmaß der Breite eines einseitigen Zweirichtungsradweges „lediglich“ 3 m bzw. bei geringer Radverkehrsstärke 2,50 m und bei einem gemeinsamen Geh- und Radweg innerorts abhängig von der Fußgänger- und Radverkehrsstärke mehr als 2,50 m (siehe auch Abschnitte 3.5 und 3.6, S. 26 f.). Nach diesen Empfehlungen sind jedoch Sicherheitstrennstreifen nicht Teil der Radverkehrsanlage und baulich oder verkehrstechnisch zu kennzeichnen; ihre Breite hängt von der angrenzenden Verkehrsnutzung ab (Abschnitt 2.2.1, S. 16, siehe auch Abschnitt 3.4, S. 25). Danach sind hier gemäß der Tabelle 5 zu den vorgenannten Breiten Sicherheitstrennstreifen neben der Fahrbahn (wegen hoher Verkehrsstärke bzw. nach RASt 2006, Abschnitt 6.1.7.5, Tabelle 28, S. 113 wegen Zweirichtungsnutzung) von 0,75 m und neben Schräg-/Senkrechtparkständen von 1,10 m hinzuzurechnen (siehe auch Tabelle 9 in Abschnitt 3.4, S. 25).

Mit 3,25 m wird demnach allenfalls das Regelmaß für einen einseitigen Zweirichtungsradweg bei geringer Radverkehrsstärke erreicht, ohne dass die hier gegebene zusätzliche Nutzung durch Fußgänger berücksichtigt wird. Denn die Nebenanlage hat lediglich eine Breite von 2m zuzüglich des Sicherheitstrennstreifens zur Straße von 0,75 m und desjenigen auf der anderen Seite von 0,50 m.[3]

Das Ausreichen der Mindestbreite ist zu begründen

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In der Anordnung der Straßenverkehrsbehörde wird nicht begründet, warum die in der Verwaltungsvorschrift vorgesehene Mindestbreite ausreichend sein soll. Insbesondere fehlen jegliche Feststellungen zu einer etwaigen geringen Nutzung des Geh- und Radweges (vgl. zu dem bei der Entscheidung über die Führung des Radverkehrs notwendigen Datenbedarf auch ERA 2010, Anhang 1, S.88). Entsprechender Erhebungen hätte es jedoch bedurft, da die nach der Verwaltungsvorschrift möglichst zu erreichende Breite hier nicht gegeben ist.[3]

zu schmale Nebenanlage auch nicht als freiwilliger Radweg zulässig

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Breite von 1,25 bis 1,85 für freiwilligen Zweirichtungsradweg, Mindestbreite 2m, nicht ausreichend. [21]

Zu geringe Breite folgt erhöhte Anforderung

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Im Falle einer Abweichung von den Vorgaben der VwV-StVO - wie hier - bedarf es der Feststellung, ob Umstände vorhanden sind, die die Gefährdungslage in besonderer Weise noch weiter erhöhen, sodass eine Abweichung von den Vorgaben der VwV-StVO - beispielsweise denjenigen zur Mindestbreite - gerechtfertigt sein kann, weil die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer zu einer Gefährdungssituation im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO führen würde, die auch mit Blick auf den Ausbauzustand des Radwegs nicht hinnehmbar ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.04.2012 - 3 B 62/11 -, juris Rn 8). Es sind Umstände zu benennen, die die Gefährdungslage in besonderer Weise in dem oben genannten Sinne soweit erhöhen, dass die Radwegebenutzungspflicht gerechtfertigt wäre.[12]

Wenn die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer zu einer im Verhältnis zu der auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruhenden besonderen Gefährdungssituation im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO nochmals deutlich gesteigerten Gefährdung der Radfahrer selbst führen würde, und ein Radweg vorhanden ist, dessen Benutzung zumutbar und dessen Ausbau aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht ohne Weiteres möglich ist, darf eine Radwegebenutzungspflicht unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auch dann angeordnet werden, wenn der Radweg nicht den Vorgaben der VwV-StVO an seine Mindestbreite entspricht.[22]

Liegen schon die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO nicht vor, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Aufstellung der in Rede stehenden Verkehrszeichen als ermessensfehlerfrei qualifiziert werden könnte. Die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht wäre als ermessensfehlerhaft zu qualifizieren, wenn entgegen obiger Auffassung eine qualifizierte Gefahrenlage bejaht werden würde. In diesem Fall hätte die Straßenverkehrsbehörde von ihrem Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Der gemeinsame Geh- und Radweg entspricht nicht den Anforderungen, die die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) für die Mindestbreite aufstellt (vgl. hierzu VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 Satz 2 II Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. bb: „lichte Breite … außerorts/innerorts mindestens 2,00/2,50 m“). Er weist nämlich lediglich eine geringere lichte Breite auf. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Anordnung eines benutzungspflichtigen gemeinsamen Geh- und Radwegs gleichwohl ermessensfehlerfrei sein. Dies setzt aber zunächst voraus, dass sich die Straßenverkehrsbehörde der Nichteinhaltung der Vorgaben bewusst ist und sich hiermit in ihren Erwägungen auseinandersetzt. Sodann ist erforderlich, dass „es die Gefährdungslage in besonderer Weise noch weiter erhöhende Umstände gibt, die eine Abweichung von den Vorgaben der VwV-StVO zu dessen Mindestbreite rechtfertigen können“. Entscheidend ist insoweit, ob die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer zu einer Gefährdungssituation im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO führen würde, die auch mit Blick auf den Ausbauzustand des Radwegs nicht hinnehmbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2012 - 3 B 62.11 - juris Rn. 8). Vor diesem Hintergrund könnte vorliegend von einer ermessensfehlerfreien Anordnung der Radwegbenutzungspflicht keine Rede sein. Erwägungen der Straßenverkehrsbehörde zu einer weiter qualifizierten Gefährdungssituation fehlen. [10](35/36)


