Actenstükke die Verbesserung des bürgerlichen Zustandes der Israeliten betreffend
VERBESSERUNG
DES
UND
MIT EINER EINLEITUNG BEGLEITET
DURCH
CARL AUGUST BUCHHOLZ,
BEYDER RECHTE UND DER PHILOSOPHIE DOCTOR,
AUSÜBENDEN RECHTSGELEHRTEN ZU LÜBEK.
In der J. G. Cotta’schen Buchhandlung.
Wer eine Sache der Menschheit vertheidigt, darf den Beruf dazu nicht erst darlegen. Dringt was er sagt aus seinem innersten Herzen – fehle dann auch seinen Worten der rednerische Schmuk, – die Herzen seiner besseren Hörer wird er dennoch erreichen! Wahrheiten an welche man nicht oft genug erinnern, – Vorurtheile welche man nicht oft genug bekämpfen kann; – wird nicht wenn sie auf das Wohl oder Wehe von Millionen einwirken, es um so höhere Pflicht, lauter die Stimme zu erheben? lauter in einem Zeitpunct welcher als den einer wohlthätigen Umgestaltung sich ankündigt? Oder müsste dem Philosophen der Politiker gegenüber treten, – wäre was jenem Vorurtheil dünkt, diesem nur eine nothwendige Schonung bestehender Verfassungen? Die Frage lohnt meine ich, der Mühe, und erörtert muss sie werden, sollen dem Zufall nicht die Geburten überlassen, sollen die Warnungen und Lehren [IV] der Geschichte nicht überhört, soll es beherzigt werden, dass veränderte Zeiten, veränderte Bedürfnisse geschaffen haben.
Der Titel dieser Blätter hat schon verkündet, dass sie mit dem Schiksale jener Hunderttausende sich beschäftigen, welche dem Mosaischen Cultus angehören, welche unter uns wohnen und wohnen werden, und deren bürgerliche Lage eine allgemeine Aufmerksamkeit verdient. Wohl den heiligen Rechten welche ich vertheidige, dass ich einen neuen Weg, einen Weg wählen konnte, welchen die Schriftsteller voriger Decendien nicht zu betreten vermochten! Erfahrungen sind es heute deren Resultate ich liefere, nachahmungswerthe Muster die ich bringe. Nicht aus Vernunftschlüssen allein, aus Thatsachen habe ich dargelegt, dass und wie jene nothwendige Reform möglich, dass und wie, aller anscheinenden Hindernisse ohnerachtet, sie auf einem allgemeinen Wege für Deutschland, durch eine einzige conforme Massregel erwirkt werden könne, ohne dass verschiedene Localitäten, ohne dass verschiedene Grade der Civilisation ernsthafte Hindernisse in den Weg legen.
[V] Wer aber, so frägt sich, vermag diesem Wunsche seine Realisirung zu geben? Wird die für die Deutschen Angelegenheiten niedergesetzte Committée, wird eine künftige Bundesversammlung sich befugt glauben, über einen Gegenstand zu berathen, welcher allein den gesetzgebenden Gewalten einzelner Länder und Staaten angehört? Wenn ich nicht sehr irre, gehören da, wo von den innern Angelegenheiten Deutschlands und von inneren Grundverfassungen die Rede seyn soll, auch solche Gegenstände zur Sache, welche von Einflüssen auf alle Deutschen Staaten ohne Ausnahme sich bewähren, und wo die gemeinschaftlich darüber zu nehmenden Beschlüsse, besonders dahin zwekken, Trennung der Gemüther unter Deutschen Unterthanen selbst zu entfernen, Ungleichförmigkeiten ein Ziel zu setzen, deren Inconvenienzen anerkannt sind, und unter Allen, welche auf Deutschem Boden geboren sind, auf Deutschem Boden wohnen, ein festeres Band zu knüpfen. Es kommt, glaube ich, mit aller der Bescheidenheit, welche dem Privatmanne ziemt, äussern zu dürfen, vielleicht in diesen Beziehungen darauf [VI] insonders an, gewisse Hauptpuncte festzusetzen, welche jenen Criterien für entsprechend geachtet werden. In der gemeinschaftlichen Beschlussnahme über diese, liegt aber sehr gewiss keine Verzichtung, keine Beeinträchtigung irgend eines Souverainitätsrechts. Nur so gestaltet die Frage sich, ob das was vorgeschlagen wird, dem Zwecke allgemeinen Deutschen Wohls entspricht oder nicht, ob der bisherige Zustand in fraglicher Beziehung, fortbestehen könne und solle, und ob die Aufstellung eines allgemeinen Principes unbedingt, oder mit gewissen Modificationen dem Bedürfniss der Zeit, angemessen sey oder nicht? Sollen Vorschläge der bezeichneten Art überhaupt entfernt bleiben, so ist das Schiksal dieser Blätter und einer der Deutschen Committée übergebene Vorstellung geweissagt. Sollen sie es nicht, so werden die nachstehenden Darstellungen, nicht ohne Erfolg die Frage behandeln: ob die Verbesserung des bürgerlichen Zustandes der Israeliten in Deutschland, zu den gegenwärtigen Bedürfnissen Deutschlands gehöre oder nicht?
- Wien, im December 1814.
[7] Es war eine Zeit in Deutschland, wo es des ernsthaftesten Beweises bedurfte, dass es keine Hexen gebe, um Tausende unschuldiger Menschen den Flammen des Scheiterhaufens zu entreissen, nachdem die Asche der verbrannten menschlichen Gebeine vieler Tausende schon verweht war. Auch eine Zeit war, wo die Kinder der Wundärzte, Zöllner, Leineweber, Schäfer und Müller für unehrlicher Abkunft, selbst der Aufnahme in Zünfte für unfähig geachtet wurden, und erst nachdem in manchen Generationen, Tausende mit gleichen Ansprüchen zur bürgerlichen Wohlfahrt, mit gleichen Fähigkeiten zum Gemeinwohl zu wirken, geborner Menschen dahin geschieden waren, liess die Macht eines blinden Vorurtheils langsam sich besiegen. Millionen von Menschen lächeln heute über die düstern Begriffe einer dunklen Vorzeit, vermögen nur schwer sich zu enträthseln, wie der menschliche Geist, auf solche Irrwege habe gerathen können, und für diese Millionen bedarf es doch heute noch des ernsthaften Beweises, dass Abstammung aus irgend einem Lande oder Volke nicht schänden, und an den entferntesten Nachkommen nicht gerächt werden dürfe, was [8] vor langen Jahrhunderten von verblendeten Eiferern, an der asiatischen Küste des Mittelländischen Meeres, sträflich begangen war! Doch bedarf es noch heute der ernsthaften Erinnerung für sie, dass ein Volk, welchem durch achtzehn Jahrhunderte alle Mittel der Cultur abgeschnitten waren, am Beginnen des neunzehnten Seculums nicht mit glücklicheren Nationen durchgängig, auf einer und derselben Stufe der Bildung stehen könne! Dass nach unabänderlichen Gesetzen der Natur, Wirkungen aus Ursachen erklärt werden müssen! Dass jene übereinstimmenden Eigenheiten der Denkart, der Gesinnungen und Leidenschaften, die man bey dem grösseren Theile der einzelnen Glieder einer Nation als deren bestimmten Charakter findet, nicht unterscheidende und unabänderliche Modificationen der menschlichen Natur, sondern zum grössten Theile und vornehmlich nur der politischen Verfassung, in welcher sie sich befindet, sind! Millionen von Menschen vergiessen Thränen der wehmüthigsten Rührung, indem sie der menschenfreundlichen Idee der Vernichtung des Sclavenhandels nachhängen, und eben diese Millionen sehen kalt dazu, wenn neben, um, und bey ihnen, ihre Israelitischen Mitbrüder unter der Last eines beugenden Joches seufzen. Millionen von Menschen jubeln über eine wiedererrungene Freyheit, und eben diese schlagen wieder Fesseln über Brüder, welche [9] mit ihnen für eine Sache der Menschheit kämpften und duldeten. Alle schrecklichen Folgen der Unterdrückung und der dadurch erzeugten Entartung des Gemüthes, haben in schwerer Leidensschule jüngst erst so schrecklich sich bewährt, und verloren soll demnach die theuer erkaufte Lehre gehen?
Des Zeitalters Geist ist Menschenwerk. Auch die moralische Natur hat ihre Revolutionen, um sie aus ihrem Schlummer zu wekken. Nach einer Gährung wie der erlebten, entwindet ein neues Leben der Ideen sich dem Schoosse der Menschheit, neue Wünsche fühlen sich, neue Bedürfnisse entstehn. Nicht ohne Tag wird die Morgenröthe bleiben, welche am Himmel des deutschen Vaterlandes flammend jetzt aufstrebt, und wenn der unsterbliche Herder in seinen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit (Th. 4. S. 41.) geweissagt hat. „Es wird eine Zeit kommen, da man in Europa nicht mehr fragen wird, wer Jude oder Christ sey, denn auch der Jude wird nach Europäischen Gesetzen leben, und zum Besten der Staaten beytragen, woran nur eine barbarische Verfassung ihn hindern, oder seine Fähigkeit schädlich machen konnte,“ so scheint der erhabene gegenwärtige Zeitpunct, in welchem Deutschlands Wohl und seiner Unterthanen Glück neu und bleibend gestiftet werden soll, gewiss auch derjenige werden au müssen, in welchem jene schöne Weissagung [10] in Erfüllung gehen, vor den Strahlen der Philosophie die Nacht dunkler, auf das Gemeinwohl schädlich wirkender Vorurtheile nicht bestehen, und endlich wird anerkannt werden, dass verschiedene Grundsätze über die Glückseligkeit des künftigen Lebens, nicht in diesem bürgerliche Vorzüge und Lasten zur Folge haben müssen, und dass das Wohl der bürgerlichen Gesellschaft erfordere, keinem ihrer Glieder den Fleiss zu wehren, und die Wege des Erwerbs zu verschliessen.
Mit der Macht des Vorurtheils hatte die Macht der Gewohnheit sich verschwistert, um die Fortdauer des Drukkes zu erhalten, unter welchem die Jüdische Nation zur Schande der Menschheit seufzte. Auch die Macht eines kleinherzigen Interesse trug dazu bey, die natürlich gute Stimmung des menschlichen Geistes zu verwirren. Es ist merkwürdig zu sehen, wie das Vorurtheil die Gestalten aller Jahrhunderte angenommen hat, um die Unterdrückung der Israeliten zu rechtfertigen, und ihrer bürgerlichen Aufnahme Schwierigkeiten in den Weg zu legen. In der ersten Periode des Christenthums bey der noch neuen Erbitterung über dessen Trennung, war es unverhohlener Hass, welcher sich in der Verfolgung der Juden aussprach. In den abergläubischen Zeiten des dreyzehnten Jahrhunderts waren es Heiligthümer, die sie aus Muthwillen geschändet, Hostien, [11] die sie entweiht, Crucifixe, die sie durchstochen, Christenkinder, die sie ermordet, dadurch aber den Himmel erzürnt und Hungersnoth und Pest über Länder und Provinzen herbeygerufen haben sollten, bis ihre blutige Verfolgung die Gottheit versöhnte. Als die Zeiten sich änderten, die Aufklärung vorschritt, und jene Verläumdungen den gewünschten Eindruk nicht mehr zu machen vermochten, trat an die Stelle jener gröberen Beschuldigungen, der Vorwurf des Aberglaubens und der Dummheit, des Mangels an moralischem Gefühle, der unüberwindlichen Neigung zum Betruge, und der Unfähigkeit zu jedem nützlichen Gewerbe. Immer aber fuhr man in vielen Staaten fort, alle Wege zur nützlichen Verbesserung ihnen zu versperren, und dann den Mangel an Cultur zum Grunde ihrer ferneren Unterdrükkung zu machen. Immer aber fesselte man ihre Hände, und machte dann ihnen zum Vorwurf, dass sie nicht sie gebrauchten. In Handelsstaaten, wo die Gesinnungen des Kaufmanns an und für sich eingeschränkter, als die Gesinnungen anderer Bürger sind, lehrte die öftere Collision in welche sein Interesse mit dem Interesse seines Nebenmenschen gerieth, ihn seine Mitbuhler als Gegner und Feinde ansehen. Der Grund dieses Hasses lag nicht in der Verschiedenheit der Religion, sondern in der Gleichheit des Gewerbes, im Juden wurde [12] der Kaufmann, nicht der Jude verfolgt. Während der christliche Kaufmann seine Glaubensgenossen selten anders als durch Aeusserung höherer Kraft, und Anwendung grösserer Geschiklichkeit überwinden konnte, erreichte er bey dem Juden seinen Zweck näher, wenn er ihm den Kampfplatz versperrte, und den Eintritt weigerte. Endlich äusserte auch bey den Aufgeklärteren aller Stände die Macht der Gewohnheit ihre so häufig erkannte Kraft. Viele rechtliche Männer blieben der festen Ueberzeugung, wie das Wohl unserer bürgerlichen Verfassungen schlechterdings erfordere, die Juden nach Grundsätzen zu behandeln, die sie gegen alle übrigen Menschen eben so unbillig als unpolitisch fanden, die aber bey Jenen in einem andern Lichte ihnen erschienen, nur weil sie seit Jahrhunderten schon gegen sie ausgeübt waren. Nicht leicht konnten sie sich überwinden, Verfassungen und Staatseinrichtungen, welche durch eine Serie von Jahrhunderten bestanden, für fehlerhaft zu halten; sie glaubten sich berechtigt anzunehmen, dass Dinge, die schon so lange auf eine gewisse Art gewesen seyn, nicht ohne die nachtheiligsten Folgen würden anders seyn können, und jedem entgegengesetzten Vorschlage, welcher als ein Luftgebilde philosophischer Träumereyen ihnen erschien, begegneten sie mit dem Einwurfe, dass in gegebenen bürgerlichen Verhältnissen [13] anders die Dinge sich gestalten, als in der Sphäre erst a priori zu begründender Staaten. Mochte aber das Vorurtheil beherrschen, das Interesse beseelen, die Gewohnheit ihre Macht bewähren, oder irgend ein äusserer Einfluss da, wo von diesem Gegenstande die Rede war, eingreifen, so vereinigten Alle sich nun auf die Nation zu wälzen, was nur Individuen zur Last fallen konnte. „In allen Reichen zerstreut, bemerkt Friedländer richtig, leben die Juden unter den verschiedensten Religionsverwandten, bald in engerer, bald in weiterer gesellschaftlicher Verbindung mit ihnen, stehen unter den mannigfaltigsten Regierungsformen, sind in Absicht der Civilgesetze hier ganz oder zum Theil des Landes, dort bloss ihrer eigenen Obrigkeit unterworfen.“ Ist es auch, fährt er fort, nur psychologisch betrachtet möglich, dass sie bey aller dieser Verschiedenheit dennoch in Sitten und Charakter, und zwar von Seiten der Verderbtheit einander gleich, oder doch ähnlich seyn können? Werden die verschiedenen Lagen, in welchen sie sich befinden, die verschiedene Behandlung, die sie von ihren Mitmenschen erfahren, nie und nirgends gewirkt, nie und nirgends in die Augen fallende Veränderungen in Absicht ihrer Sittlichkeit und Geselligkeit, folglich auch ihrer Nützlichkeit hervorgebracht haben? Wird ein näherer Umgang mit fremden Religionsverwandten [14] gar keinen Einfluss auf die Art zu empfinden und zu leben bey ihnen gehabt haben? Werden nicht mit dieser Geselligkeit, mit Gleichheit der Kleidung, der Sprache, der Gesetze, sich auch Gleichheit der Gesinnungen, freyere Denkungsart, und Aufhellung der Begriffe verschwistert haben? Mit einem Worte ist es möglich, dass der vorgerechneten unendlichen Verschiedenheit unerachtet, die Juden aller Länder, in Absicht der Moralität, Civilisation und Brauchbarkeit einander so gleich seyn können, dass alle insgesammt nach einem und demselben Massstabe beurtheilt werden können? Und doch sind alle Vorwürfe auch aufgeklärter Männer immer im allgemeinen gegen die Juden überhaupt gerichtet! Doch heissen der Mann, welchen ein Lambert und Sulzer sich zum Gefährten wünschten und wählten, und der Vagabunde, in welchem man nur noch Trümmer der Menschheit erblickt, im gemeinen Leben, der Eine wie der Andere, der Jude!
Vier Decendien beynahe sind verflossen, seit in Deutschland die erste kraftvolle und würdige Stimme für die Verbesserung des bürgerlichen Zustandes der Israeliten ertönte. In einer Zeit, da sie nur in so weit noch geduldet wurden, als sie die Luft, welche sie einathmeten, mit den schwersten Abgaben erkauften, in einer Zeit da der Pöbel aller Stände noch wähnte, dass sie nur existirten, um Gegenstand [15] seines Frevels und schmählichen Spottes zu seyn, trat der edle Christian Wilhelm von Dohm als Redner und Vertreter der Unglücklichen, unter den Augen grosser Monarchen auf, zeigte aus der Geschichte wie die Juden nur desshalb als Menschen und Bürger verderbt gewesen, weil man ihnen die Rechte beyder versagt habe, und ermunterte die Regierungen, die Zahl der guten Bürger dadurch zu vermehren, dass sie die Juden nicht mehr veranlassten, schlechte zu seyn. Aus den sittlichen und politischen Verhältnissen in denen sie in verschiedenen Ländern und Zeiten sich befanden, aus der gegenseitigen Einwirkung der Nationen, unter denen sie gelebt, aus den Folgen der verschiedenen Verfassungen, erklärte er die Richtung die ihr Charakter durch eine vorgeschriebene ausschliessende Beschäftigung erhalten, so wie die Abänderung ihres ursprünglichen Geistes, bewies, dass gesunde Vernunft, allgemeine Menschlichkeit und Interesse der bürgerlichen Gesellschaft ihre bessere Behandlung fordere, und legte die Mittel, welche zu einer Umformung dieses Zustandes, so wie zur Vorbereitung glücklicher Folgen führen mussten dar. Nicht sobald war dieses ausgezeichnete classische Werk erschienen, als eine grosse Anzahl von Schriftstellern, unter ihnen die gelehrtesten Männer des Zeitalters, gegen ihn auftraten, und zu seiner Widerlegung [16] sich waffneten. Das Resultat gelehrter Untersuchungen über die Frage: ob die Bekenner der Mosaischen Religion am Sabbath fechten dürfen, schloss sich mit ihrer behaupteten Unfähigkeit zum Kriegsdienste, das in ihrer Religion gegründete Verbot mancher Speisen, so wie grössere Zahl und Verschiedenheit ihrer Festtage, diente zum Beweise, dass kein Beschnittener in christliche Zünfte und Gewerke eintreten könne. Die der ehemahligen Jüdischen Staatsverfassung zum Grunde liegende, nach den Maximen menschlicher Politik nicht denkbare Theocratie, sollte die Ungeneigtheit der Israeliten unter die Anordnungen eines weltlichen Oberhaupts sich zu fügen bewähren. Aus den Satzungen ihrer Religion und Politik wurde nicht allein abstrahirt, dass ihre nähere Verbindung mit andern Nationen unmöglich, ihre Unterwerfung unter derselben Bürgerpflicht, und demselben Bürgergesetz, so lange der Glaube ihrer Väter der ihrige bleibe, nicht denkbar sey, sondern auch, dass Ueberlistung und Betrug gegen Fremde, so wenig in Gemässheit jener ihnen verboten, als wenig ihrem Eide nur die mindeste Glaubwürdigkeit beyzumessen sey. Kein Laster endlich dessen die Israeliten nicht fähiger, kein Verbrechen, zu welchem sie nicht geneigter, wie jeder andere Sterbliche, und allenthalben das Resultat, dass sie unfähig seyn, gute und brauchbare Mitglieder des Staats mit gleichen Rechten, aber [17] auch mit gleichen Pflichten zu seyn! – Mittlerweile ist nun die Zeit ihren ewigen Gang fortgeschritten, Jahrzehende sind auf einander gefolgt, eingerissen ist die Scheidewand mehr und mehr, welche auf den gesunkenen Grundpfeilern eines verderblichen Irrwahns ruhte, erhabene Regenten, im Einklange mit den weisesten Staatsmännern hemmten den Druck ihrer Israelitischen Unterthanen, und schon wird es möglich bey Beurtheilung dieser Angelegenheit von einem andern Standpuncte auszugehen. Wenn die Uebereinstimmung, mit welcher damals alle Regierungen gegen die bürgerliche Aufnahme Jüdischer Glaubensgenossen strebten, für die Richtigkeit ihrer Massregeln zu sprechen schien, so dürfte umgekehrt heute die Vereinigung so vieler Regenten zu dem Zwecke ihren bürgerlichen Zustand zu verbessern laut dafür sprechen, dass veränderte Zeiten auch in diesen Beziehungen veränderte Bedürfnisse geschaffen haben, und dass die Wahrheit eines Raisonnements bestätigt sey, welches, als es zuerst sich kund gab, ein unpraktisches Paradoxon hiess. Wenn der edle von Dohm seinen Gegnern nur antworten konnte, dass man allen psychologischen Gesetzen gemäss, anzunehmen berechtigt sey, dass der unter dem Joche des Druckes gebeugte und gewissermassen entartete Jude als freyer Mensch und Bürger, ein anderer seyn, dass mit der Ursache auch die [18] Wirkung aufhören werde, so lässt sich heute fragen, was die Erfahrung gelehrt hat, – ob die Speculationen einer objectiven Staatskunst als richtig sich bewährten oder nicht, und ob der Jude es zu würdigen wisse oder nicht, wenn ein Vaterland ihm gegeben, Staatsachtung ihm bewiesen, und die Wohlthat der Gleichstellung mit andern Bürgern unter dem nämlichen Bürgerrecht und Gesetz ihm zu Theil wird? Es wird nicht schwer seyn, zu der Ueberzeugung zu gelangen, dass in keinem merkwürdigerem, wichtigerem und entscheidenderem Zeitpunct wie gerade jetzt, diese für die Menschheit interessante Frage aufgeworfen werden konnte. Während ohne der Beyspiele des handelsklugen Hollands auch nach dessen neuester Constitution und ohne der Beyspiele Frankreichs, Dännemarks so wie anderer auswärtiger Staaten zu gedenken, die Regenten von Preussen, Baiern, Baden, Meklenhurg und Hollstein Ihre Jüdischen Unterthanen für Einländer und Staatsbürger achten, und in allen wichtigen Beziehungen sie den christlichen Religionsverwandten gleichstellen, ist ein anderer Theil Deutschlands, wo die meisten bürgerlichen Rechte ihnen versagt, fast alle Wege des Erwerbs bis auf den auch nur mit Restrictionen verstatteten Handel, ihnen verschlossen, in Städten sie auf gewisse Wohnbezirke eingeschränkt, und unter den Fesseln eines Druckes [19] gebeugt sind, dessen Folgen man als Ursache desselben angibt. Wenn es in diesem grossen Zeitpunct denn auch nicht die Ehre des Jahrhunderts, wenn es auch nicht die Sicherstellung der mit so vielem Wortpomp in unzähligen Proclamationen, jüngst noch gepriesenen Rechte der Menschen, wenn es auch nicht den Sieg der Aufklärung gelten sollte, – wird nicht das Interesse Preussens, und der in diesen Beziehungen seinem Beyspiel gefolgten Staaten, in mehr wie einer Hinsicht für wünschenswerth erkennen, dass auch in benachbarten angränzenden, und anderen Staaten, ein gleiches System adoptirt werde? Wird nicht das eigene Interesse der letzteren bewirken müssen, dass sie die Hand dazu biethen, eine grosse Anzahl in ihrem Lande geborner oder domicilirter, bis dahin zurückgesetzter Unterthanen inniger mit dem Vaterlande zu vereinen, Trennung der Gemüther, Neigung zur Unterdrückung, auf der einen, und Kampf dagegen auf der andern Seite zu entfernen?
Je genauer, strenger und vielseitiger eine politische Materie in allen ihren Theilen, mit allen Beziehungen, deren sie fähig ist, aufgehellt, je mehr sie bis in ihre einfachsten Elemente aufgelöst wird, desto besser gewiss für die Wahrheit und für die Menschheit. Wenn man die Wahrheit des Satzes nicht verkennen kann, dass viele politische Reformen [20] nicht gerade so in bestimmten Ländern ausgeführt werden können, wie ein auch gut entworfener Plan im Allgemeinen, ohne auf Localhindernisse Rücksicht zu nehmen, angibt, und dass die genaueste Copie einer sehr vollkommenen politischen Verfassung in einem Staate, in einem andern sehr fehlerhaft seyn könne, so dürfte vielleicht die Behauptung, dass eine Verbesserung des bürgerlichen Zustandes der Juden in allen Staaten auf einem, im Allgemeinen gleichförmigem Wege möglich, nützlich und nothwendig sey, auf den ersten Anblick gar paradox und nur in das Reich der frommen Träume zu gehören scheinen, denen in der Welt, wie sie ist, nicht wie sie seyn könnte, weise Politiker schwerlich das Daseyn zu geben bemüht seyn möchten. Es ist hier aber zuvörderst nothwendig, gewissermassen den Thatbestand festzustellen, und das gegenseitige factische Verhältniss beyder Theile aufzuklären, um ein practisches Resultat zu ziehen. Nicht jetzt erst ist der Moment der Einwanderung der Israeliten aus Arabien und Palästina, also auch nicht jetzt die Frage aufzuwerfen, ob man ihre Niederlassung gestatten oder verbieten, an harte oder milde Bedingungen knüpfen will. Schon vor Jahrhunderten wanderten die Urväter ein, und von den entferntesten Urenkeln ist die Rede. Im Lande waren die Väter, [21] sind die Söhne, werden die Enkel bleiben. Ausgeschlossen von vielen Wegen des Erwerbes, ausgeschlossen fast von allen Rechten der Bürger, haben sie unter hartem Drucke geseufzt, und dessen nachtheilige Folgen auf die Urheber zurück gewälzt. Unläugbar also waltet ein an beyden Seiten unbehaglicher, schädlicher auf alle Theile verderblich wirkender Zustand. Unläugbar also muss, wenn möglich diesen geendet wissen, dem Interesse aller Theile zusagen. An dem guten Willen der Staaten an sich mag dabey nicht gezweifelt werden, und es gestaltet sonach die allenthalben anwendbare Frage sich dahin: „ob die Israeliten in einer bürgerlichen Gesellschaft, bey gleichen Rechten, fähig sind, gleiche Pflichten zu erfüllen, – dann, – ob sie dazu geneigt seyn werden?“ Schon oben ist gesagt, dass man gegenwärtig von einem erfreulicheren Standpuncte ausgehen, dass man in vielen Beziehungen sich umsehen dürfe, in wie weit Vernunftschlüsse durch Erfahrungssätze bestätigt werden. Denn wenn es wahr bleibt, dass Erfahrung den sichersten Massstab abgibt; so darf man annehmen, dass diese Regel, besonders alsdann gelten muss, wenn man den Einfluss einer gewissen Ordnung der Dinge auf Staaten beurtheilen will, zumahl einer solchen, an deren Gegentheil man so [22] lange gewohnt war, und wo die denselben bisher widersprechenden Einrichtungen, so innig in ganze Verfassungen verflochten waren, dass man sich nicht leicht überwinden kann, sie für unzweckmässig und unweise zu halten.
