Gastroenterologie

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Die Gastroenterologie (altgriechisch γαστήρ gastēr, deutsch ‚Magen‘; ἒντερον énteron, deutsch ‚Darm‘) ist ein Teilgebiet der Inneren Medizin. Ein auf Gastroenterologie spezialisierter Arzt wird als Gastroenterologe bezeichnet. Die Spezialisierung auf die neurologischen Ursachen wird als Neurogastroenterologie bezeichnet.

Die Gastroenterologie befasst sich mit Diagnostik, Therapie und Prävention von Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts sowie der mit diesem Trakt verbundenen Organe Leber, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse. Schwerpunkte innerhalb des Fachgebietes sind die Endoskopie, die Hepatologie und die gastroenterologische Onkologie. Wichtige gastroenterologische Erkrankungen sind beispielsweise Ulkuserkrankungen (Magenulkus und Duodenalulkus), Tumoren des Verdauungstraktes (Kolonkarzinom), Lebererkrankungen wie Leberzirrhose und Hepatitis, Darmerkrankungen wie Zöliakie oder die entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Eine große Gruppe von Erkrankungen umfasst die sogenannten Funktionsstörungen (funktionelle Dyspepsie, Reizdarmsyndrom).

Diagnostische und therapeutische Maßnahmen bei gastroenterologischen Erkrankungen werden häufig endoskopisch, das heißt in Form einer Magen- oder Darmspiegelung durchgeführt. Hierbei können auch kleinere Operationen wie Abtragung von Tumoren, Unterbindung blutender Gefäße oder Einbringung von Stents oder Prothesen zur Wiedereröffnung verschlossener Darmanteile erfolgen. Mittels ERCP kann der Gallen- oder Bauchspeicheldrüsengang sondiert und gegebenenfalls behandelt werden.

Gegenwärtig wird an der Erweiterung der Endoskopie gearbeitet. So können große Flüssigkeitsansammlungen in der Bauchspeicheldrüse durch künstlich geschaffene Löcher in der Magenwand entlastet werden, sogenannte NOTES (natural orifice transluminal endoscopic surgery). Mit dieser Methode wird versucht, chirurgische Operationen wie Gallenblasenentfernung, Bauchspeicheldrüsenoperationen usw. in Magen, Darm oder Scheide durchzuführen. Triebfeder dieser Entwicklung ist der Wunsch mancher Patienten nach vollständiger Narbenfreiheit nach operativen Eingriffen, aber auch schwer durchzuführende chirurgische Operationen (Bauchspeicheldrüse, Mediastinum) könnten hierdurch deutlich leichter und eleganter durchführbar werden.

Ein wichtiges Standbein der Gastroenterologie ist die Ultraschalluntersuchung (Sonographie). Die Funktionsstörungen erfordern gelegentlich sog. Funktionsuntersuchungen wie die Druckmessung (Manometrie) oder Messungen der Passagezeit von Magen, Dünndarm oder Dickdarm.

Als Spezialgebiet der Verdauungskrankheiten fand sich die Gastroenterologie erstmals 1886 in Berlin, wo der Arzt Ismar Boas sich als „Spezialist für Magen-Darm-Krankheiten“ und „Gastroenterologe“ bezeichnete.[1][2]

Facharztbezeichnung Gastroenterologe

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Nach der Muster-Weiterbildungsordnung 2018 umfasst die Weiterbildung in Innerer Medizin und Gastroenterologie die Vorbeugung, (Früh-)Erkennung, konservative und interventionelle Behandlung sowie Rehabilitation und Nachsorge der Gesundheitsstörungen einschließlich geriatrischer Krankheiten und Erkrankungen der Atmungsorgane, des Herzens und Kreislaufs, der Verdauungsorgane, der Nieren und ableitenden Harnwege, des Blutes und der blutbildenden Organe, des Gefäßsystems, des Stoffwechsels und der inneren Sekretion, des Immunsystems, des Stütz- und Bindegewebes, der Infektionskrankheiten und Vergiftungen sowie der soliden Tumore und der hämatologischen Neoplasien. Das Gebiet umfasst auch die Gesundheitsförderung und die Betreuung unter Berücksichtigung der somatischen, psychischen und sozialen Wechselwirkungen und die interdisziplinäre Koordination der an der gesundheitlichen Betreuung beteiligten Personen und Institutionen.

Als Mindestanforderungen zum Erlangen der Gebiets-/Facharzt-Bezeichnung werden genannt:

72 Monate im Gebiet Innere Medizin an zugelassenen Weiterbildungsstätten, davon müssen abgeleistet werden:[3]

  • 36 Monate in Innerer Medizin und Gastroenterologie, davon
    • 24 Monate in der stationären Patientenversorgung,
  • 24 Monate in mindestens zwei anderen Facharztkompetenzen des Gebiets Innere Medizin,
  • 6 Monate in der Notfallaufnahme,
  • 6 Monate in der Intensivmedizin.

Die Inhalte der Facharzt-Weiterbildungen im Gebiet Innere Medizin / Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin und Gastroenterologie (Gastroenterologe/Gastroenterologin) sind in der Muster-Weiterbildungsordnung festgeschrieben.

Kinder- und Jugend-Gastroenterologie

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Kinder- und Jugendärzte können in Deutschland die Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Gastroenterologie absolvieren und eine entsprechende Zusatzbezeichnung führen. Nach der Muster-Weiterbildungsordnung 2018 umfasst die Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Gastroenterologie in Ergänzung zur Facharztkompetenz die Prävention, Erkennung, Behandlung und Rehabilitation von angeborenen und erworbenen Erkrankungen des Verdauungstraktes, der Leber, der Bauchspeicheldrüse und ernährungsassoziierter Störungen des Säuglings, Kleinkindes, Kindes, Jugendlichen und Heranwachsenden in seinem sozialen Umfeld von der pränatalen Periode einschließlich der Transition in eine Weiterbetreuung.

Als Mindestanforderungen zum Erlangen der Zusatz-Bezeichnung werden genannt:

Einzelnachweise

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  1. Benedikt Ignatzek: Gastroenterologie. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 460 f., hier: S. 460.
  2. Vgl. auch W. I. Card (Hrsg.): Modern trends in gastroenterology. Butterworth, London 1961.
  3. Gebiet Innere Medizin Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin und Gastroenterologie (Gastroenterologe/Gastroenterologin). In: (Muster-)Weiterbildungsordnung MWBO 2018, Seite 137. Bundesärztekammer, abgerufen am 21. Oktober 2024.
  4. Kinder- und Jugend-Gastroenterologie. In: (Muster-)Weiterbildungsordnung MWBO 2018, Seite 364. Bundesärztekammer, abgerufen am 21. Oktober 2024.