Allgemeines Verkehrsrisiko

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Keine auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruhende Gefahrenlage, vielmehr handelt es sich insoweit um eine Gefährdungslage, die bei gemischtem Verkehr im Straßenraum immer gegeben ist. Wenn es zu Stauungen im fließenden Verkehr kommt, sind rechtsseitige Überholvorgänge durch Rad und Mofa Fahrende unter den in § 5 Abs. 8 StVO genannten Voraussetzungen zulässig und wohl auch in der Praxis üblich. Dass es dadurch zu Gefährdungssituationen, insbesondere wenn Kraftfahrzeuge oder Schwerlastverkehr Abbiegevorgänge tätigen und sich die Rad und Mofa Fahrenden in deren toten Winkel befinden, für Rad und Mofa Fahrende kommen kann, ist eine allgemeine Problematik. Dies für sich betrachtet, vermag jedoch nicht besondere örtliche Verhältnisse zu begründen.[14]

Formulierung "keine Gefahrenlage"

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einer qualifizierten Gefahrenlage i.S.v. § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO

Eine auf besondere örtliche Verhältnisse zurückgehende qG liegt hier ... nicht vor.

Eine qG nimmt ... nicht an, weil

... noch keine qG begründet.


Andere Umstände, die .. gleichwohl die Annahme einer qG rechtfertigen könnten, sind nicht zu erkennen.

Danach ergibt sich aus ... kein besonderes Gefährdungspotenzial für Radfahrer.

keine Rückschlüsse auf Gefahren durch eine gemeinsame Führung von Kraftfahr- und Radverkehr zu.

Bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht sind nicht gegeben. Im Übrigen wäre die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht auch ermessensfehlerhaft. Die Anordnung der Straßenverkehrsbehörde lässt nicht erkennen, dass beim Erlass der Verfügung Ermessen ausgeübt wurde. Die Verfügung leidet deshalb an einem unheilbaren Ermessensausfall.


Straßenbreite / Überholmöglichkeit

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Für die Frage, ob eine erhöhte Gefahrenlage anzunehmen ist, kommt es insbesondere auch auf die Häufigkeit der Begegnungen an (vgl. BayVGH, Urt v. 03.07.2015 - 11 B 14.2809 -, juris, Rn 26). Die nur geringe Anzahl von Radfahrern (76 zwischen 7 und 18 Uhr am 8.12.) spricht ebenfalls gegen ein zwingendes Bedürfnis, hier eine zusätzliche verbindliche Regelung zu treffen.[12]

Fahrbahnbreite ermöglicht überholen

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Unter Zugrundelegung eines Verkehrsraums für Radfahrer von 1 m (bei beengten Verhältnissen 0,80 m) und unter Einhaltung eines nach § 5 Abs. 4 Satz 2 StVO ausreichenden Seitenabstandes zum Radfahrer von in der Regel 1,50 m (vgl. dazu König in: Hentschel/ König/ Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42 Aufl., § 5 StVO Rz. 54, 55 m. w. N. aus d. Rspr.) und davon ausgehend, dass ein Kraftfahrzeug einschließlich Außenspiegel üblicherweise etwa 2,00 m breit ist, bietet eine Fahrbahnbreite von ... (4,5m[23], 6,72m[12]) ausreichend Raum für einen Überholvorgang. Eine Fahrbahnbreite von ... (7,7m[18]) ermöglicht dies auch breiteren Fahrzeugen, wie z.B. einem Omnibus, wobei nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 StVZO die allgemeine Fahrzeugbreite von 2,55 m (ohne Außenspiegel) nicht überschritten werden darf.

Hinsichtlich der Verkehrsbelastung und der potentiellen Häufigkeit des Begegnungsverkehrs zwischen Kraftfahrzeugen und Radfahrern

Gemäß 3.1 der ERA (Radverkehr auf der Fahrbahn) ist Mischverkehr auf Fahrbahnen mit Breiten zwischen 6 und 7 m bei Kraftfahrzeug-Verkehrs-Stärken über 400 Kfz/h problematisch, während bei Fahrbahnbreiten von 7 m und mehr im Begegnungs-Fall mit ausreichendem Sicherheits-Abstand überholt werden kann.