Auch diejenigen, welche als unbefangene und unparteyische Beurtheiler dieser Angelegenheit sich ankündigten, glaubten in den Nationalgesetzen der Juden das unübersteiglichste Hinderniss ihrer bürgerlichen Perfectibilität zu finden, und indem sie die Frage so stellten; „ob der Jude als Jude mit Beybehaltung seiner trennenden Gesetze, absondernden Gebräuche, und religiösen Gewohnheiten, mit seinen christlichen Mitbrüdern zusammenschmelzen könne?“ hatten sie die verneinende Beantwortung schon in der Frage angekündigt, und das Resultat vorbereitet, dass wer gleiche Pflichten nicht erfüllen könne, auch gleicher Rechte nicht theilhaft werden dürfe. Es bestehen aber jene Hindernisse insonders nur desshalb, weil man durch den Druk und die Verfolgung der Juden ein gewisses Esprit de corps immer mehr unter ihnen etablirte und befestigte, immer mehr sie zwang, sich als ein von allen übrigen Erdbewohnern getrenntes Geschlecht zu vereinigen, und nur mit um so wärmerer Anhänglichkeit, Lehren und Gebräuche zu [23] umfassen, je mehr die übrige Welt sich verschworen hatte, sie ihnen zu entreissen. Je gewaltsamer die Israeliten den bürgerlichen Verhältnissen entrückt wurden, je weniger nahmen ihre Speculationen Rücksicht darauf, jemehr mussten sie dahin streben, sich enger in ihre religiösen Verbindungen einzuschliessen. Die Geschichte aller Zeiten hat bewiesen, dass politische oder religiöse Schwärmerey und Anhänglichkeit nur durch die Verfolgung verewigt wird. Nicht weniger aber auch hat sie bewiesen, dass Gleichgültigkeit und Unaufmerksamkeit am sichersten ihre Vernichtung nach sich ziehen; und allerdings würde man den Einwurf, dass nur die Juden hierin eine ganz besondere Ausnahme machen würden, so lange für ungegründet halten müssen, bis eine noch nie gemachte Erfahrung ihn bestätigt haben würde, wenn nicht, wie unten gezeigt werden soll, bereits wirklich die Erfahrung in so manchen Staaten das Gegentheil gelehrt hätte. „Die Menschen, bemerkt der unsterbliche Mendelssohn sehr richtig, wissen in solchen Fällen schon ihre Meinungen zu modificiren, und so zu wenden, dass sie mit ihrem bürgerlichen Berufe übereinstimmen, wenn man nur nicht sucht ihnen diesen Unterschied zu auffallend zu machen.“ Sicher darf man hier auf die sich immer gleiche Natur der Menschen vertrauen. Von selbst schon werden [24] die Juden das Lästige, Unbequeme und Unangenehme auffallender äusserer Unterscheidungen, gehemmter politischer Thätigkeit fühlen, und sie selbst werden schon sehen, wie sie dieser Fesseln sich entledigen. Immer ruhig kann es der Staat ihren Lehrern und Grüblern überlassen, die heiligen Meinungen so zu modificiren, dass sie mit dem zeitlichen Wohl und bürgerlichen Verhältnissen zusammenstimmen, und wenn man in manchen Ländern wünscht, dass die Juden so wie sie jetzt da sind, nicht da seyn möchten, so heisst das mit andern Worten, dass man wünschen muss, es hätten die Regierungen schon vor Jahren gethan, was sie ihrem eigenen Interesse zusagend, gewiss thun müssen, wie es so viele denn wirklich schon gethan haben.
Die höchsten Anforderungen, welche ein Staat an seinen Israelitischen Unterthan machen kann, sind meine ich, die, dass er die Versicherung von ihm fordert, erhält und ausgeübt sieht: „dass er in allen seinen bürgerlichen Verhältnissen keinen andern bekannten oder unbekannten, alten oder neuen Gesetzgeber oder Obern erkennen wolle, als allein den Souverain des Landes, dass er sich in seinen äusserlichen Sitten und Gebräuchen, dessen enthalten wolle, was einen schädlichen Separatismus zur Folge habe; dass er daher in keinem [25] Falle, wo es auf bürgerliche Pflichten ankommt, irgend ein altes oder neues Gesetz, Gewohnheit oder Ueberlieferung geltend machen wolle, um sich von diesen Pflichten auszuschliessen, dass er sich in seinen bürgerlichen Geschäften keiner besonderen ihm allein eigenen Sprache und Schriftzeichen bedienen, und dass er überhaupt Alles vermeiden wolle, was das wechselseitige Vertrauen zwischen ihm und seinen Mitbürgern vermeiden kann.“
Nach also festgestelltem Erforderniss der bürgerlichen Perfectibilität, wird es zur Sache gehören, sich in den Dogmen und Gesetzen der Juden, und den bisher bekannt gewordenen Erfahrungen umzusehen.
Die Anordnungen des Mosaischen Gesetzbuches bestimmen theils das Verhältniss der Menschen zur Gottheit, theils das Verhältniss, zwischen den Menschen unter sich, als Gliedern einer und derselben Gesellschaft, theils das Verhältniss, zwischen dem Unterthan und ihrem Souverain. Die ersteren, welche zum Gebiete des Gewissens gehören, sind eben dadurch unabhängig von zeitlichen Ereignissen, und bis auf einen gewissen Punct von der bürgerlichen Gerichtsbarkeit. Die zweyten und dritten können wegen der Natur der Gegenstände, über die sie Anordnungen geben, nicht so dauernd und unveränderlich [26] seyn, und führen nur Zwang mit sich nach den Umständen des Orts, der Zeit, und der politischen Ordnung, auf die sie anwendbar sind. Ward diese politische Ordnung umgestürzt und aufgelöst, so entband sie nothwendig von allen Pflichten, die aus ihrer Existenz hervorgingen, und sich durch ihre Dauer erhielten. Diess war das Schicksal der alten hebräischen Theocratie und der Regierung, welche sie unter der monarchischen Verfassung modificirte, bis zum gänzlichen Verschwinden aller Souverainetät, und es bilden darnach die Schlussfolgerungen sich von selbst. Ob aber die Bekenner der mosaischen Religion diess Raissonnement zu dem ihrigen machen?
Wenn es für controvers geachtet werden könnte, ob die Aussprüche des grossen Sanhedrin von 1807 gleich den Concilien bey den katholischen Glaubensverwandten, die gesammten Israeliten verpflichten, so wird doch niemand zweifeln wollen, das die Kraft einer authentischen Doctrinalentscheidung ihnen beywohnen.
Nun stellen sie über die bürgerlichen und politischen Verhältnisse in Art. 6 fest:
„Das grosse Sanhedrin, durchdrungen von dem Nutzen, der für die Israeliten, aus einer authentischen Erklärung, welche ihre Verbindlichkeiten als [27] Mitglieder des Staats, zu dem sie gehören, festsetzt und bestimmt, entstehen muss, und wollend, dass es Niemand unbekannt bleibe, welchen Grundsätzen in dieser Hinsicht die Schriftgelehrten und Notablen in Israel zugethan sind, und ihren Glaubensgenossen in allen Ländern, wo sie nicht von allen Vortheilen der Gesellschaft ausgeschlossen sind, vorschreiben.
Erklärt: dass es für jeden in einem Staate gebornem Juden, oder der durch Aufenthalt darin, oder auf eine andere Weise den Gesetzen gemäss, welche die hiezu erforderlichen Bedingungen bestimmen, Bürger desselben wird, zu den religiösen Pflichten gehöre, besagten Staat als sein Vaterland zu betrachten.
Dass diese aus der Natur der Dinge entspringenden Pflichten die der Bestimmung der in Gesellschaft lebenden Menschen gemäss, sind, dadurch selbst in Uebereinstimmung mit Gottes Wort kommen.
So befiehlt Alles dem Israeliten, für seinem Fürsten und seine Gesetze die Ehrfurcht, Liebe und Treue zu hegen, die alle seine Unterthanen ihm schuldig sind.
Alles verpflichtet ihn, sein Interesse nicht von dem Interesse des Publikums, noch seine und seiner Familie Bestimmung von der Bestimmung der [28] grossen Familie des Staats zu trennen. Die Unfälle desselben müssen ihn betrüben, seine Triumphe ihm Freude machen, und aus allen seinen Kräften muss er zu dem Wohl seiner Mitbürger beytragen.
Demzufolge statuirt das grosse Sanhedrin, dass jeder Israelit, der von den Gesetzen der Staaten als Bürger behandelt wird, nach seinem Glauben verbunden ist, sie als sein Vaterland zu betrachten, ihnen zu dienen, sie zu vertheidigen, und ihren Gesetzen gehorsam zu seyn.“
Die Resultate, welche sich aus dieser Entscheidung ableiten, schlagen auf das Kräftigste alle Folgerungen nieder, welche aus der, der ehemahligen Jüdischen Staatsverfassung zum Grunde liegenden Theocratie gebildet wurden, und zwar um so gewisser, da das Sanhedrin in dem Eingange zu seinen Entscheidungen, obigen Ansichten gemäss einen Unterschied zwischen religiösen und politischen Gesetzen festgestellt, die ersteren von der eventuellen Lage der Israeliten unabhängig, die letzten aber in ihren Ausübungen als den Veränderlichkeiten ihres Zustandes unterworfen, dem Clima, Sitten und Gesetzen der Nationen untergeordnet erklärt hatte. Eine Erklärung, welche eines der grossen Hindernisse für die Zukunft schwinden liess, welches die Regierungen abgehalten hatte, ihre Israelitischen Unterthanen [29] zu dem Range den Bürger zu erheben, weil die Vorstellung schwinden musste, als schwäche das Leidwesen über den Verlust des ehemahligen Vaterlandes in ihrer Seele die Stärke der Gefühle für das öffentliche Wohl, welche die Menschen an den Boden knüpfen, auf dem sie geboren wurden. Wenn das natürlich gute Gefühl, welches in der Brust jedes Menschen, also auch gewiss in der des Juden wohnt, ihn lehren muss, ein Vaterland zu lieben, in welchem der Genuss bürgerlicher Glückseligkeit ihm wird, in welchem er ein freyes Eigenthum erwerben, und frey geniessen kann, und wo seine Mitbrüder durch keine kränkenden Vorrechte von ihm geschieden sind, so befiehlt auch sein Gesetz ihm dieses Vaterland mit aller Innigkeit zu umfassen. Wenn die gesunde Vernunft ihn lehrt, dass auch er dem bürgerlichen Gesetz folgen müsse, welches Alles, um, neben und mit ihm regiert, so legt auch eine für ihn verbindliche positive Anordnung als religiöse Pflicht ihm es auf. –
Wo ist ein Land, in welchem die steile Trennungswand zwischen Jude und Christ niedergerissen war, und wo nicht alle Beweise ächter Vaterlandsliebe von den Israeliten gegeben wurden? Wir wollen näher fragen: Wo in ganz Deutschland, als es den Kampf um allgemeines Deutsches Wohl [30] galt, blieben die Jüdischen Glaubensgenossen von den Schaaren freywilliger Streiter selbst da zurück, wo sie nur geduldet sich sahen? Wir wollen noch näher fragen: Die Preussischen Staaten — Mark Brandenburg, Pommern, Neumark, Schlesien, Ost-Preussen u. s. w.? Thatsache ist es, dass die Söhne der wohlhabendsten Jüdischen Familien in den Hauptstädten mit dem Beyspiele freywilliger Ergreifung der Waffen, vorangingen, und Alle mit eben der Ausdauer, eben der Treue, wie andere Staatsbürger fochten und bluteten. Thatsache ist es, dass Jüdische Aerzte und Wundärzte ihr Leben den Gefahren der Hospitäler aussetzten, und als heilige Opfer fielen. Thatsache ist es, dass Jüdische Frauen und Mädchen keine Anstrengungen, keine Gefahren scheuten, um den Verwundeten Trost und Hülfe angedeihen zu lassen. Thatsache ist es endlich, dass alle Israelitischen Bürger durch die zahlreichsten freywilligen Geldopfer Beweise der Anhänglichkeit an König und Vaterland gaben. Dank und Ruhm der erhabenen Preussischen Regierung, dass alle diese Anstrengungen als von Staatsbürgern, nicht von Juden geschehen, aufgezeichnet sind, da es für diese keine besondere Rubrik mehr gibt. Man kann in Preussen so wenig sagen, wie viel die Israeliten gethan haben, als wenig man bestimmen [31] kann, wie viel die Protestanten, Catholiken und Reformirte geleistet haben. Alle aber haben dem Vaterlande Gut und Blut geweiht. Dank und Lohn, Ehre und Ehrenzeichen ist allen ohne Unterschied geworden. Die Oesterreichischen Staaten, namentlich Böhmen? Thatsache ist es auch hier, in Ländern, wo noch die Jüdischen Glaubensgenossen, mancher Rechte, und namentlich des Bürgerrechts nicht sich erfreuen, dass sie die Pflicht der Vaterlandsvertheidigung ruhmwürdig erfüllten, und viele Tausende von ihnen für Kaiser und Vaterland fielen. Die Hanseestädte? Nicht die Thatsache allein, dass auch hier die Sühne Jüdischer Familien zahlreich unter die freywillig gebildeten Legionen sich stellten, nicht die Thatsache allein, dass namentlich die Jüdischen Handlungshäuser in Hamburg zahlreichere und grössere patriotische Beyträge zur Beförderung des damahls eben erwachten Gemeinwohls spendeten, wie es in irgend einer andern Deutschen Stadt geschah, – es gelte für sie das öffentliche Zeugniss ihrer Regierung, welches im Propositionsdekrete des Senates an die Bürgerschaft über ihre vorgeschlagene Zulassung zum Bürgerrecht vom 10. September 1814 wörtlich also lautet: „Uebrigens sind während der französischen Regierung, wodurch allen hiesigen Religionsbekennern von selbst das Bürgerrecht überkommen, ungefähr [32] noch zweyhundert Israelien ausdrücklich in die Bürgerregister eingezeichnet, und ist bey allen erhaltenen Begünstigungen dieser Gleichheit, nicht allein kein Nachtheil anderer Bürger verspürt, sondern vielmehr hat ein stilles bescheidenes Benehmen, und die willigste Anstrengung mit andern fürs allgemeine Wohl, ja selbst eine vorzügliche Wohlthätigkeit und Vaterlandsliebe Mehrere unter ihnen ausgezeichnet. Wenn nun in solcher Lage die Ertheilung des Bürgerrechts an die Israeliten im Ganzen keinen Bedenklichkeiten unterworfen, und vielmehr in der Gerechtigkeit und Billigkeit gegründet erscheint, auch Religionsmeinung an sich, bey der vorgedachten Darstellung der jetzigen Israelitischen Grundsätze in Anwendung auf die Verhältnisse in dem Staate keinen Gegengrund ferner abgeben kann, so wird u. s. w.“ – Es bedarf hoffentlich nicht erst der Versicherung, dass obige Worte mit diplomatischer Treue aus jenem merkwürdigen Actenstück abgeschrieben sind. Holland? Schon am 2. September 1796 hatte die damahlige Nationalversammlung einstimmig decretirt, dass kein Jude, unter der Bedingung, dass er alle Verpflichtungen erfülle, die durch die allgemeine Constitution von jedem Bürger gefordert [33] werden, von einigen Rechten oder Vortheilen ausgeschlossen werden solle, die mit dem Batavischen Bürgerrecht verknüpft sind. Vielleicht lauter noch, wie anderswo, hat hier die Erfahrung gesprochen, und es wird um so unnöthiger einzelne Thatsachen anzuführen, da in einem Zeitraum von zwanzig Jahren die Israeliten sich des ihnen verliehenen Bürgerrechts so würdig gezeigt hatten, dass auch die neueste jetzige Constitution ihnen wiederholt, die bürgerlichen Rechte aller übrigen Glaubensgenossen im unbeschränktesten Umfange gesichert hat. Bey so gestalteter Lage der Dinge, darf ich glauben, bewiesen zu haben, dass Vaterlandsliebe für die Israeliten kein Wort leerer Bedeutung sey, ich darf glauben, bewiesen zu haben, dass sie die Staaten in deren Schoosse sie geboren waren, und wo sie ein glückliches Daseyn geniessen, als ihren wahren heimathlichen Boden zu betrachten, als ihr rechtes Vaterland, gleich allen übrigen Bürgern zu lieben und zu vertheidigen wissen. Und wann ich dann noch frage: wo hat, seit in jenen obengenannten Staaten ihre Autonomie aufgehoben war, auch nur ein Israelit sich geweigert vor den Richterstühlen des Landes, nach den Gesetzen des Landes Recht zu nehmen, und zu empfangen, so darf bey offenkundig verneinender Antwort das Resultat hingestellt werden, dass auch in diesen Beziehungen [34] sie das Ihrige gethan haben, um den Zustand eines Staates im Staate zu entfernen.
Aus den oben aneinander gereihten Thatsachen, aus welchen so evident sich ergiebt, dass die Regierungen von der Tauglichkeit der Israeliten zu Waffen und Wehr die unläugbarsten Beweise erhalten haben, folgt schon von selbst, dass über ihre einst behauptete Unfähigkeit und Ungeneigtheit zum Kriegsdienst wenig zu sagen übrig bleiben kann. Wenn vor nunmehr bald vierzig Jahren der gelehrte Ritter Michaelis aus den Anordnungen des Mosaischen Rechts hatte darlegen wollen, dass, wenn auch dem Juden nicht gerade verboten sey am Sabbath zu fechten, wiewohl immer nur dann, wenn es darauf ankomme, eines Menschen Leben zu retten oder Selbstvertheidigung es fordere, es doch niemals ihm verstattet sey, an jenem Tage anzugreifen, Ausfälle aus belagerten Städten zu unternehmen, Approchen und Belagerungswerke zu zerstören, den flüchtigen Feind zu verfolgen, und zu marschiren, so haben die Erfahrungen der neuesten Zeiten diese unfruchtbaren Spitzfindigkeiten wohl am bündigsten widerlegt. Und wenn die Gesetze der Israeliten von reinen und unreinen Speisen seine Deduction, dass der Jude bey keiner christlichen Armee dienen könne, stärker unterstützen sollten, so haben nicht allein Doctrinal-Entscheidungen, sondern auch hier [35] wiederum Erfahrungen ihn widerlegt. Allerdings musste, so lange jene Praemisse für wahr gehalten wurde, auch der daraus abgeleitete Folgesatz richtig scheinen: dass der Beschützte nicht mit dem Beschützer in gleicher Reihe gehen könne, dass wer nicht gleiche Lasten tragen wolle, auch gleiche Vortheile nicht verlangen dürfe, und dass wer von der Pflicht sich lossage, zur Erhaltung gemeiner Sicherheit gegen fremde Gewalt als erstem und Hauptzweck jeder politischen Vereinigung zu wirken, nicht als nützliches Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft gelten könne. Man wird aber so gerecht seyn, einzuräumen, dass, wenn der Vordersatz unwahr und unpractisch erkannt wird, auch der Nachsatz nicht länger haltbar bleibe. Nicht die älteren Kriegsthaten der Juden, von denen die Geschichte manche unwidersprechlichen und glänzenden Thatsachen aufstellt, dürfen hier angeführt werden. Es genüge an die Israelitischen Freiwilligen der Mark Brandenburg und aller Preussischen Staaten, es genüge an die ungeheure Anzahl Oesterreichischer und Böhmischer Juden, welche, in den neuesten Kriegen den Tod für Kaiser und Vaterland starben, zu erinnern. Tretet auf, und entkräftet diese Thatsache! Und wenn ihr es nicht vermögt, werdet ihr länger behaupten wollen, und dürfen, dass es gerecht sey, den Juden höhere Abgaben aufzulegen, well sie den [36] Schutz bezahlen müssen, den sie geniessen, ohne mitzuwirken, dass es gerecht sey, sie von manchen Vorrechten der Gesellschaft auszuschliessen, weil sie ihrer Vertheidigung sich entziehen, und dass es Staatsklug bleibe, den Besitz liegender Gründe ihnen zu wehren, damit nicht der Boden an Menschen komme, die im Fall eines Angriffs ihn verlassen, und auch ihre Mitbürger in Gefahr setzen würden?
Möge man aber den Israelitischen Zeitgenossen einräumen, dass sie den Unterschied zwischen dem politischen Zustande ihrer Urväter und dem ihrigen zu beherzigen, die Folgen davon aber practisch zu würdigen wissen, möge man ihnen einräumen, dass sie, die Nachkömmlinge jener, auf dem Boden unserer Vorfahren mit Uns geboren sind, dass gleiche Vaterlandsliebe für diesen Boden sie beseele, dass sie verbunden, geneigt, und bereitwillig sind, nach gleichem Gesetz sich regieren zu lassen, und dass gleiche Fähigkeit zur Wehr und Waffe an ihnen erprobt sey, wird man auch nach ihrem Gesetz die Befugniss, nach ihrer bisherigen Lage die Fähigkeit, nach ihrem Handelsgeist den Willen bey ihnen annehmen können und dürfen, zu allen nützlichen Gewerben des bürgerlichen Lebens, namentlich zu Handwerken und zum Akkerbau sich zu bestimmen, öffentliche [37] Bedienungen zu bekleiden, und alle Fächer des menschlichen Wissens und Kunstfleisses auch zu den ihrigen zu machen?
Indem ich zur gründlichen und umfassenderen Prüfung dieser für die bürgerliche Gesellschaft so wichtigen Beziehungen mich wende, sehe ich die entgegengesetzten Meinungen unzähliger Schriftsteller, ein Heer von Zweifeln und Bedenklichkeiten, die Stimme aller Zünfte und Innungen, die Schwierigkeiten ganze Staatseinrichtungen zu reformiren, und die ganze Kraft des Vorurtheils, des Eigennutzes und der Gewohnheit gegen mich gerichtet. Wird es möglich seyn, mehr als leere Phrasen hierüber zu verhandeln? Wird auf die Welt wie sie da liegt, auf Staaten wie sie organisirt sind, auch das was man endlich als wahr erkennen müsste anwendbar seyn? So frage ich, frage es dringender je gewisser es das Wohl von Millionen gilt.
Es wird zuförderst ein Blick auf die Jüdische Legislation nothwendig.
„Du wirst dich nähren deiner Hände Arbeit. Wohl dir, du hast es gut!“ Lehrt der 128ste Psalm.
„Wer sein Land bebauet, wird Ueberfluss haben,“ verkünden die Sprüche Salomonis Cap. 28. und 29.
„Wer sein Kind kein Handwerk lehren lässt, erzieht es zum Räuber,“ ordnet der Talmud Kiduschin Cap. 1.
[38] Und das Sanhedrin, dessen Ausspruch auch hier nur als authentische Doctrinal-Meynung gelten möge statuirt über die nützlichen Gewerbe in Art. 7.
„Das Sanhedrin erklärt, dass, wenn die Israeliten der Staaten sich seit langer Zeit in der Nothwendigkeit gesehen haben, zum Theil auf mechanische Geschäfte und besonders auf die Anbauung des Bodens zu verzichten, welche in allen Zeiten ihre Lieblingsbeschäftigung war, man diese unglückliche Entziehung, der Veränderlichkeit ihres Zustandes, der Ungewissheit, in welcher sie sich befanden, sowohl in Hinsicht ihrer persönlichen Sicherheit oder ihres Eigenthums wie auch den Hindernissen aller Art, welche die Verordnungen und Gesetze der Nationen der freyen Entwickelung ihres Kunst-Fleisses und ihrer Thätigkeit entgegensetzen zuzuschreiben habe.
Es erklärt, dass es kein ehrliches Gewerbe gebe, welches den Israeliten untersagt sey, dass vielmehr die Religion ihre Ausübung zum Verdienst anrechnet, und dass es in den Augen des Allerhöchsten ein Wohlgefallen ist, dass Jeder sich ihnen ergebe, und so sehr es von ihm abhängt, sie zum Gegenstand seiner Beschäftigungen macht.
