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ADB:Bauhin, Jean (Arzt)

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Artikel „Bauhin, Johann II., der jüngere“ von Carl Jessen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 149–151, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bauhin,_Jean_(Arzt)&oldid=- (Version vom 31. Oktober 2024, 07:28 Uhr UTC)
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Bauhin: Johann B. II., der jüngere, Arzt und Botaniker, geb. 12. Febr. 1541 zu Basel, † 26. Oct. 1613 zu Mümpelgard. Er, der älteste Sohn, studirte unter Leitung seines Vaters zu Basel und wandte sich schon vor seinem zwanzigsten Jahre der Naturgeschichte und besonders der Botanik mit solchem Eifer und solchem Scharfsinne zu, daß Konrad Gesner, damals der erste Botaniker der Schweiz, ihn seiner wärmsten Freundschaft und eines von 1560 bis zu seinem Tod 1565 fortgeführten gelehrten Briefwechsels würdigte, der mit J. Bauhins’s Erstlingsschrift „De plantis a divis sanctisve nomen habentibus. Basil. 1591“ gedruckt ist. Jeder Brief fast gibt Zeugniß von dem zärtlichen Verhältnisse, in dem sie standen, und den später durchaus gerechtfertigten hohen Erwartungen, welche Gesner von diesem jungen Botaniker hegte. Amico singulari ornatissimo oder egregio et singularis spei juveni und später medico pererudito et fideli, amico charissimo et observandissimo suo lauteten hier Gesner’s Anreden. Mit Gesner’s Empfehlungen begab sich B. zuerst im Herbst 1560 zu Fuchs nach Tübingen, von wo er indeß schon zu Neujahr wieder nach Basel zurückgekehrt war, dann im Sommer 1561 nach Mümpelgard, wo er unter dem berühmten Arzte und Kanzler der Universität Rondelet, ja anscheinend in dessen Hause (apud R. adressirt Gesner) seine Studien fortsetzte. Von hier kehrte er im August 1562 nach Basel zurück, um im Novemb. Padua zu besuchen und verweilte dann bis zum Herbste 1563 in Basel, mit der Botanik unter Gesner’s Anregung und als sein Begleiter auf Alpenreisen, sowie mit dem Studium der Medicin unter seinem Vater eifrig beschäftigt. Auf längere Zeit begab er sich nun nach Lyon, wo ihm Dalechamps schon bekannt war. Dieser suchte auch seine Kräfte zum Ordnen der für seine ungeheure „Historia generalis plantarum. Lugduni 1587“ zusammengebrachten Notizen zu verwenden, indeß wie den Vater, so trieb 1566, nach Gesner’s Tode, den Sohn religiöse [150] Verfolgung nach Basel zurück. Seine Rückreise benutzte er zu einer botanischen Durchforschung Südfrankreichs und einem Aufenthalte in Genf. Schon damals trug er sich mit dem Plane in einer Pflanzengeschichte alle Pflanzen kritisch gesichtet genau zu beschreiben. Er hat denselben unablässig bis an sein Lebensende verfolgt. Mit Unrecht wird er bisweilen als Schüler von Fuchs bezeichnet, wie sich aus obiger Darstellung ergibt, welche auf den Daten der Gesner’schen Briefe beruht. In der Botanik kann man nur Gesner als seinen Lehrer bezeichnen. Rührend aber sind die Briefe Gesner’s an ihn, worin dieser ihm Vorwürfe macht, daß er ihm diesen Plan nicht direct mitgetheilt habe, denn von ihm habe er nicht Ehrsucht und Neid zu befürchten, sondern dürfe alle Förderung erwarten. Johann B. erhielt, nach Basel zurückgekehrt, 1566 eine Anstellung als Professor der Rhetorik, wie denn derzeit die Professuren mehr mit Rücksicht auf die Höhe des jeder einmal durch Stiftungen beigelegten Gehaltes, als auf das Fach vertheilt wurden. B. fuhr also fort in seiner naturwissenschaftlich-medicinischen Laufbahn. Indeß schon 1570 folgte er einem Rufe des Herzogs Ulrich von Würtemberg zu Mümpelgard als dessen Leibarzt, Anatom und Botaniker, wie die Grabschrift (bei Niceron 13 p. 124) besagt, wie denn der Herzog den Wissenschaften zugeneigt war. Hier wurde seine große Arbeit durch mehrere treffliche medicinische Schriften unterbrochen. In der ersten „Memorabilis historia luporum aliquot rabidorum. Montisb. 1591“ beschrieb er nicht nur die vorgekommenen Fälle, sondern gab mit scharfer Kritik eine Würdigung der vielen gegen die Tollwuth angegebenen, aber leider unnützen Mittel. Sein zweites Werk „Traité des animaux ayant ailes qui nuisent par leurs piqures ou morsures avec les remedes. Montb. 1593“ widerlegt besonders auch den Aberglauben der Bauern, daß die Schmetterlinge mit langem Rüssel Menschen und Vieh tödteten. Es folgte ein drittes: „Kurzer Bericht, wie man sich vor der Pestilenz verhüten soll“, Mümpelgard 1597 und ein viertes Werk: „Historia novi et admirabilis fontis balneique Bollensis“, 1598 und öfter, auch deutsch von David Förter. „Ein new Badbuch“, 1598 u. ö. behandelt in 3 Büchern die chemisch-medicinischen Verhältnisse des neuen Bades, im 4. Buche aber die in demselben vorkommenden Naturkörper mit vielen Abbildungen von Mineralien, Insecten etc. und sorgfältigen Beschreibungen. Darunter finden sich die Beschreibungen und Abbildungen von 60 Apfel- und 40 Birnsorten, die erste derartige Publication in Deutschland. Außerdem wird ihm ein Werk mit dem Titel „Vivitur ingenio, caetera mortis erunt“, 1592, 4. oblong, zugeschrieben. Alle seine übrigen Schriften sind Auszüge oder Vorläufer der großen Pflanzengeschichte, so jene schon oben genannte Erstlingsschrift über Pflanzennamen, welche er in seinem funfzigsten Lebensjahre herausgab, dann „De plantis Absynthii nomen habentibus“, 1593, und der nach seinem Tode von seinem Schwiegersohne Cherler herausgegebene „Historiae plantarum generalis 50. annis elaboratae … Prodromus. Ebroduni 1619“, welcher nur ein Inhaltsverzeichniß des beabsichtigten Werkes darstellt. Endlich erschien noch viel später in drei dicken Foliobänden die „Historia plantarum universalis, quam recensuit et auxit D. Chabraeus juris vero publici fecit Fr. L. a Graffenried. Ebroduni 1650–51“. Mit seltener Liberalität hatte der Berner Patricier Graffenried die sehr bedeutenden Druckkosten, angeblich 40000 Gulden, hergegeben. Das classische, an sorgfältiger kritischer Darstellung unübertroffene Werk war leider entstellt durch Beigabe der kleinen Holzschnitte, welche Fuchs hatte entwerfen lassen und welche nun nicht nur unansehnlich und abgenützt geworden, sondern von dem solcher Arbeit nicht gewachsenen Chabräus oft an ganz verkehrte Stellen angebracht waren. Deshalb und wegen seines späten Erscheinens hat diese schöne Arbeit nicht die allgemeine Anerkennung gefunden, welche die kürzere gleich zu besprechende Pflanzenübersicht seines viel jüngeren aber auch weniger kritischen [151] Bruders fand. Johann B. war verheirathet mit Dionysia Bernaud, hatte viele Kinder, verlor jedoch seine Söhne alle im frühen Alter.