Gegenverkehr/Überholverbot/Fahrbahnverengungen

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Radfahrer sind bei Überholvorgängen nicht in dem von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO vorausgesetzten erhöhten Maß gefährdet. Das Überholen eines Radfahrers ist im Falle von Gegenverkehr und bei (künstlichen) Fahrbahnverengungen nicht mehr gefahrlos unter Einhaltung des Sicherheitsabstandes möglich, ebenso wenn eine durchgezogene Linie (VZ 295) das Überholen verbietet. In diesen Situationen muss der Autofahrer, der sich hinter einem Radfahrer befindet, seine Geschwindigkeit solange anpassen, bis das entgegenkommende Fahrzeug vorbeigefahren, die Engstelle passiert und das Überholen erlaubt ist.[18] Diese Teilstrecken mit Engstellen/Überholverboten sind aber derart kurz, dass gefährliche Überholmanöver nicht in erheblicher Zahl zu erwarten sind.[12] Auch die dadurch entstehenden Verzögerungen im Verkehrsablauf rechtfertigen keine Verkehrsbeschränkung. Dies gilt auch soweit angenommen wird, dass es durch Radfahrer auf der Fahrbahn zu weiteren Verzögerungen kommt, da die Autofahrer im Falle von Begegnungsverkehr an Verengungen bereits häufig ihre Geschwindigkeit reduzieren, um aneinander vorbeifahren zu können oder sogar zuwarten, um den Gegenverkehr passieren zu lassen. Zum einen kann im Umkehrschluss daraus gefolgert werden, dass Autofahrer von vornherein ihre Geschwindigkeit wegen des Gegenverkehrs reduzieren bzw. anpassen müssen und ein Radfahrer auf der Fahrbahn gar keine weitere Verzögerung verursacht. Zum anderen handelt es sich bereits nicht um Beeinträchtigungen der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, die über das normale, unvermeidliche Maß hinausgehen. Vielmehr spiegeln sie die normalen Gegebenheiten des heutigen innerstädtischen Verkehrs wieder, zu denen auch langsamere Verkehrsteilnehmer auf der Straße sowie verengte Verkehrsverhältnisse bzw. (teils gerade zum Zwecke der Geschwindigkeitsreduzierung bzw. Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit gezielt) verengte Straßenabschnitte gehören, vgl. etwa BayVGH, Urteil vom 11. August 2009 - 11 B 08.186 -, juris, Rz. 86 m.w.Nw. zur Rspr.. [23]


Pro Pflicht (häufiges Abwarten/Überholen)

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Mit dieser Verkehrsbelastung und der maximal zulässigen Höchstgeschwindigkeit von ... befindet sich die Straße ... im Übergang zum Belastungsbereich ... des Bildes 7 in Abschnitt 2.2.3 der ERA 2010 (Seite 19), in dem das Trennen von Kfz- und Radverkehr unerlässlich ist.[18]

Bei dem beschriebenen hohen Verkehrsaufkommen, (1.400 Kfz/h zu Spitzenzeiten, 21.000 Kfz/24h - davon über 400 Fahrzeuge Schwerverkehr) insbesondere in Spitzenzeiten während des Berufsverkehrs, dürften erhebliche Verzögerungen im Verkehrsablauf eintreten, weil unter Umständen für geraume Zeit ein Überholen nicht möglich ist. Vor allem aber steht zu befürchten, dass in diesen Situationen Autofahrer unter Missachtung des erforderlichen Sicherheitsabstandes überholen werden/würden. Dies rechtfertigt hier grundsätzlich die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht.[18]

Contra Pflicht (seltenes Abwarten/Überholen)

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  • Nach ERA 2010 ist Mischverkehr bei geringeren Breiten als 6,00 m bis zu einer Kraftfahrzeugverkehrsstärke von 700 KfZ/h verträglich.

Die entstehenden Beeinträchtigungen sind auch nicht deshalb als erheblich oder gravierend anzusehen, weil mit solche Hemmnissen auf der Fahrbahn mit besonderer Häufigkeit zu rechnen wäre oder wegen einer Vielzahl entgegenkommender Fahrzeuge lange Zeit gar nicht überholt werden könnte. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass zum einen das Aufkommen von Radfahrern ... gering ist und zum anderen ... die allgemeine Verkehrsdichte nicht als hoch einzustufen ist.[23]

Im Hinblick auf geringe Verkehrsbelastung steht auch nicht zu befürchten, dass regelmäßig Situationen auftreten, in denen Autofahrer unter Missachtung des erforderlichen Sicherheitsabstandes überholen werden/würden (vgl. hierzu: VG Hannover, Urt. v. 24.04.2014 - 7 A 5659/13 -, juris Rn 31). [12]