Endlich; es fordert Israeliten, welche im Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte sind [39] auf, die Jugend zur Ausübung von Künsten und Handwerken und überhaupt zu nützlichen Gewerben anzuhalten, da es so der heiligen Schrift gemäss, den Sitten zuträglich und dem Vaterlande nützlich ist.“
Wenn ich an diese Gesetze und Autoritäten die Erfahrungen der Geschichte reihe, wenn ich daran erinnere, wie die Israeliten Palästina zur Kornkammer machten, in Ninive den Landbau trieben, den Parnass bebauten, und wie überhaupt im älteren Mosaischen Staate mechanische Arbeiten begünstigter, wie der Handel waren, so wird man jenen gemäss nicht wähnen, dass die Juden nach ihren politischen oder religiösen Grundsätzen von dem ersten aller Rechte dem: „Kopf und Hände nach eigener Wahl zu gebrauchen“ ausgeschlossen seyn, und diesen gemäss nicht, dass die gegen Alle gütige Natur gegen sie allein stiefmütterlich gehandelt, und sie mit geringeren Anlagen und minderen Fähigkeiten habe geboren werden lassen. Man wird es, meine ich, um so weniger, da selbst ihre eifrigsten Gegner einen gewissen Scharfsinn und eine grosse Gewandtheit in allen Lagen des Lebens an ihnen bemerken wollen.
Schon die simple Erscheinung, nur als Thatsache betrachtet, dass seit Jahrhundert die Geschäfte des Handwerkers und Akkerbauers den Israeliten in [40] so vielen Staaten fremd waren, führt von selbst auf die Ursache, auf das andere Factum, dass sie daran behindert wurden, auf den Beginn und die Fortdauer des Drukkes, welchen sie in diesen Beziehungen erlebten. Das Eine erklärt hier das Andere, und man bleibt immer in den Bahnen logischer Schlüsse, wenn man die Unfähigkeit vieler im Handel grau gewordner Israeliten noch im Alter ein Handwerk zu ergreifen, denen zurechnet, welche in jüngeren Jahren von jedem anderen Wege des Erwerbes sie ausschlossen, und wenn man die allgemeinen Schwierigkeiten ihre Söhne von Erwerbszweigen abzulenken, welche seit vielen Generationen die einzigen den Vätern offenstehenden gewesen waren, in allen nachtheiligen Folgen auf diejenigen wälzt, deren Beschränkungen jene Einseitigkeit schafften. Wenn seit einem Jahrtausend die Israeliten auf den Handel beschränkt waren, wenn die politische Verfassung in welcher sie lebten, sie zwang, alles nur von der Seite des Gewinns und Ertrages anzusehen, lag es nicht in der Natur der Sache, dass der Geist dieser Beschäftigung ganz der ihrige ward, und durch die lange Vererbung bey ihnen an Stärke und fehlerhafter Stimmung des Charakters um so viel mehr zunahm? Man kann also nicht sagen, dass die Israeliten zu mechanischen Arbeiten und nützlichen Gewerben an sich unfähig sind, denn die Geschichte bewährt das [41] Gegentheil, und schon die gesunde Vernunft lässt einen solchen Schluss nicht zu. Man kann aber auch nicht sagen, dass die Nichtausübung Folge des Nichtwollens sey, und eine Ungeneigtheit bekunde, denn man hat den Betrieb gewehrt. Man kann sie nicht tadeln ihre Hände nicht gebraucht zu haben, denn man hatte ihre Hände gebunden. Endlich man darf auch hier nicht den bisherigen Zustand der Juden zum Beweise gebrauchen wollen, dass sie in jedem andern auf gleiche Weise sich äussern würden, da die Verwerflichkeit dieses Schlusses nach allen psychologischen Gesetzen sich darlegt. So wenig man Absprünge von der menschlichen Natur wähnen und annehmen darf, dass das Geschenk der Gewerbsfreyheit von Hunderttausenden in einem und dem nämlichen Augenblikke auf eine für den Staat gleich wohlthätige Weise werde benutzt und jene durch Jahrhunderte eingewurzelte Einseitigkeit im Nu verschwinden werde, so wenig darf man auf der andern Seite annehmen, dass eine veränderte politische Verfassung nicht allgemach eine veränderte Denkart und Handlungsweise nach sich ziehen sollte. Den Kern in die Erde legend darf man nicht augenbliklich nach gereiften Früchten sich umsehn. Ist aber der Boden milde, und sind die Strahlen der Alles erwärmenden Sonne nicht abgewandt, so wird der keimende Sprössling bald zum Stamme heran wachsen, [42] seine Blüten werden gedeihen, seine Früchte reifen, und seine belaubten Aeste segensreichen Schatten verbreiten. So die Erscheinungen der physischen, so die der moralischen Natur. Beyde sind gleich.
Es bliebe hiernach nur zu erörtern übrig, in wie weit die Ceremonialgesetze der Israeliten, namentlich ihre Gesetze von reinen und unreinen Speisen; so wie die Feyer ihrer Festtage ihnen selbst Hindernisse darbieten, in wie weit die Grillen der Aemter und Zünfte beseitigt werden könnten, und in wie weit die Verschiedenheit der Religionsgrundsätze eine Unfähigkeit zu gewissen Bedienungen und Ehrenstellen nach sich ziehen dürfte.
Der Jüdische Lehrling sagt man zuvörderst, kann am Tische seines Christlichen Meisters nicht essen, nicht alle Tage arbeiten, der Geselle nicht wandern. Der Jüdische Landwirth kann sein Christliches und Jüdisches Gesinde nicht an einem Tische speisen, seine Viehzucht ist beschränkter, und die Zahl und Verschiedenheit der Feyertäge stört seine Wirthschaft. – Es gilt hier die allgemeine Antwort, dass dies nicht Sache des Staates, sondern nur der Israeliten ist. Mag die Sache schwieriger für den Jüdischen Landwirth seyn, es darf das die Regierung nicht kümmern, die desshalb gleiche Pflichten von ihm wie von dem Christlichen fordert. Eben so mit dem Jüdischen Handwerker. Mag die Metamorphose gehen wie sie [43] will, wenn nur ein guter und thätiger Bürger das Resultat wird. Nur bleibe dem Israeliten ohne Zwang überlassen, wie er die Rechte, die der Staat ihm anbietet, gebrauchen wolle. Die Beobachtung der Ceremonialgesetze hängt mit den Pflichten des Staatsbürgers nicht zusammen, darf also für die Regierung kein Gegenstand der Vorsorge seyn. „Die Gesetze, bemerkt der unsterbliche Mendelssohn richtig,“ sollen „überhaupt keine Rücksicht auf besondere Meinungen nehmen. Sie sollen ihren Weg unaufhaltsam fortgehn, und das vorschreiben, was dem allgemeinen Besten zuträglich ist. Wer zwischen seinen besonderen Meinungen und den Gesetzen eine Collission findet, mag zusehn, wie er diese hebe.“ Jeder dürfe also da sich den Weg ebnen, wie er es zuträglich findet, und wie schon oben gesagt, werden die heiligen Meinungen allgemach so sich modificiren, dass sie mit dem politischen Wohl und bürgerlichen Verhältnissen zusammen stimmen. Was bereits, ist aus so vielen Jüdischen Gesetzen über die Opfer, Ehepacten, Erbschaften, über Reinigung und Verunreinigung, über so viele Gebräuche geworden, von denen das Andenken nur in der Geschichte noch sich erhalten hat? Wie viele oder wie wenige verheirathete Israelitinnen verbergen noch heute ihr Haar? Wie viele oder wie wenige Jüdische Kaufleute versäumen am Sabbath die Börse? Haben die [44] Freywilligen Israelitischer Abkunft weniger am Sabbath gekämpft, und mit ihren christlichen Glaubensgenossen weniger aus einem Napfe gegessen, aus einem Becher getrunken? Wende man nicht ein, dass dann die Juden aufhören eigentliche Juden zu seyn. Mögen sie doch, wenn sie nur gute Bürger sind, und in der Furcht Gottes wandeln. Oder wird und kann der Staat es missbilligen, wenn sie dem Wesen ihres Gesetzes getreu, demselben nähere Bestimmungen hinzufügen, welche ihre jetzige Lage und neue bürgerliche Verhältnisse nothwendig machen, alles Uebrige aber beseitigen, was diesem hinderlich seyn kann? Doch wohl nicht. Sie bewähren dann nämlich nur practisch, was auch ihre Gesetze vorschreiben, diess nämlich: Dass sie das von ihnen bewohnte Land als Vaterland annehmen, und dass sie dessen Gesetzen und Gebräuchen sich unterwerfen. Unabhängig davon, unabhängig von Vorschriften, welche auf Ort, Zeiten, Clima und andere Verhältnisse berechnet waren, unabhängig davon bleibt ihre Weise den Ewigen anzubeten, ihre eigentliche und wahre Religion. Und wenn in allen Zeitaltern die religiöse Aufklärung mit der allgemeinen fortschritt, wird die Religion der Juden weniger sich veredeln?
Überhaupt stellt man da, wo von der Zulassung Jüdischer Glaubensgenossen zum Bürgerrecht die [45] Rede ist, sich die aus den Ceremonialgesetzen hervorgehenden Schwierigkeiten stärker vor, wie sie doch wirklich sich antreffen. Auch die Bekenner der verschiedenen christlichen Religionspartheyen haben zum Theil verschiedene Festtage, und in den Fastenzeiten gelten die Verbote der Fleischspeisen für die einen, während sie die anderen nicht verbinden. Noch mehr, Quäker, Herrnhuther und Memnoniten, sondern in manchen äussern Verhältnissen in einer scharf bezeichneten, sogar in bürgerliche Gesetze eingreifenden Trennung sich von ihren Mitbrüdern. Und doch macht sich das Alles friedlich und ruhig, doch giebt der Eine hier, der Andere da nach, und nirgends leidet der Staat darunter. Bringe man hier von beyden Seiten den gleich guten Willen mit, und zuverlässig wird das gleich gute Resultat nicht entstehn. Zünfte und Innungen, wenigstens lässt nach dem Beyspiel so vieler Kaufleute in Handelsstaaten es sich vermuthen, werden allerdings laut dagegen eifern. Wie aber das Wolh dieser, so komme, meine ich, auch das höhere Wohl des Staates in Anschlag, gegen dessen unveräusserliche Rechte veraltete Grillen nicht bestehen mögen. Schon unter der ehemaligen Reichsverfassung hatten nach dem Reichsschluss vom Jahre 1731 die Stände sich nicht nur die Befugniss nach Befinden besondere Ordnungen und Einrichtungen der Handwerke zu machen, sondern [46] sogar das Recht, die Zünfte ganz abzuschaffen ausdrücklich vorbehalten. Es ist bekannt, dass dieser Gegenstand schon in jener Zeit von gar verschiedenen Seiten angesehn wurde, und es ergeben die Comitialacten jenes Jahres, dass sich mehrere Stände sehr nachdrücklich für die gänzliche und allgemeine Abschaffung der Zünfte erklärt hatten, die sie der Industrie und Nahrung der Unterthanen, wohl mit Recht, für gar nachtheilig hielten. Wenn nun in keiner Periode der deutschen Geschichte die Fürsten und Häupter des Reichs dringender und bestimmter aufgefordert waren, das ihnen competirende Recht der höchsten Aufsicht zum Wohl und zur Förderung des gemeinen Wesens kräftig auszuüben, wie gerade jetzt, da die Regeneration des deutschen Volkes und Vaterlandes, allein von der Energie seiner Regenten und Vorsteher abhängt, so mag es in vorliegenden Beziehungen gewiss an der Zeit seyn, wenigstens die ausschliessenden Grundsätze der Zünfte und Innungen zu modificiren, zumahl sie also wie sie jetzt bestehn zuverlässig kein Gewerbe vollkommen gemacht, vielmehr nur zu oft gerade das Gegentheil hervorgebracht, und von höchst gemeinschädlichen Folgen sich bewährt haben. Es ist hier nicht der Ort zu zeigen, dass natürliche Concurrenz meistens die Gränzen besser trifft, als es der Klugheit auch der aufmerksamsten Regierung möglich ist, [47] und alle die Gründe darzulegen, wesshalb auch die Physiokraten neuester Zeit gegen Zunftverfassungen laut sich erklären. Wenn ich einräumen müsste, dass eine plötzliche und mit Geräusch angekündigte Aufhebung derselben manche nachtheiligen Folgen gewaltsamer Reformen nach sich ziehen würde, so gestaltete die zu lösende Aufgabe dahin sich: „zu bewirken, dass die Ideen des Volkes mit den Reformen der Regierung möglichst gleichen Schritt halten könnten“, und man wird nicht zweifeln wollen, dass durch eine planmässige Verbesserung, durch eine successive Abschaffung waltender Missbräuche durch eine gleichsam sich selbst bildende Verwandlung allerdings erreicht werden könnte, dass die Zünfte allgemach nicht mehr seyn würden, ohne dass man sie vermisste. Wenn die Zünfte im Jahre 1772 eiferten, als der damahlige Reichsschluss den vom Jahre 1731 in manchen Beziehungen umgestaltete, so werden sie es allerdings wohl auch im Jahre 1815, wenn die Verfügungen von 1772 wiederum ungebildet werden. Es ist diess aber eine Betrachtung, welche den Staat nicht abhalten darf, seine Oberaufsicht und Leitung der Gewerbe und Nahrungswege zeitgemäss zu üben, und es ist längst bewährt, wie fortschreitende Zeit und allgemach sich bildende Gewohnheit, auch hier das Ihrige thun, um schneidende Ekken abzuschleifen, und die Stärke einmal angegriffener [48] Vorurtheile zu schwächen. Grossentheils folgt aus dem oben Gesagten von selbst schon, dass wenn man die Israeliten nicht abhalten will, Kenntnisse, die zum Dienste des Staates leiten, sich zu erwerben, man auch in den Fällen, da ihre moralischen Eigenschaften und Fähigkeiten sie dazu qualificiren, sie von der Concurrenz nicht abhalten darf. Wer der Würdigste und Fähigste, nicht aber davon meine ich, sey die Rede, unter welcher Zone der Urvater geboren ist. Wer der Ehre werth ist, das Vaterland im Kriege zu vertheidigen, darf auch von dem Vorzuge, ihm im Frieden zu dienen, nicht ausgeschlossen bleiben. Freylich werden in Ländern in welchen eine der drey christlichen Religionen die herrschende ist, und wo die Bekenner der beyden andern in manchen untergeordneten Beziehungen stehn, auch die Bekenner der Mosaischen Religion nicht ein Mehreres wie diesen bewilligt worden, in Anspruch nehmen können, freylich endlich werden sie von Kirchlichen Aemtern und solchen, nach der Natur der Sache ausgeschlossen bleiben, wo Disparität des Cultus eingreift, des übrigen aber wird in einer Zeit, in welcher blosse Nachahmung bisheriger Vorgänge nicht genügen kann, und wo die Erhaltung des Ganzen mehrere Kraftäusserung und Uebung richtigerer Begriffe fordert, es selbst zum Interesse des Staates gehören, bis dahin gehemmten Talenten und Kräften [49] neues Leben und neue Bahnen des edelsten Ehrgeizes zu öffnen.
Nach den bisherigen Darstellungen wird es um zu beurtheilen, ob die obigen Behauptungen ohne Verletzung des Gemeinwohls in gegebenen bürgerlichen Verhältnissen der Realisirung fähig sind oder nicht, eben so nothwendig als interessant in den bereits proclamirten Verordnungen weiser Regenten die gewichtvollsten Autoritäten aufzusuchen, und nach den Erfahrungen neuerer Zeiten sich umzusehen.
Die hochherzige Gesinnung der erhabenen Königlich Preussischen Regierung in Absicht Ihrer Israelitischen Unterthanen geht mit höchster Klarheit aus dem glorreichen Edict vom 11. März 1812 hervor. Keine leere Deklamation verunstaltet dies Monument der Fürstenweisheit, aber stillschweigend spricht jeder Paragraph jene Ueberzeugung aus.
„Die in unsern Staaten jetzt wohnhaften mit General-Privilegien, Naturalisations-Patenten, Schutzbriefen und Concessionen versehenen Juden und deren Familien sind für Einländer und Preusische Staatsbürger zu achten.“ Heisst es in §. 1.
„Die für Einländer zu achtenden Juden“, – verfügt §. 7. „sollen sofern diese Verordnung nichts Abweichendes [50] enthält, gleiche bürgerliche Rechte und Freyheiten mit den Christen geniessen“.
„Sie können daher academische Lehr- und Schul- auch Gemeinde-Aemter, zu welchen sie sich geschikt gemacht haben, verwalten.“ (§. 8.)
„Sie können Grundstükke jeder Art gleich den Christlichen Einwohnern erwerben, auch alle erlaubten Gewerbe mit Beobachtung der allgemeinen gesetzlichen Vorschriften treiben.“ (§. 11.)
In dem Edicte Sr. Majestät des Königs von Bayern d. d. 10ten Junius 1813 ist in §. 1. verfügt:
„Nur diejenigen Jüdischen Glaubensgenossen können die in diesem Edicte ausgesprochenen bürgerlichen Rechte und Vorzüge erwerben, welche das Indigenat in Unsern Staaten auf gesetzliche Weise erhalten haben.“
„Die Betreibung aller Manufacturen, Fabriken, Gewerbe und Handwerke“, heisst es in §. 18, „sie mögen zünftig oder nicht zünftig seyn, (Brauereyen, Schenk- und Gastwirthschaften ausgenommen) ist den Juden, in so ferne ihrer Ansässigmachung nichts im Wege stehet, wie den Christen gestattet. Die zünftigen Gewerbe können von ihnen nur betrieben werden, wenn sie ordentlich eingezünftet sind. Es sollen aber keine Jüdischen Zünfte bestehen, sondern die zu Betreibung [51] eines Gewerbes oder Handwerkes hinlänglich Befähigten mit Personalconcessionen oder auch mit erworbenen Realgerechtigkeiten versehenen Juden können sich in die bestehenden Zünfte aufnehmen lassen. Die von einem Meister in die Lehre und als Gesellen aufgedungenen Juden sollen von den Zünften, wie Christliche Lehrjungen und Gesellen, eingeschrieben, aufgedungen, freygesprochen und mit Lehrbriefen versehen werden. Den Juden wird erlaubt eigne Prämien für Christliche Handwerksmeister, welche Jüdische Kinder aufnehmen, auszusetzen. Es versteht sich, dass jeder Jude, welcher einmal zur Meisterschaft gelangt ist, selbst wieder Christliche und Jüdische Lehrjungen und Gesellen aufnehmen und halten dürfe.“
„Wenn ihnen gleich, heisst es in der Herzogl. Meklenburg-Schwerinschen Constitution vom 22ten Februar 1812 (§. 10), wenn ihnen gleich in der Feyer des Sabbaths und der Beobachtung sonstiger Religionsgebräuche nichts vorgeschrieben seyn soll, so wird doch hiermit allgemein festgesetzt, dass Jüdische Soldaten, Lehrlinge oder Gesellen bey Christlichen Meistern, in öffentlichen Christlichen Aemtern stehende Juden und [52] überhaupt alle Juden, die mit Christen in Verbindung treten, ihre damit nicht verträglichen Gebräuche niemals zum Vorwande sollen nehmen dürfen, sich ihren übernommenen Verbindlichkeiten zu entziehn, dass sie sich deren vielmehr, bey Verlust ihrer durch diese Unsere Landesherrliche Anordnung erhaltenen Rechte, auch den Umständen nach, anderer angemessenen Strafe in allen Fällen enthalten sollen, wo selbige ihren Dienst- oder contractlichen Pflichten im Wege sind.“
Das Grossherzogl. Badische Edict vom 13. Januar 1809 ordnet im §. 17. „Diejenigen, welche sich nicht zu höheren Studien widmen, und eignen, müssen gleich den Christenkindern, nach vollendeten Schuljahren zu irgend einer ordentlichen Lebens- und Berufsart im Staat im Landbau oder in Gewerben aller Art, nach den dafür allgemein bestehenden Regeln angezogen und gebildet werden. Wo Zünfte oder Meister sich unterstehen würden, hierin Hindernisse in den Weg zu legen, da ist die Polizey-Obrigkeit verantwortlich, jene ordnungswidrigen Anmassungen zu erledigen.“
Gleiche Bestimmungen sind in Dännemark und anderen auswärtigen Staaten, am allgemeinsten und [53] günstigsten für die Israeliten in den Niederlanden ergangen. Und allenthalben bestätigt die Erfahrung, dass bey dem ernstlichen Bestreben der Regierung das Gute zu befördern, auch die wohlthätigen Folgen davon nicht ausbleiben. Besonders herzerfreuend war es in Preussen, die Wirkungen des erst vor wenig Jahren erschienenen Edicts zu beobachten. Nicht so bald war es in Kraft gesetzt, als von den Israeliten selbst, Gesellschaften gestiftet wurden, um Handwerker unter ihren Glaubensgenossen zu bilden. Schon sind viele Christliche Werkstäten auch mit Juden besetzt, sie zeigen sich als ruhige friedliche arbeitsame Bürger, und ich bin berechtigt zu sagen, dass noch kein Fall eingetreten ist, wo die Städtischen oder Landbehörden über irgend eine aus der Reform erwachsene Inconvenienz missfällig sich geäussert hätten, welches viel sagen will, wenn man die bisherige Lage der Juden und die unter vielen Christen noch herrschende Stimmung gegen sie erwägt. Auch in Ansehung der Bedienungen und öffentlichen Aemter haben sie schon Fortschritte gemacht. Nicht allein sind sie zu öffentlichen Lehrern bey der Universität, sondern mehrere von ihnen sind auch durch eigene Wahl ihrer Christlichen Mitbürger zu Bezirksvorstehern, Stadtverordneten und Räthen angestellt worden. Im Königreich Böhmen, wo die Israeliten ohnerachtet noch [54] so manche Rechte ihnen versagt sind, doch einer allgemeinen Gewerbsfreyheit, wenn freylich immer mit Modificationen sich erfreuen, gehen sie ihren übrigen Glaubensgenossen in den Oesterreichischen Staaten mit einem wahrhaft ruhmwürdigen Beyspiele voran. Akkerbau, Manufacturen und Handwerke bilden schon ihre vorzüglichste Beschäftigung, und es ist ausgemittelt, dass mehr wie ein Drittheil unter ihnen den Handel bereits aufgegeben hat. Diese Erfahrungssätze aber, durch welche die oben abstrahirten Vernunftschlüsse dringender noch als richtig bewährt werden, müssen wie ich meine dem untersuchenden wie dem handelnden Politiker willkommen seyn. Jenem weil sie die Besorgniss entfernen, dass was ihm Vorurtheil scheint, vielleicht eine nothwendige Schonung lange bestandener Verfassungen sey, diesem weil sie für den erwünschten Erfolg seiner wohlthätigen Bemühungen mehr und mehr bürgen. Nicht länger wird man sagen, dass Verfügungen vorgeschlagener Art unanwendbar seyn, denn ich habe bewiesen, dass weise Regierungen wirklich schon sie adoptirten. Nicht länger wird man einwenden, dass kein Erfolg sie krönen werde, denn auch hier habe ich das Gegentheil bewiesen. Im Namen so vieler Hunderttausende, im Namen der Menschheit, darf ich den Wunsch, die Hoffnung, darf ich die zuversichtliche [55] lebendige Erwartung aussprechen, und verkünden, dass der Sieg der Aufklärung allgemein werden, und die unsterblichen Thaten der Zeit um so gewisser krönen möge, je grösser die Erwartungen sind, zu denen ein Zeitpunkt berechtigt, in welchem mit Kraft dahin gestrebt werden soll, dass Deutschland der beneidenswerthe Punkt werde, wo Kraft und Einheit, Industrie und Aufklärung wohnen. Leget die Hand an das grosse Werk Ihr die Ihr nicht allein berufen, die Ihr auch auserwählt seyd! Mit ihren Kränzen belohnt Euch die Menschheit, und aller Zeitalter Segnungen ruhen auf Augenblikken, denen die Wohlfarth auch der künftigen Geschlechter entkeimt.
Auch mit denen noch, aber gilt es zu rechten, welche nicht sowohl glauben, dass veraltete Ceremonialgesetze der Israeliten ihren näheren Eintritt ins innere bürgerliche Leben hindern, als vielmehr überzeugen wollen, dass ihre Religionsmeinungen sie vom Genuss bürgerlicher Rechte ausschliessen müssen, und welche aus der Praemisse dass jene, unmoralische, schädliche, und unverträgliche Dogmen erfassen, den Nachsatz ableiten, dass Menschen, welche zu einem solchen Glauben sich bekennen, niemals von ächter Menschenliebe beseelte, niemals gute, niemals treue und redliche Bürger seyn können.