Ebenso wenig wird die qualifizierte Gefahrenlage durch die Straßenbreite erfüllt. Zwar heiße es in den „Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil: Querschnitte“ (RAS-Q 96), dass eine vom Kraftfahrzeugverkehr getrennte Führung der Radfahrer und Fußgänger aus Gründen der Verkehrssicherheit anzustreben sei und dass an außerorts gelegenen Straßen der Fußgänger- und Radfahrerverkehr in der Regel auf einseitig angelegten gemeinsamen Geh- und Radwegen geführt werde. Doch hätten die Richtlinien keinen normativen Charakter. Zudem reicht die Fahrbahnbreite für die hier zu erfüllende untergeordnete Verkehrsfunktion aus. Die in der Richtlinie genannte Verkehrsmenge von 3.000 Kfz/Tag werde bei Weitem nicht erreicht. Der deutlich unter dem in der Richtlinie angegebenen Schwellenwert liegende Schwerverkehr besteht hier im Wesentlichen aus ... wenigen landwirtschaftlichen Fahrzeugen und seltenen Bussen des öffentlichen Nahverkehrs. Kommt kein anderes Fahrzeug entgegen, könne selbst ein Bus oder ein ähnlich breites anderes Fahrzeug einen ausreichenden Sicherheitsabstand beim Überholen eines Radfahrers einhalten. Bei Gegenverkehr müsse abgewartet werden, bis das entgegenkommende Fahrzeug vorbeigefahren sei. Die Zahl der Radfahrer und die Verkehrsdichte sind so gering, dass dies zu keinen nennenswerten Erschwernissen führt.[1](6)


Verkehrsaufkommen, Geschwindigkeit

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innerorts - Belastungsbereich III/IV nach ERA 2010

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Für die Wertung, ob eine besondere Gefahrenlage im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO vorliegt, liefern neben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO die in der Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, Ausgabe 2010 (ERA 2010) enthaltenen technischen Regelwerke Anhaltspunkte (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 01.02.2016 – 12 LA 211/16 -, juris Rn 20, unter Bezugnahme auf: BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 3 C 42.09 -, juris Rn 27 u. Beschl. v. 16.04.2012 - 3 B 62.11 -, juris Rn 15; VGH BW, Urt. v. 10.02.2011 - 5 S 2285/09 -, juris Rn 44; BayVGH, Urt. v. 06.04.2011 - 11 B 08.1892 -, juris Rn 36). Die Aussagen können als Auslegungshilfe zur Interpretation unbestimmter Rechtsbegriffe herangezogen werden (vgl. BVerwG, Beschl. vom 16.04.12, a.a.O.). Zwar ergeben sich aus den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, Ausgabe 2010 (ERA 2010), im Grundsatz Anhaltspunkte für besondere örtliche Verhältnisse mit einer das allgemeine Risiko übersteigenden Gefährdung. ... Hinsichtlich der Anordnung von Radwegen als benutzungspflichtig führen die Richtlinien unter 2.3.6 aus, dass zwar davon ausgegangen werden kann, dass das Erfordernis einer Trennung des Radverkehrs von Kraftfahrzeugverkehr bei Straßen im Belastungsbereich IV in der Regel gegeben ist. Inwiefern die Voraussetzungen einer Radwegebenutzungspflicht erfüllt seien, könne jedoch nur in einer Einzelfall-Prüfung durch die zuständige Straßenverkehrs-Behörde festgestellt werden. Die Einordnung in die Belastungsbereiche I - IV nimmt die Richtlinie mit Hilfe der Parameter Kraftfahrzeugbelastung und zulässige Höchstgeschwindigkeit vor.[24]


Die ERA gliedert „zweistreifige“ Stadtstraßen in vier Belastungsbereiche auf, siehe Seite 19, Bild 7 unter 2.3.3 der ERA (Vorauswahl von geeigneten Führungsformen) in Verbindung mit der Tabelle 8 (Zuordnung der Führungsformen zu den Belastungsbereichen bei Stadtstraßen). Belastungsbereich I stellt das Regeleinsatzgebiet für gemischten Verkehr auf der Fahrbahn dar. Selbst für den Belastungsbereich II werden Radwege ohne Benutzungspflicht empfohlen. Bei einer Geschwindigkeit unter 30/50/70 km/h und unter 1800/1000/300 Kfz/h in der Spitzenstunde ist eine Radwegebenutzungspflicht ausgeschlossen (Belastungsbereich I/II). Erst bei über 2000/1800/600 Kfz/h ist der Belastungsbereich IV erreicht. Es ist zwingend durch Verkehrszählungen darzulegen, dass eine Verkehrserhebung bei der zulässigen Höchstgeschwindigkeit deutlich im Belastungsbereich III/IV liegt.


Die Einstufungen sind lediglich als nachvollziehbare Entscheidungsfindung auch bei schwierigen Abwägungs-Prozessen zu verstehen und lassen ausreichend Handlungs-Spielraum für die Berücksichtigung situationsbezogener Besonderheiten. Gehen somit die sachverständigen Wertungen der Richtlinie nicht ohne Weiteres davon aus, dass die hier von der Beklagten in Anspruch genommene Verkehrsdichte zu einer erheblichen, das allgemeine Risiko übersteigende Gefahrenlage i.S.d. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO führt, rechtfertigt vorliegend auch eine Prognose einer möglichen höheren Unfallhäufigkeit eine besondere Gefahrenlage nicht.[24]


Auch nach den von der Forschungsstelle für Straßen- und Verkehrswesen herausgegebenen „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA 1995) könne keine besondere Gefahrenlage angenommen werden. Danach sollten, wenn der Radverkehr außerhalb bebauter Gebiete auf der Fahrbahn geführt werde, die Verkehrsstärke 2.500 Kfz/24h und die zulässige Höchstgeschwindigkeit in kurvenreichen Strecken 70 km/h nicht überschreiten. Auch wenn ein nicht unerheblicher Teil der Kraftfahrer die 70 km/h überschreite, sei eine Trennung der Verkehrsarten nicht angezeigt, da die Empfehlung kurvenreiche Strecken betreffe.[1](6)

Schwerlastverkehrt

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Die Berücksichtigung des Schwerlastverkehrs (300/Tag) ... keine Gefährdungslage.[12]

überhöhte Geschwindigkeit

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Selbst überhöhte Geschwindigkeit begründet noch keine qualifizierte Gefahrenlage im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO, weil damit noch keine Gefährdung von Radfahrern durch Überholen mit zu geringem Seitenabstand oder zu knappem Einscheren dargetan ist, zumal bei der geringen Verkehrsdichte.[1](29)

besondere Spitzenbelastungen sind zu quantifizieren

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Der Umstand, dass ... im fraglichen Streckenabschnitt als Bedarfsumleitungsstrecke ... der BAB ... zwischen den Anschlussstellen ... ausgewiesen ist, schafft keine qualifizierte Gefahrenlage. Es liegt auf der Hand, dass die Verkehrsbelastung im Fall der Aktivierung der Umleitung in dem Streckenabschnitt ganz erheblich ansteigt. Dazu ist darzulegen, dass der Abschnitt der BAB ... zwischen den beiden genannten Anschlussstellen einen besonderen Unfallschwerpunkt mit der Folge einer häufigen Inanspruchnahme der Umleitungsstrecke ... darstellt. Die Straßenverkehrsbehörde hat entsprechende Zahlen nicht vorgetragen oder gar nachgewiesen. Es kann angenommen werden, dass sich die jährliche Anzahl erforderlicher Umleitungen in Grenzen hält, so dass die im Einzelfall auftretenden Spitzenbelastungen eine (dauerhaft) qualifizierte Gefahrenlage nicht begründen können (vgl. VG Bayreuth, Urt. v. 12.09.2014 - B 1 K 13.837 -, juris Rn 28; VG München, Urt. v. 18.09.2012 - M 23 K 11.3049 -, juris Rn 40).[12]


Ein bereits vorhandene Radweg zwingt die Straßenverkehrsbehörde nicht zu einer Entscheidung zwischen Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen auf der Fahrbahn oder der Anlage eines benutzungspflichtigen Radweges, sondern lässt der Straßenverkehrsbehörde wie auch dem einzelnen Radfahrenden grundsätzlich die Möglichkeit, sich für eine der beiden Möglichkeiten zu entscheiden.[24]

Radfahr-Unfälle ereignen sich häufig im Zuge der Benutzung der Radwege und nicht im Zuge der Benutzung der Fahrbahn und damit ist hinsichtlich der Frage der Prognose einer konkreten Gefahr kein Anhaltspunkt ersichtlich, der die Radwege-Benutzungs-Pflicht rechtfertigen würde.

Schulen, Schülerverkehr

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Auch ... die Existenz zahlreicher Schulen ... und den hierdurch generierten Schulverkehr rechtfertigt keine andere Entscheidung. Angesichts der eher geringen Kfz-Belastung ... und des nicht stark ausgeprägten Schwerlastanteils lässt der Umstand, dass in bestimmten Zeitabschnitten auch viele mit dem Fahrrad fahrende Schüler unterwegs sein mögen, nicht den Schluss auf das Vorliegen einer Gefahrenlage zu, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung von Rechtsgütern bereits erheblich übersteigt. Auch der Baumbestand ... schafft insoweit - etwa wegen Verschattungen - keine zusätzlichen Gefahren, die derart gewichtig wären, dass hier ... bereits von einer das allgemeine Risiko einer Rechtsgutsverletzung erheblich übersteigenden Gefahrenlage gesprochen werden könnte. [10](27)

Auch nach Aufhebung der streitgegenständlichen Radwegbenutzungspflicht steht ein Weg zur Verfügung, auf den Radfahrer - stets oder aber jedenfalls in den kurzen Zeitabschnitten des Pendlerverkehrs - freiwillig ausweichen könnten, was zu einer weiteren Entschärfung der Situation auf der Straße beitrüge. Der bisherige gemeinsame Fuß- und Radweg ist nämlich nach einer Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht ohne Weiteres ... zur Mitbenutzung durch Radfahrer freizugeben. [10](33)

Nach einer älteren Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen, vgl. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft V 184, Unfallrisiko und Regelakzeptanz von Fahrradfahrern, Juni 2009, S. 107 ff, ist die Akzeptanz von vorhandenen Radverkehrsanlagen recht hoch. Ca. 90 % der rechtsfahrende Radfahrer nutzen unabhängig von der Art der Radverkehrsführung die vorhandenen Anlagen. Im Fall von nichtbenutzungspflichtigen Radwegen beträgt der Anteil der Fahrbahnnutzer etwa 4%. (VG Aachen, Urteil vom 03.04.2018 - 2 K 1272/14 Rn. 63 bei openjur)[23]