[56] Im Allgemeinen darf es zuförderst keinem Zweifel unterworfen seyn, dass es kein Recht auf Personen und Dinge geben darf, welches mit Lehrmeinungen zusammenhängt, und auf denselben beruht, kein Recht, welches durch Beystimmung gewisser Sätze in Absichten auf ewige Wahrheiten erlangt, oder durch Dissentirung verloren werden kann. Sehr gewiss kann aus Meinungen, welche nicht geboten, sondern nur durch Vernunftgründe erlangt und verbreitet, verändert und verdrängt werden können, ein modus adquirendi, eine Befugniss gewisse äussere Güter und Vorzüge zu erlangen, nicht sich ableiten. Religion an sich giebt und nimmt keinen Anspruch auf irrdische Güter, kein Recht auf Genuss, Besitz und Eigenthum, und jede andere Macht ist ihr fremd, als die, durch Gründe zu überzeugen, und durch Ueberzeugung glücklich zu machen. Recht, die Befugniss etwas zu thun, oder zu lassen, dass sittliche Vermögen zu handeln, und Religionsmeinung bleiben ewig disparate Dinge, bey denen von jenem auf diese kein Uebergang aufgefunden werden kann, und wo sogar durch Verträge unter den Menschen so wenig ein Recht erschaffen werden kann, davon der Grund nicht im Stande der Natur anzutreffen ist, als wenig die Kunst eine willkührliche Bewegung hervorzubringen fähig ist, wo die Natur keine Muskel hinlegte. Religion [57] ist desshalb mehr eine Angelegenheit des Menschen als des Bürgers, und so nothwendig für den Staat geachtet werden muss, dass der Bürger Religion habe, so unbekümmert darf es ihn lassen nach welchem System sein Unterthan, die Gottheit verehre. Vorausgesetzt nur dass die Religion nicht mit der Moral in Widerspruch stehe, und um so mehr diess vorausgesetzt, da wenn man gewisse transcendentale Grundsätze der metaphysischen Staatskunst zu unbedingt zur Regel der Gesetzgebung annimmt, man Gefahr läuft bey jeder Gelegenheit mit sich selbst in Widerspruch zu kommen. Allerdings hört die Freyheit zu denken, da auf, wo das Handeln nach diesen oder jenen Grundsätzen anfängt, und hier, aber auch nur hier fängt die Befugniss der bürgerlichen Gesellschaft an, dann nach Meinungen und Grundsätzen sich umzusehen, wenn diese als unmittelbare Folge, Handlungen gebären, die mit denn Gemeinwohl collidiren. Denn die Rechte der einzelnen Menschen hören auf Rechte zu seyn, sobald sie mit den Rechten der ganzen bürgerlichen Gesellschaft in Collision kommen, und wer jene missbraucht, kann nur nach diesen beurtheilt werden. Man sieht, dass ich hier zu dem zweyten und wichtigeren Puncte übergehe, – zu der Frage, ob die Mosaische Religion an sich betrachtet mit dem Staatswohl vereinbar sey, oder ob [58] sie Dogmen proclamire, welche die Wohlfahrt der übrigen Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft in Gefahr setzen? Die Puncte, auf welche es hier ankommt, sind so vielfältig, und zum Theil mit so erbittertem Eifer von den mannigfaltigen Gegnern behandelt worden, dass der status controversiae bald sich ergiebt, und in der Frage sich ausspricht: „ob die Religion der Israeliten, ihnen Wucher, Hass und Betrug gegen fremde Glaubensgenossen entweder verstatte, oder wohl gar zur Pflicht mache?“
Es sey mir, ehe ich hierüber näher mich verbreite, verstattet, einen Augenblik an den Briefwechsel Lavaters mit Mendelssohn bey Gelegenheit der Bonnetschen Palingenesie zu erinnern. Man weiss, dass dieser berühmte Genfer einen evangelischen Beweiss der Christlichen Religion geführt, dass Lavater diess Werk übersetzt, es dem Jüdischen Weltweisen zugesandt, und in der Zueignung öffentlich ihn aufgefordert hatte, entweder darauf zu antworten, oder zur Christlichen Religion überzugehen. Aus der merkwürdigen Antwort des Philosophen hebe ich nur diese Stelle aus: „Wenn das Resultat meines mehrjährigen Nachdenkens zum Nachtheile meiner Religion gewesen wäre, so würde ich es der Welt durch einen authentischen Act bekannt gemacht haben. Die Ueberzeugung allein konnte mich an so ernsthafte, und doch so allgemein [59] verachtete Grundsätze ketten. Würde es von meiner Seite nicht eben so fruchtlose als niedrige Schwäche gewesen seyn; wenn ich der innern Ueberzeugung zum Hohn nicht der Wahrheit die Ehre gegeben hätte?“ Ich habe diese Worte hier angeführt, weil man von einem Manne, welcher der Socrates der Deutschen zu heissen verdiente, vorauszusetzen berechtigt ist, dass er eine, mit den einfachsten Grundsätzen der Moral im schnurgeraden Widerspruch stehende Religion am wenigsten dann zu der seinigen länger gemacht haben würde, nachdem er zu ihrer ernstlicheren Prüfung sich bestimmt hatte. Dem denkenden Forscher ist es ohnehin klar, dass unsere Christliche Sittenlehre keine andere als die ältere Mosaische ist.
In politischer Hinsicht hatte Moses die Menschen in vier Classen getheilt. Zur ersten Classe gehörte der eigentliche Israelit, die Kinder des Volks (Beneh-ammenuh); zur zweyten der Kolonist, welcher für immer im Lande wohnte, sich den Polizeygesetzen, wozu auch die Enthaltung vom Gözzendienst gehörte unterwarf, aber nicht den religiösen Ceremonialgesetzen (Toschob), zur dritten der Reisende, dessen Aufenthalt im Lande nur unter eben den angeführten Bedingungen geduldet wurde (Gerr). Alle diese drey Classen wurden unter [60] dem Namen Bruder (Achicha) begriffen, und ihnen wurde die vierte Classe, des Fremden (Nachri) entgegengesetzt. Da dieser sich keinem, weder dem Polizey- noch dem religiösen Gesetz unterwarf, so wurde er als ausser dem Gesetz erklärt. Es gab auch Fälle, wo der Israelit zu dieser Strafe verurtheilt wurde, wie wenn er z. B. irgend ein Gesetz verlezte, das unmittelbar auf die ganze Staatsverfassung Einfluss hatte. Er wurde alsdann dem Volke verfremdet (Korath) ein hebräischer Ausdruk, der sowohl bey dieser Strafe, als bey Ehescheidungen vorkommt, wo der Mann seiner Frau einen Verfremdungsbrief (Zepher Kerithot) gab.
Dieses vorangeschikt, lauten die drey Verse, welche das Gesetz über den Wucher enthalten, folgender Massen: (Exod.[1] XXII. 24.) Wenn du Silber meinem Volke leihest, den Armen bey dir … so sollst du keinen Rabat nehmen; (Neschech) heisst wörtlich ein Abbiss, Abzug, vorausbezalte Zinsen (Lev. XXV. 33. 36. 37.) Wenn dein Bruder verarmt … sowohl der Reisende als der Kolonist so unterstütze ihn, auf dass er mit dir leben könne. Du darfst von ihm weder Rabat (Neschech) noch Aufgeld (Zins, Terbith Mehrgeld) nehmen; wenn du Gott fürchtest, so lässest du deinen Bruder neben dir leben. Dein Silber darfst du nicht mit Rabat, und deine Victualien nicht mit Mehrgeld weggeben. Endlich (Deuter 20. 21.) du sollst nicht vom [61] Bruder rabatiren, einen Rabat an Silber oder Victualien; vom Fremden (Nachri) kannst du rabatiren, vom Bruder darfst du nicht rabatiren u. s. w. Hieraus folgt deutlich, dass Moses durchaus alle Geschäfte gegen Zins oder Disconto verbot, und keinen Unterschied machte, ob das Geld zur Ausgabe, oder zu Geschäften gebraucht ward. Nur gegen den Fremden erlaubte er das Disconto, aber auch nicht einmal den Zins, und am wenigsten konnte ihm eingefallen seyn, dass man die blosse Erlaubniss je mit einem Gebot verwechseln könnte, weil er alsdann in dem Fluch, wo es heisst: (Deuter XXVIII. 34.) „Du wirst toll seyn,“ hätte befürchten müssen, dass man aus ähnlichen Sprachgründen, verstehen würde: du sollst toll seyn! Aus dieser von Lazarus Bendavid begründeten Darstellung der wahren Lehre Mosis über das Leihen auf Zinsen, folgt dass sie mit den Grundsätzen der Moral übereinstimmen, und es kann leicht gezeigt werden, dass ein dem härtesten Drukke, der tiefsten Herabwürdigung und einer traurigen bürgerlichen politischen Lage in späteren Zeiten entstammter Missbrauch nicht als eine Wirkung religiöser Dogmen betrachtet werden dürfe. Gleich anfangs muss man darüber erstaunen, den so oft gegen die Israeliten wiederholten Vorwurf; „dass sie sich auf ihre Religion stützen, um Wucher zu treiben,“ von Bekennern einer andern Religion zu hören, welche [62] auf die Göttlichkeit der Offenbarung Mosis gegründet ist. Ward den Israeliten ihr Gesetz von Gott, so müsste ja die, Gottheit Verbrechen befohlen, oder gut geheissen haben? Die Entscheidungen des Sanhedrin haben sich über diesen Gegenstand mit vieler Klarheit verbreitet, dargelegt, dass der Zweck des göttlichen Gesetzes indem es den Hebräern untersagte, sich unter einander Geld auf Zinsen zu leihen, dahin gieng, die Bande der brüderlichen Liebe enger zu knüpfen, auseinandergesetzt, dass das göttliche Gesetz jedoch den rechtmässigen Zins nach den verschiedenen Anwendungen die vom Gelde gemacht werden, verboten oder erlaubt habe, bewiesen, dass die Befugniss vom Fremden Zins zunehmen, nur auf einem natürlichen Grundsatz der Reciprocität gegründet sey, und das Resultat zwischen Israeliten in Art. 8. dahin ausgesprochen:
„Das Sanhedrin statuirt allen Israeliten als religiöse Pflicht von ihren Glaubensgenossen keinen Zins zu nehmen, so oft es darauf ankömmt, einen Familienvater in Noth mit einem dienstwilligen Darlehn zu unterstützen. Statuirt annoch, dass der rechtmässige Vortheil des Leihens zwischen Glaubensgenossen, nach der Religion, nur in dem Fall von Handelsspeculationen, die dem Darleiher Gefahr bringen können, oder wo der Gewinn mit der Gefahr in Verhältniss steht, nach dem vom [63] Staate festgesetzten Zinsfuss erlaubt sey.“ – Zwischen Israelit und Nichtisraelit in Art. 9.
„Das Sanhedrin befiehlt allen Israeliten als Glaubenslehre in Ansehung des Leihens keinen Unterschied zwischen ihren Mitbürgern und Glaubensgenossen zu machen. Erklärt annoch, dass wer diese Verordnung übertritt, eine religiöse Pflicht verletzen, und offenbar gegen das Gesetz Gottes sündigen würde. Erklärt endlich dass aller Wucher ohne Ausnahme verboten sey, nicht allein von Hebräer zu Hebräer, und von Hebräer zu Mitbürger von einem andern Glauben, sondern mit Fremden von allen Nationen, dieses Gewerbe als eine Ungerechtigkeit betrachtend, welche ein Gräuel in den Augen des Herrn ist.“
Aus diesen wie allen vorbemerkten Entscheidungen des Sanhedrin, ergiebt sich nur dringender die allgemeine Wahrheit, dass eine Religion, welche dem unmittelbaren göttlichen Einflusse zugeschrieben wird, nicht den Geist des Hasses athmen, nicht den Betrug gegen Mitmenschen billigen könne. Auch diejenigen, welche bey ihren Untersuchungen nicht von dem Grundsatze göttlichen Ursprungs ausgehen, erkennen doch nichts desto weniger die reinsten Grundsätze der Sittlichkeit, Gerechtigkeit und Ordnung darinn. Wenn der König Salomo nach vollendetem Tempelbau auch den Ausländer in das [64] Einweihungsgebet einschloss (1 Buch der Könige Cap. 8 V. 41.) und flehte: „Wenn auch ein Fremder, der nicht deines Volkes Israel ist, kommt aus fernem Lande um deines Nahmens willen, dass er bete vor diesem Hause, so wollest du hören im Himmel, im Sitz deiner Wohnung und thuen Alles darum der Fremde dich anruft, auf das alle Völker der Erden Deinen Nahmen erkennen, dass sie auch dich fürchten wie dein Volk Israel.“ – predigen dann diese erhabenen Worte Ausschliessung? Wenn Moses befahl (3. B. M. Cap. 19.) „Wenn ein Fremdling bey dir in deinem Lande wohnen wird, den sollt ihr nicht schinden. Er soll bey Euch wohnen wie ein Einheimischer unter Euch, und sollt ihn lieben, als dich selbst, denn ihr seyd auch Fremdlinge gewesen in Egyptenland,“ muss nicht dem Unbefangenen von selbst daraus folgen, dass, wenn die Religion dem Israeliten befiehlt, Fremde, welche sich in seinem Lande ansiedeln, mit Milde und Achtung zu behandeln, sie um so mehr diese Gefühle ihm gegen Nationen zur Pflicht machen muss, welche in ihrem Schoosse ihn aufnehmen, ihm gestatten dem Ewigen nach seinem Cultus zu dienen? Je unumstösslicher aber diese Folgerungen mir scheinen, je weniger glaube ich über die so oft und vielfach behandelte Materie von der Unglaubwürdigkeit ihres Eides, in wie weit [65] sie aus ihren religiösen Grundsäzzen abgeleitet werden soll, hiernach mich verbreiten, und wiederholen zu müssen, was ich in einem andern kleinen Werke erst kürzlich über diesen Gegenstand gesagt habe. Unverbindlichkeit, wirklicher vor oder ausser Gericht zum Vortheil oder Schaden, Anderer abgelegter Eide förmlich erklären – dies wäre eine Ungereimtheit, bey welcher keine menschliche Gesellschaft bestehen könnte, die selbst das Gefühl derer, denen eine so grässliche Freyheit ertheilt seyn sollte, empören müsste. Eine Ungerechtigkeit also, welche man ohne die unumstösslichsten nirgends gelieferten Beweise am wenigsten einem Volke zutrauen kann, welches an Gelübde gewohnt war, und dessen Gesezze Gefühl für Recht und Billigkeit proclamirten. Eine Ungereimtheit endlich, welche nur durch abentheuerliche Ideen von dem Collniddre am Versöhnungstage im Umlauf gesezt werden konnte, ohne vor den Augen unbefangener Forscher auch nur das mindeste Gewicht jemals erlangt zu haben.
Es ist hier um desswillen an seinem Orte über die bisherige Lage der Israeliten in so vielen Staaten ein Wort zu sagen, weil man, wenn man über die moralische Wirkung jener Ordnung der Dinge nachdenkt, leicht den traurigen Zusammenhang findet. Schon seit mehreren Jahrhunderten hat man in der Geschichte der Israeliten nichts als eine ununterbrochene [66] Kette von Verweisungen, Einziehungen des Vermögens, Niedermetzlungen, Gewaltthätigkeiten und Herabwürdigungen gefunden. Von einer fortlaufenden Reihe schmerzlicher Gemälde wird das Auge ermüdet, wo man die Schwachen der Bedrükkung Mächtigerer unterliegen, und selbst die schwersten Greuel der Tyranney gegen Menschen verübt sah, welche mehr unterworfen als unterthan waren. Lag es hier nicht in der Natur der Sache, dass je grösser dieser Druk, je grösser diese Absonderung war, um so enger die Bande der Verfolgten unter sich selbst sich knüpften? Dass diess Zusammenhalten, aus einer zahlreichen Menschenclasse gewissermassen eine einzige Familie bildete? Lag es nicht in der Natur der Sache, dass der Verfolgte an Gesetze, die ihm kaum das Daseyn gestatteten, nur dann sich gebunden glaubte, wenn er nicht ungestraft sie übertreten würde? War es auffallend, wenn er die Beweise des Hasses mit den Empfindungen des Hasses vergalt? Wollte man Tugenden von ihm erwarten, wenn man erklärte, dass er als Aussatz der menschlichen Gesellschaft keiner Tugenden fähig sey? Endlich also: wenn unter den verfolgten, gedrükten zu Feinden der bürgerlichen Gesellschaft gebildeten Menschen, sittlich verderbte, dem Wucher und Betruge ergebene Individuen angetroffen wurden, konnte man sagen, dass sie Betrüger waren, weil ihre Religion es zu seyn erlaubte, [67] oder musste man einräumen, dass diese Verderbtheit eine gewissermassen nothwendige Folge ihrer drükkenden Verfassung sey, dass die Tugend wankt, wenn Gefühl für Ehre erstikt wird, und dass jede andere Menschengattung in dieselbe Lage versetzt, derselben Vergehungen sich auch schuldig machen würde? Es ist hier nicht zu vergessen, dass in dem Zustande der Zerstreuung, in welchem die Israeliten seit so vielen Jahrhunderten lebten, sie kein Haupt ihrer Religion, keinen besondern Vorgesetzten, keinen Wächter ihres Gesezzes, keinen Aufseher über ihre geistliche Hierarchie hatten, dass man sie in Hinsicht der Religion und Erziehung, dieser vorzüglichen Wirkungsmittel der Veredlung des Menschengeschlechts auf eine auffallende Weise sich selbst überliess, und dass besonders in den Ländern, wo der politische Druk zentnerschwer auf ihnen lastete, bey dem mehr und mehr sich entwicklendem Lichtstof der Kirche, kein Strahl in die Synagoge fallen konnte. War es auch in dieser Beziehung auffallend, wenn finstere und ungebildete Rabbinen die an sich reine Religion durch menschliche Zusätze verunstalteten, durch giftigen Hauch des Aberglaubens sie beflekten, und ihren Geist einengten? War es auffallend wenn ein ungebildeter Haufe, dem jeder Fortschritt der Cultur [68] gewehrt wurde, finstre Rabbinische Auslegungen des Textes, mit diesem vermengte, und um so mehr zu den seinigen machte, als alle äussern Antriebe seiner gedrükten und unglüklichen Lage sich vereinigten, diese Illusion zu befördern? Doch wohl nicht. Was ich hier sage leitet auf ein grosses Bedürfniss, auf das grösste, auf die Nothwendigkeit der Bestimmung des Kirchlichen Zustandes und der Verbesserung des Unterrichts der Israeliten! Könnten diese Worte mit goldnen Buchstaben gedrukt werden! So wie die Religion das Fundament jeder Menschengesellschaft, so ist sie auch der Schlusstein des Gebäudes! Wollen die Regierungen dahin streben – und wie möchten sie nicht wollen? – gelingt es ihnen – und warum sollte es ihnen nicht gelingen? – Kenntnissvolle und rechtschaffne Männer des Jüdischen Glaubensbekenntnisses um sich zu versammeln, und diese an die Spitze der Gemeinden und Erziehungsanstalten zu stellen, Männer die im eigentlichsten Sinne Kern von Schale in der Religion zu unterscheiden wissen, – o wie könnten die herrlichen, beglükkenden Früchte ausbleiben? Sage man nicht, dass die Israeliten zurükbleiben, und diesen Bestrebungen nicht die Hand bieten werden. Schon leuchtet als eine Zierde deutscher Erziehungsanstalten das Jüdische Philantropin zu Frankfurt am Mayn! Die [69] Jüdische Haupt- und Freyschule zu Dessau, so wie diejenige zu Seesen, die Samsonsche Freyschule zu Wolfenbüttel, die Jüdische neue Lehranstalt zu Berlin, die Jüdische Freyschule zu Breslau schliessen mit mehreren, zu gleichem erhabenem Zwekke sich ihm an. Achtung, Ruhm und Dank jenen Edlen, welche wie ein Israel Jacobson kein Opfer der Glücksgüter und Anstrengungen scheuen, wo es die Beförderung der Aufklärung und Cultur so vieler, und so lange herabgewürdigter Menschen gilt! Aus den Saaten, welche sie streuen und pflegen, keimt eine für alle Zeitalter segensreiche Erndte!
Haben, indem ich mich hier resumire, die obigen Darstellungen das Resultat begründet, wie bey gleichen bürgerlichen Rechten die Israeliten fähig und geneigt sind, gleiche bürgerliche Pflichten zu erfüllen, habe ich die Ursachen jenes lästigen und für alle Theile schädlichen noch in so vielen Staaten waltenden Zustandes entschleyert, und die Mittel ihn zu heben nicht allein aus untrüglichen Vernunftschlüssen, sondern auch aus zweifellosen Erfahrungssätzen und Thatsachen abstrahirt, so dürfte ich zu der glüklichen Hoffnung vielleicht mich berechtigt glauben, dass die Stimme der Wahrheit in einzelnen Ländern, Provinzen und freyen Städten nicht länger ungehört verhallen, und dass man nicht [70] allein aus höhern Rüksichten der Menschheit, sondern auch vermöge des zunächst liegenden Interesse des Gemeinwohls, thätig wirken werde, um mit der so ungerechten als unpolitischen Behandlung israelitischer Unterthanen, auch deren schädliche Folgen verschwinden zu lassen. Werde aber im Allgemeinen auch anerkannt, dass in allen Staaten diess Pflicht sey, dass in allen Staaten, mehr oder minder zwar, doch gewiss nachtheilig es sich bewähren müssen, eine Menge gedrükter und an das Land durch kein Band gefesselter Unterthanen zu haben, welche die nachtheiligen Folgen eines empfundenen Drukes auf dessen Urheber zurükwälzen, werde auch anerkannt, dass in allen Staaten wohlthätig wirken müsse, bis dahin zurükgesetzten Unterthanen Staatsachtung zu beweisen, und die Zahl der brauchbaren Mitglieder zu vermehren, werde auch anerkannt, dass Rüksichten dieser Art kein Localhinderniss obstiren könne oder dürfe, – wird man es dennoch für möglich halten, den zu erreichenden Zweck in ganz Deutschland durch eine allenthalben conforme Massregel zu erfördern? Und ist ohne die Möglichkeit einer solchen conformen Massregel wiederum die Aufstellung des von mir gewünschten allgemein zu etablirenden Principes denkbar? Zugegeben, sagt man vielleicht, dass die Staaten ihre Jüdischen Unterthanen [71] bisher mit Unrecht gedrükt haben, zugegeben dass grössere Verschuldung auf ihrer Seite ist. Aber das dadurch veranlasste Uebel besteht nun einmal. Es äussert sich hier stärker, dort schwächer. Kann also die Massregel welche es heilen soll, allenthalben gleich seyn? Wird die verschiedene Civilisation der Israeliten in den verschiedenen Ländern, nicht auch verschiedene Bedürfnisse desshalb nothwendig machen?
Wenn ich zu einer entgegenstehenden Meinung nichts desto weniger mich bekenne, so hoffe ich beweisen zu können, dass sie nur scheinbar paradox sey.
Es darf zuvörderst die Bemerkung nicht unterdrükt werden, dass alle Missgriffe, welche gegen die Menschenrechte der Israeliten sowohl, als gegen den eigenen wahren Vortheil der Staaten geschehen, insonders auch darauf beruhten, dass man die Juden nach gewissen theoretischen selbst ausgehekten Principen beurtheilte und behandelte, Principe welche sowohl aller Religion als aller Geschichte entgegen waren, und welche mit der Wurzel ausgerottet werden müssen. Wenn diess sofort geschieht, und wenn sofort anerkannt wird, dass den Bekennern des Mosaischen Glaubens, gleich den Mitgliedern der übrigen reliösen Gesellschaften freye Aeusserung und vollkommener [72] Genuss aller bürgerlichen Rechte zustehe, mithin auch werden solle, so ist dies im Grunde nichts mehr und nichts weniger als ein Akt der revidirenden Gerechtigkeit. So wenig der unschuldig Eingesperrte, von seinem den Irrthum spät erkennendem Richter, länger im Kerker um desswillen detinirt werden darf, weil er nun erst an den Gebrauch der Freyheit gewöhnt, und aus seinem Gemüth erst die nachtheiligen Folgen der getragenen Sclavenkette verwischt werden müssen, so wenig darf es hier geschehen. Hatte die Haft ihn wirklich verwildert, so mag das Directorium der Polizey ihn im Auge behalten, seine Freyheit hemmen oder beschränken, wäre ein neuer Gräuel. Es bliebe sogar die Pflicht des Staates alle Hindernisse seines Fortkommens auf die nur möglichste Weise zu beseitigen.
Es mag Leute geben, die das Gleichniss nicht angemessen finden. Treten wir also der Sache selbst näher, und nehmen diejenige Provinz Deutschlands in welcher die dort gebornen oder domicilirten Israeliten, Kraft des bisher empfundenen Drukkes, unter allen ihren Deutschen Glaubensgenossen auf der niedrigsten Stufe moralischer und intellectueller Cultur stehen. Nehmen wir zugleich an, dass dieser Druk von ihnen genommen werde, und ihre Gleichstellung mit der im Lande mindest [73] begünstigten Religionsparthey erfolge. Es wird also nur eine Veränderung in ihrem bürgerlichen Zustande hervorgebracht, oder mit andern Worten, es wird bewirkt, dass Menschen, welche im Lande geboren waren, oder doch das Recht erlangt hatten, im Lande zu wohnen, welche da waren, da sind, da bleiben werden, und welche alle wesentlichen Pflichten der übrigen Bürger schon längst hatten erfüllen müssen, nun auch deren Rechte erlangen sollen. Die Frage ist, „ob wenn dies unbedingt und mit einemmale geschieht, – zu besorgen stehe, dass sie die gewonnenen Befugnisse auf eine ihrem eigenen Culturstande hinderliche, oder ihren Mitbürgern schädliche Weise missbrauchen können, und muthmasslich werden, oder nicht?“ Eine andere Rüksicht kann es nach meiner Einsicht nicht geben, da hier nicht mehr von der Frage, ob die Gleichstellung an sich recht oder unrecht sey, die Rede seyn soll, sondern nur davon: ob und in welchen Beziehungen etwa Stufenweise dabey gegangen werden müsse, um dann das, was als Resultat, in einer Provinz erkannt würde, in welcher wir den Culturzustand der Israeliten am niedrigsten in Deutschland annehmen, um so gewisser auf alle andern anwenden zu können, unter denen doch mehrere seyn werden, in welchen [74] die Anhänger des Mosaischen Cultus einer höheren Bildung sich erfreuen.