Gefälle-Strecken

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In den ERA 2010 werden unter Punkt 3.6 spezielle und hier einschlägige Empfehlungen für die gemeinsame Führung von Rad- und Fußgängerverkehr behandelt. Dort wird zunächst auf die Ausnahmefunktion solcher Anlagen hingewiesen, die nur dort vertretbar seien, wo die Netz- und Aufenthaltsfunktion beider Verkehre gering sei. Sodann enthalten die Hinweise eine Aufzählung von Ausschlusskriterien für die gemeinsame Führung von Fußgänger- und Radverkehr, wozu auch „starkes Gefälle (mehr als 3 %)“ zählt, denn bei Gefälle nimmt die Geschwindigkeit des Radverkehrs zu (Punkt 2.3.5 ERA 2010 „Kriterium Längsneigung“). Eine Auseinandersetzung mit diesem speziellen Ausschlusskriterium ist vorzunehmen, auch wenn das Gefälle schwankt. Der Gefälle-Abschnitt erstreckt sich auf einer Länge von ..., was für die Aufnahme erhöhter Geschwindigkeiten der Radfahrer bereits ausreicht, zudem weitere Abschnitte ebenfalls im Gefälle verlaufen und somit nicht zu einer Reduzierung der gefahrenen Geschwindigkeiten beitragen.[13]



kein VZ 240 bei mehrfarbiger Nebenanlage

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Zunächst findet der Umstand in der Entscheidung des Beklagten für die Anordnung des gemeinsamen Geh- und Radweges keine Berücksichtigung, dass dieser Weg zweifarbig markiert ist. Dies stellt die Eignung des gemeinsamen Geh- und Radweges grundsätzlich in Frage und führt zu dem in der Ermessensbetätigung zu berücksichtigenden Problem, ob die Pflicht zur Benutzung der gemeinsamen Geh- und Radverkehrsanlage das geeignete Mittel ist, die bestehenden Gefahren des Mischverkehrs auf der Fahrbahn zu verringern, ohne neue oder sogar noch größere Gefahren für den Geh- wie für den Radverkehr zu schaffen. Der Weg weist ... auf, die in der Mitte von ... durchzogen ist. Diese Anordnung suggeriert den Verkehrsteilnehmern, dass sich ... des Weges ein ... markierter Radstreifen und ...seitig davon der ... gepflasterte Gehweg (bzw. links davon der ... gepflasterte Sicherheitsstreifen) befindet, der für sich betrachtet für eine gefahrlose Benutzung viel zu schmal ist. Dies widerspricht den ERA 2010, der auch insoweit als fachlich anerkanntes Regelwerk, dem entsprechender Sachverstand bzw. Erfahrungswissen entnommen werden kann. Nach Punkt 3.6 der ERA 2010 („Beschilderung“) wird bei gemeinsamer Führung des Radverkehrs mit dem Fußgängerverkehr eine Trennung durch Markierung oder durch andere Elemente nicht vorgenommen.[13]


allgemeine Gefahr der Teilnahme am Straßenverkehr

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Geschwindigkeitswechsel

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Auch vor dem Hintergrund der unterschiedlich erlaubten Höchstgeschwindigkeit - 50 km/h innerorts vor dem Ortsschild, 70 km/h außerorts - ist die Streckenführung in diesem Bereich nicht geeignet, eine solche Gefahrenlage anzunehmen. Der Geschwindigkeitsunterschied erweist sich als gering.

Dadurch, dass Fahrzeugführer (beim Verlassen des Ortsbereichs) ihr Kraftfahrzeug beschleunigen entsteht keine Gefährdung vorausfahrender Radfahrer. Der Radius der Kurve, die die Straße nach der Ortstafel beschreibt, ist derart groß, dass Radfahrer noch rechtzeitig erkannt werden können. Vor der Kurve fahrende Radfahrer sind bereits aus größerer Entfernung sichtbar, sodass der Kraftfahrer in der Lage ist, sich der Verkehrssituation entsprechend zu verhalten. Es realisiert sich in diesem Bereich lediglich die allgemeine Gefahr der Teilnahme am Straßenverkehr.[12]


Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 3 i.V.m. Absatz 1 StVO vor, steht die Entscheidung, ob und wie eine Gefährdungslage bewältigt wird, im Ermessen der Behörde. Nach § 114 Satz 1 VwGO ist die gerichtliche Kontrolle einer behördlichen Ermessensentscheidung auf die Überprüfung beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind, oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (Ermessensfehler, Ermessensausfall, Ermessensdefizit, Ermessensfehlgebrauch). Ermessensfehlerhaft in diesem Sinne ist ein Verwaltungsakt auch, wenn die Behörde bei ihrem Handeln von unzutreffenden, in Wahrheit nicht gegebenen, unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 114 Rdnr. 12).

Insoweit ist zu überprüfen, ob die angeordnete Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet ist, kein milderes gleichgeeignetes Mittel zur Verfügung steht und ob die Beklagte die betroffenen bzw. widerstreitenden Interessen der verschiedenen Arten von Verkehrsteilnehmern unter Berücksichtigung der relevanten örtlichen Gegebenheiten gegeneinander abgewogen und die Konfliktlage für die betroffenen Verkehrsteilnehmer zumutbar aufgelöst hat.