Um dies practisch würdigen zu können, muss nothwendig untersucht werden, welcher Natur die zu verleihenden Rechte sind, um bestimmen zu können, in wie weit ein Missbrauch besorglich bleibe, und die Fähigkeit ihres Genusses erst vorbereitet werden müsse. Welche Befugnisse also sind es wesentlich, die dem neuen Bürger, der an die Stelle des geduldeten Einwohners tritt, gewonnen werden? Doch nur freye Wahl und Ausübung jedes den übrigen Bürgern gestatteten Gewerbes, Fähigkeit Grundstükke zu erwerben. Exspectanz zu Bedienungen von denen die Disparität des Cultus ihn nicht ausschliesst, und etwa noch Theilnahme an öffentlichen Anstalten.
Ich bekenne nicht abzusehen, welcher schädliche Missbrauch hier eine unmittelbare Folge der Verleihung werden, und welcher befähigenden successiven Vorbereitung es dazu bedürfen könnte, vorausgesetzt, dass der Jude nicht mehr und nicht weniger soll erhalten dürfen, wie bey sonst gleichen Verhältnissen der Christ, und vorausgesetzt, dass gegen beyde gleich unbefangen und eingreifend Justiz wie Polizey gehandhabt werde. Nur erlaubte Gewerbe darf der Christ treiben, nur erlaubte also der Jude. In Uebertretungsfällen [75] richtet beyde das Gesetz, dem der Richter Eingang und Nachdruck zu verschaffen wissen wird. Soll der Christ einen ehrlichen Nahrungszweig nachweisen, Zeugnisse des Wohlverhaltens seiner vorigen Obrigkeiten einliefern, vielleicht gar ein gewisses Vermögen documentiren? Auch der Jude wird es müssen. Concurrenz bey Acquisition von Grundstükken? Sie vermag nur deren Werth zu erhöhen. Möglichkeit zu gewissen Bedienungen und Aemtern zu gelangen? Ich meine sie eröffnen, heisst einen Antrieb ihrer fähig zu werden geben, nicht aber aussprechen, dass auch ein unfähiger sie gewinnen solle. Theilnahme an öffentlichen Anstalten? Sie wird durch Beytragspflichtigkeit bedingt. Mit einem Worte also: hält man nur fest daran, dass gleiches Recht, gleiche Pflicht bedinge, gleiches Recht nicht erworben und erhalten werden könne, ohne gleichem Erforderniss zu genügen, gleicher Uebertretung gleiche Strafe folge, so bleibt kein Nachtheil übrig, welchen Justiz und Polizeycollegien nicht zu bekämpfen vermöchten. Sechzig tausend Israeliten ohne Unterschied gewannen in allen Provinzen Hollands an einem Tage das Bürgerrecht, und nach einer zwanzigjährigen Erfahrung wurde bey verschiedenen Regierungswechseln nicht einmal daran gedacht ihre Gleichstellung zu beschränken. Fünfzigtausend Israeliten auf dem platten Lande, [76] den Städten und der Hauptstadt Böhmens wurde die Gewerbsfreyheit verstattet, und es ist aktenkundig, dass schon vor Ablauf eines halben Menschenalters ein Drittheil dieser Anzahl vom Handel abgewandt, sich zu Professionen und Manufacturen bestimmt hat. Bedarf es der Erfahrungen Frankreichs, Englands, Russlands, Amerika’s noch zu erwähnen? Treffender aber meine ich den kürzern Weg durch Beyspiele zu gehen, wenn ich auch hier auf Preussen mit allen seinen Provinzen, Herrschaften, Dörfern, Flekken, Städten und Hauptstädten mich beziehe. Sehr verschieden war und ist wohl die Cultur der Israeliten in der Hauptstadt Berlin, und den Dörfern der Mark Brandenburg, in Breslau und auf dem platten Lande in Schlesien, in Königsberg, Stettin, Frankfurt an der Oder, und den Flekken und Dörfern von Ost- und Westpreussen, Pommern, u. s. w. Während in den Haupt- und Handelsstädten der Jüdische Einwohner durch die mannigfaltigen gesellschaftlichen Beziehungen, in welche er mehr und mehr gerieth, durch die überhand nehmende Geselligkeit u. s. w. eine höhere Stufe der Bildung erreicht hatte, standen seine Glaubensgenossen in den kleineren Städten, und wiederum deren Brüder auf dem platten Lande weit hinter ihm zurük. Mochte im Jahr 1788 für die einheimischen nicht für die fremden Israeliten der Leibzoll [77] aufgehoben seyn, doch bestand noch lange nachher die solidarische Verbindlichkeit, scharf hatten härtere Abgaben und Einschränkungen mancher Art die Gränzlinie gezogen, und wenn zwar allgemein eine Trennung der Gemüther waltete, so äusserte sie sich doch stärker hier, schwächer da. Gleichwohl griff das Edict vom 11. März 1812 mit starker und wohlthätiger Hand, durch eine einzige allenthalben conform angewandte Maassregel für die Gesammtstaaten durch, und gleichwohl hat allenthalben die erspriessliche Folge sich bewährt. Auf dem platten Lande wie in den Städten durfte fortan der Israelit Grundeigenthum erwerben. Auf dem Lande wie in den Städten war jedes Gewerbe fortan ihm vergönnt. Auf dem Lande wie in den Städten war jeder Weg zum Erwerb, zum Fleisse, zu Aemtern und Bedienungen ihm eröffnet. Kein Unterschied länger war in den Handelsstädten zwischen Christlichem und Jüdischem Kauf- und Gewerbsmann, kein Unterschied auf dem Lande, zwischen Jüdischem und Christlichem Akkerbauer. Eine Verordnung also für die Gesammtstaaten! Eine Anwendung allenthalben! Das Resultat meine ich, giebt sich von selbst. Das platte Land Hannovers verhält sich in dieser Beziehung zur Hauptstadt Würtembergs wie das Schlesische Dorf zu Berlin, das Hessische Städtchen, zu Hamburg, wie der [78] Pommersche Marktflekken zu Stettin, Königsberg oder Frankfurt am Oderfluss. Nur um so dringender aber lege ich Gewicht auf meine obige Behauptung. Nur um so dringender, je gewisser man sich überzeugen darf, dass ohne gänzliche Niederreissung der Scheidewand im bürgerlichen Verhältniss, ohne gänzliche Aufhebung kränkender Vorrechte, ohne völlige Anerkennung des Grundsatzes, dass gleiche Pflichten auch mit gleichen Rechten gepaart seyn müssen, keine segensreichen Folgen der Umbildung möglich werden. Immer vergesse man nicht, dass ich zunächst von eingebornen oder domicilirten Einwohnern rede, immer vergesse man nicht, dass Fremde nur in so weit das Bürgerrecht erwerben können, als sie den vom Staat vorgeschriebenen Erfordernissen genügen, immer endlich vergesse man nicht, dass ein durchgängiges Gleichgewicht der Israelitischen Unterthanenrechte in Deutschland auch auf die politischen Beziehungen nur wünschenswerthen Einfluss haben, und die aus der Ungleichförmigkeit ihres Zustandes für manche Staaten entstehenden oder drohenden Inconvenienzen heben wird.
Nur ein flüchtiger Blik am Schlusse dieser Blätter, noch auf so manche Deutsche Staaten in denen nach den politischen Ereignissen der letzten Quinquiennien jetzt für die Israeliten weniger die Frage [79] von Begünstigungen, als vom Entziehen des Genusses, und von Vernichtung erlangter und erworbener Rechte ist. Frankfurt am Mayn, wo die Jüdischen Glaubensgenossen das Bürgerrecht von einem damals legitimen Souveraine auf onerosem Wege erworben, und durch die bedeutendsten Fortschritte in der Cultur und bürgerlichen Perfectibilität sich dessen würdig gezeigt hatten? ich getraue mir zu behaupten, dass man alle Principe des Staats- Völker- und Menschenrechts umstossen, oder ihnen Gerechtigkeit widerfahren lassen muss. Hamburg, wo die Regierung öffentlich einzeugt, dass ihre durch drei Jahre bestandene Gleichstellung sich in den erfreulichsten Folgen bewährt habe? Lübek, Bremen, Hannover, Hildesheim, Hessen, Braunschweig; – Staaten in welchen sie durch eine Reihe von Jahren schon ihren Christlichen Mitbürgern gleich gestellt waren, und jetzt zum Theil einem herabwürdigendem Zustande wiedergegeben werden sollen? ich suche die staatsrechtlichen Gründe nicht auf, welche das Wort ihnen reden könnten, und welche zu entwikkeln ich mich getrauen dürfte. Nur dabey will ich stehn bleiben: wenn wo nur in jenen Staaten das Volk zu den Waffen griff, um den Banner des Vaterlandes sich sammelte, und für das allgemeine deutsche Wohl keine Anstrengungen scheute, da auch die Jüdischen Glaubensgenossen [80] von den freywilligen Schaaren nicht zurückblieben, und mit entschlossener Treue, Gut und Blut, gleich allen übrigen Staatsbürgern opferten, kann man, darf man diese Thatsache übersehn? Müsste es der Menschlichkeit nicht, und der Gerechtigkeit fremd scheinen, wenn man annehmen wollte und könnte, dass es nur so lange ein Vaterland für sie gegeben haben solle, als dieses Vaterland Opfer begehrte? Dass ihrer Anstrengungen Ziel im eigentlichsten Verstande nur das geworden seyn solle, ein Joch der Unterdrükkung und Abhängigkeit zu erkämpfen, welches selbst da, wo der Französische Adler sich aufgepflanzt hatte, von ihrem Nakken genommen war? Dass unter den Millionen glüklicher geretteter Menschen, neben den Jubelhymnen dieser, nur ihre Seufzer gehört werden sollten?
Deutsche Regenten und Staatsmänner dieser grossen und merkwürdigen Zeit! Die Augen der Zeitwelt begleiten Euere Schritte, und die Nachwelt wird richten.
Ich lasse hier die auf dem Titel angekündigten Aktenstükke selbst, Landesherrliche Verordnungen neuerer Zeit über diesen Gegenstand folgen. Lassen einige derselben, manche Wünsche noch übrig, so [81] wird der zweyte Schritt nicht fehlen, nachdem der erste so ruhmwürdig geschehn war. Darinn und in dem wesentlichsten Punkte treffen alle überein: dass die Israelitischen Unterthanen der Staaten, für Landeskinder zu achten, und alle erlaubten Wege des Gewerbs ihnen zu öffnen sind.
Von den Edicten die ausserhalb Deutschland erschienen sind, habe ich nur das Niederländische und Dänische angefügt, die übrigen zum Theil sehr bekannten aber, namentlich das Kaiserl. Russische Ukas vom 9. Februar 1805, das Französische[2] Edict u. s. w. dem zweyten Hefte vorbehalten, welches auch manche Deutsche Verordnungen, namentlich die Anhalt Bernburgische, Sachsen Meiningische, Anhalt Köthensche, Hildburghausensche, Waldeksche, u. s. w. nachtragen wird. In Betreff des Königl. Dänischen Edicts vom 29. März 1814 bleibt zu bemerken übrig, dass schon König Christian IV. und dessen Nachfolger ihren Israelitischen Unterthanen den Bürgerbrief ertheilt hatten, dass diese bis zu Ende der Regierung König Friedrichs IV. ansehnliche Bedienungen bekleideten, und dass nur, auffallend genug, sie von Handwerken ausgeschlossen waren, zu denen die jetzige Verordnung sie admittirt.
[83]
Königl. Preussisches Edict, die bürgerlichen Verhältnisse der Juden betreffend, vom 11. März 1812.
Herzogl. Meklenburg-Schwerinisches Edict, eben dieselben betreffend, vom 22. Febr. 1812.
Grossherzogl. Badisches Edict, eben dieselben betreffend, vom 13. Januar 1809.
Königl. Bayrisches Edict, eben dieselben betreffend, vom 10. Junius 1813.
Königl. Dänisches Edict, eben dieselben betreffend, vom 29. März 1814
Betreffender Auszug aus der neuesten Niederländischen Constitution, nebst dem Decrete vom 2. Sept. 1796 über die Gleichstellung der Juden mit allen übrigen Batavischen Bürgern.
[85]
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preussen etc.
haben beschlossen, den Jüdischen Glaubensgenossen in Unserer Monarchie eine neue, der allgemeinen Wohlfahrt angemessene Verfassung zu ertheilen, erklären alle bisherige, durch das gegenwärtige Edict nicht bestätigte Gesetze und Vorschriften für die Juden für aufgehoben und verordnen, wie folget:
§. 1. Die in Unsern Staaten jetzt wohnhaften, mit General-Privilegien, Naturalisations-Patenten, Schutzbriefen und Konzessionen versehenen Juden und deren Familien sind für Einländer und Preussische Staatsbürger zu achten.
§. 2. Die Fortdauer dieser ihnen beygelegten Eigenschaft als Einländer und Staatsbürger wird aber nur unter der Verpflichtung gestattet:
[86] dass sie fest bestimmte Familien-Namen führen, und
dass sie nicht nur bey Führung ihrer Handelsbücher, sondern auch bey Abfassung ihrer Verträge[3] und rechtlichen Willens-Erklärungen der Deutschen oder einer andern lebenden Sprache, und bey ihren Namens-Unterschriften keiner andern, als Deutscher oder Lateinischer Schriftzüge sich bedienen sollen.
§. 3. Binnen sechs Monaten, von dem Tage der Publikation dieses Edicts an gerechnet, muss ein jeder geschützte oder konzessionirte Jude vor der Obrigkeit seines Wohnorts sich erklären, welchen Familiennamen er beständig führen will. Mit diesem Namen ist er, sowohl in öffentlichen Verhandlungen und Ausfertigungen, als im gemeinen Leben, gleich einem jeden andern Staatsbürger zu benennen.
§. 4. Nach erfolgter Erklärung und Bestimmung seines Familien-Namens erhält ein Jeder von der Regierung der Provinz, in welcher er seinen Wohnsitz hat, ein Zeugniss, dass er ein Einländer und Staatsbürger sey, welches Zeugniss für ihn und seine Nachkommen künftig statt des Schutzbriefes dient.
§. 5. Nähere Anweisungen zu dem Verfahren der Polizeybehörden und Regierungen wegen der Bestimmung der Familiennamen, der öffentlichen Bekanntmachung derselben durch die Amtsblätter und [87] der Aufnahme und Fortführung der Hauptverzeichnisse aller in der Provinz vorhandenen Jüdischen Familien bleiben einer besondern Instruktion vorbehalten.
§. 6. Diejenigen Juden, welche den Vorschriften §. 2. und 3. zuwider handeln, sollen als fremde Juden angesehen und behandelt werden.
§. 7. Die für Einländer zu achtenden Juden hingegen sollen, in so ferne diese Verordnung nichts Abweichendes enthält, gleiche bürgerliche Rechte und Freiheiten mit den Christen geniessen.
§. 8. Sie können daher akademische Lehr- und Schul- auch Gemeinde-Aemter, zu welchen sie sich geschikt gemacht haben, verwalten.
§. 9. In wie fern die Juden zu andern öffentlichen Bedienungen und Staatsämtern zugelassen werden können, behalten Wir Uns vor, in der Folge der Zeit gesetzlich zu bestimmen.
§. 10. Es stehet ihnen frey, in Städten sowohl, als auf dem platten Lande sich niederzulassen.
§. 11. Sie können Grundstükke jeder Art, gleich den Christlichen Einwohnern erwerben, auch alle erlaubten Gewerbe mit Beobachtung der allgemeinen gesetzlichen Vorschriften treiben.
§. 12. Zu der aus dem Staatsbürgerrechte fliessenden Gewerbefreyheit gehöret auch der Handel.
§. 13. Den auf dem platten Lande wohnenden [88] Juden und ihren Angehörigen steht nur frei, denjenigen Handel zu treiben, der den übrigen Bewohnern desselben gestattet ist.
§. 14. Mit besondern Abgaben dürfen die einländischen Juden, als solche nicht beschwert werden.
§. 15. Sie sind aber gehalten, alle den Christen gegen den Staat und die Gemeinde ihres Wohnorts obliegenden bürgerlichen Pflichten zu erfüllen; und mit Ausnahme der Stol-Gebühren, gleiche Lasten, wie andere Staatsbürger zu tragen.
§. 16. Der Militär-Conscription oder Kantonpflichtigkeit, und den damit in Verbindung stehenden besondern gesetzlichen Vorschriften sind die einländischen Juden gleichfalls unterworfen. Die Art und Weise der Anwendung dieser Verpflichtung auf sie, wird durch die Verordnung wegen der Militär-Conscription näher bestimmt werden.
§. 17. Ehebündnisse können einländische Juden unter sich schliessen, ohne hiezu einer besondern Genehmigung oder der Lösung eines Trauscheins zu bedürfen, in so fern nicht nach allgemeinen Vorschriften die von Andern abhängige Einwilligung oder Erlaubniss zur Ehe überhaupt erforderlich ist.
§. 18. Eben dieses findet statt, wenn ein einländischer Jude eine ausländische Jüdinn heirathet.
§. 19. Durch die Heirath mit einer einländischen [89] Jüdinn erlangt aber kein fremder Jude das Recht, in hiesigen Staaten sich niederzulassen.
§. 20. Die privatrechtlichen Verhältnisse der Juden sind nach ebendenselben Gesetzen zu beurtheilen, welche andern Preussischen Staatsbürgern zur Richtschnur dienen.
§. 21. Ausnahmen finden bey solchen Handlungen und Geschäften statt, welche wegen der Verschiedenheit der Religionsbegriffe und des Kultus an besondere gesetzliche Bestimmungen und Formen nothwendig gebunden sind.
§. 22. Bey den Eidesleistungen der Juden sind daher die Vorschriften der allgemeinen Gerichts-Ordnung Th. 1. Tit. 10. §. 317–351 noch ferner zu beobachten.
§. 23. Auch muss es bey der Festsetzung der Allg. Ger.[4] Ord. Th. 1. Tit. 10. §. 352 und der Krim. Ord. §. 335 Nro. 7 und §. 357 Nro. 8, dass kein Jude in den benannten Kriminalfällen zur Ablegung eines eidlichen Zeugnisses gezwungen werden darf, so wie bey den daselbst bestimmten Wirkungen eines freywillig geleisteten Zeugeneides, künftig verbleiben.
§. 24. In Ansehung der Präsentation der Wechsel am Sabbath, oder an Jüdischen Festtagen behalten die §§. 989. 990 des Allge. Landrechts Th. 2. Tit. 8. ihre fortdauernde Gültigkeit.
§. 25. An die Stelle der, nach dem Allg. Landrechte [90] Th. 2. Tit. 1. §. 136 zu einer vollgültigen Ehe erforderlichen Trauung, tritt bey den Ehen der Juden die Zusammenkunft unter dem Trauhimmel und das feyerliche Anstekken des Ringes; und dem im §. 138 verordneten Aufgebote ist die Bekanntmachung in der Synagoge gleich zu achten.
§. 26. Auf die Trennung einer vollzogenen gültigen Ehe kann jeder Theil aus den in dem Allg. Landrechte Th. 2. Tit. 1. §. 669–718 festgesetzten Ursachen antragen.
§. 27. Zur Begründung der bürgerlichen Wirkungen einer gänzlichen Ehescheidung unter den Juden ist das Erkenntniss des gehörigen Richters hinreichend und die Ausfertigung eines Scheidbriefes nicht nothwendig.
§. 28. Da, nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, neue Gesetze auf vergangene Fälle nicht gezogen werden können, so sind die Streitigkeiten über Handlungen, Begebenheiten und Gegenstände, welche das bürgerliche Privatrecht der Juden betreffen, und sich vor der Publication der gegenwärtigen Verordnung ereignet haben, nach den Gesetzen zu beurtheilen, die bis zur Publikation dieses Edikts verbindend waren, wenn nicht etwa die bey jenen Handlungen, Begebenheiten und Gegenständen Interessirten, in so fern sie dazu rechtlich befugt sind, sich durch eine rechtsgültige Willenserklärung den [91] Bestimmungen der gegenwärtigen Verordnung, nach deren Publikation, unterworfen haben sollten.
§. 29. In Absicht des Gerichtsstandes und der damit verbundenen vormundschaftlichen Verwaltung findet ebenfalls zwischen Christen und Juden kein Unterschied statt. Nur in Berlin bleibt es vorerst bey dem, den Juden angewiesenem besonderem Gerichtsstande.
§. 30. In keinem Fall dürfen sich Rabbiner und Juden-Aeltesten weder eine Gerichtsbarkeit noch eine vormundschaflliche Einleitung und Direction anmassen.
§. 31. Fremden Juden ist es nicht erlaubt, in den hiesigen Staaten sich niederzulassen, so lange sie nicht das Preussische Staatsbürgerrecht erworben haben.
§. 32. Zur Erwerbung dieses Bürgerrechts können sie nur auf den Antrag der Regierung der Provinz, in welcher die Niederlassung erfolgen soll, mit Genehmigung Unsers Ministerii des Innern, gelangen.
§. 33. Sie geniessen alsdann mit den Einländern gleiche Rechte und Freyheiten.
§. 34. Fremde Juden, als solche, dürfen weder als Rabbiner und Kirchenbediente, noch als Lehrburschen, noch zu Gewerks oder Hausdiensten angenommen werden. Es erstrekket sich jedoch dieses [92] nicht auf diejenigen vergeleiteten Juden, welche sich zur Zeit der Publikation des gegenwärtigen Edikts bereits in Unsern Staaten befinden.
§. 35. Diejenigen einländischen Juden, welche gegen diese Vorschrift (§. 34) handeln, verfallen in[5] 300 Rthlr. Strafe, oder im Falle des Unvermögens, diese zu erlegen, in eine, den wegen Verwandlung der Strafen vorhandenen allgemeinen Vorschriften angemessene Gefängnissstrafe, und der fremde Jude muss über die Gränze geschafft werden.
§. 36. Ausländischen Juden ist der Eintritt in das Land zur Durchreise oder zum Betrieb erlaubter Handelsgeschäfte gestattet. Ueber das von demselben und gegen dieselben zu beobachtende Verfahren, sollen die Polizey-Behörden mit einer besondern Instruktion versehen werden.
§. 37. Wegen des Verbots wider das Hausiren überhaupt, hat es bey den Polizey Gesetzen auch in Absicht der Juden sein Bewenden.
§. 38. In Königsberg in Preussen, in Breslau und Frankfurt an der Oder dürfen fremde Juden so lange die Messzeit dauert, mit Genehmigung der Obrigkeit sich aufhalten.
§. 39. Die nöthigen Bestimmungen wegen des Kirchlichen Zustandes und der Verbesserung des Unterrichts der Juden, werden vorbehalten, und es sollen bey der Erwägung derselben, Männer des Jüdischen [93] Glaubensbekenntnisses, die wegen ihrer Kenntnisse und Rechtschaffenheit das öffentliche Vertrauen geniessen, zugezogen und mit ihrem Gutachten vernommen werden.
Hiernach haben sich Unsere sämmtlichen Staatsbehörden und Unterthanen zu achten.
Gegeben Berlin, den 11ten März 1812.
(gez.)
Friedrich Wilhelm.
Hardenberg. Kircheisen.
[94]
Wir Friederich Franz, von Gottes Gnaden souverainer Herzog zu Meklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc.
Fügen hiemit Jedermann zu wissen: dass Wir, in Landesherrlicher Erwägung der Nachtheile, welche mit den bisherigen Verhältnissen der Jüdischen Glaubensgenossen zum Staate in unsern Herzog-Fürstenthümern und Landen verknüpft gewesen sind, in Gnaden beschlossen haben, gedachten Glaubensgenossen eine andere, den Zeitumständen angemessenere Verfassung zu ertheilen, und solchemnach dieserhalb nach vernommenem rathsamen Bedenken unserer getreuen Ritter- und Landschaft, folgende nähere [95] Bestimmungen kraft dieses verordnet und festgesetzt haben:
Alle bisher in unsern Landesherrlichen Schutz genommenen privilegirten Juden sollen hinfüro mit ihren Ehefrauen und unabgesonderten Kindern für Einländer geachtet werden, und nach Maassgabe der weiter folgenden Modificationen gleiche bürgerliche Rechte und Freyheiten mit den Christen geniessen.
Ihren Söhnen, welche sich selbst in unsern Landen etabliren wollen, und sich desshalb, mit genügender Bescheinigung ihrer Fähigkeiten dazu, bey unserer Regierung anmelden werden, soll die Concession dazu, anstatt der bisherigen Schutzbriefe und Privilegien, ertheilt werden, und sie sollen sodann eben derselben Rechte sich zu erfreuen haben, als ihre Väter geniessen.
Fremden Juden bleibt der Eintritt in unsere Lande zur Durchreise, oder zum Betrieb erlaubter Handelsgeschäfte fernerhin nach den bisher bestehenden Landesgesetzen, insonderheit unserer Verordnung vom 14. Octob. 1811 verstattet. Es ist ihnen aber nicht erlaubt sich in unsern Landen niederzulassen; wenn sie nicht zuvor von uns ein Naturalisations-Patent und eine Concession zu irgend einem Gewerbe [96] erwirkt haben; in welchem Fall sie den einländischen Juden gleich zu achten sind. Auch dürfen sie nicht als Gewerks- oder Hausdiener angenommen werden, sondern es hat desshalb bey unserer Verordnung vom 14. Aug. 1810 in der Regel das Verbleiben, in so fern wir uns nicht in einzelnen Fällen aus bewegenden Gründen entschliessen möchten, einem recipirten Juden die Annahme eines ausländischen Gehülfen zu gestatten.
Alle einländische Juden sollen fortan fest bestimmte erbliche Familien-Namen führen. Die bereits privilegirten sollen binnen vier Wochen den von ihnen gewählten Namen der Obrigkeit ihres Wohnorts anzeigen, welche die intendirte Veränderung solcher Namen unserer Regierung vorlegen, und nach deren Genehmigung auf einmal in den öffentlichen Blättern bekannt machen soll. Auf die Verabsäumung der Anmeldung und Anzeige des anzunehmenden Namens steht die Strafe des Verlustes des bisherigen Privilegii.
Von den künftig etwa aufzunehmenden fremden Juden soll der neue Geschlechtsname ebenfalls allemal publicirt werden.
Die einländischen Juden sind verpflichtet, sich bey der Führung ihrer Handelsbücher und bey Abfassung [97] ihrer Verträge oder Testamente, bey Strafe der Nichtigkeit und Ungültigkeit, jederzeit der Deutschen oder einer andern lebenden Sprache, nie aber des sogenannten Jüdischdeutschen zu bedienen; auch ihre Namen nicht anders als mit deutschen oder lateinischen Schriftzügen zu schreiben.
Indem ihnen die Unterweisung ihrer Kinder in ihrer Religion allein überlassen bleibt; soll zugleich den Jüdischen Kindern auch der freye Zutritt zu allen Christlichen Schulen ohne Ausnahme offen, und allen Christlichen Lehrern untersagt seyn, ihnen die Aufnahme darin zu verweigern, oder sie auf einige Art zurück zu setzen.
Den Vorstehern aller Judengemeinden in unsern Landen wird hiedurch zur Pflicht gemacht, genaue Kirchenbücher zu führen, und darin künftig die verfallenden Geburts- und Sterbetage, auch die Verheirathungen eines jeden Juden richtig und genau zu verzeichnen, bey Vermeidung einer Strafe von zwanzig Rthlr. für jeden Fall, da diess länger als drey Tage versäumt wird, neben der unfehlbaren Absetzung von der Vorsteherstelle. In kleinern Städten, wo keine grossen Judengemeinden mit mehreren sichern Vorstehern befindlich sind, soll dies Kirchenbuch zu desto mehrerer Glaubwürdigkeit in den Händen [98] des Magistrats seyn, welcher für die Gebühr von 16 Schillingen für jeden Fall dafür sorgen soll, dass derselbe von den Vorstehern angemeldet, und unter obrigkeitlicher Aufsicht ins Buch eingezeichnet werde.
In Absicht des Gerichtsstandes und der Vormundschaften soll zwischen Christen und Juden kein Unterschied Statt finden. Alle Rabbinische Gerichtsverwaltung soll hingegen gänzlich aufgehoben seyn, und die Rabbis sollen sich schlechthin in gar keine weltlichen Händel ihrer Glaubensgenossen auf irgend eine Weise mischen.
Den in unsern Landen recipirten Juden steht ein jedes, den übrigen Landeseinwohnern erlaubtes Gewerbe unter gleichen Bedingungen und Verpflichtungen, in gesammten unsern Städten und Flecken, wie auf dem platten Lande, frey, und sollen sie also auch nicht von Handwerken, Zünften und Aemtern weiter um ihrer Religion willen ausgeschlossen werden.
Es versteht sich dabey von selbst, dass, wenn ein concessionirter Jude den Hausirhandel oder sonst irgend ein nicht allgemein in unsern Landen gestattetes Gewerbe treiben will, er dazu eben so, wie unsere Christlichen Landeseinwohner, sich zuvor unsere [99] specielle Landesherrliche Erlaubniss bewirken, und den ihm dabey gesetzten Bedingungen unterwerfen muss. Die mit einem Hausirhandels-Privilegio versehenen Juden sollen die ihnen darin gegebene Erlaubniss, so lange überhaupt noch Concessionen zum Hausiren ertheilet werden, und nicht anders als in dem in ihrem Privilegio bestimmten Maasse, behalten.
Wenn ihnen gleich in der Feyer des Sabbaths und der Beobachtung sonstiger Religionsgebräuche nichts vorgeschrieben seyn soll, so wird doch hiermit allgemein festgesetzt, dass Jüdische Soldaten, Lehrlinge, oder Gesellen bey Christlichen Meistern, in öffentlichen Christlichen Aemtern stehende Juden, und überhaupt alle Juden, die mit Christen in Verbindung treten, ihre damit nicht verträglichen Gebräuche niemals zum Vorwande sollen nehmen dürfen, sich ihren übernommenen Verbindlichkeiten zu entziehen, dass sie sich deren vielmehr, bey Verlust ihrer durch diese unsere Landesherrliche Anordnung erhaltenen Rechte, auch, den Umständen nach, anderer angemessenen Strafe in allen Fällen enthalten sollen, wo solche ihren Dienst- oder contractlichen Pflichten im Wege sind.
In Anschaung der Jüdischen Ehen, mithin auch [100] der Ehescheidungen, der verbotenen Grade, der Trauerzeit, der Eheverträge, und der von andern abhängigen Consense zu selbigen, und dergleichen, müssen in Zukunft mit alleiniger Ausschliessung der Trauungs-Ceremonie, alle für unsere Christliche Unterthanen vorhandenen Gesetze, gelten und beobachtet werden. Die Ehescheidungen der Juden sind aus den gemeinrechtlichen Gründen bey dem competenten Richter nachzusuchen, und das Erkenntniss desselben soll zu Begründung der bürgerlichen Wirkungen einer gänzlichen Ehescheidung unter den Juden hinreichend seyn. Die Ausfertigung eines Scheidebriefes aber ist unnöthig, und soll daher unterbleiben.
Bey Ehescheidung, aus Landesherrlicher Machtvollkommenheit treten eben dieselben Vorschriften ein.
Ehen zwischen Christen und Juden sollen hinführo unverboten seyn. Jedoch müssen die Trauungen solcher Ehepaare von Christlichen Predigern geschehen, auch die aus solchen Ehen erzeugten Kinder allemal getauft, und nur in der Christlichen Religion erzogen werden.
Da die Juden ihren bisherigen Gebrauch, dass die erstgebornen Söhne allemal einen doppelten Erbtheil, die Töchter hingegen von den Vätern einen [101] beliebigen Ausspruch erhalten, für ein in ihrer Religion begründetes Recht ansehen, so soll es dabey fernerhin verbleiben, und haben unsere Gerichte in den ihnen vorkommenden Erbtheilungsangelegenheiten hiernach ihre Erkenntnisse unter den Jüdischen Glaubensgenossen mithin mit Ausschluss des im vorhergehenden §. bezeichneten Falles und der daraus herrührenden Beerbungen, als bey welchen das gemeine Recht zur Richtschnur dienen muss, allemal einzurichten.
Denen als Einländer aufgenommenen Juden soll gestattet seyn, Grundstükke jeder Art in unsern Städten, wie auf dem Lande, gleich unsern Christlichen Unterthanen zu erwerben. Es können jedoch bey requirirten Landgütern die Patronatsrechte von ihnen nicht ausgeübt werden, sondern es sind solche während ihres Gutsbesitzes von unsern nächstbelegenen Beamten in unserm Namen zu verwalten. Die mit dem Patronat verbundenen Leistungen bleiben jedoch fortwährend dem Gute zur Last.
Anlangend die gerichtlichen Eidesleistungen der Juden, so behält es zwar vor der Hand dabey sein Bewenden, dass sie in der Regel auf der Thora geschehen müssen. Wenn aber hinführo andere Eide, als Bürger-Amts-Homagial- oder Lehneide vorkommen [102] können, so soll statt deren eine persönliche feyerliche Angelobung desjenigen was in den anwendlichen Eiden enthalten ist, mit dem Zusatze: So wahr mir Gott helfe! angenommen werden.
Ausser den fortwährend jährlich zu erlegenden Receptionsgeldern sollen die einländischen einmal concessionirten Juden, als solche, nirgend mit irgend einer besondern Abgabe belästigt werden.
Alle Magistrate in unsern Städten werden hiemittelst befehliget, denjenigen Juden, welche nach vorstehender unserer Verordnung sich als Einländer qualificiren, wenn sie dem 2. und 4. Paragraph derselben Genüge geleistet haben, und sich nach dem 15. §. zur Leistung des Bürgereides anmelden, das Bürgerrecht auf die gewöhnliche Weise zu ertheilen.
Alle bisherige gesetzliche oder usuelle Beschränkungen der Rechte Jüdischer Landeseinwohner in unsern Herzog- und Fürstenthümern gegen die Christen sollen Kraft dieses aufgehoben seyn.
In wie ferne die Juden zu öffentlichen Bedienstungen und Staatsämtern zugelassen werden können, behalten wir uns bevor, in Folge der Zeit näher zu bestimmen.
[103] Gebieten und befehlen demnach allen obern und niedern Civil- und Militärbehörden, auch gesammten unsern Unterthanen und Einwohnern in unsern Landen hiedurch gnädigst und ernstlich: Vorstehender unserer Verordnung in allen ihren besondern Vorschriften, so viel an ihnen ist, nicht nur selbst allewege zu genügen, sondern auch darauf, dass denselben von ihren Unterbehörden gehörig nachgekommen werde, ernstlich zu halten.
Zur allgemeinen Bekanntmachung solcher unserer Willensmeinung haben wir diese Constitution in dem hiesigen officiellen Wochenblatt abzudrukken befohlen. Urkundlich unter unserm Handzeichen und Insiegel. Gegeben auf unserer Festung Schwerin, den 22. Febr. 1812.
(Gez.) Friedrich Franz.
(L. S.)
A. G. v. Brandenstein.
[104]
Wir Carl Friedrich von Gottes Gnaden, Grossherzog zu Baden, Herzog zu Zähringen etc.
Haben durch Unser sechstes Constitutionsedict die Juden Unseres Staates in den staatsbürgerlichen Verhältnissen gleich gesetzt.
Diese Rechtsgleichheit kann jedoch nur alsdann in ihre volle Wirkung treten, wenn sie in politischer und sittlicher Bildung ihnen gleichzukommen allgemein bemüht sind; damit Wir nun dieses Bestrebens sicher werden, und inzwischen ihre Rechtsgleichheit nicht zum Nachtheil der übrigen Staatsbürger gereiche; so setzen und ordnen Wir in dieser Hinsicht folgendes:
Die Judenschaft des Grossherzogthums bildet einen eigenen constitutionsmässig aufgenommenen Religionstheil unserer Lande, der gleich den übrigen unter seinem eigenem angemessenem Kirchenregiment steht, wie solches weiter unten näher bestimmt wird.
[105]
Er theilt sich in eigene kirchliche Gemeinden, deren jede ihre eigene Geimeindessynagoge hat, zu welcher ein bestimmter Theil des von ihren Religionsgenossen bewohnten Antheils desjenigen Staatsgebiets gehört, das Kirchspielsrechte geniesset. Die Bestimmung behalten Wir Uns nach vernommenem Vorschlag bevor. Bis diese Eintheilung geschehen ist, gehören die Juden ferner zu derjenigen Synagoge im Lande, zu welcher sie sich bis daher hielten; und wo sie keiner bestimmten angehörten, sind sie einstweilen der im Lande nächstgelegenen zuzurechnen.
Jeder Synagogensprengel kann eigene Gottesäkker, die er hat, so lange nicht aus polizeilichen Ursachen eine Schliessung und Verlegung nöthig wird, beybehalten; auch wo er keine, oder keine hinlänglich geräumigen oder gelegenen hat, neue, auf eigenthümlich erworbenen, von der Polizei dafür zulässig erkannten Plätzen solche anlegen; muss aber in Absicht ihrer Einfassung, der Tiefe der Gräber, der Zeit der Beerdigung u. d. gl. nach den allgemeinen Polizeigesetzen sich richten, wogegen er auch dafür die gleiche Achtung und den gleichen Schutz [106] gegen Beleidigungen zu erwarten hat, den andere Kirchliche Begräbnissstätten Landesverfassungsmässig geniessen.
Die Schulden, welche den einzelnen Jüdischen Gemeinheiten bisher, und bis zum Eintritt der Kraft dieses Gesetzes oblagen, bleiben ihnen auch ferner allein zur Last, sie mögen vorhin aus Kirchlichen oder bürgerlichen Lebensverhältnissen erwachsen seyn, und müssen von denen, welchen sie oblagen, durch dessfallsige besondere Umlagen gedekt, und sobald es füglich geschehen kann, getilgt werden, wogegen sie auch an der Tilgung aller Schulden der Christlichen Gemeinden ihres Orts bis auf jenen Tag keinen Theil zu nehmen, noch an den Umlagen, welche zu deren Tilgung beliebt werden, auch nach angetretenem Gemeinds- oder Schutzbürgerrecht irgend etwas weiteres zu tragen haben, als was etwa nach der Natur der Umlagen verhältnissmässig ihren besitzenden oder erwerbenden Liegenschaften oder Gewerben zufällt.
Künftig können eigene Jüdische örtliche Gemeindsschulden nicht entstehen, da für ihre Kirchlichen Bedürfnisse alle Sprengel der ganzen Provinz [107] zusammen einstehen müssen, und daraus also Jüdische Provinzschulden erwachsen; und da in allen Verhältnissen, die das bürgerliche Leben betreffen, sie mit den Christlichen Gemeinds- oder Schutzbürgern des Orts, dem sie angehören, eine unzertrennte Gemeinde ausmachen, und sie in allen geeigneten Vorfällen gleich diesen durch die Gemeindscasse in gemeinen Leistungen und Geldaufnahmen mitbegriffen und vertreten werden müssen.
Die Jüdische Kirchliche Gesellschaft des Landes hat auf dessen bisherige Kirchenkassen, und auf die Christlichen milden Stiftungen keinen Anspruch, da solche der christlichen Kirche überhaupt, und jenen Confessionen, denen sie besonders angehörten, ungeschmälert vorbehalten bleiben, wogegen ihnen ihre jetzigen und künftigen Kirchenkassen und Stiftungen, ohne irgend eine Theilnahme anderer Religionsgenossen, zur eigenen Leitung, Verwaltung und Bewendung verbleiben.
Da das Armenwesen von jeher hauptsächlich als Anhang des Kirchenwesens behandelt worden, und sowohl wegen der getheilt bleibenden Stiftungsmittel, [108] als auch wegen der mancherlei eigenen religiösen Verpflichtungen, welche die Juden dessfalls auf sich haben, abgesondert bleiben muss; so haben dieselben ihre Armen, Waisen und Kranken allein zu versorgen, und können dessfalls von den Christen andere als freiwillige Beiträge oder Gnadenzuschüsse des Staats, wie er sie andern armen Ortssassen auch verwilligt, nicht erwarten, wogegen sie auch zu den Christlichen Armenversorgungsanstalten, an denen sie nicht mitgeniessen, beizusteuern nicht angehalten werden mögen. Falls jedoch eine Jüdische Gemeinde an einer gemeinschaftlichen Armen- oder Kranken-Versorgungsanstalt Theil nehmen will, so steht ihr solches gegen Leistung der verhältnissmässigen Beyträge frei, insofern die älteren Interessenten dieser Anstalt, welche ein Einwilligungsrecht haben, hier einwilligen, und die Ordnung der innern Einrichtung keine Störung leidet.
An jenen öffentlichen Anstalten, die wegen Mangel oder Unzulänglichkeit eigener Stiftungsmittel aus allgemeinen Landesumlagen unterhalten werden müssen, haben sie gegen Mitübernahme der Umlagen auch den Mitgenuss zu erwarten, jedoch ohne wegen ihrer Religion eigene Einrichtungen darin fordern [109] zu können, für welche sie vielmehr, wo sie nöthig würden, aus ihren besondern Mitteln zu sorgen haben.
Ihre besonderen Mittel, woraus sie die Erfordernisse ihres Kirchenregiments, ihres Gottesdienstes und ihrer Armenversorgung zu bestreiten haben, sind in eigenen auf sie nach den Vermögensverhältnissen zu machenden Umlagen zu suchen, die jodoch nicht ohne Genehmigung der obersten Staatsbehörde jährlich ausgeschlagen werden dürfen.
Bis dahin, dass einst aus ihrer Mitte hinlänglich gebildete Männer zur guten Führung eines politischen Schulamts werden aufgewachsen seyn, und ihnen alsdann eigene Landschulanstalten bewilligt werden können, sollen sie für Lesen, Schreiben, Rechnen, Sittenlehre, und Aufsätzemachen, auch für Geographie und Geschichte, wo diese gelehrt werden, mit und neben den Christlichen Ortskindern die Ortsschulen besuchen, und das Schulgeld gleich Christenkindern dahin entrichten, dagegen auch an den Prämien und andern Vortheilen Theil nehmen. Ortsvorgesetzte und Schullehrer sind dafür verantwortlich, dass die Judenkinder zu gleicher Reinlichkeit, [110] Ordnung und Anständigkeit wie die Christenkinder angewöhnt werden, dass ihnen aber auch weder von diesen, noch vom Lehrer selbst eine geringschätzende oder gar beleidigende Behandlung wiederfahre.
Wo zwey Ortsschulen sind, die sich nach dem Geschlechte theilen, da muss auch der Schulbesuch der Jüdischen Kinder nach dieser Theilungsregel sich richten; wo sie aber nach andern örtlichen Verhältnissen getheilt sind, da soll für das erste, bis etwa bewegende Ursachen zu einer bestimmten Eintheilung eintreten, den Jüdischen Aeltern frey stehen, in welche Schulen sie ihre Kinder schikken wollen; nur können die, welche einmal der einen Schule übergeben sind, nicht willkürlich aus ihr heraus, und in die andere Ortsschule eintreten, sondern es werden dazu solche Ursachen erfordert, welche von der Schulpolizeybehörde geprüft und erheblich befunden worden sind. Aus keinen andern Gründen können sie ausgeschlossen werden, als aus den nämlichen Ursachen, welche bey den Christenkindern Statt finden, mit denen sie auch durchaus der gleichen Schulzucht unterliegen.
[111]
In Absicht der Annahme der Hauslehrer gilt ihnen alles das, was unter gleichen Umständen den Christlichen Staatsbürgern gestattet ist, wozu sie jedoch, sie mögen Jüdische oder Christliche Lehrer wählen, keine andere nehmen können, als solche, die von der allgemeinen dazu bestimmten Behörde über ihre Fähigkeit zum politischen Unterricht geprüft und zulässig erfunden worden sind.
Gleichwie die Judenkinder in den Landschulen von den Christlichen Religionsstunden befreyt bleiben, und desswegen in jenen Schulen, wozu Juden hinzutreten, diesem Religionsunterricht solche Zeiten und Stunden angewiesen werden müssen, für welche die Judenkinder ohne Anlass zu Unordnungen entlassen werden können; so muss dagegen von der Jüdischen Behörde gesorgt werden, dass sie einen hinlänglichen und zwekmässigen Unterricht in ihrer Religion erhalten.
Der Inhalt ihres Unterrichts für die Kinder, so wie jener in ihren gottesdienstlichen Versammlungen für die Erwachsenen muss Sittlichkeit, allgemeine [112] und besondere Nächstenliebe, Unterwürfigkeit unter die Staatsgewalt, und bürgerliche Ordnung nach den reinen Grundsätzen aus Moses und den Propheten einschärfen, auch über ihre Ceremonien und Gebräuche jene Aufklärung geben, wodurch sie mit allen bürgerlichen Pflichten für Krieg und Frieden, eben so verträglich werden, als sie es damals waren, wo die Nation noch einen eigenen Staat bildete.
Ihre Kirchlichen Zusammenkünfte müssen öffentlich in den dazu gewidmeten Synagogen zu den dazu bestimmten Zeiten, oder wenn eine ausserordentliche Versammlung nöthig wird, nach vorheriger Anzeige an den Ortsvorstand geschehen, damit dieser für Ruhe, Ordnung und Stille wachen könne, da er sie gleich andern erlaubten Kirchlichen Versammlungen gegen alle Störung kräftigst zu schützen hat. In ihren Gottesdiensten haben sie sowohl die gewöhnliche Fürbitte für den Regenten und dessen ganzes Haus, als jene Gebete, die jeweils ausserordentlich verlangt werden, in der ihrer Religion gemässen Art abzulegen.
Diejenigen aus ihnen, welche für ihren künftigen[6] [113] Lebensberuf einer wissenschaftlichen Bildung bedürfen, müssen die Mittelschulen durchaus unter gleichen Rechten und Lasten wie Christenkinder, unter solchen Umständen, besuchen, unterliegen auch, soweit sie weltliche höhere Studien ergreifen, in Absicht der Beziehung der hohen Landesschulen gleichen Gesetzen; sofern sie sich aber zu Lehrern ihrer Religion bilden wollen, bleibt die besondere Anordnung, wie sie sich dazu zu befähigen haben, in Beziehung auf den §. 38. dieser Verordnung noch vorbehalten. Indem Wir unserm Ministerium des Innern andurch auftragen, dessfalls das Erforderliche durch die Behörden vorbereiten zu lassen, und uns binnen drey Monathen vorzulegen.
Diejenigen, welche sich nicht zu höhern Studien widmen und eignen, müssen gleich den Christenkindern nach vollendeten Schuljahren zu irgend einer ordentlichen Lebens- und Berufsart im Staat, im Landbau oder in Gewerben aller Art nach den dafür allgemein bestehenden Regeln angezogen und gebildet werden. Wo Zünfte oder Meister sich unterstehen würden, hierin Hindernisse in den Weg zu legen, da ist die Polizeiobrigkeit verantwortlich, durch strengen Vollzug des Satzes 23. Litt. c. und [114] Satzes 24. Litt. K. im VI. Constitutionsedicte jene ordnungswidrigen Anmassungen zu erledigen.
Niemand von jenen, welche dermahlen noch nicht volle ein und zwanzig Jahre alt sind, hat künftig Hoffnung, zum Antritt eines Gemeinds- oder Bürgerrechts, mithin zu einer eigenen Niederlassung im Lande gelassen zu werden, er habe denn zu einem auch für Christen bestehenden Nahrungszweige sich befähiget. Von der Handelsschaft gehört dazu, der Kaufmannshandel, der mit ordentlicher Buchführung, oder durch Fabrikenbetreibung, oder in offenen Läden mit einem zur Ernährung hinlänglichen Vorrathe in Metall, Leder, Ellenwaaren, Spezerey, Wechselgeschäften u. d. gl. betrieben wird, soweit sie sich wie die Christen ordnungsmässig dazu befähigen. Ingleichen der freie Handel, derjenige nähmlich, welcher ohne an eine Erlernung oder Befähigung gebunden zu seyn, in Landeserzeugnissen an Vieh, Wein, Frucht u. d. gl. betrieben wird, in so fern er mit hinlänglichem Verlage begonnen wird, und unter der Verbindlichkeit über Einnahme und Ausgabe gesetzmässig eingerichtete Tagbücher zu führen. Hingegen wird dahin derjenige Nothhandel nicht gerechnet, womit sich zeither vorzüglich die Jüdische [115] Nation aus Mangel der Gelegenheit zu einem freiern Gewerbsfleisse häufig abgegeben hat, und womit sie nur ein unhinlängliches Auskommen gewöhnlich sich erwerben konnte, das nachmahls sie zu unerlaubten Gewinnsvermehrung geneigt machen musste.
Zu diesem Nothhandel (auf welchem, er werde von Christen oder Juden betrieben, der Verdacht des Wuchers ruhn bleibet, und dessfalls gesetzliche Fürsorge statt findet) rechnen Wir die Mäklerey, da jemand nur für Ausmittlung und Unterhandlung der Ein- und Verkaufsgelegenheiten den Zwischenträger macht, wo sie nicht in einer Handelsstadt zum Vortheil des Handels obrigkeitlich aufgestellt ist; die Viehmäklerey, wohin auch diejenige Gattung von schlechtem Viehhandel gehört, da jemand im einzelnen an einem Platze ein Stück Vieh aufkauft, um es gleich wieder an einen andern loszuschlagen; der Hausierhandel, da jemand, es sey nun mit oder ohne eigenen Kramladen, sein Auskommen auf Herumziehen zur Feilbiethung seiner Waaren berechnet, wobei das Beziehen der Märkte allein für ein solches Herumziehen nicht anzusehen ist, sondern nur das Herumlaufen in den Orten und Häusern zur Erwekkung einer Kauflustigkeit; der Trödelhandel, da jemand sich mit dem Ein- und Wiederverkauf alter [116] Waaren zu nähren sucht; und der Leihhandel, da jemand mit Ausleihung des Geldes im kleinen auf Faustpfänder, oder Handschriften allein oder neben und mit andern vorgenannten Zweigen des Nothhandels sich beschäftigt.
Auf diesen Nothhandel kann künftig niemand mehr eine eigene Niederlassung, sey es auch nur als Schutzbürger, verlangen, der jetzt nicht schon das vorgedachte Alter überschritten hat, sondern derselbe bleibt nur als Nebengewerbe jenen vorbehalten, die wegen Orts, oder eigenen Verhältnissen von einem ordentlich erlernten Gewerbe sich nicht allein nähren können, und als Hauptgewerbe denen, welche durch erweisliche Unfälle ausser Stand kommen, einen ordentlichen Lebensberuf zu erlernen, oder den erlernten zu betreiben, jedoch unter der Beschränkung, dass sie dazu obrigkeitlichen Schein alsdann nehmen müssen.