Zunächst wird bereits der angestrebte Zweck des streitgegenständlichen Verbots für Radfahrer, nämlich ein Mitbenutzen der Fahrbahn durch Radfahrer in dem Bereich ... zu unterbinden, nur sehr unzureichend erreicht.

... für diese Radfahrer eine Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht nicht besteht bzw. nicht erkennbar ist. ... ist für die Nebenanlage eine Radwegebenutzungspflicht nicht gesondert ausgewiesen. ... Diese Radfahrer können daher ebenfalls der Regelung des § 2 Abs. 1 StVO entsprechend von einer Verpflichtung zur Nutzung der Fahrbahn ... ausgehen.

Schließlich hat die Straßenverkehrsbehörde die Interessen der Radverkehrs – und insoweit auch des Betroffenen als Radfahrer – nur unzureichend in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt.

Insgesamt lassen die bereits oben dargestellten Unklarheiten bzgl. einer Radwegbenutzungspflicht und die fehlende Verkehrsführung für den Radverkehr erkennen, dass die Straßenverkehrsbehörde die Konfliktlage zwischen den verschiedenen Verkehrsarten in den Kreuzungsbereichen für die betroffenen Radfahrer nicht zumutbar gelöst bzw. deren Interessenlage – und damit auch die Interessen des Betroffenen als Radfahrer – nicht angemessen in ihrer Entscheidung berücksichtigt und auch nicht nachgeholt bzw. ergänzt hat.

Zugunsten der Straßenverkehrsbehörde kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich das Ermessen auf das streitgegenständliche Verbot für Radfahrer als einzig richtige Entscheidung reduziert hat, mithin von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen ist. Eine derartige Ermessensschrumpfung auf die hier streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung folgt auch nicht aus der oben dargelegten Gefahrenlage. Diese mag zwar ein Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde nahe legen. Mit welchen Maßnahmen bzw. Verkehrsführungen sie jedoch eine Gefahrenlage bekämpft, hat sie unter Berücksichtigung der Geeignetheit, der Verhältnismäßigkeit und unter Abwägung der jeweils betroffenen Belange zu entscheiden.[19]


allgemeine Sorgfaltspflichten

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Ausführungen zu den den Verkehrsteilnehmern allgemein obliegenden Sorgfaltspflichten nach §§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVO sind nicht ermessensgerecht, weil es um konkrete Gefahren geht, die trotz der verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten aller Verkehrsteilnehmer auftreten können. Bei anderer Sichtweise könnte niemals von der Gefährlichkeit einer bestimmten Verkehrsführung gesprochen werden, auch nicht von Gefahren im Mischverkehr auf der Fahrbahn i. S. v. § 45 Abs. 9 S. 3 StPO, die durch ausnahmslos vorschriftsmäßiges und sorgfaltsgerechtes Verkehrsverhalten ausgeschlossen wären.[13]


Maßgebend ist dabei vor allem, dass mit dem VZ 254 der Radverkehr in dem betroffenen Straßenabschnitt vollständig ausgeschlossen wird. Die Beklagte kann es insoweit nicht allein bei einer Entscheidung über die Anordnung der VZ 254 belassen, sondern hat in ihrer Ermessensentscheidung auch die Folgen für den ausgeschlossenen Verkehr zu berücksichtigen. Die zu treffende Ermessenentscheidung erfordert insoweit eine umfassende Entscheidung hinsichtlich des Verbleibs des ausgeschlossenen Verkehrs, d.h. hier zur Verkehrsführung des in dem betroffenen Teilstück ausgeschlossenen Radverkehrs. Insbesondere ortsunkundige Radfahrer sind dabei auf eine weiterleitende Verkehrsführung angewiesen. Die zu treffende Ermessensentscheidung enthält demgemäß planerische Elemente im Hinblick auf den abgedrängten Radverkehr. Für die danach im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende weitere Planung für den abgedrängten Verkehr bedarf es u.a. einer Einbeziehung der vorhandenen örtlichen und baulichen Gegebenheiten, einer Abstimmung mit bzw. Überprüfung von vorhandenen Radwegbenutzungspflichten, einer Einbeziehung eines ggfs. bereits vorhandenen Radwegenetzes, etc..

Eine ausreichende weiter- bzw. umleitende Verkehrsführung für den ausgeschlossenen Radverkehr ist jedoch für eine ermessensfehlerfreie Entscheidung erforderlich, wobei auch deren Umsetzung zeitgleich mit dem streitgegenständlichen Verbot zu erfolgen hat.


klar und eindeutig

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Da Verkehrszeichen sofort befolgt werden müssen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO), muss eine durch das Aufstellen von Verkehrszeichen bekannt gegebene Regelung klar und eindeutig sein. Verkehrszeichen sind deshalb so aufzustellen oder anzubringen, dass sie ein durchschnittlicher (ortsunkundiger) Verkehrsteilnehmer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann. Ein Verstoß gegen den Sichtbarkeitsgrundsatz kann Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der durch das Verkehrszeichen zum Ausdruck gebrachten Regelung haben und in Einzelfällen sogar zur Nichtigkeit führen (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 22.4.2013 – 11 B 12.2671 – juris Rn. 21).