Diejenigen Juden, welche dermalen im Schutz stehen und mit dergleichen Nothhandel sich ernähren, behalten zwar nunmehr als Schutzbürger auch das Recht dazu fernerhin, wenn sie nicht mittelst rühmlicherer Anstrengung ihrer Kräfte und zu Unserem [117] besondern gnädigsten Wohlgefallen ein anderes ehrenvolleres Gewerb ergreifen wollen oder können; sie müssen aber bis zu dem Zeitpunkt, wo dieses Gesetz in seine Kraft tritt, vor ihren unmittelbaren Polizey-Vorgesetzten erklären, ob sie sich mit allen obgenannten Gattungen derselben, oder mit welchen zeither abgegeben haben, und ferner abgeben wollen, damit diese einen Schein darüber ausstellen, der zu jeder Zeit für und wider sie dessfalls Urkund geben möge; dieser soll jedoch (da sie seiner Zeit schon ihre Schutzbriefe gelöset haben) ihnen unentgeltlich bloss gegen Zahlung des Stempels mit sechs Kreuzern gegeben werden.
Wer noch nicht im Schutz ist, aber doch jenes Alter überschritten hat, in welchem er laut des Satzes 18. noch zur Nachholung der Erlernung irgend eines ordentlichen Gewerbes schuldig ist, hat zwar, er sey erster, zweiter oder folgender Sohn, gleich den Christlichen Eingebornen an seinem Geburtsorte das Recht auf diejenige Lebensart, wozu er befähigt ist, das Schutzbürgerrecht, oder nach Befinden der Befähigung das Gemeindsbürgerrecht nachzusuchen, jedoch erst wenn er das fünf und zwanzigste Jahr zurükgelegt hat, falls er von einem ordentlichen [118] Gewerbe, oder Handel sich nähren will, und erst wenn er das dreissigste zurückgelegt hat, falls er vom Nothhandel leben will, und in beiden Fällen nur, wenn jeder der übrigen in dem Bürgerrechtsgesetze vorgeschriebenen Erfordernisse, besonders eine gute von allem Verdachte des Wuchers rein gehaltene Aufführung bei ihm gefunden wird.
Verheirathen kann sich künftig jeder, der einmal zum Gemeinds- oder Schutzbürgerrecht aufgenommen ist, oder ein ihm angebornes Bürgerrecht angetreten, Heirathsalter erreicht hat, und an sich alle Eheordnungsmässige Rechtserfordernisse nachweisen kann, sobald seine Verlobte, wenn sie ausser Orts, oder wenn gleich im Orte, doch ausser der Bürgerrechts-Klasse, in welcher er selbst steht, geboren ist, die Aufnahme zu seiner Bürger-Klasse erlangt hat; dabei muss er in Absicht der verbotenen Grade der bürgerlichen Trauungserfordernisse, der Ehezernichtung und Ehescheidung, der Form und Feierlichkeit der Eheverträge, und sonst durchaus in Rechten und Pflichten nach der bürgerlichen Eheordnung des Landes behandelt werden, und sich darnach bequemen.
[119]
Jeder Hausvater der Jüdischen Religion, der nicht jetzt schon einen auszeichnenden erblichen Zunamen hat, ist schuldig, einen solchen für sich und seine sämmtlichen Kinder, die noch in seiner Gewalt sind anzunehmen, dessen Wahl bei ihm steht, jedoch dass er keinen solchen wähle, womit ein Eingriff in die Familienrechte anderer geschehe. Es muss dabey ein jeder seine sämmtlichen bisher geführten Namen als Vornamen beybehalten, und darf keinen ablegen. Diejenigen, welche schon erbliche Familiennamen hatten, können mit diesen sich begnügen, oder nach Belieben einen neuen wählen. Alle, sie mögen im ersten oder zweiten Falle seyn, müssen noch vor der Zeit, wo dieses Gesetz in seine volle Kraft tritt, ihre Namenwahl mit Angabe ihres Alters, des Alters ihrer Eheweiber und Kinder, die an dieser Benennung Theil nehmen, und deren bisher geführten Namen, mit Vorlegung ihres Geburtsscheins, oder anderer dessen Stelle vertretender Urkunden zu Protocoll erklären, und davon beglaubte Ausfertigung zur Beurkundung ihres bürgerlichen Standes erheben. Dessgleichen müssen alle, mit Staatserlaubniss neu im Lande sich niederlassende Jüdische Familienhäupter gleich bey Berichtigung der Bürgerannahme bewirken, [120] oder dass es zuvor schon zufolge der Verfassung ihres Heirathsstandes geschehen sei, nachweisen.
In allen Kontracten und letzten Willen unterliegen sie allen, aber auch keinen andern Verpflichtungen, als welche im gleichen Falle auch den Christlichen Unterthanen obliegen, womit es inzwischen nicht die Meinung hat, um etwa wucherlichen Unternehmungen freien Spielraum zu schaffen, sondern vielmehr durch die ihnen bewiesene Staatsachtung sich anzufeuern, diesen desto gewisser zu entsagen.
In Absicht der Gültigkeit und Glaubwürdigkeit der Zeugnisse zwischen Jüdischen und Christlichen Zeugnissen findet durchaus kein Unterschied statt: hingegen soll das Zeugniss solcher Personen, die sich vom Nothhandel nähren, noch mehr jenes solcher Personen, die ohne ein ordentliches Gewerbe im Bettel und Müssiggange leben, durchaus, es mag ein solcher Jude oder Christ seyn, für unächt gelten, mithin keine volle Glaubenswürdigkeit haben, und der mehr oder mindere Grad des ihm beyzumessenden Glaubens von dem übrigen sittlichen Charakter des Zeugen und seiner Aussagen abhängen.
[121]
Auch wegen der Haupt- und Nebeneide tritt jene Gleichstellung ein, nur mit Ausnahme des Inhalts der Formeln, und der Art der Ablegung; wovon erstere nach einer demnächst vorzuschlagenden und zu sanctionirenden schicklich und bündig eingerichteten neuen Formel, letztere aber, so oft es die Wichtigkeit der Sache und das Verlangen des Gegentheils nöthig macht, in einer hinlänglichen Versammlung in der Synagoge vor der aufgerollten Thora geschehen muss.
Wegen ihrer Abgaben, und wie diese von dem jetzigen Stand in denjenigen, den ihre Gemeinds- oder Schutzbürgerliche Rechtsverhältnisse fordern, übergehen sollen, bleibt noch bis zu Einlangung eines von jeder der drey Provinzregierungen und Kammern über die für alle Betheiligte vortheilhafteste Art und Einrichtung zu erstattenden Gutachtens (wozu solche anmit aufgefordert sind) eine besondere Verordnung vorbehalten.
Eine eigene Gerichtsbarkeit in allem, was das bürgerliche Leben betrifft, kann ihnen ferner nicht [122] zustehen, sondern sie müssen nach ihren verschiedenen bürgerlichen Eigenschaften, als Staatsamt oder Kanzleysässig gleich allen andern Unterthanen in peinlichen, bürgerlichen und polizeylichen Sachen Recht geben, und nehmen; nur die Rechte der Kirchenzucht in und ausser der Synagoge zu üben bleibt ihren Kirchlichen Beamten eben so, wie jenen der andern Religionsbeamten, in der ihrer Religion angemessenen Art vorbehalten.
Jede Ortssynagoge hat zu ihren Kirchlichen Beamten einen Ortsrabbiner, der gehörig studirt haben, ordnungsmässig geprüft, von der Behörde ernannt, und von der Provinzregierung bestätigt seyn muss, und einen Ortsältesten, der aus den gebildetsten Jüdischen Bürgern ernannt, und von den Beamten, unter welchen die Synagoge liegt, bestätigt seyn muss. Der erstere ist für den Religionsunterricht und beyde sind für die Kirchenzucht, für die Unterstützung des Vollzugs der von der Obrigkeit ergehenden Befehle, welche die Judengemeinden betreffen, und für den Vollzug der von der Kirchlichen Beamten der Provinzsynagoge erhaltenden gesetzmässigen Aufträge verantwortlich.
[123]
Alle Ortssynagogen einer Provinz sind von der Provinzsynagoge abhängig, wozu nach der noch zu erwartenden Benennung diejenige bestimmt ist, in welcher die mehrsten gebildeten und vermöglichen Jüdischen Gemeindesglieder angesessen sind, und von welcher daher die sicherste Vorbereitung einer zwekmässigen Bildung auf die übrigen Ortssynagogen der Provinz zu hoffen ist.
Die Kirchlichen Beamten der Provinzsynagogen bestehen aus einem Landrabbiner, und zweyen Landältesten, wegen deren Prüfung, Ernennung und Bestätigung das nämliche, wie bey den Ortssynagogen gilt, nur dass hier auch die beyden Aeltesten ihre Bestätigung von der Regierung zu erwarten haben. Diese sind für die Pflichterfüllung der Kirchlichen Beamten der Ortssynagoge, für Ertheilung der zwekmässigen Aufträge an sie in den Kirchlichen Angelegenheiten, und für die Betreibung der Vollzüge der an sie ergehenden Staatsbefehle, und höherer Kirchlichen Weisungen verantwortlich.
Der Landrabbiner und jüngste der Landältesten [124] sind zugleich die unmittelbaren Kirchenbeamten ihrer Ortssynagoge, und haben als solche alle Rechte und Pflichten derselben.
Die sämmtlichen Provinzsynagogen mit allen ihren anhängigen Ortssynagogen stehen unter einem in dem Sitze der Staatsregierung aufzustellenden Jüdischen Oberrath; dieser besteht aus einem eigenen Obervorsteher, welcher aus Rabbinen, oder aus hinlänglich geistig gebildeten weltlichen Gliedern der Jüdischen Gemeinde genommen werden kann, sonst aber weder bey der Provinz, noch bey der Ortssynagoge eine weitere Anstellung haben darf; aus zwey der drey Landrabbinern, wovon der eine immer derjenige der Provinz ist, wo der Oberrath seinen Sitz hat, aus zwey besonders angestellten Oberräthen, welche weltliche, zwekmässig gebildete Jüdische Gemeindsglieder seyn müssen, aus drey zugeordneten Oberräthen, deren jeder einer der zwey Landältesten einer Provinz seyn muss, und aus einem Oberrathsschreiber, welcher die Ausfertigungen des Oberraths besorget.
Dieser Oberrath soll theils in vollem Rathe, theils durch einen Ausschuss handeln. Der volle Rath versammelt [125] sich jährlich zu einer noch zu bestimmenden Zeit, um die dahin gewiesenen Hauptgeschäfte abzuthun. Durch den Ausschuss, der aus dem Obervorsteher, dem an dem Sitz anwesenden Landrabbiner, den zwey ständigen[7] Oberräthen, und dem im Ausschuss, nicht aber in dem gesammten Oberrath zugleich Stimme führenden Oberrathsschreiber besteht, und wobey in Abwesenheits- oder Verhinderungsfällen des Obervorstehers, der Landrabbiner, im Mangel eines der übrigen Glieder aber einer der am Ort anwesenden Landältesten an dessen Stelle einstweilen eintritt, werden nachmals die laufenden und alle nicht dem gesammten Rath zugewiesenen Geschäfte besorgt.
Die Ernennung aller Glieder des Oherraths behalten wir uns jetzt erstmals durchaus bevor. Für die Zukunft aber soll solche in dem Maasse geschehen, dass uns zu der Stelle des Obervorstehers, der ständigen Oberräthe, und des Oberrathschreibers bey jeder Eröffnung zwey Personen von dem gesammten Oberrath zu dem Ministerium des Innern in Vorschlag gebracht werden, damit wir denjenigen, der uns als der Tauglichste erscheint, daraus ernennen und anstellen. Die aus den Landrabbinern und Landältesten zu wählenden Mitglieder ernennen wir in [126] Vakaturfällen nach vorher erhobenem Gutachten des Ausschusses über die Tauglichkeit des Einen und Andern derjenigen, zwischen welchen die Wahl ist.
Die Einführung ins Amt hat bey dem Obervorsteher ein von dem Ministerium des Innern dazu zu beauftragender geheimer Referendär, bey den übrigen Oberrathsgliedern der Obervorsteher zu besorgen.
Die Ernennung der Landrabbiner und Landältesten geschieht von dem gesammten Oberrath an die Provinzregierung, welche die Bestätigung ertheilet, und wo diese keinen Anstand hat, auch deren Einführung ins Amt durch einen Regierungsrath besorgen lässt.
Die Ernennung der Ortsrabbiner und Ortsältesten geschieht von dem Jüdischen Landvorstand der Provinz, jedoch Erstere nur aus Personen, die vom Oberrath zu Rabbinern hinlänglich befähigt erklärt [127] sind, und geht an den einschlagenden Beamten, welcher die Einführung im Amt zu besorgen hat.
Die Geschäfte des gesammten Oberraths bestehen ausser dem, was wegen der Ernennungen ihm zugewiesen ist:
- 1) in dem Vorschlag zur ersten Eintheilung der Synagogensprengel, und deren etwa jeweils nöthig werdenden Aenderung;
- 2) in der Regierung des Schuldenstandes der einzelnen Judengemeinden, und ihres Tilgungsplans;
- 3) in der Festsetzung des Kirchlichen Umlagfusses, und der jährlichen Umlagssummen;
- 4) in Ausmittlung der Anordnungen, welche nöthig sind, um dem Religionsunterricht seine oben verordnete Stiftung und Wirksamkeit zu geben;
- 5) in Beurtheilung des Prüfungserfunds derer, die bey ihnen Religionslehrer werden wollen, nach näher auszumittelnden Vorschriften;
- 6) in Entwerfung und Verbesserung des Studienplans für ihre künftigen Religionslehrer;
- 7) in dem ersten Vorschlag zu einer bey ihnen einzuführenden verbesserten Eidesformel;
- 8) in dem Beschluss desjenigen, was zu Verbesserung der Kirchenzucht bey ihnen nöthig erscheint;
- 9) in Berathung desjenigen, worüber der Regent sein Gutachten fordert.
[128]
Die Geschäfte des Ausschusses sind ausser jenen ihm oben zugewiesenen Ernennungen:
- 1) die Vorbereitung aller dem vollen Rathe zugewiesenen Geschäfte, durch Sammlung aller nöthigen Nachrichten, und Fertigung der erforderlichen Vorarbeiten;
- 2) die Vollziehung derer durch Landesherrliche Sanction dazu reif gewordenen Beschlüsse des vollen Raths;
- 3) Die Anordnung und Besorgung alles dessen, was zur laufenden Aufsicht auf die Kirchenverfassung gehört;
- 4) die Sorge, dass, wo die Anwendung bürgerlicher Gesetze Anstände findet, die Judengemeinde darüber zwekmässig belehret werde;
- 5) die Veranstaltung, dass, so lange noch nicht die besondere Staatsbeurkundung des bürgerlichen Standes in Gang gesetzt ist, ihre Rabbiner alles dahin gehörige vollständig aufzeichnen; wenn aber jenes einmal geschehen ist, dass alsdann die Rabbiner die darauf Bezug habenden Kirchlichen Handlungen, der Beschneidung, Trauung, Beerdigung nicht eher vornehmen, oder vorgehen lassen, als bis ihnen der Schein der geschehenen bürgerlichen Beurkundung vorgelegt ist;
[129]
- 6) die Kirchliche Zulassung der zuvor von der weltlichen Behörde erkannten Ehetrauungen;
- 7) die Vorstellung über gesammte Angelegenheiten der Jüdischen Kirchenparthei an den Regenten.
Weder der volle Rath noch der Ausschuss kann eine Verfügung erlassen, wodurch etwas neues eingeführt, oder etwas altes abgeschaft, oder die Kirchlichen Rechtsverhältnisse der Jüdischen Gemeindesglieder unter sich geändert werden, ohne bey dem einschlagenden Ministerium die Staatsgenehmigung dazu eingeholt zu haben.
Dieses Gesetz tritt in allem, wo nicht Ausnamsweise ein früherer Vollzug geordnet ist, oder in einem oder anderm Punkte vorbereitungsweise nachgeordnet werden wird, mit dem ersten Juli d. J. in seine volle Kraft und Wirksamkeit.
Hiernach hat sich Jedermann zu achten.
Gegeben Carlsruhe, den 13. Januar 1809.
Carl Friedrich. | |||
Vdt. Frhr. von Hacke. | (L. S.) | ||
Auf Sr. Königl. Hoheit besondern Befehl. | |||
Vdt. Büchler. |
Wir Maximilian Joseph von Gottes Gnaden König in Bayern.
Um den Jüdischen Glaubensgenossen in unserm Königreiche eine gleichförmige und der Wohlfahrt des Staats angemessene Verfassung zu ertheilen, haben Wir, nach Vernehmung Unsers geheimen Staatsraths, beschlossen, und beschliessen hiermit wie folgt:
§. 1. Nur diejenigen Jüdischen Glaubensgenossen können die in diesem Edikte ausgesprochenen bürgerlichen Rechte und Vorzüge erwerben, welche das Indigenat in Unsern Staaten auf gesetzliche Weise erhalten haben.
§. 2. Zum Genuss derselben wird die Eintragung in die bey Unsern Polizeybehörden anzulegenden Judenmatrikel vor Allem vorausgesetzt.
§. 3. Zu diesem Ende müssen binnen drey Monaten, nach der Kundmachung dieses Edikts, [131] alle in Unserm Reiche befindlichen Juden bey der Polizeybehörde ihres Wohnortes mit Angebung ihres Standes, Alters, Familienzahl und Erwerbungsart sich melden, und ihre Schutzbriefe, Konzessionen oder Aufenthaltsbewilligungen urschriftlich vorlegen.
§. 4. Diese Polizeybehörde hat die Aufnahmsurkunden nach Unsern frühern Edikten und Deklarationen vom 31. December 1800, vom 19. März 1807, dann 28. July 1808 zu prüfen, und, wenn sie dieselben gültig findet, von dem Juden, die Erklärung abzufordern: 1) ob und welchen bestimmten Familiennamen derselbe, wenn er nicht schon einen hatte, annehmen wollte, und 2), ob er den durch die Konstitution des Reichs Tit. 1. §. 8. vorgeschriebenen Unterthanseid ablegen wolle?
§. 5. Den Juden ist nicht erlaubt, hierbey Namen von bekannten Familien, oder solche, welche ohnehin schon häufig geführt werden, zu ihren künftigen Familiennamen zu wählen. Es bleibt jedoch denjenigen Juden, welche eine Handlungsfirma unter ihrem vorigen Namen führen, unbenommen, denselben, noch ferner neben ihrem neuen Namen beyzubehalten.
§. 6. Die Polizeybehörde hat die in Folge dessen gegebenen Erklärungen dem Generalkommissariate vorzulegen, welches entscheidet; ob der Jude [132] zur Aufnahme in die Matrikel sich eigene, oder nicht.
§. 7. Wenn das Generalkommissariat den Juden zur Aufnahme in die Matrikel geeignet findet, muss derselbe den oben vorgeschriebenen Unterthanseid auf die Bibel ablegen, worauf dessen Eintragung in die Matrikel geschieht, und ihm zu seiner Legitimation ein Auszug aus derselben ertheilt wird, welcher für ihn und seine Nachkommen die Stelle der bisherigen Schutzbriefe vertritt.
§. 8. Die Matrikel muss den alten und den neuen Namen der Judenfamilien enthalten, und bey dem Generalkommissariate hingelegt werden. Jede untere Polizeybehörde erhält hiervon den betreffenden Auszug.
§. 9. Der Jude ist verbunden, den in der Matrikel eingetragenen neuen Namen in allen seinen Geschäften zu führen.
§. 10. Diejenigen Juden, welche binnen drey Monaten entweder, 1) ihre Aufnahmsurkunde nicht vorlegen, oder 2) einen Familiennamen anzunehmen, oder 3) den Unterthanseid abzulegen sich weigern, sollen künftig lediglich als fremde Juden behandelt werden.
§. 11. Jede Einwanderung und Niederlassung fremder Juden im Königreiche ist durchaus verboten.
[133] §. 12. Die Zahl der Judenfamilien an den Orten, wo sie dermal bestehen, darf in der Regel nicht vermehrt, sie soll vielmehr nach und nach vermindert werden, wenn sie zu gross ist.
§. 13. Die Ansässigmachung über die Zahl an denselben Orten, wo sich bereits Juden befinden, oder die Ansässigmachung in Orten, wo noch keine Juden sind, kann nur von der allerhöchsten Stelle, und wird auch von derselben nur unter den nachstehenden Voraussetzungen bewilligt werden; 1) wegen Errichtung von Fabriken oder grossen Handelsunternehmungen; 2) bey Ergreifung eines ordentlichen Handwerks, wenn sie die Ausübung eines Meisterrechts erhalten haben; 3) wenn sie so viel an Grund und Boden zur eigenen Bearbeitung erkaufen, worauf eine Familie vom Feldbau, ohne darneben einen Handel zu treiben, sich gut ernähren kann. Es gibt daher der Ankauf eines unbedeutenden Gutes, eines Hauses ohne Feldbau, oder ohne Treibung eines Handwerkes, die Errichtung eines gewöhnlichen Waarenlagers oder Bude, und die Treibung eines andern, wiewohl erlaubten Handels, dem Juden kein Recht, weder in dem Orte ihres Aufenthalts über die dort fest bestimmte Zahl, noch in einem andern Orte sich ansässig zu machen.
[134] §. 14. Auch bey der Fortsetzung recipirter Familien wird künftig die Erlaubniss zur Heirath auf den Schacherhandel nicht mehr ertheilt, wenn auch die Zahl der recipirten Familien hierdurch nicht vermehrt würde; sondern der die Heirath nachsuchende Jude muss neben der Ausweisung, dass dadurch die bestimmte Zahl nicht überschritten werde, noch besonders darthun, dass er mit Ausschluss des Schacherhandels einen ordentlichen durch das Gesetz gebilligten Erwerbszweig treibe, und sich und seine Familien dadurch zu ernähren im Stande sey.
§. 15. Um die Juden von ihren bisherigen eben so unzureichenden als gemeinschädlichen Erwerbsarten abzuleiten, und ihnen jede erlaubte, mit ihrem gegenwärtigen Zustande vereinbare Erwerbsquelle zu eröffnen, sollen dieselben zu allen bürgerlichen Nahrungszweigen, als Feldbau, Handwerken, Treibung von Fabriken und Manufacturen und des ordentlichen Handels, unter den nachfolgenden Bestimmungen zugelassen, dagegen der gegenwärtig bestehende Schacherhandel allmählig, jedoch so bald immer möglich, ganz abgestellt werden.
§. 16. Den Juden soll daher gestattet seyn, das volle und das Nutzeigenthum (Dominium plenum et utile) von Häusern, Feld und andern liegenden Gründen zu erwerben, und dieses Eigenthum auf [135] jede durch die Gesetze erlaubte Art zu benutzen. Das abgesonderte Obereigenthum (Dominium directum) über Gründe, deren Nutzeigenthum andern zusteht, sowie gutsherrliche Rechte überhaupt zu erlangen und zu besitzen, bleibt den Juden durchaus untersagt. Einem Juden ist jedoch erlaubt, das Obereigenthum desselben Grundes, von welchem er das Nutzeigenthum selbst besitzt, an sich zu bringen, um hiervon das volle Eigenthum seines Grundes zu erlangen. Häuser und liegende Güter, welche die Juden nicht zur eigenen Bewohnung und Bebauung, sondern zum Wiederverkauf an sich bringen wollen, können sie nur bey öffentlichen Versteigerungen oder in Konkursfällen jure delendi erwerben. Zur Erkaufung von Häusern, auch zur eigenen Bewohnung in der Residenzstadt, wird die Genehmigung der allerhöchsten Stelle erfodert.
§. 17. Die Juden können durch Jüdische oder Christliche Dienstboten ihre Felder bearbeiten lassen; die Verwendung ausländischer Juden wird jedoch nicht gestattet. Die Pachtung von Feldgründen ist ihnen erlaubt, die Verpachtung untersagt.
§. 18. Die Betreibung aller Manufacturen, Fabriken, Gewerbe und Handwerke, sie mögen zünftig oder nicht zünftig seyn (Brauereyen, Schenk- und Gastwirthschaften ausgenommen), ist den Juden in so ferne ihrer Ansässigmachung nichts im Wege [136] stehet, wie den Christen gestattet. Die zünftigen Gewerbe können von ihnen nur betrieben werden, wenn sie ordentlich eingezünftet sind. Es sollen aber keine Jüdischen Zünfte bestehen, sondern die zur Betreibung eines Gewerbes oder Handwerkes hinlänglich Befähigten, mit Personalkonzessionen, oder auch mit erworbenen Realgerechtigkeiten versehenen Juden können sich in die bestehenden Zünfte aufnehmen lassen. Die von einem Meister in die Lehre und als Gesellen aufgedungenen Juden sollen von den Zünften, wie Christliche Lehrjungen und Gesellen, eingeschrieben, aufgedungen, freygesprochen und mit Lehrbriefen versehen werden. Den Juden wird erlaubt, eigne Prämien für Christliche Handwerksmeister, welche Jüdische Kinder aufnehmen, auszusetzen. Es versteht sich, dass jeder Jude, welcher einmal zur Meisterschaft gelangt ist, selbst wieder Christliche und Jüdische Lehrjungen und Gesellen aufnehmen und halten dürfe.
§. 19. Eben so sollen die Juden zu dem ordentlichen Wechsel- Gross- und Detailhandel mit ordentlicher Buchführung (welche jedoch nur in deutscher Sprache geschehen darf) zugelassen werden, wenn sie das hinreichende Vermögen, die gute Aufführung und die Gewerbsbefähigung, welche die Gesetze vorschreiben, ausgewiesen, und eine ordentliche [137] Real- oder Personalhandelskonzession nach den allgemein geltenden Grundsätzen erlangt haben.
§. 20. Aller Hausier, Noth- und Schacherhandel soll in Zukunft gänzlich verboten, und eine Ansässigmachung hierauf durchaus untersagt bleiben. Nur von denjenigen, hierauf bereits ansässigen Jüdischen Hausvätern, welche sich dermal auf andere Art zu ernähren nicht vermögen, darf derselbe noch in so lange fortgesetzt werden, bis sie einen andern ordentlichen Erwerbszweig erlangt haben, wozu die Polizeybehörden bestens mitzuwirken wissen werden. Das Hausiren unterliegt den besondern polizeylichen Bestimmungen.
§. 21. Alle in dem Königreiche noch bestehenden Judenkorporationen werden aufgelöst, die Korporationsdiener entlassen, und die Korporationsschulden unter jene Distrikte, welche bisher jede Korporation gebildet haben, mit völliger Sicherstellung der Gläubiger vertheilt. Diese Auflösung soll in Zeit von sechs Monaten nach Kundmachung dieses Edikts in Wirkung treten, und die Generalkommissariate, in deren Bezirke sich dergleichen Korporationen befinden, werden angewiesen, in Zeit von drey Monaten nach dieser Publikation ihre detaillirten Gutachten über die Vollziehung der Auflösung bey jeder Korporation insbesondere, und ein [138] vollständiges Project der Schuldenvertheilung an das Ministerium des Innern einzusenden.
§. 22. Die in den verschiedenen Orten des Königreichs wohnenden Juden, sie mögen sich von ordentlichen bürgerlichen Gewerben, oder noch ferner von dem Nothhandel ernähren, bilden keine eigenen Judengemeinden, sondern schliessen sich an die Christlichen Bewohner des Orts in Gemeindeangelegenheiten an, mit welchen sie nur eine Gemeinde ausmachen. Sie theilen mit den übrigen Bewohnern die Gemeinderechte und Verbindlichkeiten, jedoch mit der Ausnahme, dass die Nothhandel treibenden Juden an den Gemeindegründen jener Orte, in welchen sie wohnen (in so ferne ihnen nicht bisher schon Rechte darauf zustanden, welche ihnen vorbehalten bleiben), keine Nutzung und keinen Antheil haben. Die Landbau oder ordentliche koncessionirte Gewerbe treibenden Juden geniessen hingegen auch in Rücksicht der Gemeindegründe, die vollen Rechte der Gemeindeglieder.
§. 23. Den Jüdischen Glaubensgenossen im Königreiche wird vollkommene Gewissensfreiheit gesichert. Sie geniessen alle den Privatkirchengesellschaften durch das Edict vom 24. März 1809 im 2. Kap. des II. Abschn. (Reggsblatt. 1809, St. XXXX., S. 409 u. s. w. eingeräumten Befugnisse, in so ferne [139] Sie in der gegenwärtigen Verordnung nicht abgeändert oder näher bestimmt sind.
§. 24. Wo die Juden in einem gewissen, mit der Territorialeinteilung[8] des Reichs übereinstimmenden Bezirke, in einer Zahl von wenigstens 50 Familien vorhanden sind, ist ihnen gestattet eine eigene Kirchliche Gemeinde zu bilden, und an einem Orte, wo eine Poilzeybehörde besteht, eine Synagoge, einen Rabbiner und eine eigene Begräbnissstätte zu haben.
§. 25. Wo sie keine Kirchliche Gemeinde bilden, sind sie lediglich auf die einfache Hausandacht beschränkt, und alle heimlichen Zusammenkünfte unter dem Vorwande des häuslichen Gottesdienstes sind ihnen nach §. 6. des I. Kap. I. Abschn. des Edikts vom 24. März 1809 (Reggsblatt 1809 St. XXXX S. 899) verboten. Wo eine Synagoge besteht, darf ausser dem Rabbiner oder dem bestätigten Substituten, kein Anderer Kirchliche Verrichtungen ausüben.
§. 26. Die Ortrabbiner und Substituten werden von den Mitgliedern der Kirchengemeinde vorgeschlagen, von den Generalkreiscommissariaten geprüft, und nach Befund bestätigt oder verworfen. Die Bestätigten können ohne Bewilligung des Generalcommissariats nicht entlassen werden.
§. 27. Der zum Rabbiner oder Substituten vorgeschlagene Jude muss a. als königl. Unterthan in die Matrikel eingetragen, b. der deutschen Sprache mächtig, [140] und überhaupt wissenschaftlich gebildet, c. ohne Makel des Wuchers oder eines betrüglichen Banquerouts, und sonsts von einem guten und sittlichen Lebenswandel seyn.
§. 28. Bei der Bestätigung hat der Rabbiner einen feyerlichen Eid dahin abzulegen, dass er den Gesetzen des Reichs durchgehends schuldige Folge leisten, nichts gegen dieselben lehren oder gestatten, wo er etwas dagegen erfahren würde, solches der Obrigkeit treulich anzeigen, und in keine Verbindung irgend einer Art mit ausländischen Obern sich einlassen werde.
§. 29. Die in den drey vorhergehenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen finden auch auf die dermal bestehenden Rabbiner ihre Anwendung.
§. 30. Der Wirkungskreis der Rabbiner wird ausschliessend auf die Kirchlichen Verrichtungen beschränkt, und alle Ausübung von Gerichtsbarkeit, unter welchem Vorwande sie immer angesprochen werden sollte, so wie alle Einmischung derselben in bürgerliche oder Gemeindeangelegenheiten wird bey ernstlichen Geld- und Arreststrafen, nach Umständen selbst der Entlassung verboten, wobey sich die Nichtigkeit der Handlung von selbst versteht. Die Juden haben demnach, gleich den übrigen Unterthanen, bei Unsern Behörden Recht zu nehmen, und alle Gesetze Unsers Reichs, in so weit nicht rücksichtlich [141] der Juden Ausnahmen gemacht sind, finden auch auf sie ihre Anwendung.
§. 31. Das Jüdische Kirchenvermögen bleibt dem Jüdischen Kultus ausschliessend überlassen. Es wird in den einzelnen Kirchengemeinden durch den Rabbiner und zwei von der Gemeinde erwählte Mitglieder verwaltet.
§. 32. Die Judenkinder beider Geschlechter sind gleich jenen Unserer übrigen Unterthanen zum öffentlichen Schulbesuche in Städten und auf dem Lande verbunden, und sie erhalten, mit Ausnahme der Religionslehre, gleichen Unterricht mit denselben, unter Beobachtung aller über das Schul- und Erziehungswesen bestehenden Verordnungen: der Zutritt zu allen höhern Lehranstalten ist ihnen gestattet.
§. 33. Den Juden ist bewilligt, eigene Schulen zu errichten, wenn sie vorschriftmässig gebildete und geprüfte Schullehrer aufstellen, welche königl. Unterthanen sind, und denen ein Gehalt von wenigstens 300 fl. gesichert ist. Dieselben sind an den allgemeinen Lehrplan gebunden, die Aufnahme von Hauslehrern richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen.
§. 34. Die Erlaubniss zum Studium der Jüdischen Gottesgelehrtheit soll keinem Jüdischen Jüngling ertheilt werden, bevor er von einer öffentlichen Studienanstalt des Königreichs über seine hinreichenden [142] Vorbereitungskenntnisse ein günstiges Zeugniss erhalten hat. In diesen Bestimmungen werden die in Unserm Reiche befindlichen Juden einen Beweis Unserer auf das Wohl Unserer sämmtlichen Unterthanen sich erstrekkenden Sorgfalt eben so dankbar erkennen, als gesammte Polizeibehörden kräftig mitzuwirken haben, dass diese Verordnung allenthalben genau in Vollzug komme, desswegen Wir dieselbe durch das Regierungsblatt zur allgemeinen Kenntniss bringen lassen.
München den 10. Juni 1813.
Wir Frederik der Sechste, von Gottes Gnaden König zu Dännemark, der Wenden und Gothen, Herzog zu Schleswig, Holstein, Starmarn, Dithmarschen und Oldenburg.
Thun Kund: Dass Wir für gut befunden haben, in Hinsicht der Bekenner der Mosaischen Religion, die sich in Unserm Reiche Dännemark aufhalten, folgende Bestimmungen festzusetzen.
Die in unserm Reiche Dännemark gebornen Bekenner der Mosaischen Religion, so wie auch Diejenigen derselben, welchen Wir die Erlaubniss sich daselbst aufzuhalten allergnädigst ertheilt haben, sollen gleich Unseren übrigen Unterthanen von keinerley erlaubtem Erwerbe ausgeschlossen seyn, wogegen sie aber, die in dieser Unserer Allerhöchsten Verordnung gemachten Ausnahmen vorbehältlich, auf alle und jede Weise nach den bürgerlichen Gesetzen des Landes sich richten sollen, so dass es ihnen nicht verstattet bleibt, in irgend einer bürgerlichen Angelegenheit sich unter die Mosaischen Gesetze [144] oder sogenannten Rabbinischen Vorschriften und Verhaltungsregeln zu begeben. Es folgt hieraus, dass sie in Hinsicht des Abtheilungs- Armen- und Schulwesens (Religionsunterweisung ausgenommen) so wie in jeder andern Angelegenheit, welche nicht in unzertrennlicher Verbindung mit der Religion steht, der Jurisdiction und Obrigkeit ihres Wohnorts unterworfen seyn sollen. Allemal unbeschadet der Ausnahmen, welche Unser, unter dem heutigen Dato für Unsere Königliche Residenz-Stadt Copenhagen in Betreff der Israeliten erlassenes Allerhöchstes Reglement festsetzt.
Sogleich nach Bekanntmachung dieser Unserer Verordnung soll die Polizeyobrigkeit, eines jeden Amtsdistricts, ein Verzeichniss aller dort zu Hause gehörenden Bekenner der Mosaischen Religion aufnehmen, in welchem Jeder mit einem Familiennamen angeführt werden muss, den der Sohn nach dem Vater unverändert führen soll. Dieses Verzeichniss, welches übrigens übereinstimmend mit dem Schema abgefasst seyn muss, welches sub. Litt. A. dieser Unserer Verordnung beygefügt ist, soll der Polizeyminister in Copenhagen directe, und an den übrigen Orten die Obergerichte an Unsere Dänische Kanzley einsenden. Ein gleiches Verzeichniss soll darnach auf die nämliche Weise jährlich aufgenommen und Ausgang des Januar-Monats eingesandt werden.
[145]
Alle Schuldverschreibungen, Testamente, Ehepacten, so wie alle andere Documente, welche von Bekennern der Mosaischen Religion errichtet werden, sollen, zum Erfordernisse ihrer Gültigkeit, in deutscher oder dänischer Sprache mit Gothischen oder Lateinischen Buchstaben geschrieben werden, und die Aussteller sich der in Unserm Reiche und Unseren Landen allgemein geltenden Zeitrechnung bedienen. Auf gleiche Weise sollen die Handelsbücher welche Bekenner der Mosaischen Religion führen oder führen lassen, wenn ihnen irgend Glaubwürdigkeit beigelegt werden soll, in Dänischer oder Deutscher Sprache mit gothischen oder lateinischen Buchstaben geschrieben, und die obbenannten Bestimmungen in Rüksicht der Zeitrechnung gleichfalls dabey befolgt werden.
Wenn ein solches Document oder ein Handelsbuch zugleich in einer andern Sprache oder auf andere Weise als befohlen worden, abgefasst ist, so sollen die Zwistigkeiten, welche in Anleitung derselben entstehen möchten, allein nach dem Document oder dem Handelsbuch entschieden werden, welches in Uebereinstimmung mit der Vorschrift dieser Verordnung abgefasst ist.
Die von Israeliten selbst über Geburt und Sterbefälle [146] so wie über Copulationen, und andere dahin gehörige Gegenstände, den Dispositionen des §. 12 gemäss abzuhaltenden Protocolle sollen ebenfalls in Dänischer oder Deutscher Sprache, nach der allgemein in Unserem Reiche geltenden Zeitrechnung geführt, und mit gothischen oder lateinischen Buchstaben geschrieben werden. Ueberdiess sollen diese Protocolle in Copenhagen von dem Magistrat und ausserhalb Copenhagen von den Amtmännern legalisirt werden, welche darauf zu sehn haben, dass den obigen Vorschriften nachgekommen werde, um im entgegengesetzten Fall die Beykommenden zur Verantwortung zu ziehn.
Die von Israeliten nach Bekanntmachung dieser Unserer Verordnung errichteten Ehepacten und Testamente sollen, wenn sie nicht anders mit Unserer Allergnädigsten Confirmation versehn wären, nur in so weit Kraft und Gültigkeit haben, als sie den Vorschriften Dänischer Gesetze conform sind. Die vor der Publikation der gegenwärtigen errichteten Ehepacten und Testamente, sollen wenn sie innerhalb Jahresfrist, und dafern sie nicht in Dänischer Sprache abgefasst wären, mit beglaubigten Uebersetzungen begleitet, an Unsere Dänische Kanzley eingesandt werden, um nach den Umständen, und dafern sie nicht von den Regeln, welche sonst für die Bestätigung solcher Documente gelten, abweichen, mit [147] Unserer Allergnädigsten Confirmation versehen zu werden. Würde die präfigirte Frist versäumt, so sollen sie, insofern sie nicht den Landesgesetzen gemäss wären, jeder Kraft und Gültigkeit entbehren.
Keine den Dänischen Gesetzen zu widerlaufende Ehe soll wenn nicht Unsre Allerhöchste Dispensation erwirkt wäre, unter den Anhängern des Mosaischen Cultus zugelassen werden.
Scheidungen von Tisch und Bette sollen nur von Unseren Gerichten, in Nachachtung Unserer Allerhöchsten Verordnung vom 23ten May 1800 zwischen ihnen verfügt, und keine Ehe anders als durch förmliche Urtheilssprüche, oder durch Unsre Allerhöchste vermittelst der Dänischen Canzley ertheilte Allergnädigste Bewilligung aufgehoben werden können.
Kein Repräsentant, Priester, oder anderes Mitglied ihres Religionsvereins soll unter dem Schein oder Vorschub der Religion sich erdreisten, sie in der Ausübung gesetzlicher Handlungen zu hindern oder stören, oder sich irgend eine Macht über ihre häuslichen Verhältnisse anzumassen.
In Folge dessen wird die unter dem 6ten März 1722 gegebne, und nach der gegenwärtigen Verordnung [148] wegfallende Bewilligung des gelinden Banns hierdurch abgeschafft.
Ohne Unsre Allergnädigste specielle, schon erworbne, oder noch zu erwirkende Bewilligung ist die Haltung keiner Synagoge gestattet.
Bey einer jeden Synagoge soll ein von Uns eingesetzter Priester angestellt werden, welcher seine von Uns annoch Allergnädigst näher zu bestimmenden Einkünfte von der Gemeinde zu beziehen haben soll. Wir behalten es Uns ausserdem vor, einen Obersten Priester einzusetzen, welcher in Copenhagen wohnen soll, und welchem die Priester der andern Gemeinden in allen Amtsangelegenheiten untergeben seyn sollen.
Keine Priesterliche Verrichtung soll von andern als von den von Uns solchergestalt eingesetzten Priestern vorgenommen werden, welche als Unsere Beamte Uns für ihre Handlungen verantwortlich sind. Diejenigen welche bey den Gemeinden bisher zu Priesterlichen Verrichtungen berechtigt waren, sollen es drey Monate nach Bekanntmachung dieser Verordnung, nach Ablauf dieser Frist aber nur in so fern bleiben, als sie von Uns bey einer Synagoge angestellt werden, wozu sie, falls sie dazu würdig [149] befunden werden, auf ihr Allerunterthänigstes Ansuchen sich Hoffnung machen können.
Zur Pflicht der Repräsentanten oder Vorsteher der Israelitischen Gemeinden soll es an denjenigen Orten, an welchen die Haltung einer Synagoge ihnen verstattet worden, stehn, zwey gleichlautende Protocolle, entweder selbst zu führen, oder durch Obrigkeitlich ernannte Personen führen zu lassen, in welchen unter Angabe des Datums, Geburts und Sterbefälle, so wie Copulationen zu verzeichnen sind. Diese Protocolle, welche auf die in §. 4. vorgeschriebene Weise legalisirt werden sollen, sollen dem dieser Unserer Verordnung sub. B. annectirtem Schema conform eingerichtet werden. Beyde Protocolle dürfen nicht in der Gewähr Eines der Protocollisten bleiben. Zweimal jährlich, am ersten Mai, und ersten November sollen die Bücher der Obrigkeit vorgelegt werden, welche über ihre Concordanz zu registriren hat.
An denjenigen Orten, wo keine Synagoge ist, soll die Orts-Obrigkeit ein, dem Schema Lit. B. gemäss abgefasstes Protocoll führen, in welchem Geburts- und Sterbefälle so wie geschlossene Ehen eingetragen werden.
Um den Vorschriften der hiebevorigen §§. genügen [150] zu können, sollen die Geburten und Sterbefälle von den Aeltern oder nachgelassenen Angehörigen, die Ehen aber von dem Priester, welcher sie vollzogen hat, dem Protocollführer einberichtet werden. Dieser Bericht muss bey Vermeidung einer nach Beschaffenheit des Vermögens und der Schuld zu verhängenden Mulct innerhalb 24 Stunden eingeliefert werden. An dem Ort, wo keine Synagoge ist, die Anmeldung also bey der Orts-Obrigkeit geschehen muss, sollen die Beikommenden unter Androhung gleicher Mulct pflichtig seyn, dass Ereigniss an die Repräsentanten der Gemeinde, zu welcher der Geborne, Verehelichte, oder Verstorbene gehört, zu melden, welchemnächst diese das Behufige in die Kirchenbücher der Gemeinde einzeichnen lassen müssen.
In Gemässheit der von Uns geschehenen Autorisation eines Religions-Lehrbuches für die Israelitische Jugend, ordnen wir Allergnädigst dass sowohl Knaben als Mädchen derselben hiernächst geprüft, ein feyerliches Glaubensbekenntniss ablegen, und das Gelübde ertheilen sollen, den ihnen nach jenem Lehrbuche eingeprägten, und von ihnen anerkannten Grundsätzen niemals mit freyem Willen entgegen handeln zu wollen.
[151]
Nur da wo mit Unserer Allergnädigsten Erlaubniss, eine Synagoge gehalten wird, und nur von den bey derselben angestellten, oder von Unserer Dänischen Canzley dazu autorisirten Personen, darf eine solche Prüfung geschehn.
Die Prüfung soll jährlich zweymal, in der ersten Woche im Mai, und in der ersten Woche im November geschehn. Der Examinand muss sein dreizehntes Jahr zurückgelegt haben, ehe er zur Prüfung zugelassen werden kann.
Nur Diejenigen, welche nach Publication dieser Verordnung ihr vierzehntes Jahr bereits zurück gelegt, oder nach dem Eintritt in dies Alter in Unser Reich gekommen sind, mögen von dieser Prüfung dispensirt bleiben, ohne welche, und ohne welche Ableistung des Glaubensbekenntnisses, sonst kein Anhänger des Mosaischen Cultus zur Leistung eines Eides, zur Copulation, zur Einschreibung als Geselle in Zünfte, zur Gewinnung des Bürgerrechts an Handelsorten, zur Ausübung eines Gewerbes irgend einer Art, zur Erlangung der Studentenmatrikul, oder nach erreichter Mündigkeit, zur Disposition über Vermögen und Güter gelangen kann.
[152]
Der bey der Synagoge angestellte Priester soll über die von den Jünglingen und Jungfrauen geschehene, dergestaltige Ableistung des Glaubensbekenntnisses ein Protocoll führen, welches auf die in §. 4. gedachte Weise legalisirt, und nachdem dieser Verordnung sub Litt. C. annectirtem Schema eingerichtet seyn muss.
Fremden Israeliten, ohne Unterschied, ob sie zu der sogenannten Portugiesischen oder Hochdeutschen Gemeinde gehören, sollen, wenn sie einen längern Aufenthalt in Unserm Reiche, als wie zur Durchreise erforderlich ist, wozu ein Termin von 14 Tagen hiermit beraumt wird, wünschen möchten, – bey einer Mulct von 20 bis 1000 Rthlr. S. W. nach Beschaffenheit der Sache, und ohne Rüksicht auf Alter und Geschlecht verpflichtet seyn, die Erlaubniss eines verlängerten Aufenthaltes bey Unserer Dänischen Canzley nachzusuchen, welcher Wir die Befugniss ertheilt haben, eine solche nach den Umständen auf mehrere Monate zu ertheilen.
Sollte der Fremde während seines Aufenthaltes etwas verschuldet haben, sey es in unzulässigem Handel, der sogenannten Schacherey, der Betteley, oder einer anderen Uebertretung bestehender Gesetze; so soll er, nachdem ihm der Prozess gemacht [153] worden, bestraft, nach ausgestandener Strafe aber auf Veranstaltung der Polizey aus dem Lande geschafft werden.
An denjenigen Orten, wo die Bekenner mehrgedachter Religion eine besondere Gemeinde bilden, sollen deren Repräsentanten oder Vorsteher unter Androhung einer der Sachenlage gemässen Mulct gehalten seyn, die Ankunft eines Fremden bey ihrer Gemeinde, der Polizey zu melden, um dieser bey ihrer Aufsicht über dieselben an die Hand zu gehen.
Wornach alle Beikommende sich Allerunterthänigst zu achten haben. Gegeben in Unsrer Königl. Residenzstadt Copenhagen den 29ten März 1814.
Unter Unserer Königlichen Hand und Siegel.
Frederik R.
Kaas
Sämmtlichen Religionsverwandten wird eine gleiche Beschirmung gesichert. Sie geniessen insgesammt gleiche bürgerliche Rechte, und haben gleichen Anspruch auf Würden, Aemter und Bedienungen.
(Der Vollständigkeit wegen, muss hier das Decret vom 2. Sept. 1796 eingeschaltet werden.)
Nach wiederholten Berathschlagungen über die den 29. März d. J. übergebene Petition einiger stimmgerechten Jüdischen Bürger, die das Gesuch enthält: [155] „dass die Versammlung zu erklären beliebe, dass die Juden, da sie stimmgerechte Bürger der Batavischen Republik sind, und das Bürgerrecht ausgeübt haben, nun auch in dem vollen Besitz und in das Recht zu fernerer Ausübung des Bürgerrechts eingesetzt werden, und dies Recht in seinem ganzen Umfange geniessen sollen,“ – so wie über den am 1. August vorgelegten Bericht in Betreff dieser Petition durch den Repräsentanten von Leeuwen und andere Committirte; und in Erwägung dessen, dass das Stimm- und Bürgerrecht bloss Individuen zukomme, und dass es eine Ungereimtheit seyn würde, es an irgend eine collective genommene Genossenschaft zu erkennen, da die Gesellschaft nicht eine Sammlung von Corporationen sondern von individuellen Gliedern ist; – in Erwägung ferner, dass die Einschränkungen der Ausübung dieses Rechts in den Niederlanden erst von der Constitution müssen erwartet werden, welche sich das freye Batavische Volk geben soll; dass es aber dennoch ein unbestrittener Grundsatz sey, dass diese Ausübung in einer freyen Gesellschaft weder von religiösen Meinungen, wie sie auch immer Namen haben mögen, abhängen, noch durch sie eingeschränkt werden können; – in Erwägung, dass dies bereits in den Grundsätzen liegt, welche durch die Publication der ehemaligen Generalstaaten vom 4. März 1795 [156] im Namen des Niederländischen Volks öffentlich anerkannt und verkündigt, und durch das Reglement, nach welchem die Glieder dieser Versammlung erwählt worden und zusammengekommen sind, bekräftigt worden; – in Erwägung endlich, dass aus diesen Grundsätzen die vollkommenste Trennung der Kirche und des Staats folgt, die desshalb auch durch das Decret vom 5. Angust d. J. anerkannt ist, und dass diese Trennung, wie sie einerseits allen religiösen Genossenschaften die Freyheit lässt, solche Kirchliche Einrichtungen zu machen, und zu unterhalten, als sie dienlich für sich finden, unter der Bedingung jedoch, die Ordnung der Gesellschaft und die bürgerliche Religion nicht zu beeinträchtigen; – also auch andererseits der bürgerlichen Regierung verbietet, solchen Einrichtungen ferner irgend eine Sanction zu verleihen;
Decretirt die National-Versammlung:
- 1) Kein Jude soll von einigen Rechten oder Vortheilen ausgeschlossen werden, die mit dem Batavischen Bürgerrechte verknüpft sind, und die er zu geniessen wünschen möchten, unter der Bedingung, dass er alle die Erfordernisse besitze, und alle die Verpflichtungen erfülle, die durch die allgemeine Constitution von jedem Bürger gefordert werden.
[157]
- 2) Durch ein Circular-Schreiben sollen die höchsten constituirten Mächte der verschiedenen Provinzen und Städte von diesem Decrete benachrichtigt und dabey ermahnt werden: die Wirkung der Grundsätze, auf welchen dasselbe beruht, jeden Juden, der es begehren möchte, geniessen zu lassen, in so weit dies vor der Einführung der Constitution geschehen kann, und sogleich die Sanction, welche durch die vormaligen Provinzial- und Stadt-Regierungen den Kirchlichen Einrichtungen der Juden gegeben worden, die aber durch die Annahme der gegenwärtig anerkannten Grundsätze bereits als nichtig angesehen werden muss, und welche gegen das Decret dieser Versammlung vom 5. August d. J. streitet, für verfallen zu erklären.
- 3) Die Repräsentanten Schimmelpennink, Kantelaar, Hahn, van Hamelsveld und de Vos van Steenwyk, werden hiermit aufgefordert und committirt, einen Entwurf zu einem solchen Circularschreiben, sobald als möglich, der Versammlung zu überreichen;
und es soll ein Auszug dieses an den Repräsentanten Schimmelpennink, als erstgenannten bey gedachter Commission, und an die Petitionairs gesendet werden, um ihnen respective zur Nachricht zu dienen.