Alle 5 Jahre wird auf größeren Straßen gezählt:[25]

Kfz/24h und Schwerlast-Verkehr-Anteil

Zur Ermittlung der DTV-Werte (Durchschnittlicher Täglicher Verkehr) sind die 4-StundenWerte mit 3,34 zu multiplizieren. [26] 8% des 24h-Werts ergibt den h-Wert

ganz SH 2015

S.13/16 Verkehrsmengenkarte 2010 Eckernförde und Umgebung

caption
Straße Zählstelle Fahrstreifen zwischen und KfZ/24h SV Radweg Benutzung
B76 SH15250404 Eckernförde (B 203) süd Eckernförde (B 203) nord 24.400 3,4
B76 SH15250405 1+1 Altenhof (L 285) Eckernförde (B 203) 18.900 2,9 ja pflicht
B76 SH15250527 1+1 Gettorf-Mitte L44 Altenhof (L 285) 17.100 2,6 ja pflicht
B76 SH15260528 1+1 Gettorf-Süd OU Gettorf-Mitte L44 15.100 2,7 nein verbot
B76 SH16261116 2+2 Felm (K 24)
Blickstedt/Wulfshagen
Gettorf-Süd 23.500 2,9 nein verbot
B76 SH16260540 2+2 B503 K7 Suchsdorf 29.900 2,8 nein verbot
B76 SH16260541 2+2 L194 Kronshagen-Nord B503 82.200 3,0 nein verbot
B76 SH16260542 2+2 A215 L194 Kronshagen-Nord 80.900 3,1 nein verbot
B76 SH16260920 2+2 Westring A215 75.100 4,8 nein verbot
B503 SH16260509 2+2 Kiel-Wik B76 43.900 2,6 nein verbot
B503 SH16261111 2+2 Holtenauer Hochbrücke 41.000 2,3 ja pflicht
B503 SH16260508 2+2 Flughafen Holtenau 44.900 2,5 ja Pflicht
B503 SH16260507 2+2 über Friedrichsruher Weg 30.900 2,1 nein verbot
B503 SH15260530 1+1 parallel Dataport 13.700 2,2 ja pflicht
B503 SH15260531 1+1 am Golfplatz K5 4.700 1,7 ja pflicht
L46 1+1 Neuwittenbek Tüttendorf 1.106 ja pflicht [27][28]
K90 1+1 Neuwittenbek Altwittenbek 2.000 ja pflicht [29]
K27 1+1 westliche Levensauer Hochbrücke 2.000 nein Fahrbahn

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l BVerwG, 18.11.2010 - 3 C 42.09
  2. a b c d e VG Minden, Urteil vom 13.04.2017 - 2 K 218/15
  3. a b c d VG Gießen, Urteil vom 25.06.2013 - 6 K 268/12.GI
  4. Verkehrsmengen 2015 in Schleswig-Holstein
  5. a b c VG Regensburg, Urteil vom 25.06.2015 - RN 5 K 15.440
  6. a b c d e f g h VG München, 06.10.2015 - M 23 K 14.5122
  7. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.08.2019 - 8 A 2923/18
  8. Bayerischer VGH, Beschluss vom 27.03.2008 - 11 C 07.2768
  9. VG Bayreuth, 26.01.2017 - B 3 K 16.30403
  10. a b c d e f OVG Berlin-Brandenburg, 14.02.2018 - 1 B 25.15
  11. a b Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL)
  12. a b c d e f g h i j k l m n o p q VG Hannover 7. Kammer, Urteil vom 17.01.2018, 7 A 2194/16
  13. a b c d OVG Mecklenburg-Vorpommern, 29.10.2019 - 1 LB 505/15
  14. a b c d e f Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg RN 4 K 13.1826
  15. a b c VG Augsburg, Urteil vom 19.05.2015 - Au 3 K 14.1518
  16. (vgl. BayVGH, B.v. 22.4.2013 – 11 ZB 13.490 – juris Rn. 3)
  17. BayVGH, B.v. 4.12.2014 – 11 ZB 14.189 – juris Rn. 10)
  18. a b c d e f g h i j k VG Hannover, 24.04.2014 - 7 A 5659/13
  19. a b c VG Aachen, 03.04.2018 - 2 K 1272/14
  20. a b Bayerischer VGH, Urteil vom 03.07.2015 - 11 B 14.2809
  21. VG Ansbach 14.12.2009 AN 10 K 09.00581
  22. BVerwG, 16.04.2012 - 3 B 62.11
  23. a b c d VG Aachen, 07.05.2013 - 2 K 2160/11
  24. a b c VG Minden, Urteil vom 13.04.2017 - 2 K 218/15
  25. Manuelle/Temporäre Straßenverkehrszählung (SVZ), Ergebnisse auf Bundesstraßen, B76 / B503
  26. Rendsburg
  27. Verkehrsmengenkarte SH 2015
  28. Landtag SH Drucksache 18/2158
  29. KN 5.10.2019